Rechtliche Rahmenbedingungen der Bankenabwicklung

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Transkript:

Rechtliche Rahmenbedingungen der Bankenabwicklung Jahrestagung des UFSP Finanzmarktregulierung Universität Zürich, 3. Juni 2014 Prof. Dr. iur. Seraina Grünewald

Das Abwicklungsszenario bleibt einstweilen mit Unsicherheiten behaftet Seite 2

aber erste Veränderungen stellen sich ein «Moody s downgraded subordinated debt ratings for UBS, following the removal of our assumption of government (or systemic) support for this debt class at Swiss banks. [ ]. This reflects Moody s view that government support for the subordinated debt of Swiss banks is no longer sufficiently predictable or reliable to warrant incorporating uplift into Moody s ratings.» Moody s Rating für UBS, Juli 2012 «[ ], success in regulatory reforms [ ], together with the bank resolution regime, could in future reduce the prospect of government capital support for banks senior bondholders, in our opinion.» Standard & Poor s Rating für Credit Suisse, Dezember 2013 Seite 3

Internationale Anstrengungen Schweiz hat als eines der ersten Länder die internationalen Standards umgesetzt Revision BankG per 1.9.2011 bzw. 1.3.2012 BIV-FINMA vom 1.11.2012 Revision BankV und ERV per 1.1.2013 Orderly Liquidation Authority nach US Dodd-Frank Act Rat (Wirtschaft und Finanzen) hat der EU Restrukturierungs- und Abwicklungsrichtlinie am 6.5.2014 zugestimmt Politische Verständigung auf einen Einheitlichen Abwicklungsmechanismus in der Eurozone Seite 4

Rechtliche und operationelle Durchführbarkeit? Die Uhr tickt Ca. 48 Stunden zwischen Geschäftsschluss Freitagabend an der US Ostküste und Geschäftsöffnung Montag früh in Tokio Für inländische Banken verlängert sich die Frist auf ca. 62 Stunden Aufschub von vertraglichen Beendigungsrechten während max. 48 Stunden möglich Seite 5

Inhalt Szenario 1: Grossbank Szenario 2: Inländische Bank Szenario 3: Bank mit (expliziter) Staatsgarantie Seite 6

Szenario 1: Grossbank Seite 7

Szenario 1: Grossbank Wealth Management Wealth Man. Americas Asset Management Investment Banking Hauptsitz: CH >200 Niederlassungen & Vertretungen Davon >100 ausserhalb der CH >40 Länder Sitz in NJ V.a. über lokale Töchter, aber auch grenzüberschreitend 2 US-regulierte Broker-Dealer U.a. FDICregulierte Bank 24 Länder USA: Chicago, Hartford, NYC Asia/Pacific: Hong Kong, Singapur, Sidney, Tokio Europa: London, Frankfurt, Paris Schweiz: Zürich >35 Länder Lokale Töchter und grenzüberschreitend US-reguliertes Brokerhaus Retail & Corporate CH Angaben gem. Geschäftsbericht 2013 einer Schweizer Grossbank Seite 8

Szenario 1: Grossbank Es bedarf einer rigorosen Planung und Koordination Konzentration auf wesentliche Rechtssysteme (z.b. CH, U.K., USA) Konzentration auf Behörden mit grundlegenden Entscheidungsbefugnissen Konzentration auf wesentliche Konzerneinheiten («material entities») bzw. Funktionen Seite 9

Szenario 1: Grossbank Faktische Beistandspflicht bei Fortführung der Gruppenholding Gruppenholding CH 1) Aktienemission 2) Wandlung von CoCos Stammhaus CH Gruppeninterne Kapitalaufstockung Tochter CH - Einlagen- und Kreditgeschäft - Zahlungsverkehr Tochter UK Zwischenholding USA (alle US-Töchter) Seite 10

Szenario 1: Grossbank FINMA-Positionspapier Sanierung und Abwicklung von G-SIBs (Aug. 2013) Plan A: Single Point of Entry («bevorzugt») Bail-in auf oberster Konzernebene (Holding) Soll den Kapitalbedarf der gesamten Gruppe decken (inkl. ausländische Einheiten) (Haupt-)Zuständigkeit der FINMA Plan B: Multiple Points of Entry («weniger wünschenswert») Aufspaltung der Gruppe Kein einheitliches, aber idealerweise koordiniertes Vorgehen Zuständigkeit verschiedener lokaler Abwicklungsbehörden Seite 11

Bail-in auf oberster Konzernebene 1. Auslösung durch FINMA Gruppenholding CH Verlust Kapital Aktiven Beteiligungen Verlust Passiven Abschreibungsfähige Verbindlichkeiten Eigenkapital Konzerninterner Bail-in Tochter Ausland 2. Auslösung durch Gastlandbehörde(n) (Koordination) 3. Bedarf an internen abschreibungsfähigen Verbindlichkeiten Aktiven Vermögenswerte Verlust Passiven Verbindlichkeiten extern Verbindlichkeiten Holding Eigenkapital Seite 12

Szenario 1: Grossbank Wo liegen die Hauptrisiken? Plan A: Rechtliche Risiken Anerkennung der Bail-in- Anordnung durch Behörden und Gerichte im Ausland Uneinheitliche Auslöseereignisse, behördliches Ermessen Quantität, Qualität und Positionierung abschreibungsfähiger Verbindlichkeiten Plan B: Operationelle Risiken Kapital- und Liquiditätsverteilung Infrastruktur (z.b. IT) Führung und Kontrolle Seite 13

Szenario 1: Grossbank (1) Einheitliche Regeln zum Abwicklungskapital Laufende Arbeiten des FSB zu GLAC («gone-concern loss-absorbing capacity») (2) Pragmatische Kooperationsvereinbarungen Informationspflicht der Gastländer-Behörden in Antizipation einer drohenden Insolvenz nach nationalem Recht/nationaler Praxis Temporärer Aufschub des Lizenzentzugs bzw. von nationalen Abwicklungsmassnahmen Subsidiaritätszusagen der Gastländer-Behörden («ergebnisorientierter Ansatz», Äquivalenztest) Seite 14

Szenario 2: Inländische Bank Seite 15

Szenario 2: Inländische Bank Sinnvolles und flexibles Instrumentarium Abwicklung oder Konkurs («begründete Aussicht auf Sanierung»)? Weiterführung einzelner Bankdienstleistungen Palette an Abwicklungsinstrumenten Bail-in Transfer von Geschäftsbereichen Übergangsbank Good bank/bad bank Strategien Seite 16

Szenario 2: Inländische Bank Politikum der Einlagensicherung «Overhaul the deposit insurance scheme to bring it into line with emerging international best practices and the schemes being established in the region. A new scheme should involve ( ) ex ante financing in a dedicated fund, and the fund to have powers to take action other than bank closure when there is a cheaper alternative.» IWF Financial Sector Assessment der Schweiz, April 2014 Seite 17

Szenario 2: Inländische Bank Konkurs Sofortauszahlung von Einlagen bis CHF 100 000 ausserhalb des Kollokationsverfahrens Subsidiäre Bevorschussung durch Einlagensicherung Verlust der Einlagensicherung, falls Konkursmasse ungenügend Abwicklung Einlagen bis CHF 100 000 nicht bail-in-fähig Keine Bevorschussung durch Einlagensicherung Konkurs (oder Staatshilfe), falls Bail-in ungenügend Seite 18

Szenario 3: Bank mit (expliziter) Staatsgarantie Seite 19

Szenario 3: Bank mit (expliziter) Staatsgarantie Seite 20

Szenario 3: Bank mit (expliziter) Staatsgarantie Gesetz über die Zürcher Kantonalbank (Kantonalbankgesetz) vom 28.9.1997 Seite 21

Szenario 3: Bank mit (expliziter) Staatsgarantie Staatsgarantie Dotationskapital Politischer Prozess (Kantonsrat) Rahmenlimite Abschreibung nachrangiger Verbindlichkeiten Bail-in? CoCos? Nachrangige Anleihen mit bed. Forderungsverzicht Partizipationskapital «zu Wandlungszwecken»? Seite 22