FINANZGERICHT MÜNSTER Im Namen des Volkes U R T E I L. In dem Rechtsstreit

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Freigabe: 15.03.2013 13 K 1968/11 Kg FINANZGERICHT MÜNSTER Im Namen des Volkes U R T E I L In dem Rechtsstreit des Herrn J. J1., - Kläger - Prozessbevollmächtigter: gegen die Agentur für Arbeit - Familienkasse -, vertreten durch die Familienkasse Düsseldorf, diese vertreten durch ihren Leiter, Grafenberger Allee 300, 40237 Düsseldorf, - Beklagte - wegen Kindergeld hat der 13. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht Richter am Finanzgericht Richter am Finanzgericht ehrenamtlicher Richter ehrenamtlicher Richter ohne mündliche Verhandlung am 21.02.2013 für Recht erkannt: Der Bescheid vom 03.09.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.05.2011 wird geändert und die Festsetzung von Kindergeld für D. ab Januar 2011 aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 21 v.h. und die Beklagte zu 79 v.h. Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

- 2 - R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof, lsmaninger Straße 109, 81675 München, einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dargelegt werden. Nach 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder 3. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Vor dem Bundesfinanzhof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof eingeleitet wird. Zur Vertretung der Beteiligten vor dem Bundesfinanzhof berechtigt sind Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer; zur Vertretung berechtigt sind auch Gesellschaften im Sinne des 3 Nr. 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch solche Personen handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

- 3 - T a t b e s t a n d : Streitig ist die Kindergeldfestsetzung zugunsten des Klägers für seine am 27.10.1988 geborene Tochter D. im Streitzeitraum Juni 2009 bis Mai 2011. D. besuchte von August 2005 bis Juli 2009 das X.-Berufskolleg (Fachrichtung Höhere Handelsschule) in E., von August 2009 bis Juni 2010 die Y.-Schule (Fachrichtung Berufsfachschule Hauswirtschaft) in I. und von August 2010 bis Januar 2011 die Y.- Schule (Fachrichtung Fachoberschule - Gesundheit und Soziales). Von Januar bis Juli 2011 war sie bei der Bundesagentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldet und nahm an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme der Z. GmbH, I., als Maßnahmeträger teil. Die Maßnahme beinhaltete theoretischen Unterricht und Praktika in unterschiedlichen Berufsfeldern mit dem Ziel der Qualifizierung in Ausbildung. Aufgrund dieser Maßnahme durfte D. unter weiteren Voraussetzungen bei der Bundesagentur für Arbeit eine Berufsausbildungsbeihilfe beantragen. Ab August 2011 absolvierte D. eine Ausbildung zur Bürokauffrau bei der Firma A. GmbH, I., und bezog eine Ausbildungsverfügung von 400,- EUR monatlich. Am 14.05.2009 heiratete sie Herrn M. C. Ihr Ehemann erzielte ausweislich vorgelegter Lohnabrechnungen im Jahr 2009 steuerpflichtige Bruttoeinnahmen als Angestellter in Höhe von 21.729,97 EUR und Nettoeinnahmen (Bruttoeinnahmen abzüglich Steuern und Sozialversicherung, ohne Werbungskosten) von 16.210,84 EUR. Auf den Zeitraum Juni bis Dezember 2009 entfielen brutto 13.105,77 EUR und netto 10.299,11 EUR. Im Jahr 2010 erzielte er steuerpflichtige Bruttoeinnahmen von 21.556,53 EUR und Nettoeinnahmen (s.o.) von 16.976,84 EUR, im Zeitraum von Januar bis April 2011 Bruttoeinnahmen von 6.658,15 EUR und Nettoeinnahmen von 5.268,11 EUR. Mit Bescheid vom 03.09.2009 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung zugunsten des Klägers für D. C. gem. 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes EStG ab Juni 2009 auf, da das Kind verheiratet sei und ab dem Folgemonat der Eheschließung einen Unterhaltsanspruch gegen ihren Ehegatten besitze, so dass sie sich selbst unterhalten könne.

- 4 - Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 28.09.2009 Einspruch ein. Zur Begründung legte er Gehaltsnachweise des Herrn M. C., Unterlagen über von diesem zu tragende Kosten (Miete, Mietnebenkosten) sowie über Ausbildungskosten seiner Tochter (Bücher im Wert von 16,- EUR) vor. Mit Einspruchsentscheidung vom 06.05.2011 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Tochter des Klägers habe sich im Streitzeitraum zwar in Ausbildung befunden. Ihre Einkünfte und Bezüge für den Zeitraum Juni bis Dezember 2009 überschritten aber den anteiligen Grenzbetrag des 32 Abs. 4 EStG, da nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes BFH bei verheirateten Kindern spätestens ab dem Folgemonat der Eheschließung davon auszugehen sei, dass das Kind einen vorrangigen Unterhaltsanspruch gegen seinen Ehegatten besitze. Nur wenn der Ehegatte zum vollständigen Unterhalt des Kindes aufgrund eines zu niedrigen Einkommens nicht beitragen könne und das Kind selbst nicht über ausreichende Einkünfte und Bezüge verfüge (sog. Mangelfall), bleibe der Kindergeldanspruch des Elternteils bestehen. Als Unterhaltsleistung des Ehegatten sei die Hälfte der Differenz zwischen den eigenen Einkünften und Bezügen des Kindes einerseits und dem (höheren) Nettoeinkommen des Ehegatten (begrenzt durch das Existenzminimum) andererseits anzurechnen. Im Streitfall überstiegen die Einkünfte und Bezüge von D. C. unter Einbeziehung ihrer Unterhaltsansprüche den anteiligen Grenzbetrag in Höhe von 4.480,- EUR für den Zeitraum Juni bis Dezember 2009. Denn die Nettoeinkünfte ihres Ehegatten im genannten Zeitraum betrügen 9.794,54 EUR. Da D. C. selbst über keine eigenen Einkünfte verfüge, sei hiervon die Hälfte, mithin 4.897,27 EUR, als Unterhalt anzurechnen. Auch unter weiterer Berücksichtigung einer Kostenpauschale von 180,- EUR sei der anteilige Grenzbetrag überschritten. Der Kläger verfolgt sein Begehren ausdrücklich für den Streitzeitraum Juni 2009 bis Mai 2011 mit seiner am 07.06.2011 erhobenen Klage weiter. Er trägt vor, die Einkünfte und Bezüge seiner Tochter D. C. hätten im Streitzeitraum den Grenzbetrag nicht überschritten. Denn bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs sei dem Unterhaltspflichtigen ein Erwerbstätigenbonus von 1 / 7 der Einkünfte zuzugestehen, wenn der Unterhaltsberechtigte wie im Streitfall nicht erwerbstätig sei. Von den

- 5 - Einkünften des Unterhaltspflichtigen seien daher nur 3 / 7 als Unterhaltsleistung anzurechnen. Unter Berücksichtigung von Nettoeinkünften des Herrn M. C. im Zeitraum Juni bis Dezember 2009 in Höhe von 9.762,44 EUR ergäben sich Bezüge der D. C. in Höhe von 3 / 7, mithin 4.183,90 EUR, abzüglich einer Kostenpauschale von 180,- EUR, insgesamt also 4.003,90 EUR. Der anteilige Grenzbetrag von 4.480,- EUR sei demnach unterschritten. Für das Jahr 2011 lägen keine Erkenntnisse über den Bezug von Berufsausbildungsbeihilfen vor. Darüber hinaus könnten für den gesamten Streitzeitraum keine erhöhten Werbungskosten oder Ausbildungskosten von D. C. oder ihrem Ehemann geltend gemacht werden. Insgesamt könne ein darüber hinausgehender Sachvortrag nicht erfolgen. Der Kläger beantragt (sinngemäß), den Bescheid vom 03.09.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.05.2011 für den Zeitraum Juni 2009 bis Mai 2011 aufzuheben. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie verweist auf ihre Einspruchsentscheidung. Der Kläger habe seinen Anspruch auf Festsetzung von Kindergeld nicht durch Vorlage geeigneter Belege nachgewiesen. Zudem habe D. C. nach ihren Informationen entgegen dem Vortrag des Klägers ab dem 30.01.2011 eine Berufsausbildungsbeihilfe bezogen. Hierzu beziehe sie sich auf einen Telefonvermerk eines Mitarbeiters der Bundesagentur für Arbeit, bei dem sich D. C. am 31.01.2011 gemeldet habe und Fragen zur Höhe ihrer Berufsausbildungsbeihilfe gestellt habe. Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

- 6 - E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem. 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung FGO. I. Die Klage ist teilweise begründet. Der Bescheid vom 03.09.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.05.2011 ist teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten ( 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). 1) Die Voraussetzungen für eine Festsetzung von Kindergeld gem. 62 Abs. 1, 63 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG lagen im Zeitraum Juni 2009 bis Dezember 2010 vor. Denn D. C. befand sich unstreitig in Ausbildung ( 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) und ihre Einkünfte und Bezüge überschritten in diesem Zeitraum nicht den Jahresgrenzbetrag gem. 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. Gem. 63 Abs. 1 Satz 2 i.v.m. 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in der im Jahr 2009 gültigen Fassung kann für ein Kind nur dann Kindergeld festgesetzt werden, wenn dessen Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, den Grenzbetrag von 7.680,- EUR im Kalenderjahr nicht übersteigen (ab 2010: 8.004,- EUR). Der Begriff der Einkünfte im Sinne des 32 Abs. 4 Satz 2 EStG entspricht grundsätzlich der Legaldefinition des Begriffs der Einkünfte in 2 Abs. 2 EStG (ständige Rechtsprechung, z.b. BFH-Urteil vom 28.05.2009 III R 8/06, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH BFHE 225, 14). Hiernach ist bei den Überschusseinkünften ( 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG) unter Einkünften der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu verstehen. Dabei ist mangels Nachweises höherer Werbungskosten auch die Werbungskostenpauschale gem. 9a Satz 1 Nr. 1 EStG in Höhe von 920,- EUR zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist von den Bezügen, wenn nicht im Einzelfall höhere Kosten nachgewiesen werden, eine Kostenpauschale von 180,- EUR abzuziehen. a) Zu den Bezügen eines verheirateten Kindes gehören auch die Unterhaltsleistungen des Ehegatten. Nach der Eheschließung des Kindes besteht grundsätzlich kein

- 7 - Kindergeldanspruch der Eltern mehr, weil ab diesem Zeitpunkt in erster Linie der Ehepartner dem Kind zum Unterhalt verpflichtet ist ( 1608 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches BGB i.v.m. 1360, 1360a BGB). Die Eltern sind nur noch nachrangig unterhaltsverpflichtet. Ausnahmsweise müssen Eltern gegenüber ihrem verheirateten Kind aber Unterhaltsleistungen erbringen, wenn das Einkommen des Ehepartners so gering ist, dass er zum vollständigen Unterhalt nicht in der Lage ist sog. Mangelfall (BFH-Urteile vom 22.12.2011 III R 8/08, BFHE 236, 155, Bundessteuerblatt BStBl II 2012, 340; vom 23.11.2011 III R 76/09, BFHE 236, 79, BStBl II 2012, 413; vom 04.08.2011 III R 48/08, BFHE 234, 310, BStBl II 2011, 975 und vom 19.04.2007 III R 65/06, BFHE 218, 70, BStBl II 2008, 756). Ein Mangelfall ist bei kinderlosen Ehen anzunehmen, wenn die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes einschließlich der Unterhaltsleistungen des Ehepartners den Jahresgrenzbetrag des 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht überschreiten (BFH-Urteil vom 19.04.2007 III R 65/06, BFHE 218, 70, BStBl II 2008, 756, m.w.n.). Die Höhe der als Bezüge i.s. von 32 Abs. 4 Satz 2 EStG anzusetzenden Unterhaltsleistungen lässt sich bei Ehegatten, die in einem gemeinsamen Haushalt leben, in der Regel nur rechnerisch ermitteln, da sich die tatsächlichen Zu- und Abflüsse von Geldmitteln oder von Gütern in Geldeswert (vgl. 8 Abs. 1 EStG) innerhalb einer bestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft zumeist nicht nachvollziehen lassen. Die Unterhaltsleistungen des zum Unterhalt verpflichteten Ehepartners sind deshalb regelmäßig zu schätzen. Bei einer kinderlosen Ehe, in der ein Ehepartner allein verdient und ein durchschnittliches Nettoeinkommen erzielt, entspricht es der Lebenserfahrung, dass dem nicht verdienenden Ehepartner in etwa die Hälfte des Nettoeinkommens in Form von Geld- und Sachleistungen als Unterhalt zufließt (BFH-Urteile vom 22.12.2011 III R 8/08, BFHE 236, 155, BStBl II 2012, 340; vom 23.11.2011 III R 76/09, BFHE 236, 79, BStBl II 2012, 413 und vom 4. 8. 2011 III R 48/08, BFHE 234, 310, BStBl II 2011, 975). Bei der Berechnung des Familienunterhalts stützt sich der BFH regelmäßig auch auf die hierzu ergangene zivilrechtliche Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 23.11.2011 III R 76/09, BFHE 236, 79, BStBl II 2012, 413). Auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes BGH ist bei der Unterhaltsberechnung jedem Ehegatten die Hälfte des verteilungsfähigen Einkommens

- 8 - zuzubilligen, weil die Ehegatten grundsätzlich in gleicher Weise an den ehelichen Lebensverhältnissen teilnehmen (sog. Halbteilungsgrundsatz: BGH-Urteile vom 07.12.2011 XII ZR 151/09, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BGH BGHZ 192, 45, und vom 15.03.2006 XII ZR 30/04, BGHZ 166, 351; OLG Hamm, Urteil vom 14.09.2011 II-5 UF 45/11, Neue Juristische Wochenschrift, Rechtsprechungs-Report NJW-RR 2012, 67). Von dem strikten Halbteilungsgrundsatz ist allerdings zugunsten des erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen in maßvoller Weise abzuweichen, um dem mit einer Berufsausübung verbundenen höheren Aufwand Rechnung zu tragen und zugleich einen Anreiz zur Erwerbstätigkeit zu schaffen; dies gilt zumindest dann, wenn der Unterhaltspflichtige Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit bezieht (BGH-Urteil vom 28.03.2007 XII ZR 163/04, BGHZ 172, 22; BGH-Beschluss vom 8. 9. 2004 XII ZB 92/03, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht FamRZ 2004, 1867; OLG Hamm, Urteil vom 14.09.2011 II-5 UF 45/11, NJW-RR 2012, 67; Weber-Monecke in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Auflage, 1361 Rz. 42 m.w.n.). Die Höhe dieses Erwerbstätigenbonus kann im Einzelfall unterschiedlich sein (BGH- Beschluss vom 08.09.2004 XII ZB 92/03, FamRZ 2004, 1867). Sie wird nach der Rechtsprechung typischerweise mit 1 / 7 beziffert, so dass der Unterhaltsberechtigte Anspruch auf 3 / 7 der Erwerbseinkünfte des Unterhaltspflichtigen hat (vgl. Düsseldorfer Tabelle, Stand 01.01.2009, unter B. I. 1.; OLG Hamm, Beschluss vom 18.11.2011 2 WF 129/11, Weber-Monecke in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Auflage, 1361 Rz. 43). b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, überschritten die Einkünfte und Bezüge von D. C. im Zeitraum Juni 2009 bis Dezember 2010 nicht den (anteiligen) Grenzbetrag gem. 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. Für den Zeitraum Juni bis Dezember 2009, für den ausgehend von einem Jahresgrenzbetrag von 7.680,- EUR ein anteiliger Grenzbetrag von 4.480,- EUR (7 Monate) gilt, ergibt sich die folgende Berechnung: Bruttoeinnahmen abzügl. Steuern und Sozialversicherung 10.299,11 anteilige Werbungskostenpauschale -536,67 Einkünfte M. C. 9.762,44 davon 3/7 (= Bezüge D.) 4.183,90 Kostenpauschale -180,00

- 9 - Summe 4.003,90 Für den Zeitraum Januar bis Dezember 2010 mit einem Jahresgrenzbetrag von 8.004,- EUR gem. 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in der im Jahr 2010 geltenden Fassung ist wie folgt zu rechnen: Bruttoeinnahmen abzügl. Steuern und Sozialversicherung 16.976,84 Werbungskostenpauschale -920,00 Einkünfte M. C. 16.056,84 davon 3/7 (= Bezüge D.) 6.881,50 Kostenpauschale -180,00 Summe 6.701,50 Allerdings käme es im Jahr 2010 auch nicht darauf an, ob der Erwerbstätigenbonus anzurechnen ist, da selbst bei strikt hälftiger Anrechnung der Einkünfte von M. C. der Grenzbetrag für 2010 nicht überschritten wäre: Bruttoeinnahmen abzügl. Steuern und Sozialversicherung 16.976,84 Werbungskostenpauschale -920,00 Einkünfte M. C. 16.056,84 davon 1/2 (= Bezüge D.) 8.028,42 Kostenpauschale -180,00 Summe 7.848,42 2) Für den Zeitraum Januar bis Mai 2011 ist die Klage hingegen nicht begründet. Die Beklagte hat nämlich Hinweise darauf vorgelegt, dass D. C. ab Januar 2011 eine monatliche Berufsausbildungsbeihilfe bezogen hat. Hierzu hat sie sich auf einen Telefonvermerk eines Mitarbeiters der Bundesagentur für Arbeit bezogen, bei dem sich D. C. am 31.01.2011 gemeldet und Fragen zur Höhe ihrer Berufsausbildungsbeihilfe gestellt habe. Da der Kläger keine Unterlagen vorgelegt hat, welche die Höhe der Berufsausbildungsbeihilfe nachweisen oder zeigen würden, dass D. C. keine solche Beihilfe bezogen hat, kann der Senat die genaue Höhe der Einkünfte und Bezüge im Zeitraum ab Januar 2011 nicht ermitteln. Da die erforderlichen Unterlagen jedoch gem. 68 Abs. 1 EStG von dem Kläger beizubringen sind, ist das Fehlen der Unterlagen ihm anzulasten.

- 10-3) Da danach die Voraussetzungen für eine Festsetzung von Kindergeld im Streitzeitraum bis Dezember 2010 vorlagen, durfte die Beklagte erst ab Januar 2011 die Festsetzung von Kindergeld gem. 70 Abs. 2 EStG aufheben. Nach dieser Vorschrift ist eine Kindergeldfestsetzung aufzuheben oder zu ändern, wenn in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten. Dies war aufgrund der Eheschließung von D. C. und der Höhe ihrer Einkünfte und Bezüge erst ab Januar 2011 der Fall. II. Die Kostenentscheidung beruht auf 136 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.