Die Privatschule Übung vom 8./9. Mai 2017 Dr. David HofsteHer
Eckpunkte des Sachverhalts I A, B und C sind Eigentümer je einer LiegenschaQ in der Gemeinde X Die drei LiegenschaQen befinden sich in unmihelbarer Nähe zueinander und bilden Teil einer sog. «Arealüberbauung» B und C betreiben in ihren LiegenschaQen eine KindertagesstäHe im Rahmen der schulergänzenden Betreuung B und C planen, ihr Angebot zu erweitern und in ihren LiegenschaQen zusätzlich eine Privatschule zu betreiben Die (bildungsrechtlich notwendige) Bewilligung zur Errichtung und Führung der Privatschule wird ihnen vom kantonalen Bildungsdepartement erteilt; B und C nehmen den Betrieb der Schule auf
Eckpunkte des Sachverhalts II A fühlt sich von den von der Schule ausgehenden Immissionen beläsagt und fragt bei der kommunalen Baubehörde an, ob die Schule einer zonenkonformen Nutzung entspreche B und C müssen betreffend die Schulnutzung ein nachträgliches Baugesuch einreichen Das nachträgliche Baugesuch wird nach Durchlaufen des kantonalen Instanzenzugs vom kantonalen VGer abgewiesen; der in der fraglichen Zone geltende Mindestwohnanteil sei nicht eingehalten B und C erheben keine Beschwerde an das Bundesgericht
Eckpunkte des Sachverhalts III Während laufender RechtsmiHelfrist (Möglichkeit zur Beschwerde an das Bundesgericht) reichen B und C bei der kommunalen Baubehörde ein idenasches Baugesuch betreffend Umnutzung ihrer LiegenschaQen bei der kommunalen Baubehörde ein Das Baugesuch wird öffentlich aufgelegt; es gehen keine Einsprachen ein, auch nicht von A, der von der Auflage keine Kenntnis hat Die kommunale Baubehörde erteilt die Baubewilligung (Bewilligung zur Umnutzung der LiegenschaQen in eine Schulnutzung) an B und C
Begriffliche Klärungen Arealüberbauung: Regelung in 69-73 PBG; Gemeinden können in der BZO selber eine von der Grundordnung abweichende Überbauung gestahen (vgl. 72 PBG) Mindestwohnanteil: Wohnzonen sind nach 52 Abs. 1 PBG «in erster Linie» für Wohnbauten besammt (womit andere Nutzungen zulässig sind); die Gemeinde kann jedoch nach 49a Abs. 3 PBG MindestwohnanteilsvorschriQen erlassen Bildungsrechtliche Bewilligung: Nach 68 Abs. 1 Volksschulgesetz benöagen Privatschulen, an denen die Schulpflicht erfüllt werden kann, eine Bewilligung der Direkaon (vgl. dazu BGer 2C_807/2015)
Frage 1: Umnutzungsgesuch I Die Baubewilligungspflicht ermöglicht es den zuständigen Behörden, ein Bauvorhaben vor der Ausführung auf seine Übereinsammung mit dem geltenden Recht zu überprüfen (vgl. BGE 139 II 134, E. 5.2) Grundnorm und Mindestanforderung für die baurechtliche Bewilligungspflicht bildet Art. 22 RPG Bewilligungspflichag ist nicht nur die Errichtung einer Baute oder Anlage, sondern auch deren Änderung; dazu zählen auch Nutzungsänderungen, sofern die mit der neuen Nutzung verbundenen Auswirkungen intensiver als die bisherigen sind (vgl. etwa BGer 1C_395/2015, E. 3.1.1 m.w.h.)
Frage 1: Umnutzungsgesuch II Vgl. dazu die Besammung in 309 Abs. 1 lit. b PBG: «Eine baurechtliche Bewilligung ist nöag für Nutzungsänderungen bei Räumlichkeiten und Flächen, denen baurechtliche Bedeutung zukommt.» Vgl. auch BGer 1C_658/2013, E. 4.1: «Der bundesrechtliche Begriff der bewilligungspflichagen Bauten und Anlagen kann von den Kantonen weiter, nicht aber enger gefasst werden ( ).»
Frage 2: Baugesuchsauflage und Bewilligung I Fragestellungen: Darf während laufender RechtsmiHelfrist ein neues, idenasches Baugesuch von der Behörde öffentlich aufgelegt werden? Steht die rechtskräqige Beurteilung des erstmaligen Baugesuchs der Bewilligung eines idenaschen Baugesuchs entgegen (materielle RechtskraQ)? Die Baubewilligung qualifiziert als Feststellungsverfügung; es wird darin festgestellt, dass dem Projekt keine öffentlich- rechtlichen Hindernisse entgegenstehen; jedoch kommt der Baubewilligung auch Gestaltungswirkung insofern zu, als sie dem Bauherrn das Recht zum Bauen verleiht
Frage 2: Baugesuchsauflage und Bewilligung II Aufgrund des Feststellungscharakters der Baubewilligung kann bei einem abweisenden Entscheid ein neues Baugesuch erarbeitet werden; die Abweisung des Baugesuchs als negaaver Verwaltungsakt stellt lediglich fest, dass das (aktuelle) Projekt nicht den VorschriQen entspricht (vgl. AGVE 2001 Nr. 68, E. 1) Damit ein Anspruch auf Beurteilung eines neuen Baugesuchs besteht, muss dem Gesuch jedoch ein neuer Sachverhalt oder eine geänderte Rechtslage zugrunde liegen; ansonsten stehen der erneuten Beurteilung die Interessen DriHer (Nachbarn) und das Interesse an der Rechtssicherheit entgegen (vgl. GVP Zug 2010, S. 139 ff., E. 3c)
Frage 2: Baugesuchsauflage und Bewilligung III GVP Zug 2010, S. 139 ff., E. 3c: «Sollte ein späteres mit dem ersten Gesuch idenasch sein, so steht ihm solange die Einrede der res iudicata entgegen, als sich die Rechtslage nicht geändert hat. Auf ein solches Gesuch dürqe ohne Änderung der Rechtslage nicht eingetreten werden. Zu beachten ist auch, dass DriHpersonen, die an einem Baugesuchsverfahren als Einsprecher oder als Beschwerdeführer beteiligt sind, nicht damit rechnen müssen, dass vor der rechtskräqigen Beurteilung des von ihnen bekämpqen Baugesuchs ein neues, das gleiche Grundstück betreffende Gesuch eingereicht und behandelt wird.»
Frage 2: Baugesuchsauflage und Bewilligung IV Baurekursgericht Zürich, in: BEZ 2000 Nr. 31, E. 4: «Von einem Nachbarn, der auf ein erstes Projekt hin reagiert hat, kann nicht verlangt werden, jeden Tag die Aussteckung zu memorieren oder fotografisch festzuhalten und am Folgetag zu prüfen, ob sich Veränderungen oder Neuerungen ergeben haben.» Vorliegend steht ein Umnutzungsgesuch im Streit: Bei einem Umnutzungsgesuch findet keine Profilierung bzw. Aussteckung im Gelände stah, weil es sich nicht um ein darstellbares Vorhaben handelt (vgl. 311 Abs. 1 PBG); die opasche Wahrnehmung eines neuen Baugesuchs ist somit nicht möglich
Frage 2: Baugesuchsauflage und Bewilligung V Schliesslich handelt es sich vorliegend um ein nachträgliches Baugesuch: Mit dem nachträglichen Baugesuch soll eine besammte bereits ausgeübte Nutzung der baurechtlichen Prüfung zugeführt werden. Wird diese konkrete Nutzung als nicht bewilligungsfähig qualifiziert, so wird damit gerade festgestellt, dass diese konkrete Nutzung aufgegeben werden muss. Einem neuen Umnutzungsgesuch betreffend die idenasche Nutzung steht die Einrede der «res iudicata» entgegen. Projektänderungen im Sinne neuer Tatsachen (etwa Anpassung der Gebäudehöhe) sind bei einem nachträglichen Umnutzungsgesuch nicht möglich. Die Erteilung der Bewilligung in einem erneuten Baugesuchsverfahren ist somit nicht möglich.
Frage 2: Baugesuchsauflage und Bewilligung VI Fazit: Die neuerliche Auflage der idenaschen Baugesuche während laufender RechtsmiHelfrist erweist sich unzulässig, ebenso die nachfolgende Erteilung der Baubewilligung. Die Erteilung der Baubewilligung verletzt den Grundsatz der «res iudicata» sowie das Prinzip des Vertrauensschutzes (Art. 9 BV).
Frage 3: RechtsmiHel I Problem: Aufgrund der verpassten Einsprache ist A formell nicht Verfahrenspartei Aufgrund seiner NachbareigenschaQ wäre A legiamiert, RechtsmiHel gegen die neuerliche Auflage der Baugesuche und die Erteilung der Baubewilligung zu erheben (vgl. BGE 141 II 50, E. 2.1), er ist somit materiell Verfahrenspartei Aus diesem Grund: Antrag auf nachträgliche Zulassung als formelle Verfahrenspartei und Zustellung des Baugesuchs und des baurechtlichen Entscheids bei der kommunalen Baubehörde
Frage 3: RechtsmiHel II RechtsmiHel gegen den Entscheid der kommunalen Baubehörde betreffend Nichtzulassung von A als formelle Partei: Rekurs an das Baurekursgericht ( 329 Abs. 1 PBG) Beschwerde an das Verwaltungsgericht ( 41 Abs. 1 VRG) Beschwerde in öffentlich- rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht (Art. 82 lit. a BGG) Aufsichtsbeschwerde? Vgl. 2 lit. b PBG Vollstreckungsgesuch (Vollstreckung des rechtskräqigen Entscheids des Verwaltungsgerichts)? Vgl. 29 Abs. 2 VRG