Beschäftigte in der Weiterbildung zwischen Prekarisierung und Professionalisierung Arne Elias (M.A.) & Julia Alfänger (M.A.) Universität Duisburg-Essen, Institut für Berufs- und Weiterbildung
Überblick Beschäftigung in der Weiterbildung als wissenschaftliches Thema Studien zum Weiterbildungspersonal Ergebnisse des HBS Forschungsprojektes: "Beschäftigte in der Weiterbildung im Spannungsfeld von Professionalisierungsdruck und fortschreitender Destabilisierungstendenz in den individuellen Erwerbsverläufen Fragen und Diskussion 2
Eingangsthesen Geänderte Förderlogiken infolge der Hartz-Gesetze Flexibilisierung von Beschäftigungsverhältnissen Allgemeiner Trend zu Solo-Selbstständigkeit Atypische Beschäftigung in der WB traditionell typisch Beschäftigungsbedingungen nehmen Einfluss auf Professionalität und Qualität Gesteigertes politisches Bekenntnis zur Bedeutung der Weiterbildung und des Lebenslangen Lernens 3
Bedeutung der Weiterbildung und Lebenslangen Lernens Die Fähigkeit, lebenslang zu lernen, muss am Lebensanfang begründet, in Schule und Ausbildung gefördert und durch eine hochwertige und sinnvolle Weiterbildung in allen Phasen des Lebens ergänzt werden Eine nachhaltige Bildungsfinanzierung sichert das Grundrecht auf Bildung unabhängig von der sozialen Herkunft und gewährleistet auch den lebenslangen Zugang zu Bildung und Weiterbildung. Wir wollen Weiterbildung und lebenslanges Lernen als öffentliche Aufgabe und individuelles Recht ausbauen. Für die lernende Gesellschaft wollen wir die Weiterbildung zur vierten Säule unseres Bildungssystems ausbauen. Jede Person hat das Recht auf Bildung sowie auf Zugang zur beruflichen Ausbildung und Weiterbildung. 4
Bedeutung der Weiterbildung und Lebenslangen Lernens Die Fähigkeit, lebenslang zu lernen, muss am Lebensanfang begründet, in Schule und Ausbildung gefördert und durch eine hochwertige und sinnvolle Weiterbildung in allen Phasen des Lebens ergänzt werden. (CDU Grundsatzprogramm) Eine nachhaltige Bildungsfinanzierung sichert das Grundrecht auf Bildung unabhängig von der sozialen Herkunft und gewährleistet auch den lebenslangen Zugang zu Bildung und Weiterbildung. (Bündnis 90 / Die Grünen Grundsatzprogramm) Wir wollen Weiterbildung und lebenslanges Lernen als öffentliche Aufgabe und individuelles Recht ausbauen. (Die Linke Grundsatzprogramm) Für die lernende Gesellschaft wollen wir die Weiterbildung zur vierten Säule unseres Bildungssystems ausbauen. (SPD Grundsatzprogramm) Jede Person hat das Recht auf Bildung sowie auf Zugang zur beruflichen Ausbildung und Weiterbildung. (Vertrag über eine Verfassung für Europa) 5
Beschäftigte in der Weiterbildung 6
Beschäftigungstypen Typ 1:Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, die aus der Weiterbildungstätigkeit ihren Haupterwerb erzielen Typ 2:Selbständige bzw. Freiberufler, die aus der Weiterbildungstätigkeit ihren Haupterwerb erzielen Typ 3:Personen, die in der Weiterbildung tätig sind, ihren Haupterwerb aber aus einer anderen beruflichen Tätigkeit erwirtschaften Typ 4: Personen, die zwar in der Weiterbildung tätig sind, ihr Haupteinkommen aber aus andern Quellen beziehen (z.b. Einkommen des Lebenspartners, Transferleistungen, Renten, Kapitalerträgen, etc) 7
Prekäre Beschäftigung Einkommen, das unter der Niedriglohnschwelle liegt Unzureichende Beschäftigungsstabilität (Befristung, Unstetigkeit der Aufträge, etc.) Fehlende Beschäftigungsfähigkeit (Teilnahme an Weiterbildung und Qualifizierung) Mangelnde Absicherung gegen soziale Risiken (Integration in die sozialen Sicherungssysteme: Kranken-, Arbeitslosen-, Rentenversicherung usw.) 8
Studien Erhebung zur beruflichen und sozialen Lage von Lehrenden in Weiterbildungseinrichtungen. WSF 2005 Freiberufler in der Weiterbildung. Empirische Studie am Beispiel Hessen. Lenk 2010 Beschäftigung in der Weiterbildung. Prekäre Beschäftigung als Ergebnis einer Polarisierung in der Weiterbildungsbranche? Dobischat/Fischell/Rosendahl 2009 9
Wirtschafts- und Sozialforschung (2005): Erhebung zur beruflichen und sozialen Lage von Lehrenden in Weiterbildungseinrichtungen 10
Quelle: WSF 2005 13.05.2014 www.bwpaed.uni-due.de 11
WSF -Studie Ca. 1.350.000 Tätigkeitsverhältnisse in der Weiterbildung (i.w.s.) Ca. 240.000 Hauptberufler und 410.000 Nebenberufler = ca. 650.000 Beschäftigte Ca. 150.000 hauptberufliche Honorarlehrkräfte (rund 2/3 der hauptberuflich Tätigen) Ca. 125.000 (3/4) der hauptberuflichen Honorarkräfte befinden sich in einer prekären Lage Atypische Beschäftigung ist in der Weiterbildung typisch Mehrfachbeschäftigung ist Standard, im Schnitt hat jeder zwei Tätigkeitsverhältnisse 68% der hauptberuflichen Honorarkräfte sind mehrfach beschäftigt 13.05.2014 www.bwpaed.uni-due.de 12
Christel Lenk Christel Lenk (2010): Freiberufler in der Weiterbildung. Empirische Studie am Beispiel Hessen 13
Quelle: Lenk, Freiberufler in der Weiterbildung, 2011. 13.05.2014 www.bwpaed.uni-due.de 14
Quelle: Lenk, Freiberufler in der Weiterbildung, 2011. 13.05.2014 www.bwpaed.uni-due.de 15
Zusammenfassung Akademischer Arbeitsmarkt Weiblicher Arbeitsmarkt Flexibler Arbeitsmarkt Selbstständigkeit als erwünschtes Modell Soziale Absicherung prekärer Beschäftigung im Haushaltskontext Individuelle Professionalisierung durch Mehrfachbeschäftigung 16
Geschäftslagen der Weiterbildungsanbieter 17
Quelle: Schulz-Oberschelp, 2012. 18
Dobischat Gutachten Polarisierung der Branche Gute Einkommen in der betrieblichen Bildung Prekäre Lagen insb. in der allgemeinen Weiterbildung Qualifizierungsdilemma Zunehmende Arbeitsbelastung Drohende Altersarmut 19
Ergebnisse aus den qualitativen Fallstudie zur Beschäftigung in der Weiterbildung im Auftrag der GEW/Max-Traeger-Stiftung Polarisierung Einkommen Weiterbildung/ Qualifizierung Sozialabgaben Vgl. Dobischat/Fischell/Rosendahl 2009. Arbeitsbelastung 20
HBS-Projekt Beschäftigte in der Weiterbildung im Spannungsfeld von Professionalisierungsdruck und fortschreitender Destabilisierungstendenz in den individuellen Erwerbsverläufen Julia Alfänger Robert Cywinski Arne Elias 21
Forschungsfragen Wie gestalten sich die Beschäftigungsbedingungen in den unterschiedlichen Weiterbildungssegmenten? Wer arbeitet eigentlich in der Weiterbildung? Welchen Einfluss nehmen die Finanzierungsströme auf Prekarisierungsrisiken und Professionalisierungschancen? 22
Aufbau der Umfrage Fünf thematische Blöcke Beschäftigungsrahmendaten Fragen zur Ausgestaltung und inhaltlichen Ausrichtung der Tätigkeiten Beruflicher Werdegang und erworbene Qualifikationen Berufliches Selbstverständnis, Professionsverständnis und Integration in verbandsgebundene Organisationen Soziodemographische Daten 23
Zugang zum Feld Der Fragebogenlink wurde über ausgewählte Multiplikatoren an Weiterbildungsbeschäftigte verteilt und zusätzlich auf verschiedenen Homepages platziert. Um aus allen drei Weiterbildungssegmenten genügend Probanden für die Umfrage zu rekrutieren, wurden Multiplikatoren auf vier Ebenen angesprochen: Weiterbildungsinstitutionen und Anbieter Kooperationen, Arbeitsgemeinschaften und Verbünde von Anbietern Berufsverbände Gewerkschaften Erhebungszeitraum: April bis November 2012; Bezugsjahr 2011 Gesamtbeteiligung: 2.229 24
Segmentierung als Determinante der Polarisierungskräfte (vgl. Dobischat/Fischell/Rosendahl 2009) Dreigeteilte Segmentierung: in Abhängigkeit vom inhaltlichen Schwerpunkt und von der Bedeutung der öffentlichen Mittel für die Weiterbildungstätigkeit: öffentlich finanzierte allgemeine Weiterbildung öffentlich finanzierte berufliche Weiterbildung privat bzw. betrieblich finanzierte berufliche/betriebliche Weiterbildung 25
Verteilung der Umfrageteilnehmer auf die Beschäftigungstypen 26
Tätigkeiten 27
Tätigkeiten 28
Kerntätigkeit Lehre 29
Bruttoeinkommen (Boxplot) 30
Bruttoeinkommen (Boxplot) 31
Bruttoeinkommen (Angestellte-Freiberufler) 32
Aufträge/Arbeitgeber 33
Versicherung Quelle: Alfänger/Cywinski/Elias (2013c) Versicherungen der hauptberuflich Selbstständigen in der Weiterbildung (n=493) 34
Studienabschlüsse 35
Studienabschlüsse 36
Studienabschlüsse 37
Prekaritäts-Ampel 31% 54% 16% 38
betriebliche allgemeine berufliche 39
Nettoäquivalenzeinkommen 40
Themen 41
Arbeitszeit 42
Quelle: Alfänger/Cywinski/Elias (2013b) 43
Quelle: Alfänger/Cywinski/Elias (2013b) 44
Quelle: Alfänger/Cywinski/Elias (2013b) 45
Wechselwünsche 46
(Brutto-)Einkommen aus Integrationskursen als Haupterwerb
Spätestens hier muß man den Verdacht haben, daß Professionalisierung der Erwachsenen- und Weiterbildung gesellschaftlich nicht gewollt ist! (Erhard Schultz 1988) 48
Forschungsprojekt wb-personalmonitor Personal in der Weiterbildung: Beschäftigungssituation und Tätigkeiten gefördert vom:
Forschungs- und Projektziel Ermittlung repräsentativer Daten über die Beschäftigungssituation in der Weiterbildung Identifizierung und Ausleuchtung der Wechselbeziehung zwischen Geschäftslage und Beschäftigungsbedingung Ergänzung der (kontinuierlichen) Berichtssysteme über die Weiterbildungsanbieter (wbmonitor) und Weiterbildungsbeteiligung (BSW, AES) um die Ebene des Weiterbildungspersonals (wb-personalmoitor). 13.05.2014 www.uni-due.de 50
Projektdesign Laufzeit: 01/2013 12/2014 Kooperation mit dem BIBB und dem DIE (Konsortialführer) Finanziert durch das BMBF Methodische Triangulation: vorbereitende und begleitende Fallstudien Repräsentative Erhebung im Rahmen des wb-monitor (Mai 2014) Entwicklung eines Monitorings für das Weiterbildungspersonal Projektmitarbeiter (UDE) Projektleitung (UDE): Prof. Dr. Rolf Dobischat Projektmitarbeiter: Dr. Anna Rosendahl Dr. Marcel Fischell Julia Alfänger, M.A. Dipl. Päd. Robert Cywinski Arne Elias, M.A.
Zusammenfassung Gesteigerter Marktdruck seit Hartz-Gesetzen Prekaritätsrisiko bei den hauptamtlichen Honorarkräften Freiberuflichkeit als Form traditioneller und moderner Arbeitsformen Nebenberufliche und Ehrenamtliche als erwünschtes Modell Geförderte Weiterbildung ist oft die Finanzierung prekärer Arbeit Polarisierung zwischen den Segmenten Prekäre Einkommen schaffen zusätzliche Unsicherheiten auf den Ebenen der Beschäftigungsfähigkeit (Qualifikationsdilemma) und in der sozialen Absicherung Weiterbildung bleibt ein plurales, heterogenes und wenig reguliertes Arbeitsfeld (Pluralität, Subsidiarität, Marktorganisation) Prekäre Beschäftigung droht auf Dauer die Qualität leistbarer Arbeit zu gefährden 52
Lösungsversuche Berliner Modell Dozentenkasse (Künstlersozialkasse) Mindesthonorar (Re)Normalisierung atypischer Beschäftigung Institutionalisierung Professionalisierung Strukturmerkmale hinterfragen? 53
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! arne.elias@uni-due.de julia.alfaenger@uni-due.de 54
Quellen und weiterführende Literatur: Alfänger, Julia/Cywinski, Robert/Elias, Arne (2013a): Weiterbildung im Wandel Ein Laboratorium moderner Arbeitsformen? In: Rolf Dobischat/ Klaus-Peter Hufer (Hrsg.). Weiterbildung im Wandel Profession und Profil auf Profitkurs, S. 39-63. Alfänger, Julia/Cywinski, Robert/Elias, Arne (2013b): Einkommensverhältnisse, Tätigkeiten und Selbstwahrnehmungen des Weiterbildungspersonals im Wandel Ergebnisse einer Online-Befragung. In: DIE (Hrsg.). Trends der Weiterbildung. DIE-Trendanalyse 2014, S. 69-79. Alfänger, Julia/Cywinski, Robert/Elias, Arne (2013c): Weiterbildung als Beruf. Zur Notwendigkeit, Profession und Prekarität gemeinsam zu denken. In: POLIS 3/2013, S. 10-12. Brehmer, Wolfram/Seifert, Hartmut (2007): Wie prekär sind atypische Beschäftigungsverhältnisse? Eine empirische Analyse. In: WSI-Diskussionspapiere, H. 156, 1-44. Dobischat, Rolf/Fischell, Marcel/Rosendahl, Anna (2009): Beschäftigung in der Weiterbildung. Prekäre Beschäftigung als Ergebnis einer Polarisierung in der Weiterbildungsbranche? Gutachten im Auftrag der Max-Traeger-Stiftung. Essen. [hier verfügbar] Lenk, Christel (2010): Freiberufler in der Weiterbildung. Empirische Studie am Beispiel Hessen. Bielefeld. Nittel, Dieter: Freiberufliche Erwachsenenbildner eine neue Pädagogen-Generation? In: Eckert, Thomas/Meseth, Wolfgang/Proske, Matthias(Hrsg.): Bildung der Generationen. Wiesbaden 2011, S. 347-359. Wirtschafts- und Sozialforschung WSF (Hrsg.) (2005): Erhebung zur beruflichen und sozialen Lage von Lehrenden in Weiterbildungseinrichtungen. Schlussbericht. Kerpen. [hier verfügbar] 13.05.2014 www.uni-due.de/biwi/bawb 55
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