SchuldnerAtlas Region Stuttgart. Jahr 2014



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Transkript:

SchuldnerAtlas Region Stuttgart Jahr 2014

INHALT SEITE 1 Überschuldung von Verbrauchern in Deutschland 1 2 SchuldnerAtlas Deutschland - Die Entwicklung 2004 bis 2014 2 3 Überschuldung nach Bundesländern 8 4 Überschuldung in Baden-Württemberg nach Kreisen und kreisfreien Städten 10 5 Überschuldung in der Region Stuttgart: Blick in die Stadt Stuttgart, die Landkreise Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und den Rems-Murr-Kreis 14 5.1 Stadt Stuttgart 16 5.2 Kreis Böblingen 23 5.3 Kreis Esslingen 24 5.4 Kreis Göppingen 25 5.5 Kreis Ludwigsburg 27 5.6 Rems-Murr-Kreis 28 6 Regionale Überschuldung nach Geschlecht und Alter 29 7 Hauptauslöser von Überschuldungsprozessen 35 8 Ergebniseinordnung: Deutschland zwischen Wirtschaftsaufschwung und geopolitischer Verunsicherung 38 9 Blick in die Zukunft 41 10 Zusammenfassung 43 Quellen 47

Vorwort Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, der vierte SchuldnerAtlas Region Stuttgart liegt vor Ihnen. Zum vierten Mal berichten wir über die aktuelle Überschuldungslage der Verbraucher in der Stadt Stuttgart sowie den Landkreisen Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und dem Rems-Murr-Kreis. Die Analyse wirft auch einen Blick auf die Lage in Deutschland und in Baden-Württemberg allgemein, um die regionalen Zahlen in den Gesamtkontext einordnen zu können. Auch wenn sich die private Überschuldung in Deutschland im internationalen Vergleich immer noch vergleichsweise positiv darstellt, ist in diesem Jahr von einem Wiederanstieg der Überschuldungsfälle in ganz Deutschland zu berichten. Auch in der Region steigt die private Überschuldung ungebrochen weiter an. Allein in der Stadt Stuttgart hat die Zahl überschuldeter Personen seit 2004 um rund 14.000 Fälle und damit um 34 Prozent zugenommen. Das Problemfeld Überschuldung erfordert vielfältige Anstrengungen, um ihm langfristig seine zunehmende Brisanz zu nehmen. Ein besonderes Augenmerk sollte aus unserer Sicht dabei auf die Prävention gelegt werden. Höhere und gezielte Bildungsinvestitionen zur Förderung der Finanzkompetenz der gesamten Bevölkerung, aber insbesondere von jungen und jüngsten Verbrauchern, stellen aus unserer Sicht ein adäquates Mittel dar. Im Rahmen der Untersuchungen für den SchuldnerAtlas Region Stuttgart ist eine Kooperation zwischen Creditreform Stuttgart und der Zentralen Schuldnerberatung Stuttgart entstanden, die Creditreform Stuttgart dazu bewogen hat, das Projekt "Ehrenamtliche Finanzpaten an Stuttgarter Schulen", eine Initiative der Zentralen Schuldnerberatung, zu unterstützten. Das Projekt und dessen Präventionsarbeit haben zum Ziel, Jugendliche und junge Erwachsene zu einem selbstständigen und verantwortlichen Umgang mit Geld und Konsum zu befähigen. Um Überschuldungskarrieren frühzeitig zu stoppen, müssen Kinder und Jugendliche die Gefahren von Schulden kennen und den Umgang mit Geld, Kredit und Verträgen lernen. Und zwar, bevor sie die Schwelle ins Erwachsenenleben überschreiten. Ehrenamtliche Finanzpaten betreuen Schulen vor Ort und bieten dort ergänzende Unterrichtseinheiten an. Creditreform Stuttgart legt nicht nur im täglichen Kontakt mit Schuldnern großen Wert auf einen verantwortungsvollen Umgang mit betroffenen Verbrauchern. Wir sehen uns darüber hinaus auch in der Pflicht, über die Überschuldungsentwicklung in der Region zu informieren und einen Beitrag zur Überschuldungsprävention zu leisten. Wenn auch Sie einen Beitrag leisten möchten, können Sie sich direkt an die Zentrale Schuldnerberatung wenden: E-Mail: info@zsb-stuttgart.de. Wir wünschen Ihnen eine spannende und erkenntnisreiche Analyse. Herzlichst Dr. Thomas Schlegel Creditreform Stuttgart Strahler KG

Wichtige Definitionen Ansatz und Basisbegriffe Der SchuldnerAtlas Deutschland untersucht, wie sich die Überschuldung von Verbrauchern innerhalb Deutschlands kleinräumig verteilt und entwickelt. Überschuldung liegt dann vor, wenn der Schuldner die Summe seiner fälligen Zahlungsverpflichtungen auch in absehbarer Zeit nicht begleichen kann und ihm zur Deckung seines Lebensunterhalts weder Vermögen noch Kreditmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Oder kurz: Die zu leistenden Gesamtausgaben sind höher als die Einnahmen. Mit Hilfe der Schuldnerquoten, das heißt dem Anteil der Personen mit Negativmerkmalen im Verhältnis zu allen Personen ab 18 Jahren, kann die Überschuldung in ihrer geografischen Verteilung bis hin auf die Ebene von Straßenabschnitten dargestellt werden. Negativmerkmale Die Negativmerkmale setzen sich zusammen aus den aktuell vorliegenden juristischen Sachverhalten (Daten aus den amtlichen Schuldnerverzeichnissen früher: Haftanordnung und Eidesstattliche Versicherung und Privatinsolvenzen), unstrittigen Inkasso-Fällen von Creditreform gegenüber Privatpersonen und nachhaltigen Zahlungsstörungen. Nachhaltige Zahlungsstörungen werden in einer Minimaldefinition abgegrenzt durch den Tatbestand von mindestens zwei, meist aber mehreren vergeblichen Mahnungen mehrerer Gläubiger. Überschuldungsintensität Zwei Formen von Überschuldung werden in der Analyse unterschieden: Fälle mit hoher Überschuldungsintensität basieren auf einer hohen Anzahl von miteinander verknüpften Negativmerkmalen, meist juristischen Sachverhalten und unstrittigen Inkasso-Fällen, zudem oft nachhaltigen Zahlungsstörungen. Fälle mit geringer Überschuldungsintensität basieren auf einer eher niedrigen Anzahl von Negativmerkmalen, oft auch so genannten nachhaltigen Zahlungsstörungen (Minimaldefinition abgegrenzt durch den Tatbestand von mindestens zwei, meist aber mehreren vergeblichen Mahnungen mehrerer Gläubiger). Datenquellen Die vorliegende Analyse basiert auf den Daten und Karten der Creditreform Tochterfirmen Creditreform Boniversum GmbH und microm Micromarketing-Systeme und Consult GmbH (beide Neuss). Farbliche Klassifizierung der Schuldnerquoten Der SchuldnerAtlas bildet den Anteil überschuldeter Privatpersonen bzw. die Schuldnerquoten in Gruppen eingeteilt ab. Diese reichen von Gruppe 1 (bis zu 6 Prozent = sehr geringe Überschuldung) bis zu Gruppe 9 (über 14 Prozent = sehr hohe Überschuldung). Diese Einstufung ist im Kartenmaterial in Form von unterschiedlichen Grün-, Gelb- und Rotschattierungen wieder zu finden, die sich am Ampelmotiv orientieren. Die Färbungen stellen die Schuldnerquote von gering (grün) bis hoch (rot) dar.

1 Überschuldung von Verbrauchern in Deutschland Die Daten des nunmehr zwölften SchuldnerAtlas Deutschland belegen: Die Überschuldungssituation der Verbraucher in Deutschland hat sich in den letzten zwölf Monaten spürbar verschlechtert und dies trotz deutlich positiver Konjunkturtrends. Der deutschen Wirtschaft gelang ein Traumstart ins neue Jahr, der aber schnell durch konjunkturelle Bremsspuren eingetrübt wurde. Das Bruttoinlandsprodukt sank im zweiten Quartal 2014 erstmals nach vier Anstiegen in Folge (- 0,2 Prozent). Deutschland: Überschul- dungsfälle nehmen zu Dabei sind die Rahmenbedingungen für die meisten deutschen Verbraucher weiterhin stabil und günstig. Wesentliche Parameter wie der Arbeitsmarkt, die Einkommenssituation sowie das Konsumklima zeigten sich zumindest in den ersten Monaten 2014 weitgehend positiv. Die vergleichsweise hohen Tarifabschlüsse des letzten und auch des laufenden Jahres bilden die Grundlage für eine weiterhin stabile Einkommenssituation. Und auch der deutsche Arbeitsmarkt gab sich tendenziell entspannter als im Vorjahr. Die Arbeitslosenrate lag im Dezember 2014 bei 6,4 Prozent, die Zahl der Arbeitslosen lag mit 2,764 Millionen um 110.000 unter dem Vorjahreswert. Gleichwohl hat sich die Stimmungslage von Unternehmen und Verbrauchern im Jahresverlauf eingetrübt. So wird für die nächsten Monate auch mit einer vorsichtigeren Einstellungspraxis der Unternehmen gerechnet (Deutsche Bundesbank, Monatsbericht August 2014). Auch 2014 vergleichsweise gute Erwerbs- und Einkom- mensbedingungen Stimmungslage zuletzt aber eingetrübt Alles in allem bleiben die aktuellen Daten zur Überschuldungsentwicklung aber ernüchternd, zum Teil besorgniserregend: Offenbar zeigen der Kaufrausch der Vorjahre und die Inanspruchnahme des Privatkonsums zur Konjunkturstützung und Wirtschaftsbelebung zeitversetzt Folgewirkungen: So beruht der aktuelle Anstieg der Überschuldungsfälle ausschließlich auf einer Zunahme der Fälle mit sogenannter hoher Überschuldungsintensität (vereinfacht: juristische Sachverhalte). Kaufrausch zeigt Folgewirkungen SchuldnerAtlas Region Stuttgart 2014 1

Mehr Fälle mit hoher Überschuldungsintensität Die Zahl der Überschuldungsfälle mit geringer Überschuldungsintensität (vereinfacht: nachhaltige Zahlungsstörungen) hat hingegen nochmals, wenn auch nur leicht, abgenommen. Viele der Schuldner, die in den letzten Jahren durch Konsumverschuldung verursachte erste nachhaltige Zahlungsstörungen aufwiesen, sind in eine anhaltende Schuldenkrise geraten. Erosion der Sparkultur? Auch angesichts der Erosion der Sparkultur (Vermögensbarometer 2014, Deutscher Sparkassenund Giroverband) und des tendenziellen Bedeutungsverlustes von Maßnahmen zur Altersvorsorge ist davon auszugehen, dass das Überschuldungsrisiko für viele deutsche Verbraucher gestiegen ist und somit auch die realen Schuldnerzahlen in den nächsten Monaten eher steigen, denn abnehmen werden. 2 SchuldnerAtlas Deutschland Die Entwicklung 2004 bis 2014 2014: 6,67 Mio. überschuldete Personen in Deutschland (+ 90.000 Personen) Die Überschuldung von Privatpersonen in Deutschland ist 2014 nach einem leichten Rückgang der Schuldnerzahlen im Vorjahr wieder merklich angestiegen. Zum Stichtag 1. Oktober 2014 wurde für die gesamte Bundesrepublik eine Schuldnerquote von 9,90 Prozent gemessen. Damit sind rund 6,7 Millionen Bürger über 18 Jahre überschuldet und weisen nachhaltige Zahlungsstörungen auf. Im Vergleich zu 2013 hat sich die Anzahl der Schuldner um rund 90.000 Personen erhöht (+ 1,4 Prozent). Die aktuelle Schuldnerquote bleibt trotz Anstieg weiterhin unter den Höchstwerten von 2005 bis 2008, erreicht aber dennoch den höchsten Wert seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise 2007 / 2008. Karte Deutschland 2014 Der aktuelle Anstieg der Schuldnerzahlen beruht aber ausschließlich auf einer Zunahme der Fälle mit hoher Überschuldungsintensität (vereinfacht: juristische Sachverhalte). Deren Zahl nahm in den letzten zwölf Monaten um rund 105.000 Fälle zu (+ 2,8 Prozent), während hingegen die Zahl der Schuldner mit geringer 2 SchuldnerAtlas Region Stuttgart 2014

Überschuldungsintensität (vereinfacht: nachhaltige Zahlungsstörungen) um rund 16.000 Fälle (- 0,6 Prozent) zurückging. Der Anstieg der harten Überschuldung erreicht das zweithöchste Niveau. Harte Überschuldung steigt überdurchschnittlich Tab. 1.: Schuldnerquoten in Deutschland 2004 bis 2014 (einschl. Schuldner-Haushalte) Einwohner > 18 Jahre Schuldner Schuldnerquote Schuldner-Haushalte 2004 82,50 Mio. 67,13 Mio. 6,54 Mio. 9,74% 3,10 Mio. 2005 82,44 Mio. 67,30 Mio. 7,02 Mio. 10,43% 3,33 Mio. 2006 82,31 Mio. 67,29 Mio. 7,19 Mio. 10,68% 3,47 Mio. 2007 82,22 Mio. 67,63 Mio. 7,34 Mio. 10,85% 3,54 Mio. 2008 82,00 Mio. 67,97 Mio. 6,87 Mio. 10,11% 3,36 Mio. 2009 81,80 Mio. 68,12 Mio. 6,19 Mio. 9,09% 3,04 Mio. 2010 81,68 Mio. 68,26 Mio. 6,49 Mio. 9,50% 3,19 Mio. 2011 80,33 Mio. 68,26 Mio. 6,41 Mio. 9,38% 3,21 Mio. 2012 80,52 Mio. 68,31 Mio. 6,59 Mio. 9,65% 3,31 Mio. 2013 80,77 Mio. 67,14 Mio. 6,58 Mio. 9,81% 3,30 Mio. 2014*) 80,74 Mio. 67,43 Mio. 6,67 Mio. 9,90% 3,36 Mio. *) Quelle für Einwohner 2004 bis 2014: Statistisches Bundesamt, Datenbank GENESIS-ONLINE, Bevölkerung auf Grundlage der Zensusdaten 2011 mit Stand vom 10.04.2014 (Ergebnisse der Bevölkerungsfortschreibung). Revidierte Werte für 2013; Wert für 2014: Eigene Hochrechnung. Quelle für Haushalte 2004 bis 2014: Statistisches Bundesamt, Datenbank GENESIS-ONLINE, Bevölkerung und Erwerbstätigkeit, Entwicklung der Privathaushalte bis 2030, Ergebnisse der Haushaltsvorausberechnung 2010 (aktualisiert 08.10.2014). Revidierte Werte für Schuldner-Haushalte ab 2010. Viele Verbraucher hatten die vergleichsweise positiven ökonomischen Rahmenbedingungen der letzten Jahre genutzt, um vorhandene Konsum- und Anschaffungswünsche zu realisieren oder (entgangenen) Konsum nachzuholen. 2013 hatten die deutschen Verbraucher so viel konsumiert wie noch nie. Insgesamt gaben sie laut Statistischem Bundesamt 1,57 Billionen Euro für privaten Konsum aus. Im Vergleich zum Jahr 2000 ist der Konsum sogar um rund 32 Prozent gestiegen. Hauptgrund waren sicherlich auch die niedrigen Zinsen auf den Sparkonten. Da sich die individuelle Überschuldungsentwicklung nicht sprunghaft, sondern zeitlich versetzt über mittlere Zeiträume vollzieht, zeigen sich im Anstieg der Fälle mit hoher Überschuldungsintensität nun auch die Folgewirkungen der deutlichen Zunahme der Konsumverschuldung der letzten 24 Monate (vgl. SchuldnerAtlas Deutschland 2012, S. 5). Privater Konsum: Folgewirkungen des Kaufrauschs 2013: 1,6 Billionen Euro für privaten Konsum so viel wie noch nie Niedrige Zinsen fördern Privatkonsum Alles in allem spielt der private Konsum oft kreditfinanziert weiterhin eine wichtige Rolle als Stütze der Binnenkonjunktur. So werden auch in diesem Jahr SchuldnerAtlas Region Stuttgart 2014 3

Finanzierungen und Ratenkreditnutzung nehmen weiter zu vorhandene Konsum- und Anschaffungswünsche mit Hilfe von Konsumkrediten realisiert, wie die aktuellen Daten des Bankenfachverband e.v. (Oktober 2014) zeigen Tendenz zunehmend. Sowohl Finanzierungen (43 Prozent, + 3 Punkte) als auch die Nutzung von Ratenkrediten (34 Prozent; + 1 Punkt) haben im Vergleich zum Vorjahr nochmals, wenn auch nur leicht, zugenommen. Im Vergleich zu 2008 stieg jedoch alleine die Nutzung von Ratenkrediten von 25 Prozent um 9 Punkte, um Konsumausgaben vom Fernseher bis zum Pkw zu finanzieren. Generell muss Konsumfreude nicht zwangsläufig in eine Schuldenspirale führen, sie kann aber die finanzielle Situation vieler, oft einkommensschwacher Verbraucher durch überhöhte kreditfinanzierte Konsumausgaben mittelfristig schwächen und langfristig überlasten. Schuldnerzahlen nehmen in Ost und West zu Schuldnerquote im Osten erneut höher als im Westen 2014 ist in Ost wie West ein Anstieg der Überschuldung festzustellen, wobei die Zunahme im Osten Deutschlands (10,17 Prozent; + 0,20 Punkte) dreimal so stark ausfällt wie im Westen (9,84 Prozent; + 0,06). Allerdings erhöht im Osten ein weiterer Rückgang der Bevölkerung die Schuldnerquote zusätzlich, während hingegen im Westen ein (weiterer) Bevölkerungsanstieg (insbesondere durch Zuwanderung) die Zunahme der Schuldnerquote senkt. 1 5,57 Mio. Schuldner im Westen 1,10 Mio. Schuldner im Osten Insgesamt sind in diesem Jahr im Osten Deutschlands rund 1,10 Millionen Personen (+ 15.000 Fälle) als überschuldet zu betrachten, im Westen sind es rund 5,57 Millionen Personen (+ 75.000 Fälle). Die ostdeutsche Schuldnerquote steigt zum dritten Mal in Folge (wie auch 2004 bis 2007) stärker als die westdeutsche und liegt zugleich seit 2012 über dem Vergleichswert im Westen. Nachholkonsum führte seit 2012, so die Analyse (vgl. SchuldnerAtlas Deutschland 2012, S. 6 f.), im Nachgang der mehrjährigen Konsolidierungs- 1 Die Bevölkerungszahl in Deutschland nahm nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in den letzten Jahren (trotz Zensus) durch Zuwanderung spürbar zu, wobei sich die Werte regional sehr unterschiedlich entwickelten: 2012 stiegen die Bevölkerungszahlen in neun (alten) Bundesländern, in den neuen Bundesländern sowie im Saarland war die Einwohnerzahl dagegen rückläufig. Vgl. beispielsweise Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 283, vom 27.08.2013: 80,5 Millionen Einwohner am Jahresende 2012 Bevölkerungszunahme durch hohe Zuwanderung. 4 SchuldnerAtlas Region Stuttgart 2014

phase in Ostdeutschland ( Konsumverzicht ) zu einem überdurchschnittlichen Anstieg nachhaltiger Zahlungsstörungen. Bei der Analyse der Überschuldungsentwicklung nach aggregierten Postleitzonen werden grundlegende Strukturveränderungen im Mehrjahresvergleich deutlich. So weist die Schuldnerquote im nordöstlichen Bereich Deutschlands (PL-Zone 0 und 1) auch in diesem Jahr den stärksten Anstieg auf (10,79 Prozent; + 0,16 Punkte) und verzeichnet im Zeitvergleich 2004 / 2014 weiterhin den höchsten Rückgang der Schuldnerquote (- 0,38 Punkte). Zudem weist der westliche Bereich Deutschlands (PL-Zone 4 und 5) seit 2008 die höchsten Schuldnerquoten, im Vergleich zum Vorjahr den zweithöchsten Anstieg (11,23 Prozent; + 0,13 Punkte) und im Mehrjahresvergleich die stärkste Zunahme auf (2004 / 2014: + 0,64 Punkte). Auffällig: Der Negativtrend im Süd-Westen (PL-Zone: 6 und 7) hält an. Hier finden sich im Jahresvergleich (+ 0,10 Punkte) der dritthöchste und im Mehrjahresvergleich (+ 0,42 Punkte) der zweithöchste Anstieg der Schuldnerquoten. Wie im Vorjahr kann der Süd-Osten (PL-Zone 8 und 9) die niedrigste Schuldnerquote (7,22 Prozent), die geringste Zunahme (+ 0,01 Punkte) und zudem im Vergleich 2004 / 2014 die zweitgrößte Abnahme der Schuldnerquoten (- 0,29 Punkte) registrieren. Der Norden (PL-Zone 2 und 3) verschlechtert sich im Jahresvergleich unterdurchschnittlich (+ 0,06 Punkte), weist aber im Langzeitvergleich den zweithöchsten Anstieg der Schuldnerquote (+ 0,30 Punkte) auf. Stärkster Anstieg im Nord-Osten Westen: seit 2008 die höchste Schuldnerquote Auch 2014 Südosten niedrigste Schuldnerquote und geringste Zunahme Tab. 2.: Schuldnerquoten nach geographischen Räumen 2006 bis 2014 *) Schuldnerquoten nach Postleitzonen 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Abweichung 13 / 14 04 / 14 Norden (PLZ: 2+3) 11,67 11,82 11,02 10,05 10,47 10,32 10,58 10,69 10,75 + 0,06 + 0,30 Nord-Osten (PLZ: 0+1) 12,10 12,22 11,04 9,72 10,13 9,91 10,34 10,63 10,79 + 0,16-0,38 Westen (PLZ:4+5) 11,74 12,00 11,42 10,18 10,67 10,60 10,96 11,09 11,23 + 0,13 + 0,64 Süd-Westen (PLZ: 6+7) 9,45 9,63 9,07 8,20 8,58 8,58 8,77 8,97 9,08 + 0,10 + 0,42 Süd-Osten (PLZ: 8+9) 8,04 8,12 7,52 6,87 7,21 7,03 7,16 7,20 7,22 + 0,01-0,29 Deutschland 10,68 10,85 10,11 9,09 9,50 9,38 9,65 9,81 9,90 + 0,09 + 0,16 *) Rundungsdifferenzen möglich; Abweichungswerte in Prozentpunkten. SchuldnerAtlas Region Stuttgart 2014 5

Grundstruktur: Süden vor Norden vor Westen Der Westen bleibt das eigentliche Sorgenkind Alles in allem zeigt sich: Der Süden Deutschlands (Süd-Osten vor Süd-Westen) liegt deutlich vor dem Norden (Norden vor Nord-Osten) und das Schlusslicht bildet seit 2008 der Westen. Hier findet sich insbesondere im Ruhrgebiet, mit seinen zum Teil noch altindustriell geprägten, strukturschwachen Regionen, ein Hotspot sozialer Problemlagen, die sich aus einer Gemengelage von hoher Arbeitslosigkeit, Einkommensarmut und hohen sozialen Transferleistungen zusammensetzen. Folglich bleiben die Regionen um das Ruhrgebiet das eigentliche Sorgenkind der Überschuldungsentwicklung Tendenz weiter zunehmend. So sind die Schuldnerquoten sowohl im Jahres- als auch im Langzeitvergleich in vielen Städten im Ruhrgebiet deutlich angestiegen. 2 Tab. 3.: Die zehn Städte mit über 400.000 Einwohnern über 18 Jahren mit den höchsten Schuldnerquoten 2014 *) Stadt Schuldnerquoten in % Abw. Rang 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 13/14 04/14 2004 2014 Duisburg 16,79 16,29 13,97 14,67 14,59 15,26 15,36 15,86 +0,50 +1,30 390 387 Dortmund 14,39 13,67 12,63 13,39 13,47 13,86 14,01 14,26 +0,25 +1,50 363 377 Essen 13,89 13,37 11,99 12,62 12,08 12,69 12,80 13,15 +0,35 +0,90 349 366 Leipzig 14,44 13,15 10,99 11,63 11,62 12,17 12,91 13,04 +0,13 +0,40 360 367 Berlin 15,25 13,96 12,16 12,67 12,32 12,56 13,12 13,02-0,10-1,00 381 368 Bremen 14,53 13,81 13,11 13,23 12,53 12,64 12,67 12,69 +0,02 +0,28 353 362 Düsseldorf 14,83 13,85 11,96 12,34 12,17 12,49 12,47 12,40-0,07-0,54 368 359 Köln 13,99 12,88 11,13 11,75 11,59 11,84 11,80 11,75-0,05-0,61 351 340 Stuttgart 9,12 8,91 8,37 8,90 10,02 10,32 10,72 10,92 +0,20 +2,64 138 296 Frankfurt am Main 13,04 11,92 10,23 10,58 10,38 10,67 11,04 10,90-0,14 +0,13 296 315 *) Abweichung in Prozentpunkten / Rundungsdifferenzen möglich. Duisburg, Dortmund und Essen: Schlusslichter des Großstadt-Rankings 2014 Wie auch der Vergleich unter den 15 deutschen Städten über 400.000 Einwohner (über 18 Jahre) zeigt, legen die drei Ruhrgebietsstädte Duisburg (15,86 Prozent: + 0,50 / + 1,30), Dortmund (14,26 Prozent: + 0,25 / + 1,50) und Essen (13,15 Prozent: + 0,35 / + 0,90) gegenüber dem Vorjahr am stärksten zu. Im Mehrjah- 2 Beispielsweise: Herne (16,60 Prozent; + 0,56 Punkte; 2004/14: + 3,85 Punkte), Gelsenkirchen (16,78 Prozent; + 0,55 Punkte; 2004/14: + 2,67 Punkte), Duisburg (15,86 Prozent; + 0,50 Punkte; 2004/14: + 1,30 Punkte), Hagen (15,03 Prozent; + 0,11 Punkte; 2004/14: + 1,56 Punkte) und Dortmund (14,26 Prozent; + 0,25 Punkte; 2010/14: +1,50 Punkte). 6 SchuldnerAtlas Region Stuttgart 2014

resvergleich 2004/ 2014 legt die Stadt Stuttgart am stärksten zu um insgesamt 2,64 Prozentpunkte. Von 2004 bis 2008 war Stuttgart noch die Landeshauptstadt mit der niedrigsten Schuldnerquote. Aktuell verzeichnen nur drei der Städte eine Abnahme der Schuldnerquote. Dies sind die Städte Berlin (aktuell: - 0,10; 2004 / 2014: - 1,00), Düsseldorf (- 0,07 / - 0,54) und Köln (- 0,05 / - 0,61), die allerdings alle drei derzeit bei zunehmenden Überschuldungsfällen von Bevölkerungszuwächsen profitieren. Auch 2014 bleiben die Mega-Trends der Überschuldungsentwicklung stabil, wie insbesondere die Detailanalyse aller Städte mit mehr als 400.000 Einwohnern über 18 Jahren belegt. Überschuldung ist in Kernstädten und Ballungsräumen meist deutlich ausgeprägter als in ländlichen Regionen. 2014: Nur die Großstädte Berlin, Düsseldorf und Köln verbessern sich durch Bevölkerungszuwachs Überschuldung ist in Ballungsräumen höher als in ländlichen Regionen Tab. 4.: Das Schuldenvolumen in Deutschland 2006 bis 2014 nach Statistischem Bundesamt Hochrechnung auf der Basis von Realwerten *) Schuldenvolumen nach Werten nach Statistischem Bundesamt Jahr Schuldner Mittlere individuelle Schuldenhöhe Volkswirtschaftliches Schuldenvolumen 2006 7,19 Mio. 36.900 265 Mrd. 2007 7,34 Mio. 36.500 268 Mrd. 2008 6,87 Mio. 36.000 247 Mrd. 2009 6,19 Mio. 34.700 215 Mrd. 2010 6,49 Mio. 34.300 223 Mrd. 2011 6,41 Mio. 34.800 223 Mrd. 2012 6,59 Mio. 33.700 223 Mrd. 2013 6,58 Mio. 33.000 217 Mrd. 2014 6,67 Mio. 32.600 218 Mrd. *) bei real-dynamischer Schuldenhöhe, Quellen: Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2009 bis 2013 (erschienen 2009: 31.01.2011; 2010: 06.09.2012; 2011: 17.01.2013; 2012: 25.06.2013; 2013: 30.06.2014). Die Werte für 2014 basieren auf einer Hochrechnung. Revidierte Werte ab 2013 (gerundete Werte). Trotz wieder ansteigender Schuldnerzahlen zeigt sich auch in diesem Jahr eine Abnahme der durchschnittlichen Schuldenhöhe je Überschuldungsfall ein Trend, der nunmehr seit 2009 (mit einer kurzen Unterbrechung 2011) andauert. 3 Die mittlere Schuldensumme Das individuelle Schuldenvolumen verringert sich tendenziell weiter 3 Typische Verbindlichkeiten sind Miet- und Energiekosten, Telekommunikationskosten, Konsumkosten (Ratenkäufe, Kreditkarten), Unterhaltsverpflichtungen, Finanzamt, Schadensersatzforderungen, private Verbindlichkeiten, Strafen und Bußgelder (z.b. auch für Schwarzfahren bei überwiegend jungen Menschen, meist in urbanen Zentren). SchuldnerAtlas Region Stuttgart 2014 7

Das Gesamtschuldenvolumen liegt 2014 bei etwa 218 Milliarden Euro hat sich nach Angaben des Statistischen Bundesamts für die Jahre 2006 bis 2013 von 36.900 Euro im Jahr 2006 und nach überschlägigen Berechnungen auf etwa 32.600 Euro in diesem Jahr reduziert. Das Gesamtschuldenvolumen verringerte sich in einer Gesamtsicht von rund 265 Milliarden Euro im Jahr 2006 auf etwa 218 Milliarden Euro in diesem Jahr (- 18 Prozent). Im Vergleich zum letzten Jahr erhöhte sich das Schuldenvolumen durch die Zunahme der Schuldnerfälle um rund 500 Millionen Euro. 3 Überschuldung nach Bundesländern Kein Bundesland zeigt 2014 einen Rückgang der Schuldnerzahlen 13 Bundesländer zeigen einen Anstieg der Schuldnerquote In allen 16 deutschen Bundesländern hat sich die Überschuldungssituation verschlechtert. In 14 Bundesländern ist ein Anstieg der Überschuldungsfälle zu verzeichnen, in nur zwei Bundesländern bleibt die Zahl der Schuldner nahezu konstant. Die Schuldnerquote steigt dabei in 13 Bundesländern, in zwei Ländern sinkt sie (Berlin und Hamburg) und in einem Bundesland bleibt sie konstant (Bayern). Die Abweichungen der Schuldnerquoten reichen im Vergleich zum Vorjahr von einem Anstieg von + 0,35 Punkten in Sachsen bis hin zu einem Rückgang von - 0,11 Punkten in Hamburg. Positive Effekte durch Anstieg der Bevölkerungszahlen In Bayern (+ 128.000 Einwohner über 18 Jahre), Berlin (+ 50.000 Einwohner) und Hamburg (+ 15.000 Einwohner) zeigen sich positive Effekte durch spürbare Anstiege der Bevölkerungszahlen, die zudem in Hamburg durch die Stagnation der Schuldnerzahlen verstärkt wird. Der Rückgang der Schuldnerquote in Berlin ergibt sich wie die Stagnation der Schuldnerquote in Bayern trotz steigender Schuldnerzahlen. Im Saarland steigt die Schuldnerquote trotz stagnierender Fallzahlen wegen des Bevölkerungsrückgangs. Positiv-Spitzenreiter bleibt Bayern vor Baden- Württemberg und Thüringen Wie in den Jahren bis 2010 bleiben nur vier Bundesländer (Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen, Sachsen) unterhalb der Schuldnerquote für ganz Deutschland. Bayern (7,00 Prozent; ± 0,00 Punkte) und Baden-Württemberg (8,02 Prozent; + 0,15) führen weiterhin das Ranking der Bundesländer an. Thüringen (9,07 Prozent; + 0,13) liegt wie seit dem Vorjahr auf 8 SchuldnerAtlas Region Stuttgart 2014

Rang drei. Sachsen verschlechtert sich mit 9,31 Prozent (+ 0,35) zum zweiten Mal in Folge deutlich und verbleibt auf Rang vier. Das Land Hessen (9,96 Prozent; + 0,06) verbleibt wie in den beiden Vorjahren auf Rang fünf, gefolgt von Rheinland-Pfalz (10,00 Prozent; + 0,05), das Brandenburg (10,02 Prozent / + 0,08) wieder auf Rang sieben verdrängt. Tab. 5.: Ranking Schuldnerquoten und Schuldner in den Bundesländern 2012 bis 2014 *) Bundesland Schuldnerquoten Abw. *) Schuldner **) Abw. 2012 2013 2014 13 / 14 04 / 14 2012 2013 2014 13 / 14 04 / 14 Bayern 6,98% 7,00% 7,00% ± 0,00-0,19 0,72 0,72 0,73 + 9.000 + 12.000 Baden-Württemberg 7,66% 7,87% 8,02% + 0,15 + 0,52 0,68 0,68 0,70 + 18.000 + 59.000 Thüringen 8,78% 8,94% 9,07% + 0,13-0,95 0,17 0,17 0,17 + 1.000-30.000 Sachsen 8,72% 8,96% 9,31% + 0,35 + 0,36 0,31 0,31 0,32 + 10.000-3.000 Hessen 9,69% 9,90% 9,96% + 0,06 + 0,39 0,49 0,49 0,50 + 6.000 + 24.000 Rheinland-Pfalz 9,90% 9,95% 10,00% + 0,05-0,13 0,33 0,33 0,33 + 3.000 + 2.000 Brandenburg 9,77% 9,95% 10,02% + 0,08-1,18 0,21 0,21 0,21 + 1.000-28.000 Niedersachsen 10,37% 10,44% 10,47% + 0,03 + 0,34 0,68 0,67 0,67 + 4.000 + 26.000 Mecklenburg-Vorpommern 10,26% 10,50% 10,67% + 0,17-0,83 0,15 0,15 0,15 + 1.000-18.000 Hamburg 10,50% 10,92% 10,81% - 0,11-0,07 0,16 0,16 0,16 ± 0 ± 0 Schleswig-Holstein 10,81% 10,90% 11,01% + 0,11 + 0,19 0,25 0,25 0,26 + 4.000 + 11.000 Saarland 11,25% 11,24% 11,31% + 0,07 + 0,26 0,10 0,10 0,10 ± 0-1.000 Nordrhein-Westfalen 11,17% 11,32% 11,46% + 0,14 + 0,79 1,65 1,65 1,67 + 26.000 + 118.000 Sachsen-Anhalt 12,14% 12,38% 12,57% + 0,19 + 0,35 0,25 0,25 0,25 + 1.000-14.000 Berlin 12,56% 13,12% 13,02% - 0,10-1,00 0,37 0,37 0,37 + 4.000-26.000 Bremen 13,62% 13,85% 13,95% + 0,10 + 0,61 0,08 0,08 0,08 + 1.000 + 4.000 Deutschland 9,65% 9,81% 9,90% + 0,09 + 0,16 6,59 6,58 6,67 + 89.000 + 135.000 *) Abweichung in Prozentpunkten / **) Schuldner in Millionen / Rundungsdifferenzen möglich. Die Schlusslichter bilden wie in den Vorjahren Bremen (13,95 Prozent; + 0,10 Punkte), Berlin (13,02 Prozent; - 0,10) und Sachsen-Anhalt (12,57 Prozent; + 0,19). Sachsen-Anhalt verzeichnet den zweithöchsten Anstieg der Schuldnerquote. Der Rückgang der Schuldnerquote in Berlin basiert ursächlich auf dem Anstieg der Bevölkerungszahl (+ 50.000 Personen über 18 Jahre), der den durch den Zensus 2011 verursachten Bevölkerungsrückgang (- 144.000 Personen) des Vorjahres zu etwa einem Drittel ausgleicht. Die Zahl der Schuldner hat in Berlin 2014 um rund 4.000 zugenommen. Ähnliche Trends gelten auch für die Entwicklung in Hamburg und in Bayern. 2014: Bremen bleibt Negativ- Spitzenreiter vor Berlin und Sachsen-Anhalt SchuldnerAtlas Region Stuttgart 2014 9

NRW, Baden-Württemberg und Sachsen: Überdurchschnittliche Anstiege der Schuldnerzahlen 2013 / 2014 Die drei stärksten Anstiege der Schuldnerzahlen im Vergleich zum Vorjahr zeigen die drei Flächenländer Nordrhein-Westfalen (+ 26.000 Fälle; Quote: 11,46 Prozent; + 0,14 Punkte), Baden-Württemberg (+ 18.000 Fälle; Quote: 8,02 Prozent; + 0,15) und Sachsen (+ 10.000 Fälle; Quote: 9,31 Prozent; + 0,35). Höchste Anstiege 2004 / 2014: NRW, Baden- Württemberg Auch im Langzeitvergleich 2004 / 2014 zeigen Nordrhein-Westfalen (+ 118.000 Fälle; Schuldnerquote; + 0,79 Punkte) und Baden-Württemberg (+ 59.000 Fälle; + 0,52) die höchsten Zunahmen von Überschuldungsfällen auf. 4 Überschuldung in Baden-Württemberg nach Kreisen und kreisfreien Städten 700.700 Personen in Baden- Württemberg überschuldet Die Entwicklung der Überschuldung in Baden- Württemberg kann auf Basis der 44 Kreise und kreisfreien Städte nochmals deutlich differenzierter analysiert werden. Aktuell sind mehr als 700.700 Baden- Württemberger (+ 17.900 Personen) überschuldet. Dies entspricht einem Anteil von 8,02 Prozent (2013: 7,87 Prozent). Karte Kreise und kreisfreie Städte Baden-Württemberg 2014 Die höchsten Schuldnerquoten in Baden-Württemberg weisen, wie in den Vorjahren, die Städte Pforzheim (13,60 Prozent; Vorjahr: 13,19 Prozent) und Mannheim auf (13,43 Prozent; Vorjahr: 13,36 Prozent). Platz drei nimmt mit einer Quote von 10,92 Prozent (2013: 10,72 Prozent) wie im Vorjahr die Stadt Stuttgart ein. Es folgen die Stadt Heilbronn (10,72 Prozent; Vorjahr: 10,51 Prozent) und der Kreis Konstanz (10,12 Prozent; Vorjahr: 10,00 Prozent). 04 / 14: Anstieg in Baden- Württemberg maßgeblich von Stuttgart mitgetragen 04 / 14 Stuttgart: von Platz 11 auf Platz 3 der höchsten Quoten Die Verschlechterung der Überschuldungssituation in Baden-Württemberg seit 2004 (+ 59.000 Personen) wird dabei maßgeblich von dem überdurchschnittlichen Anstieg in der Landeshauptstadt Stuttgart mitgetragen (04/14: + 14.000 Personen; + 2,64 Punkte). Damit hat sich Stuttgart seit Beginn der SchuldnerAtlas- Aufzeichnungen im Jahre 2004 kontinuierlich von Rang 11 und einer Schuldnerquote von ursprünglich 8,28 Prozent auf Rang 3 der höchsten Schuldnerquoten in 10 SchuldnerAtlas Region Stuttgart 2014

Baden-Württemberg verschlechtert. Nur Pforzheim hat einen ähnlich hohen Anstieg zu verzeichnen (2004 / 2014: + 2,73 Punkte). Eine Verbesserung konnte hingegen seit 2004 insbesondere im Hohenlohekreis (- 0,58 Punkte) und im Landkreis Heidelberg (- 0,54 Punkte) festgestellt werden. 04 / 14: stärkster Rückgang im Hohenlohekreis und im Landkreis Heidelberg Der Landkreis Tübingen führt Baden-Württemberg mit einem Schuldneranteil von 5,59 Prozent (2013: 5,52 Prozent) wie bereits im Vorjahr im positiven Sinne an. Der Alb-Donau-Kreis folgt mit 5,80 Prozent (2013: 5,72 Prozent). Tübingen schafft es darüber hinaus auf Platz 17 der deutschlandweit besten Kreise und kreisfreien Städte (von insgesamt 402 Kreisen). Die ersten 60 Plätze werden nahezu ausschließlich von bayrischen Kreisen belegt. Die niedrigste Schuldnerquote bundesweit verzeichnet der bayrische Landkreis Eichstätt mit 3,67 Prozent, die höchste hingegen die Stadt Bremerhaven mit 20,41 Prozent. Tübingen: niedrigste Schuldnerquote in Baden- Württemberg; Platz 17 bundesweit Deutschland: Erste 60 Plätze fast nur von bayrischen Kreisen und Städten belegt Tab. 6.: Die zehn baden-württembergischen Kreise und kreisfreien Städte mit der höchsten Schuldnerquote 2006 bis 2014: Rang 1 bis 10 *) Kreis Schuldnerquoten in % Abw. *) Rang 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 13/14 04/14 2014 2004 Pforzheim 12,51 12,99 12,45 11,62 12,05 12,20 12,62 13,19 13,60 +0,41 +2,73 44 43 Mannheim 14,35 14,31 13,33 12,13 12,44 12,31 12,32 13,36 13,43 +0,07 +0,65 43 44 Stuttgart 8,90 9,12 8,91 8,37 8,90 10,02 10,32 10,72 10,92 +0,20 +2,64 42 33 Heilbronn, Stadt 10,88 11,23 10,74 9,60 9,91 9,76 9,89 10,51 10,72 +0,21 +0,72 41 42 Konstanz 10,07 10,09 9,57 9,26 9,54 9,53 9,57 10,00 10,12 +0,12 +0,87 40 40 Baden-Baden 9,45 9,62 8,98 8,05 8,39 8,15 8,44 8,89 9,17 +0,28 +0,55 39 38 Sigmaringen 9,98 9,71 8,96 8,27 8,66 8,36 8,69 8,88 9,00 +0,12-0,45 38 41 Schwarzwald-Baar 9,31 9,11 8,58 8,17 8,54 8,50 8,68 8,81 8,97 +0,16-0,15 37 39 Tuttlingen 8,93 8,88 8,39 7,85 8,29 8,12 8,40 8,55 8,83 +0,28 +0,39 36 35 Karlsruhe, Stadt 9,34 9,53 8,92 7,99 8,41 8,31 8,43 8,70 8,82 +0,12 +0,26 35 37 *) Abweichung in Prozentpunkten / Rundungsdifferenzen möglich. SchuldnerAtlas Region Stuttgart 2014 11

Tab. 7.: Die zehn baden-württembergischen Kreise und kreisfreien Städte mit der niedrigsten Schuldnerquote 2006 bis 2014: Rang 1 bis 10 *) Kreis Schuldnerquoten in % Abw. *) Rang 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 13/14 04/14 2014 2004 Tübingen 5,89 5,85 5,62 5,12 5,28 5,10 5,24 5,52 5,59 +0,07-0,02 1 2 Alb-Donau-Kreis 6,23 6,32 5,92 5,47 5,71 5,58 5,68 5,72 5,80 +0,08 +0,12 2 3 Main-Tauber-Kreis 5,68 5,57 5,20 4,93 5,27 5,31 5,57 5,76 5,98 +0,22 +0,40 3 1 Hohenlohekreis 6,74 6,71 6,07 5,63 5,94 5,78 5,82 5,88 6,06 +0,18-0,58 4 8 Biberach/Riß 6,71 6,68 6,10 5,68 5,98 5,82 5,99 6,03 6,17 +0,14-0,07 5 5 Heidelberg 7,57 7,53 7,16 6,64 6,76 6,31 6,39 6,29 6,19-0,10-0,54 6 10 Ravensburg 7,02 6,96 6,54 6,04 6,44 6,34 6,47 6,60 6,62 +0,02-0,01 7 7 Schwäbisch Hall 7,29 7,22 6,67 6,04 6,42 6,39 6,52 6,60 6,67 +0,07-0,20 8 14 Enzkreis 7,29 7,28 6,78 6,40 6,64 6,61 6,69 6,69 6,84 +0,15 +0,03 9 13 Böblingen 6,58 6,69 6,45 5,74 6,11 6,29 6,49 6,72 6,85 +0,13 +0,70 10 4 *) Abweichung in Prozentpunkten / Rundungsdifferenzen möglich. Baden-Württemberg zeigt insgesamt negative Überschuldungsentwicklung Die in diesem Jahr insgesamt negative Überschuldungsentwicklung in Baden-Württemberg wird bei der Aufteilung nach Gewinnern und Verlierern deutlich. 41 Kreise und kreisfreie Städte verzeichnen einen Anstieg der Schuldnerquoten. Nur zwei Kreise weisen verbesserte Werte auf. Den höchsten prozentualen Anstieg vermeldet 2014 Freudenstadt mit + 0,49 Punkten. Den größten Rückgang verzeichnet Freiburg im Breisgau mit gerade einmal - 0,13 Punkten. Differenzkarte nach Kreisen und kreisfreien Städten 2013 / 2014, markierter Ausschnitt Baden-Württemberg (blau = starke Verbesserungen) gelb = leichte Verbesserungen / hellbraun = leichte Verschlechterungen / dunkelbraun = starke Verschlechterungen) Neben den Schuldnerquoten können weitere Indikatoren zur Bewertung der Entwicklungsrichtung von Überschuldungsprozessen dienen: die Spannweite zwischen der niedrigsten und der höchsten gemessenen Schuldnerquote (Spreizung) sowie die vergleichende Gegenüberstellung der geographischen Räume mit niedriger, mittlerer und hoher Überschuldung. Als Faustregel gilt hierbei: Je kleinräumiger die Untersuchungsperspektive, desto deutlicher wird die Spreizung zwischen den höchsten und den niedrigsten Schuldnerquoten. Als weitere Faustregel ist festzuhalten, dass die Schuldnerquoten in Kernstädten und Ballungsräumen meist deutlich höhere Werte aufweisen als in ländlichen Regionen, so auch in Baden- Württemberg. Für das Bundesland Baden-Württemberg lässt sich eine mäßige Spreizung (8,01 Prozentpunkte) ermitteln. 12 SchuldnerAtlas Region Stuttgart 2014

Zum Vergleich: Bundesweit beträgt die Spreizung (Differenz zwischen höchster und niedrigster Schuldnerquote) mehr als das Doppelte (16,74 Punkte). Im Gesamtblick vermittelt das Bundesland eine eher ausgeglichene Verteilung der Schuldnerquoten (Ausnahmen bilden die Städte Mannheim, Pforzheim, Stuttgart und Heilbronn). Die Entwicklung seit 2004 zeigt, dass sich der Abstand zwischen Räumen mit geringer und hoher Überschuldung kaum verändert hat (2004: 7,20 Punkte). Der Anteil überschuldeter Privatpersonen in den Kreisen und kreisfreien Städten hat demnach relativ gleichmäßig ab- beziehungsweise zugenommen. Geringe Spreizung von Schuldnerquoten in Baden- Württemberg Generell zeigt sich (wie in den Vorjahren), dass zwei wesentliche Überschuldungsauslöser Arbeitslosigkeit und Einkommensarmut in Ballungsräumen stärker mit Überschuldung korrelieren als in ländlichen Regionen. Städte und Großstädte bieten den Menschen häufiger und intensiver Konsumangebote und -reize ( Versuchungen ) als eher ländliche Regionen. Statuskonsum heißt ein erklärender Begriff der Sozial- und Milieuforschung, um die Disparität zwischen individuell Begehrtem (Konsumwünsche) und wirtschaftlich Möglichem (Finanzlage) zu erklären. Die damit zusammenhängende Persönlichkeitsdisposition findet sich besonders häufig bei Personen, die nach der microm Geo Milieu-Analyse dem so genannten Milieu der Prekären sowie den Hedonisten zuzurechnen sind. Insbesondere das Milieu der Prekären, das sozial der unteren Mittelschicht und der Unterschicht zugehört, versucht oft durch kreditfinanzierten Konsum soziale Benachteiligungen zu kompensieren und dadurch Anschluss an die gesellschaftliche Mitte zu halten. Mehr Konsumversuchungen in Städten und Großstädten Phänomen Statuskonsum Allerdings gilt weiterhin: In vielen Ballungsgebieten finden sich neben Gebieten mit hoher Schuldnerquote auch große Bereiche mit sehr geringer Schuldnerquote und umgekehrt. Erst der detaillierte Blick auf kleine Raumeinheiten zeigt die überwiegend heterogene Überschuldungsstruktur von Räumen und ihre Entwicklungsrichtung. SchuldnerAtlas Region Stuttgart 2014 13

5 Überschuldung in der Region Stuttgart: Blick in die Stadt Stuttgart, die Landkreise Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und den Rems-Murr-Kreis 183.700 überschuldete Personen in der Region Stuttgart Die Überschuldungsentwicklung in der Region Stuttgart auf Kreisebene im kartographischen Vergleich Ein detaillierter Blick in die Stadt Stuttgart und die umliegenden Landkreise zeigt: Die private Überschuldung in der Region steigt ungebrochen weiter an. Für die gesamte Region wurde zum Stichtag 1. Oktober 2014 eine Schuldnerquote von 8,20 Prozent (2013: 8,02 Prozent) registriert. Aktuell leben somit rund 183.700 (+ 5.900 Schuldner) überschuldete Personen in der Region Stuttgart. 2014 Auf Kreisebene betrachtet, bildet die Stadt Stuttgart mit einer Schuldnerquote von 10,92 Prozent (+ 0,20 Punkte) das Schlusslicht der Region. Der Rems-Murr-Kreis folgt mit 8,12 Prozent (+ 0,25 Punkte), der Kreis Göppingen mit 8,04 Prozent (+ 0,13 Punkte), der Kreis Ludwigsburg mit 7,79 Prozent (+ 0,11 Punkte) und der Kreis Esslingen mit 7,45 Prozent (+ 0,23 Punkte). Der Kreis mit der niedrigsten Schuldnerquote ist wie in den vergangenen Jahren Böblingen mit einer Schuldnerquote von 6,85 Prozent (+ 0,13 Punkte). 2013 2012 2004 / 14: Stuttgart verzeichnet siebthöchsten Anstieg bundesweit Im Ranking aller 402 bundesweiten Kreise und kreisfreien Städte haben sich alle Kreise der Region, bis auf den Kreis Ludwigsburg, verschlechtert. Der Landkreis Böblingen landet auf dem 72. Platz (2013: 69. Platz), an 97. Stelle rangiert der Kreis Esslingen (2013: 92. Platz) vor den Kreisen Ludwigsburg und Göppingen auf den Plätzen 110 (2013: 111. Platz) und 131 (2013: 122. Platz). Der Rems-Murr-Kreis nimmt Rang 136 (2013: 118. Platz) ein. Die Stadt Stuttgart folgt mit weitem Abstand und büßt gegenüber dem Vorjahr weitere sieben Plätze ein (2014: 296. Platz; 2013: 289. Platz). Im Mehrjahresvergleich 2004 / 2014 verschlechtert sich Stuttgart um ganze 158 Plätze (2004: 138. Platz). Damit hat die Landeshauptstadt im Langzeitvergleich den siebthöchsten Anstieg (+ 2,64 Punkte; + 14.000 Personen) unter allen 402 bundesweiten Städten und Kreisen zu verzeichnen. 4 4 Auf den Plätzen davor: Herne: + 3,85; Wiesbaden: + 3,51; Wuppertal: + 2,74; Pforzheim: + 2,73; Gelsenkirchen: + 2,67; Bremerhaven + 2,67 14 SchuldnerAtlas Region Stuttgart 2014

Tab. 8.: Schuldnerquoten Region Stuttgart nach Kreisen und kreisfreien Städten 2011 bis 2014 *) Stadt / Kreis Schuldnerquoten in % Abw. *) Rang BW Rang Bund 2011 2012 2013 2014 13/14 04/14 2013 2014 2013 2014 Stuttgart 10,02 10,32 10,72 10,92 +0,20 +2,64 42 42 295 296 Rems-Murr-Kreis 7,40 7,66 7,87 8,12 +0,25 +1,08 26 31 118 136 Göppingen 7,62 7,73 7,91 8,04 +0,13 +1,25 28 30 122 131 Ludwigsburg 7,30 7,50 7,68 7,79 +0,11 +0,78 24 24 111 110 Esslingen 6,91 7,07 7,22 7,45 +0,23 +1,17 19 21 92 97 Böblingen 6,29 6,49 6,72 6,85 +0,13 +0,70 10 10 69 72 Region Gesamt 7,59 7,80 8,02 8,20 +0,18 +1,27 - - - - *) Abweichung in Prozentpunkten / Rundungsdifferenzen möglich. Die bundesweit beobachtete Verschiebung des Überschuldungsgeschehens macht ganz offensichtlich auch vor der Region Stuttgart nicht Halt. Während die Schuldnerzahl bundesweit seit 2004 um zwei Prozent (+ 135.600 Fälle) zulegte, nahm sie in der Region überproportional um 22 Prozent (+ 33.000 Fälle) zu. Ein mögliches Erklärungsmuster für diesen Effekt liefert die im Vergleich zum gesamten Bundesgebiet überproportionale Zunahme der Bevölkerung in der Region. Seit 2004 stieg die Zahl der erwachsenen Bevölkerung in der Region um zwei Prozent an (+ 44.400 Personen), während sie bundesweit hingegen nur um + 0,05 Prozent (+ 318.100 Personen) zulegte. Gemäß Wanderungsbericht des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg ergab sich für die Region Stuttgart allein für 2013 ein Wanderungssaldo (Differenz aus Fort- und Zuzügen) von plus 21.300 Personen. Verschiebung des Überschuldungsgeschehens: Auch die Region ist betroffen 2004 / 2014: Zunahme der Schuldnerzahl in der Region um 22 Prozent 2004 / 2014: überproportionale Bevölkerungszunahme in der Region Zum zweiten Mal in Folge resultiert der derzeitige Anstieg der Schuldnerquoten in der Region aus einer Zunahme der Fälle mit hoher Überschuldungsintensität (+ 5,5 Prozent; + 5.200 Fälle). Die Fälle mit geringer Überschuldungsintensität nehmen nur leicht zu (+ 640; 83.200 Fälle; + 0,8 Prozent). Somit verfestigt sich der Befund einer strukturellen Überschuldung vieler Betroffener in der Region weiter. Mittlerweile weisen 100.500 Schuldner eine hohe Überschuldungsintensität auf und befinden sich in einer nachhaltigen und meist dauerhaften Überschuldungskrise. Dieser mehr oder minder veränderungsresistente Schuldnersockel Weitere Zunahme der harten Überschuldung Veränderungsresistenter Schuldnersockel 2006 / 2014: + 19.900 Fälle SchuldnerAtlas Region Stuttgart 2014 15

hat seit 2006 um 19.900 Schuldner (+ 24,7 Prozent) zugenommen. Kaufrausch zeigt Folgewirkungen Balance halten zwischen Anschaffungs- und Sparneigung Offenbar zeigen der Kaufrausch der Vorjahre und die Inanspruchnahme des Privatkonsums zur Konjunkturstützung und Wirtschaftsbelebung zeitversetzt Folgewirkungen: Viele der Schuldner, die in den letzten Jahren durch Konsumverschuldung verursachte erste nachhaltige Zahlungsstörungen aufwiesen, sind in eine anhaltende Schuldenkrise geraten. Ihnen ist es offensichtlich nicht gelungen, bei sich eintrübenden ökonomischen Rahmenbedingungen eine Balance zwischen Anschaffungs- und Sparneigung zu halten und dauerhaft ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. In den Landkreisen: stärkere Zunahme der harten Überschuldung Bis auf Stuttgart (vgl. Seite 18 f.) weisen die Landkreise der Region im Mehrjahresvergleich 2006 / 2014 eine Gemeinsamkeit auf: Während die Zahl der Schuldner mit hoher Überschuldungsintensität seit 2006 weiter deutlich zulegt (zwischen + 2.200 und + 3.600 Fälle pro Landkreis), ist die Zahl der Schuldner mit geringer Überschuldungsintensität meist deutlich zurückgegangen (Kreis Böblingen: - 1.900 Fälle; Kreis Esslingen: - 670 Fälle; Kreis Göppingen: - 1.450 Fälle; Kreis Ludwigsburg: - 1.500 Fälle; Rems-Murr-Kreis: - 1.500 Fälle). Der diesjährige Anstieg in den einzelnen Landkreisen ist wie auf Landesebene hauptsächlich durch eine Zunahme hoch überschuldeter Personen verursacht. 5.1 Stadt Stuttgart Stadt Stuttgart: mehr als 55.200 überschuldete Personen Die private Überschuldung in der Stadt Stuttgart steigt 2014 zum vierten Mal in Folge an und liegt mit einer Schuldnerquote von 10,92 Prozent weiterhin über dem Bundesdurchschnitt von derzeit 9,90 Prozent. Aktuell gelten rund 55.200 in der Landeshauptstadt lebende Personen als überschuldet. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Schuldner um 1.640 Personen und drei Prozent gestiegen und damit stärker als die deutschlandweite Schuldnerzahl (+ 1,4 Prozent). In den Jahren von 2004 bis 2007 verlief die Entwicklung der privaten Überschuldung in Stuttgart grundsätzlich parallel zu der Entwicklung in Deutschland 16 SchuldnerAtlas Region Stuttgart 2014

insgesamt. Die Stuttgarter Quote lag immer rund 1,5 Prozentpunkte unterhalb der deutschlandweiten Quote. Seit 2008 verringerte sich der Abstand allmählich, bis die Stuttgarter Quote schlussendlich 2011 um 1,12 Punkte über die bundesweite Schuldnerquote kletterte. Seither hat sich dieser Zustand weiter verfestigt, so dass nicht von einer erneuten Kehrtwende der Stuttgarter Schuldnerquote auszugehen ist. In der längerfristigen Perspektive hat sich die Überschuldungssituation der privaten Haushalte in Stuttgart damit unverkennbar verschlechtert. Kehrtwende 2011: Stuttgarter Quote erstmals über Bundesdurchschnitt Abb. 1: Schuldnerquote Stadt Stuttgart und Deutschland im Vergleich in Prozent, 2004 bis 2014 Abb. 2: Schuldnerzahl Stadt Stuttgart 2004 bis 2014 SchuldnerAtlas Region Stuttgart 2014 17

2014: Höchststand der Schuldnerzahl erreicht Weiterhin zeigt sich im Mehrjahresvergleich seit 2004, dass die Zahl der überschuldeten Stuttgarter nach einem Anstieg bis zum Jahr 2007 zunächst leicht rückläufig war. Seit 2010 ist ein stetig steigender Trend zu erkennen. Die Entwicklung der Schuldnerquote entspricht diesem Trend. Der Höchststand der Überschuldung wird in diesem Jahr mit 55.192 Fällen erreicht, der bisherige Tiefststand im Jahr 2004 mit 41.181 Fällen. Die Zahl der Schuldner hat in dieser Zeit um insgesamt 14.000 Fälle und 34 Prozent (!) zugelegt. 2004 / 2014: Stuttgart legt von allen Großstädten am stärksten zu Der Vergleich unter den 15 deutschen Städten über 400.000 Einwohner (vgl. Seite 6 f.) zeigt: Im Mehrjahresvergleich 2004 / 2014 legt die Stadt Stuttgart von allen Großstädten am stärksten zu um insgesamt + 2,64 Prozentpunkte. War Stuttgart von 2004 bis 2008 noch die Landeshauptstadt mit der niedrigsten Schuldnerquote, so belegt sie heute im Ranking der Großstadtquoten Platz sieben im Mittelfeld. Die niedrigste Quote wurde mit 5,94 Prozent in München gemessen, die höchste in Wiesbaden mit 16,27 Prozent. Räumliche Verschiebung des Überschuldungsgeschehens: auch Stuttgart ist betroffen Wie bereits für die Region Stuttgart insgesamt konstatiert, liefern der seit Längerem anhaltende überproportionale Anstieg der Bevölkerungszahlen in der Landeshauptstadt und die vermutlich auch damit einhergehende beobachtete räumliche Verschiebung des Überschuldungsgeschehens (vgl. S. 5 f.) ein mögliches Erklärungsmuster für den seit mehreren Jahren anhaltenden Anstieg der Stuttgarter Schuldnerquote und -zahl. Seit 2004 hat sich die Zahl der erwachsenen Bewohner der Stadt Stuttgart um knapp zwei Prozent von 497.100 auf 500.600 Personen erhöht, bundesweit hingegen nur um 0,05 Prozent. Die Zahl der Schuldner hat in dieser Zeit in Stuttgart um 34 Prozent zugelegt (+ 14.000 Fälle). Bundesweit wurde dagegen eine Zunahme von nur zwei Prozent registriert (+ 135.600 Fälle). Veränderungsresistenter Schuldnersockel: 26.000 Fälle 26.000 Schuldner weisen eine hohe Überschuldungsintensität auf (Anteil an Gesamt: 47,2 Prozent; + 1.355 Fälle gegenüber 2013). Dieser mehr oder minder veränderungsresistente Schuldnersockel hat seit 2006 um 4.200 Schuldner (+ 19,3 Prozent) zugelegt. Die Zahl 18 SchuldnerAtlas Region Stuttgart 2014

der Schuldner mit geringer Überschuldungsintensität hat sich seit 2006 um 29,2 Prozent erhöht (+ 6.600 Schuldner). In diesem Jahr steigt der Anteil um 282 Fälle an. Damit ist es rund 29.200 Verbrauchern zumindest in den letzten zwölf Monaten gelungen, einer drohenden Überschuldungsspirale zu entkommen, da ihre Überschuldung offensichtlich noch nicht die Schwelle zur hohen Überschuldungsintensität (Anzahl der Gläubiger und Höhe des Schuldenvolumens) überschritten hatte. 29.200 Personen erst am Beginn einer Schuldenkarriere Die Überschuldungsentwicklung in der Stad Stuttgart im kartographischen Vergleich auf Stadtbezirksebene 2014 und 2013 Die Detailanalyse der Stadt Stuttgart erfolgt in diesem Jahr erstmals auf Basis der 23 Stadtbezirke und nicht wie bisher nach Postleitzahlengebieten. Dies ermöglicht eine anschaulichere Darstellung der Überschuldungssituation in den einzelnen Stadtgebieten. Die Analyse der umliegenden Landkreise der Region (Kapitel 5.2 bis 5.6) findet weiterhin auf Basis von Postleitzahlengebieten statt, da diese hier weitestgehend mit den Gemeindegrenzen übereinstimmen. 2014 So stiegen die Schuldnerquoten im vergangenen Jahr in allen bis auf drei der 23 Stuttgarter Stadtbezirken an. Die höchste Schuldnerquote vermeldet mit 18,04 Prozent (3.700 Fälle) Stuttgart-Mitte. Jeder sechste Erwachsene befindet sich hier in einem Zustand finanzieller Überforderung. Mit einem deutlichen Abstand von 3,39 Prozentpunkten und einer ebenfalls sehr hohen Quote von 14,65 Prozent folgt Bad Cannstatt (8.500 Fälle). Einen ähnlich hohen Überschuldungsanteil vermelden Wangen (14,32 Prozent; 1.100 Fälle) und Zuffenhausen (14,19 Prozent; 4.400 Fälle). Mitte: jeder 6. Erwachsene ist überschuldet 2013 Im Stuttgarter Osten (13,21 Prozent), in Untertürkheim (12,45 Prozent) und im Süden (12,14 Prozent) ist der Anteil überschuldeter Privatpersonen ebenfalls noch verhältnismäßig hoch. So gelingt es in diesen Bezirken rund jedem achten Bürger nicht, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. In Ost, Untertürkheim und Süd verhältnismäßig mehr Schuldner Deutlich positiver sieht die Lage indes in Birkach, Sillenbuch, Plieningen, Vaihingen und Degerloch aus. Nur rund sieben von 100 erwachsenen Bewohnern gelten hier als überschuldet. Auch die Bezirke Botnang Birkach un Sillenbuch schneiden am besten ab SchuldnerAtlas Region Stuttgart 2014 19