UMSATZABGABE BEI TRANSAKTIONEN ÜBER DIE SIX SWISS EXCHANGE Konsequenzen der Rückführung des Aktienhandels für die Börsenteilnehmer *



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Transkript:

URS DERENDINGER MARKUS WEIDMANN Die SIX Swiss Exchange konzentriert bis Mitte 2009 den Aktienhandel in Zürich. Damit wird der Börsenhandel der 32 Schweizer sogenannten Blue-Chip-Aktien, der heute in London betrieben wird, an die SIX in Zürich verlegt. Die Neuausrichtung reduziert die Komplexität der gegenwärtigen Struktur. Der Beitrag beleuchtet die Rückführung des Aktienhandels aus Sicht der Umsatzabgabe und legt die Konsequenzen, die sich daraus für die in- und ausländischen Börsenteilnehmer ergeben dar. UMSATZABGABE BEI TRANSAKTIONEN ÜBER DIE SIX SWISS EXCHANGE Konsequenzen der Rückführung des Aktienhandels für die Börsenteilnehmer * 1. GEGENSTAND DER UMSATZABGABE Das Stempelsteuergesetz (StG) [1] weist eine lange Tradition auf und hat eine Reihe von Anpassungen an die sich verändernden Gegebenheiten erfahren. Der Steuertatbestand wird in Art. 13 Abs. 1 StG umschrieben. Danach ist Gegenstand der Umsatzabgabe die entgeltliche Übertragung von Eigentum an den in Art. 13 Abs. 2 StG bezeichneten Urkunden, soweit eine der en oder einer der Vermittler nach Art. 13 Abs. 3 StG ist. Somit bestehen vier Voraussetzungen für die Steuerbarkeit: 1. Es ist ein im Sinne von Art. 13 Abs. 3 StG als oder als Vermittler am fraglichen Geschäft beteiligt. 2. Es erfolgt eine Übertragung von Eigentum. 3. Diese Übertragung ist entgeltlich. 4. Die Übertragung betrifft eine steuerbare Urkunde gemäss Art. 13 Abs. 2 StG. Vorbehalten bleiben gemäss Art. 14 Abs. 1 StG von der Steuer ausgenommene Übertragungen. Der Steuersatz beträgt 1,5 für inländische und 3 für ausländische steuerbare Urkunden (Art. 16 Abs. 1 StG). Abgabepflichtig ist der. Er hat zwei Hälften der Abgabe zu unterscheiden. Wenn er selber ist, entrichtet er für sich die eine Hälfte der Abgabe. Diese Hälfte entfällt dann, wenn der die Befreiung für den eigenen Handelsbestand geltend machen kann (Art. 14 Abs. 3 StG). Die andere Hälfte hat der dann zu entrichten, wenn die Gegenpartei weder selber noch ein befreiter Anleger ist (Art. 17 Abs. 2 lit. b StG). Ob die beiden Hälften der Abgabe anfallen, ist für jede Hälfte gesondert zu prüfen (vgl. Abbildung 1). Wenn der vermittelt, hat er bei beiden en zu prüfen, ob sie oder befreite Anleger sind. Der schuldet als Vermittler für jede je eine Hälfte der Abgabe (Art. 17 Abs. 2 lit. a StG). Vermittler ist zunächst jener, der eine Gelegenheit zum Vertragsabschluss nachweist (Art. 17 Abs. 3 lit. b StG) und also nicht selber Partei der fraglichen Transaktion ist (Abbildung 2). Wie ein Vermittler wird ein unter bestimmten Voraussetzungen dann behandelt, wenn er nach aussen in eigenem Namen auftritt und selber des fraglichen Geschäfts ist. Als Vermittler gilt jener, der mit seinem Auftraggeber zu den Originalbedingungen des mit der Gegenpartei abgeschlossenen Geschäftes abrechnet (Art. 17 Abs. 3 lit. a StG). Sodann gilt der als Vermittler, wenn er die steuerbaren Urkunden am Tage ihres Erwerbs weiterveräussert (Art. 17 Abs. 3 lit. c StG). Mit dieser Ausweitung des Vermittlerbegriffs wird insbesondere eine Kumulation von Abgaben auf einem wirtschaftlich einheitlichen Rechtsgeschäft vermieden. Bei Transaktionen über eine Börse handelt es sich um entgeltliche Übertragungen von Eigentum. Diese beiden Elemente des Steuertatbestandes sind demnach erfüllt. In- und ausländische Aktien und Obligationen sind steuerbare Urkunden im Sinne von Art. 13 Abs. 2 StG. Dass keineswegs alle an einer Börse gehandelten Titel steuerbare Urkunden darstellen, sei hier nur angemerkt. Somit ist von vorrangiger Bedeutung, ob die Börsenteilnehmer (im Sinne von Art. 13 Abs. 3 StG) sind und ob sie beim Handel über die Börse allenfalls auf befreite URS DERENDINGER, LIC. OEC. HSG, DIPL. ING. ETH, PARTNER, UBD BUSINESS INTELLIGENCE, WILEN/SZ MARKUS WEIDMANN, DR. IUR., RECHTSANWALT, DIPL. STEUEREXPERTE, PARTNER, HOMBURGER AG, ZÜRICH 276 DER SCHWEIZER TREUHÄNDER 2009 4

UMSATZABGABE BEI TRANSAKTIONEN ÜBER DIE SIX SWISS EXCHANGE STEUERN Abbildung 1: EIGENHANDEL Entgeltliche Übertragung einer steuerbaren Urkunde Gegenpartei 1/2 1/2 Gegenpartei (Art. 17 Abs. 2 lit. b StG)? Er schuldet für sich und seine Gegenpartei je eine halbe Abgabe Handelsbestand (Art. 14 Abs. 3 StG)? Gegenpartei befreiter Anleger (Art. 17a StG) oder ausländische Bank oder Börsenagent (Art. 19 Abs. 1 S.1 StG)? halbe Abgabe nicht geschuldet Anleger treffen. Hierzu hat der Gesetzgeber in mehreren Etappen punktuelle Änderungen am System der Umsatzabgabe vorgenommen: Gemäss Art. 10 Abs. 4 und Art. 37 des Börsengesetzes (BEHG) [2] können auch ausländische Mitglied einer schweizerischen Börse werden. Dies war eine Neuerung des am 24. März 1995 verabschiedeten BEHG. Um «für gleich lange Spiesse» im Handel über eine Schweizer Börse zu sorgen, sollten die ausländischen Mitglieder einer Schweizer Börse gleich wie die inländischen behandelt werden. Deshalb ist mit dringlichem Bundesbeschluss vom 19. März 1999 u. a. Art. 13 Abs. 3 lit. e StG eingeführt worden [3], der mit der Änderung des StG vom 18. März 2005 ins ordentliche Recht überführt worden ist [4]. Befasst sich Art. 13 Abs. 3 lit. e StG mit dem Handel über eine Schweizer Börse, hat umgekehrt die Teilnahme von Schweizer n an ausländischen Börsen eine weitere Gesetzesänderung veranlasst. Hintergrund war das Projekt der schweizerischen Börse SWX Swiss Exchange (heute SIX Swiss Exchange), den Handel mit den wichtigsten inländischen Aktien in die Londoner Börse virt-x (heute SWX Europe) zu überführen. Weil inländische für ihre Gegenpartei an der ausländischen Börse neu mit einer halben Umsatzabgabe belastet worden wären, wurde mit dringlichem Bundesbeschluss ein Art. 19 Abs. 3 StG eingefügt. Wenn ein inländischer Mitglied einer ausländischen Börse war, entfiel gemäss dieser Bestimmung bei über diese Börse gehandelten Titeln die die Gegenpartei betreffende halbe Abgabe [5]. Massgeblich für die umsatzabgaberechtliche Behandlung sollte der Ort der Börse sein [6]. Die Regelung des befristeten Art. 19 Abs. 3 StG wurde indessen vor allem von inländischen n kritisiert, die nicht zu den Mitgliedern der virt-x gehörten. Sie beanstandeten, dass sie von der Entlastung nicht profitieren konnten und deshalb gegenüber den Mitgliedern der virt-x benachteiligt seien[7]. Deshalb wurde Art. 19 Abs. 3 StG nicht ins ordentliche Recht überführt und stattdessen mit der erwähnten Gesetzesänderung vom 18. März 2005 die in Art. 19 Abs. 1 StG geregelte Entlastung der mit ausländischen Banken und Börsenagenten getätigten Geschäften mit ausländischen Titeln auch auf Geschäfte mit inländischen Titeln ausgedehnt [8]. Weitere hier zu nennende Änderungen des StG betreffen u. a. folgende Punkte: é Generelle Befreiung der ausländischen Kunden beim Handel mit ausländischen Obligationen (Art. 14 Abs. 1 lit. h StG); é Befreiung der als Gegenpartei auftretenden Börse im Ausland bei der Ausübung von standardisierten Derivaten (Art. 19 Abs. 1 S. 2 StG); é Befreiung ausländischer institutioneller Anleger (Art. 17 a Abs. 1 lit. a und c f StG); é Entlastung inländischer und gewisser ausländischer kollektiven Kapitalanlagen (Art. 17 a Abs. 1 lit. b StG); é Befreiung der ausländischen Gesellschaften, deren Aktien an einer ausländischen Börse kotiert sind sowie ihrer ausländischen konsolidierten Konzerngesellschaften (sog. Corporates; Art. 17 Abs. 1 lit. g StG). 2. SUBJEKTIVE STEUERPFLICHT DER BÖRSENTEILNEHMER 2.1 Schweizer Teilnehmer. Um an der Börse handeln zu können, braucht es eine Zulassung. Eine solche Zulassung als Handelsteilnehmer setzt unter anderem eine Bewilligung 4 2009 DER SCHWEIZER TREUHÄNDER 277

UMSATZABGABE BEI TRANSAKTIONEN ÜBER DIE SIX SWISS EXCHANGE des Handelsteilnehmers als gemäss Art. 10 Abs. 1 BEHG voraus [9]. Die Bewilligung als wird durch die Eidg. Finanzmarktaufsicht (Finma) erteilt [10]. Als im Sinne des Börsengesetzes gelten natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die gewerbsmässig für eigene Rechnung zum kurzfristigen Wiederverkauf oder für Rechnung Dritter Effekten auf dem Sekundärmarkt kaufen und verkaufen, auf dem Primärmarkt öffentlich anbieten oder selbst Derivate schaffen und öffentlich anbieten (Art. 2 lit. d BEHG). Der hat die in Art. 10 Abs. 4 BEHG und Art. 17 ff. der Börsenverordnung (BEHV) [11] umschriebenen Voraussetzungen zu erfüllen. Die Schweizer Teilnehmer gelten gemäss Art. 13 Abs. 3 lit. a StG als im Sinne der Umsatzabgabe immer dann, wenn sie eine Bank oder eine bankähnliche Finanzgesellschaft gemäss Bankengesetz sind. Die aufsichtsrechtliche Bewilligung, als Bank tätig zu sein, führt somit zur automatischen Steuerpflicht bei der Umsatzabgabe. Allerdings ist festzuhalten, dass die Begriffe des s gemäss BEHG und StG nicht deckungsgleich sind [12]. Praktisch ist indessen davon auszugehen, dass alle Schweizer Teilnehmer des Börsenhandels auch im Sinne von Art. 13 Abs. 3 StG sind. 2.2 Ausländische Teilnehmer. im Sinne des BEHG, die in der Schweiz tätig werden wollen, die hier aber weder ihren Sitz noch eine Zweigniederlassung haben, können ebenfalls eine Bewilligung der Finma als ausländische Teilnehmer einer Schweizer Börse erhalten (Art. 10 Abs. 4 BEHG). Die Bewilligungsvoraussetzungen ergeben sich aus Art. 53 Abs. 1 BEHV. Solche ausländischen Mitglieder einer schweizerischen Börse werden auch «Remote Members» genannt. Ausländische Mitglieder einer schweizerischen Börse (mithin die Remote Members) gelten gemäss Art. 13 Abs. 3 lit. e StG als im Sinne der Umsatzabgabe für die an dieser Börse gehandelten inländischen Titel. Die vom Remote Member geschuldete Abgabe wird durch die betreffende schweizerische Börse entrichtet (Art. 17 Abs. 4 StG). Somit kann festgehalten werden, dass beim Handel über eine Schweizer Börse sämtliche Teilnehmer gemäss Art. 13 Abs. 3 StG sind. Die Abgabepflicht der Remote Members stellt insofern eine Besonderheit im Recht der Umsatzabgabe dar als damit auch ausländische Personen der Schweizer Abgabepflicht unterworfen werden (abgesehen von den Liechtensteiner n [13] sowie inländischen Banken-Betriebsstätten [14]). Weil die Remote Members mit der Schweiz nur durch die Teilnahme am Börsenhandel verbunden sind, kann der Steueranspruch ihnen gegenüber nicht direkt geltend gemacht werden. Deshalb sieht Art. 17 Abs. 4 StG vor, dass die von den Remote Members geschuldete Abgabe durch die betreffende schweizerische Börse entrichtet wird. Damit muss genauer untersucht werden, für welche Transaktionen die Abgabepflicht des Remote Members bzw. der betreffenden schweizerischen Börse besteht. Gemäss dem Wortlaut von Art. 13 Abs. 3 lit. e StG gilt das Remote Member «für die an dieser Börse gehandelten inländischen Titel» als. Abbildung 2: VERMITTLUNG Entgeltliche Übertragung einer steuerbaren Urkunde Der vermittelt 1/2 1/2 (Art. 17 Abs. 2 lit. b StG)? Er schuldet für jede je eine halbe Abgabe (Art. 17 Abs. 2 lit. b StG)? befreiter Anleger (Art. 17a StG) oder ausländische Bank oder Börsenagent (Art. 19 Abs. 1 S. 1 StG)? halbe Abgabe nicht geschuldet befreiter Anleger (Art. 17a StG) oder ausländische Bank oder Börsenagent (Art. 19 Abs. 1 S. 1 StG)? 278 DER SCHWEIZER TREUHÄNDER 2009 4

UMSATZABGABE BEI TRANSAKTIONEN ÜBER DIE SIX SWISS EXCHANGE STEUERN Hieraus wird vorab klar, dass das Remote Member die Umsatzabgabe nicht auf seinen gesamten Umsätzen an steuerbaren Urkunden schuldet, sondern nur auf einem Teil. Die Formulierung von Art. 13 Abs. 3 lit. e StG schliesst die Umsätze mit ausländischen Titeln a priori aus. Was die Umsätze mit inländischen Titeln angeht, erfasst Art. 13 Abs. 3 lit. e StG gemäss jüngster Praxis der Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) nur jene inländischen Titel, welche das Remote Member an der schweizerischen Börse handelt, d. h. an der schweizerischen Börse kauft oder verkauft. Art. 13 Abs. 3 lit. e StG knüpft also an den Ort der Handelstätigkeit an der schweizerischen Börse an [15]. Deshalb ist es gesetzessystematisch möglich, dass die Abgabe eines ausländischen, der Kontrolle der hiesigen Behörde entzogenen Steuersubjektes, von der «betreffenden schweizerischen Börse entrichtet» wird (Art. 17 Abs. 4 StG). Die schweizerische Börse kann die über ihre Handelsplattform abgewickelten Transaktionen nachvollziehen und es ist ihr diesbezüglich möglich, über die vom Remote Member geschuldete Umsatzabgabe abzurechnen. Hingegen kann die schweizerische Börse Transaktionen ausserhalb ihres Systems, sei es ein ausserbörslicher oder ein Handel an einer ausländischen Börse, nicht kontrollieren. Der Anwendungsbereich von Art. 13 Abs. 3 lit. e StG folgt auch aus der gesetzgeberischen Absicht und der Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung, welche in Zusammenhang mit der Zulassung ausländischer Teilnehmer an einer schweizerischen Börse geschaffen wurde. Dadurch hätte sich der inländische Teilnehmer in der Situation befunden, dass er je nach der ihm zugewiesenen Gegenpartei die halbe auf die Gegenpartei entfallende Abgabe geschuldet hätte oder eben nicht. Mit der Einführung der Abgabepflicht für Remote Members wurde einerseits das Risiko für schweizerische Börsenmitglieder beseitigt, dass bei Zuweisung eines Remote Members für sie eine zusätzliche, nicht überwälzbare Abgabe anfällt. Anderseits wurde verhindert, dass ausländische sich schweizerische Titel auf dem schweizerischen Heimmarkt steuerfrei beschaffen können. Zweck von Art. 13 Abs. 3 lit. e StG ist die Herstellung von Chancengleichheit für in- und ausländische Börsenmitglieder [16]. Art. 13 Abs. 3 lit. e StG knüpft somit an den Ort des Handels mit den inländischen Titeln an. Nur wenn dieser Handel an einer schweizerischen Börse erfolgt, unterliegt er der Umsatzabgabe. Hingegen wird das Remote Member nicht auf allen Transaktionen abgabepflichtig, die es mit an einer schweizerischen Börse kotierten, inländischen Titeln tätigt. Die gegenteilige, teilweise in der Literatur vertretene Auffassung [17] verkennt, dass die gesetzgeberische Zielsetzung sich auf die Erfassung des Börsenhandels beschränkt und die schweizerische Börse nur für den über ihr System abgewickelten Handel die Abrechnung für ihr ausländisches Mitglied übernehmen kann. CCP). Im CCP-System tritt jeweils eine in eigenem Namen handelnde Drittpartei zwischen das kaufende und verkaufende Börsenmitglied [18]. Das Börsensystem löst automatische Anweisungen an die CCP aus. Nachdem die ausländische CCP kein inländischer ist, müsste der Schweizer Teilnehmer der ausländischen Börse die auf die Gegenpartei entfallende Abgabe grundsätzlich entrichten. Hier setzt indessen die Befreiung gemäss Art. 19 Abs. 1 S. 1 StG ein: Ist beim Abschluss eines Geschäftes eine ausländische Bank oder ein ausländischer Börsenagent, so entfällt die auf diese Partei entfallende halbe Abgabe. Die ausländische CCP ist als ausländischer Börsenagent im Sinne dieser Bestimmung anerkannt [19]. Wesentlich ist dabei, dass es gemäss dem klaren Wortlaut von Art. 19 Abs. 1 S. 1 StG nicht darauf ankommt, ob der ausländische Börsenagent solche Umsätze zwar in eigenem Namen, aber auf eigene oder fremde Rechnung tätigt. Soweit eine inländische CCP als Gegenpartei auftritt, handelt es sich selber um einen [20]. Somit entfällt für den Schweizer, der am Handel an der SWX Europe teilnimmt, die auf die Gegenpartei entfallende halbe Abgabe. Beim Handel über die SIX Swiss Exchange trifft der schweizerische Teilnehmer entweder auf eine CCP wie beim jetzigen Handel über die SWX Europe oder es wird ihm vom Börsen- 3. ABGABEPFLICHT DES SCHWEIZER TEILNEHMERS 3.1 Auf die Gegenpartei entfallende Hälfte der Abgabe. Die SWX Europe (vormals virt-x) funktioniert nach dem System der zentralen Gegenpartei (sog. Central Counter Party; 4 2009 DER SCHWEIZER TREUHÄNDER 279

UMSATZABGABE BEI TRANSAKTIONEN ÜBER DIE SIX SWISS EXCHANGE system eine Gegenpartei zugewiesen, mit der er das Geschäft abschliesst. Soweit eine CCP als Gegenpartei auftritt, verändert sich aus Sicht der Umsatzabgabe gegenüber dem Handel über die SWX Europe nichts. Die CCP sind entweder selber oder gemäss Art. 19 Abs. 1 S. 1 StG von der Abgabe befreite Gegenparteien. Der Schweizer als Teilnehmer der schweizerischen Börse schuldet somit nach wie vor keine halbe Umsatzabgabe für diese Gegenparteien. Wenn dem Schweizer Teilnehmer eine andere Gegenpartei als eine CCP zugewiesen wird, handelt es sich entweder um einen in- oder um einen ausländischen Teilnehmer der Börse. Nachdem alle inländischen Teilnehmer im Sinne der Umsatzabgabe sind, ist die halbe auf solche Gegenparteien entfallende Umsatzabgabe nicht geschuldet. Schliesslich kann der inländische Börsenteilnehmer auf einen ausländischen Börsenteilnehmer treffen. Dieser ausländische Teilnehmer der inländischen Börse ist als Remote Member selber gemäss Art. 13 Abs. 3 lit. e StG. Gerade um zu vermeiden, dass der inländische Teilnehmer der Börse für eine solche Gegenpartei die halbe Abgabe zu entrichten hat, sind diese Mitglieder zu n erklärt worden. Somit hat die Rückführung des Blue-Chip-Handels von London in die Schweiz aus Sicht der Umsatzabgabe für die Schweizer Teilnehmer keine Konsequenzen; so oder anders ist die auf die Gegenpartei entfallende halbe Umsatzabgabe nicht geschuldet, weil die Gegenpartei an der SIX Swiss Exchange immer entweder oder befreiter Anleger ist. 3.2 Eigene Hälfte der Abgabe bzw. Hälfte des eigenen Kunden. Der Schweizer schuldet, wenn er auf eigene Rechnung handelt, grundsätzlich für sich eine halbe Umsatzabgabe. Allenfalls kann er die Befreiung für den Handelsbestand in Anspruch nehmen, wenn die Titel bei der Handelstätigkeit als gewerbsmässiger Händler gekauft oder verkauft werden (Art. 14 Abs. 3 StG). Handelt der inländische Teilnehmer der Börse als Vermittler, schuldet er die halbe Umsatzabgabe, sofern sein Kunde nicht selber ist (Art. 17 Abs. 2 lit. a StG). Sodann entfällt die halbe Umsatzabgabe, wenn die Partei ein befreiter Anleger gemäss Art. 17 a StG ist, d. h. ein entsprechender ausländischer institutioneller Anleger oder Corporate oder eine in- oder bestimmte ausländische kollektive Kapitalanlage. Besonders zu erwähnen ist die Entlastung von der halben Umsatzabgabe, wenn die Gegenpartei eine ausländische Bank oder ein ausländischer Börsenagent ist (Art. 19 Abs. 1 S. 1 StG). Dies bedeutet, dass die ausländische Bank oder der ausländische Börsenagent ohne Umsatzabgabebelastung steuerbare Urkunden für sich oder einen Kunden über eine Schweizer Börse erwerben kann, wenn er bzw. sie die Titel nicht als Teilnehmer der Schweizer Börse handelt, sondern sich eines anderen s als Vermittler bedient. 4. ABGABEPFLICHT DES AUSLÄNDISCHEN TEILNEHMERS 4.1 Auf die Gegenpartei entfallende Hälfte der Abgabe. Die die Gegenpartei betreffende halbe Abgabe entfällt für die ausländischen Teilnehmer einer Schweizer Börse aus den gleichen Gründen wie vorstehend unter Ziff. 3.1 ausgeführt. Das Remote Member trifft als Gegenpartei, wie ein inländischer Teilnehmer des Handels über die SIX Swiss Exchange, immer entweder auf einen oder auf einen befreiten Anleger. Die entsprechende halbe Umsatzabgabe entfällt somit. 4.2 Eigene Hälfte der Abgabe bzw. Hälfte des eigenen Kunden. Für die an der Schweizer Börse gehandelten inländischen Titel qualifiziert der ausländische Teilnehmer (Remote Member) gemäss Art. 13 Abs. 3 lit. e StG als und unterliegt, analog Ziff. 3.2 zum Schweizer Teilnehmer, für die auf sich oder den Kunden entfallende Hälfte der Abgabe. Sofern ein Remote Member für eigene 280 DER SCHWEIZER TREUHÄNDER 2009 4

UMSATZABGABE BEI TRANSAKTIONEN ÜBER DIE SIX SWISS EXCHANGE STEUERN Rechnung handelt, muss es die auf sich selbst entfallende halbe Abgabe nicht tragen (Art. 19 Abs. 2 StG). Das ausländische Mitglied einer Schweizer Börse hat die eine Hälfte der Abgabe immer dann zu tragen, wenn keine Befreiung eintritt, insbesondere also dann, wenn es für einen Privaten inländische Titel als Remote Member direkt an der Börse handelt. Für das bisherige ausländische Mitglied einer ausländischen Börse (der SWX Europe) kann demnach die Verlagerung des Handels mit SMI/SLI-Titeln an die SIX Swiss Exchange neu eine Umsatzabgabebelastung zur Folge haben. Diese tritt ein, wenn das bisherige ausländische Mitglied der SWX Europe zum ausländischen Mitglied der inländischen SIX Swiss Exchange wird oder bereits ist und über diese Börse handelt. Die neu eintretende Belastung mit der Umsatzabgabe ist unerwünscht und benachteiligt den Schweizer Börsenhandel gegenüber dem ausserbörslichen Handel, insbesondere dem immer wichtiger werdenden Handel über ausländische alternative Handelssysteme, an denen ausländische Teilnehmer steuerbare Urkunden ohne Belastung mit der Schweizer Umsatzabgabe kaufen und verkaufen können, weil sie dann nicht als Remote Member im Sinne von Art. 13 Abs. 3 lit. e StG auftreten. Wie bereits oben angedeutet, ist indessen diese Rechtsfolge durch entsprechende Gestaltung des Handels vermeidbar. Das ausländische Mitglied einer schweizerischen Börse ist nur für jene Aufträge umsatzabgabepflichtig, die es direkt als Remote Member über diese Börse ausführt. Nicht der Umsatzabgabe unterliegen ausserbörsliche Abschlüsse oder Abschlüsse an einer schweizerischen Börse, die im Auftrag des ausländischen Mitglieds von einem anderen in- oder ausländischen ausgeführt werden. Ausserbörsliche Abschlüsse werden nicht erfasst, weil das Remote Member nur für Ausführungen an der schweizerischen Börse als im Sinne der Umsatzabgabe gilt. Abschlüsse, die von einem anderen ausgeführt werden, fallen unter die Befreiung von Art. 19 Abs. 1 S. 1 StG, wonach die die ausländische Bank oder den ausländischen Börsenagenten betreffende halbe Abgabe nicht geschuldet ist. Im Ergebnis kann also das Remote Member die Umsatzabgabe relativ einfach vermeiden. 5. FAZIT Die Rückverlagerung des Handels mit SMI/SLI-Titeln von der SWX Europe an die SIX Swiss Exchange hat für die inländischen Teilnehmer der Börse aus Sicht der Umsatzabgabe keine Änderungen zur Folge. Die Belastung mit der Umsatzabgabe bleibt für sie dieselbe. Für die ausländischen Teilnehmer der SIX Swiss Exchange kann die Rückführung des Börsenhandels in die Schweiz immer dann unerwünschte Belastungen mit der Umsatzabgabe zur Folge haben, wenn das Remote Member nicht für andere (im Sinne der Umsatzabgabe), ausländische Banken oder Börsenagenten oder für nicht von der Abgabe befreite Anleger, namentlich private Kunden, handelt. Die vordergründig durch die Abgabepflicht gemäss Art. 13 Abs. 3 lit. e StG gegebene Gleichbehandlung der inund ausländischen Teilnehmer einer schweizerischen Börse bei der Umsatzabgabe hält genauerer Betrachtung nicht stand, weil der ausländische Teilnehmer im Gegensatz zum inländischen die Abgabe relativ leicht vermeiden kann, indem er den Handel über einen anderen vornimmt, so dass im Ergebnis eine Befreiung der betreffenden Transaktionen eintritt. Auch wenn dadurch ein sachgerechtes Ergebnis hergestellt werden kann, befriedigt der gegenwärtige Rechtszustand nicht. Gerade im Hinblick auf die Wettbewerbssituation zwischen börslichem Handel und alternativen Systemen ist anzustreben, dass der ausländische Teilnehmer an einer Schweizer Börse Transaktionen ohne Belastung mit der Umsatzabgabe vollziehen kann, so wie es ausserbörslich oder über andere Handelssysteme bereits jetzt ohne weiteres möglich ist. Der Status des ausländischen Mitglieds einer Schweizer Börse als im Sinne der Umsatzabgabe erscheint als entbehrlich, nachdem die Befreiung von Art. 19 Abs. 1 S. 1 StG von den aus- auf die inländischen Titel ausgedehnt worden ist. Der Schweizer Teilnehmer der inländischen Börse muss nicht mehr damit rechnen, eine halbe Abgabe für die andere ihm von der Börse zugewiesene Gegenpartei zu schulden, weil das Remote Member ein befreiter Anleger ist. Die gesetzgeberische Motivation für die Einführung von Art. 13 Abs. 3 lit. e StG ist mithin weggefallen. Die einzige Folge der Abgabepflicht des Remote Members besteht darin, dass der Kunde des ausländischen Teilnehmers der Schweizer Börse, der einen Schweizer Titel erwirbt oder veräussert, unter Umständen mit einer halben Abgabe belastet wird. Diese steuerliche Belastung des Ausländers lässt sich wie ausgeführt relativ einfach vermeiden. Die Abgabepflicht des Remote Members gemäss Art. 13 Abs. 3 lit. e StG sowie die Abrechnungspflicht der Schweizer Börse gemäss Art. 17 Abs. 4 StG sollten deshalb zum Vorteil des Schweizer Finanzplatzes abgeschafft werden. Anmerkungen: * Urs Derendinger hat für die SIX Swiss Exchange die Analyse der Rückführung des Aktienhandels von London nach Zürich geleitet. 1) Bundesgesetz über die Stempelabgaben (StG) vom 27. Juni 1973; SR 641.10. 2) Bundesgesetz über die Börsen und den Effekten handel (Börsengesetz, BEHG) vom 24. März 1995; SR 954.1. 3) AS 1999, 1287, ursprünglich befristet bis 31. Dezember 2002 und verlängert bis 31. Dezember 2005, AS 2002, 3645. 4) AS 2005, 3577. 5) AS 2000, 2991. 6) Botschaft des Bundesrates für ein Bundesgesetz über neue dringliche Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe vom 2. Oktober 2000, BBl 2000, 5851. 7) Botschaft des Bundesrates zur Änderung des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben vom 18. August 2004, BBl 2004, 4909 f. 8) AS 2005, 3579. 9) SIX Swiss Exchange, Allgemeine Geschäftsbedingungen (gültig ab 1. Januar 2009; abrufbar unter http://www.six-swiss-exchange. com/participants/regulation/rules_de.html, zuletzt besucht am 20. Januar 2009), Ziff. 1.2 Abs. 1. 10) Art. 4 Abs. 1 und 2 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 lit. e und Art. 3 lit. a des Bundesgesetzes über die Eidg. Finanzmarktaufsicht (Finanzmarktaufsichtsgesetz, Finmag) vom 22. Juni 2007, in Kraft seit 1. Januar 2009; SR 956.1. Die Finma hat u. a. die vormalige, hier zuständig gewesene Eidg. Bankenkommission (EBK) abgelöst. 11) Verordnung über die Börsen und den Effektenhandel (Börsenverordnung, BEHV) vom 2. Dezember 1996; SR 954.11. 12) So auch Kreisschreiben Nr. 12 der Eidg. Steuerverwaltung vom 20. Dezember 2005 betr. Umsatzabgabe, Rz 6. Es ist denkbar, dass ein gemäss BEHG, der als sog. Eigenhändler gem. Art. 3 Abs. 1 BEHV nur für eigene Rechnung handelt, Mitglied der Börse wird. Dann ist die Voraussetzung gemäss Art. 13 Abs. 3 lit. b Ziff. 1 StG nicht erfüllt, denn ein solcher Teilnehmer handelt gerade nicht «für Dritte». Er ist mithin Effekten- 4 2009 DER SCHWEIZER TREUHÄNDER 281

UMSATZABGABE BEI TRANSAKTIONEN ÜBER DIE SIX SWISS EXCHANGE händler im Sinne des BEHG, aber kein im Sinne des StG, sofern nicht wiederum Art. 13 Abs. 3 lit. d StG anwendbar ist. Allerdings entfällt dann auch die Befreiung für den Handelsbestand gemäss Art. 14 Abs. 3 StG. 13) Anwendbarkeit des StG im Fürstentum Liechtenstein gestützt auf Art. 6 des Vertrags vom 29. März 1923 zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet (SR 0.631.112.514) und die nicht publizierte Anlage I zu diesem Vertrag (vgl. BGer 7. 2. 2000, ASA 69 [2000/2001], 811, 812; s. auch Hochreutener, in: Oberson/Hinny [Hrsg.], Kommentar Stempelabgaben, Zürich 2006, Art. 31 N 20). 14) Vgl. dazu Jaeger/Weber, in: Zweifel/ Athanas/Bauer-Balmelli (Hrsg.), Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. II/3, Basel 2006, Art. 13 N 57 ff.; Lurà, in: Oberson/Hinny [Hrsg.], Kommentar Stempelabgaben, Zürich 2006, Art. 13 N 63; Die Praxis der Bundessteuern II/1, Art. 13 Abs. 3 Ziff. 20. 15) Vgl. auch Botschaft des Bundesrates für ein Bundesgesetz über neue dringliche Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe vom 2. Oktober 2000, BBl 2000, 5851: «Mit der Unterwerfung der ausländischen Mitglieder einer schweizerischen Börse unter die Umsatzabgabe (...) hat der Gesetzgeber (...) dem Grundsatz nachgelebt, dass der Ort der Börse für die umsatzabgaberechtliche Behandlung zu berücksichtigen ist. Wer in der Schweiz über eine Börse handelt, soll folglich auch hier durch die Umsatzabgabe erfasst werden.» 16) Botschaft des Bundesrates für einen Bundesbeschluss über dringliche Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe vom 14. Dezember 1998, BBI 1999 I 1033; Botschaft des Bundesrates zur Änderung des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben vom 18. August 2004, BBI 2004 I 4903, 4908 und 4910. 17) Hainaut/Schopper, Nouveautés en matière de droit de timbre de négociation, ST 1999, 355 ff., 358; Maraia, in: Oberson/Hinny (Hrsg.), Kommentar Stempelabgaben, Zürich 2006, Art. 17 N 15; Misteli, Effektenhandel an ausländischen Börsen, FStR 2002, 45 ff., 49; Sigg/Pfenninger, in: Zweifel/Athanas/Bauer-Balmelli (Hrsg.), Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. II/3, Basel 2006, Art. 13 N 92. Die Autoren geben aber keine Begründung oder Belege für ihre Auslegung. Sie gehen weder auf die gesetzgeberische Absicht noch auf das System der Umsatzabgabe ein. Lediglich Sigg/Pfenninger verweisen auf den Wortlaut («Formulierung») von Art. 13 Abs. 3 lit. e StG, wonach die Steuerpflicht an die Kotierung der Schweizer Titel anknüpfe. Andere Autoren lassen die Frage offen; vgl. Stockar, Neuerungen bei der Umsatzabgabe, ST 1999, 349 ff.; ders., Neue Massnahmen bei der Umsatzabgabe, ST 2001, 251 ff., 251; ders., Übersicht und Fallbeispiele zu den Stempelabgaben und zur Verrechnungssteuer, 4. A. 2006, 31, 55, 61, 215 f.; Tanner, Dringliche Mass - nahmen im Bereich der Umsatzabgabe, StR 1999, 450 ff. 18) Als für die Käufer und Verkäufer agierende CCP stehen LCH Clearnet Limited und SIX x-clear zur Verfügung. 19) Kreisschreiben Nr. 12 (Anm. 12), Rz 70. 20) Gemäss Art. 13 Abs. 3 lit. a StG zufolge des Status als bankähnliche Finanzgesellschaft. RÉSUMÉ Le droit de timbre de négociation dans le cadre de transactions à la SIX Swiss Exchange La SIX Swiss Exchange SA (auparavant la SWX Swiss Exchange) concentre jusqu à fin 2009 le commerce des actions à Zurich. Le rapatriement du commerce des titres SMI/SLI de la SWX Europe (auparavant virt-x) à la SIX Swiss Exchange n a entraîné aucune modification du point de vue du droit de timbre de négociation pour les participants suisses à la bourse. La charge fiscale résultant du droit de timbre de négociation reste pour eux inchangée. En qualité de Remote Members au sens de l article 13 al. 3 lit. e de la loi fédérale sur les droits de timbre de négociation (LT), les membres étrangers d une bourse suisse deviennent des commerçants de titres au sens du droit de timbre de négociation. Leur obligation fiscale s étend aux titres suisses dont ils font commerce à la bourse suisse concernée. La bourse suisse doit acquitter auprès de l Administration fédérale des contributions (AFC) le droit de timbre de négociation dû par les Remote Members (art. 17 al. 4 LT). Les transactions hors bourse, y compris celles qui concernent des titres suisses cotés, ne sont pas soumises au droit de timbre de négociation, dès lors que le Remote Member n est un commerçant de titres selon la pratique la plus récente de l AFC que s il négocie lui-même directement à la bourse. Les participants étrangers à la SIX Swiss Exchange pouvaient auparavant faire le commerce de titres suisses sans s acquitter du droit de timbre de négociation suisse. Dorénavant, le rapatriement du négoce boursier en Suisse peut avoir pour eux pour conséquence, une charge fiscale résultant du droit de timbre de négociation nouvelle et indésirable, s ils ne négocient pas pour d autres commerçants de titres (au sens du droit de timbre de négociation), pour des banques étrangères, des agents de change ou pour des investisseurs non-exonérés, notamment des clients privés. Les participants étrangers peuvent cependant, contrairement aux commerçants de titres suisses, éviter relativement facilement l impôt, en procédant au commerce par le biais d un autre commerçant de titres, de sorte que, au final, une exemption des transactions concernées ait lieu. Même si, de cette manière, un résultat approprié peut être atteint, la situation juridique actuelle n est pas satisfaisante. Au vu de la situation concurrentielle entre le commerce boursier et les systèmes de négoce alternatifs, il s agit de faire en sorte que les participants étrangers à une bourse suisse puissent exécuter des transactions sans droit de timbre de négociation, comme il est déjà possible de le faire à l heure actuelle par d autres systèmes de négoce ou hors bourse. Le statut de membre étranger d une bourse suisse en qualité de commerçant de titres au sens du droit de timbre de négociation apparaît comme accessoire, depuis que les banques étrangères et les agents de change sont, selon l article 19 al. 1 1 ère phrase LT révisé, des contreparties exonérées non seulement pour les titres étrangers, mais aussi pour les titres suisses. Le participant suisse d une bourse suisse ne doit plus s attendre à devoir la moitié du droit pour la contrepartie qui lui a été assignée par la bourse, car le Remote Member est un investisseur exonéré. La motivation législative de l introduction de l article 13 al. 3 lit. e LT n a ainsi plus d objet. La seule conséquence de l obligation fiscale du Remote Member consiste en ce que le client d un participant étranger d une bourse suisse, qui acquiert ou vend un titre suisse, doit éventuellement s acquitter de la moitié du droit, ce qui est facilement évitable. L obligation fiscale du Remote Member selon l article 13 al. 3 lit. e LT ainsi que l obligation de la bourse suisse de s acquitter de l impôt selon l article 17 al. 4 LT devraient par conséquent être abrogées, à l avantage de la place financière suisse. UD/MW 282 DER SCHWEIZER TREUHÄNDER 2009 4