Paritätischer Nienburg - Mitarbeiterzeitung 03-2008 Die Schuldnerberatung des Paritätischen



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Transkript:

Paritätischer Nienburg - Mitarbeiterzeitung 03-2008 Die Schuldnerberatung des Paritätischen Die Schuldnerberatung des Paritätischen Nienburg ist seit ihrer Gründung zu einer wichtigen und unentbehrlichen sozialen Dienstleistung im Landkreis Nienburg geworden. Herr Wolfgang Lippel, der Schuldnerberater des Paritätischen, weiß aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung, dass gerade junge Leute in vielen Fällen schon in die Schuldenfalle hineinwachsen. Bereits im Jugendalter beginnt oft schon der Weg in die Überschuldung. Ursachen können eine fehlende Finanzkompetenz, ein wachsender Konsumdruck oder auch ein in dieser Hinsicht überfordertes Elternhaus sein. Das Einkommen ist einfach nicht mehr ausreichend für ein Leben in der heutigen Gesellschaft und den Dingen, die anscheinend dazugehören, wie Handy, Auto, Reisen usw. Oftmals vergehen mehrere Jahre, bis Betroffene den Weg zur Schuldnerberatungsstelle in die Wilhelmstraße gehen. Es sei denn, es tritt plötzlich und unerwartet Arbeitslosigkeit ein, so dass Lebens- und Finanzplanungen verworfen werden müssen. In vielen Fällen bleibt es nicht bei der erwähnten Arbeitslosigkeit, sondern es kommen noch andere Probleme, wie Scheidung, Kreditverpflichtung, Alkoholsucht etc. hinzu. Bei über der Hälfte der Ratsuchenden sind noch weitere Menschen, die mit dem Betroffenen in einem Haushalt leben, in die Problembereiche involviert. Dabei handelt es sich beispielsweise um Ehegatten, Lebensgefährten oder Kinder. Von Überschuldung betroffen sind besonders arme Menschen, Menschen, die ein geringes Einkommen haben. Das heißt jedoch nicht, dass Familien mit einem vergleichsweise hohen Einkommen nicht von Überschuldung betroffen sein können. Wenn durch einen anhaltenden Überkonsum mehr ausgegeben wird als eingenommen wird, können auch diese Menschen schnell in die Schuldenfalle geraten. Zu den Aufgaben des Schuldnerberaters gehören neben der Einzelfallberatung auch das Referieren auf Präventionsveranstaltungen, die Herausgabe von fachspezifischen Informationen und regelmäßige Presse- bzw. Öffentlichkeitsarbeit. Bei über drei Millionen überschuldeter Haushalte in Deutschland, also bei ca. 8% aller Haushalte, ist der Zulauf zur Beratungsstelle ungebrochen. Bedenklich ist sicherlich, dass in einem der reichsten Länder der Welt gut die Hälfte der Bevölkerung keine finanziellen Ansparungen für Anschaffungen oder Lebensrisiken bilden kann, während 10% der Bevölkerung zwei Drittel des gesamten Volksvermögens besitzen.

Die Ratsuchenden mit Wohnsitz in der Stadt Nienburg oder den Gemeinden des Landkreises Nienburg teilen sich ungefähr zur Hälfte auf. Personen, die ihren Wohnsitz nicht im Landkreis Nienburg haben, werden grundsätzlich nicht von Herrn Wolfgang Lippel beraten und an Schuldnerberatungsstellen an ihrem Wohnsitz verwiesen. Fast die Hälfte aller Ratsuchenden bezieht Leistungen nach SGB II oder XII, das sind Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsunfähigkeit. Die Bezieher von Erwerbseinkommen liegen bei gut der Hälfte der Ratsuchenden. Einkommensschwache Familien und Personen mit geringem Einkommen sind überdurchschnittlich oft von Überschuldung betroffen, da sie keine Rücklagen für Reparaturen oder notwendige Neuanschaffungen bilden können. Etwa Dreiviertel aller Ratsuchenden hatten Schulden bei Geldinstituten. Die nächstgrößeren Gläubigergruppen sind der öffentlich-rechtliche Bereich (z.b. Forderungen der Krankenkassen, der GEZ, der Agentur für Arbeit, der Jugendämter etc.) und die Telekommunikationsunternehmen. Bei der Gruppe der Versandhäuser sind auch Internetkäufe enthalten, die tendenziell stärkere Bedeutung erlangen. Bei mehr als der Hälfte aller Ratsuchenden sind sieben oder mehr Gläubiger vorhanden, ein Drittel der Betroffenen hat mehr als zehn Gläubiger. Im vergangenen Jahr 2007 hat der Schuldnerberater 147 Personen aus Nienburg und dem gesamten Landkreis bei Schuldenproblemen beraten. Telefonische Beratungen und Menschen, die sich nur einmal gemeldet haben, wurden bei dieser Anzahl nicht berücksichtigt. Jedes Jahr kann man mit einer Anzahl von einigen Hundert rechnen. Seit 2000 ist die Zahl der Menschen, die sich an den Berater wanden, fast kontinuierlich gestiegen. Ein Drittel der Männer und Frauen benötigen eine Beratungszeit, die über ein Jahr hinausgeht. Einige werden auch über mehrere Jahre hinweg betreut. Der größte Teil der Ratsuchenden ist zwischen 20 und 50 Jahren alt, was auch ganz verständlich zu sein scheint, da diese Altersgruppe wirtschaftlich am aktivsten ist. Zu erwarten sind in diesem Jahr Reformen im Insolvenz- und Kontenpfändungsrecht. Die Maßnahmen sind eigentlich sinnvoll, allerdings findet man auch hier einige Wermutstropfen. Denn indem der Gesetzgeber das Verfahren vereinfacht und von allerlei überflüssigen Vorschriften befreit, soll es vor allem billiger gemacht werden. So wird z.b. die Stundung von Verfahrenskosten abgeschafft und die finanzielle Eigenbeteiligung der Antragsteller eingeführt. Da hier auch keine Ausnahmen bei Einkommensschwachen, die z.b. nur Grundsicherungsleistungen erhalten, vorgesehen sind, ist das aus Sicht des Paritätischen äußerst bedenklich.