LANDKREIS WALDECK-FRANKENBERG



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Transkript:

LANDKREIS WALDECK-FRANKENBERG DER KREISTAG 03 Beschlussvorlage Nummer 361/10 Datum 11.02.2010 Beratungsfolge Termin Status Kreistag 25.02.2010 öffentlich Punkt 3: Neuordnung der ARGE Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 23. November 2009 die beigefügte Große Anfrage nach 17 der Geschäftsordnung für den Kreistag (Drucksache 361.1/10) gestellt. Sie wird wie folgt beantwortet: Frage 1 Wie bewertet der Kreisausschuss die Situation für den Landkreis Waldeck-Frankenberg, wenn die Neuordnung der ARGE bzw. des Jobcenters zukünftig auf eine getrennte Trägerschaft von Agentur für Arbeit und kommunaler Ebene organisiert werden müssen, wie die CDU/FDP Koalition auf Bundesebene verabredet hat? Die Auswirkungen einer getrennten Trägerschaft auf den Landkreis Waldeck-Frankenberg hängen maßgeblich davon ab, wie diese getrennte Trägerschaft letztlich konkret gesetzlich ausgestaltet wird. Nach den unter dem 25.01.2010 durch das BMAS veröffentlichten Gesetzentwürfen zur Neuregelung des SGB II werden gerade keine neuen Zuständigkeitsregelungen getroffen, sondern es wird die bereits seit Einführung des SGB II bestehende Aufgabenverteilung zwischen den Kommunen und der Bundesagentur für Arbeit (BA) beibehalten. Bereits jetzt obliegt den kommunalen Trägern grundsätzlich lediglich die Zuständigkeit für die Gewährung von Unterkunftskosten, einzelnen einmaligen Beihilfen sowie von begleitenden Hilfen zur Eingliederung wie Schuldnerberatung und psychosoziale Betreuung, während der BA die Zuständigkeit für die überwiegenden Teile sowohl der Eingliederung als auch der Leistungsgewährung übertragen wurden. Diese bereits jetzt geltenden Zuständigkeitsreglungen sind aus fachlicher Sicht nicht sinnvoll. Die negativen Auswirkungen dieser Regelungen für die betroffenen Bürger konnten jedoch bisher durch die inzwischen für verfassungswidrig erklärte enge Zusammenarbeit beider Träger im Rahmen der ARGEn abgemildert werden. Sollte diese Aufgabenverteilung zukünftig nach Auflösung der ARGEn in einer getrennten Aufgabenwahrnehmung beibehalten werden, ist mit schwerwiegenden negativen Folgen für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger und die mit der Umsetzung des SGB II betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu rechnen. Zudem würde die geplante Neuregelung

2 zu einem weitgehenden Verlust des kommunalen Einflusses auf die Daseinsvorsorge hilfebedürftiger Menschen führen. Das ursprüngliche Ziel der Hartz IV-Reform, Leistungen aus einer Hand zu gewähren, würde ins Gegenteil verkehrt, da sowohl die finanziellen, als auch die Eingliederungsleistungen jeweils von zwei verschiedenen Trägern erbracht würden. Die Beachtung des Verbots von Mischverwaltungen durch die Verfassung würde voraussichtlich dazu führen, dass die Hilfesuchenden zwei Anträge auf Leistungen stellen müssten, zwei getrennte Leistungsberechnungen durchgeführt werden, zwei Bescheide erteilt und gegebenenfalls auch zwei Widersprüche eingelegt und zwei Klageverfahren geführt werden müssten. Zudem wäre mit längeren Bearbeitungszeiten zu rechnen, da die Berechnung der Kosten der Unterkunft durch die Kommunen erst nach Abschluss der Einkommens- und Vermögensüberprüfung durch die Sachbearbeitung der Agentur für Arbeit erfolgen könnte. Seit dem 25.01.2010 liegt ein Muster des durch das BMAS ausgearbeiteten Kooperationsvertrages zwischen Kommunen und BA vor. Die dort aufgeführten Kooperationsmodule sollen eine abgestimmte und bürgernahe Zusammenarbeit zwischen den beiden Trägern ermöglichen. Viele dieser Kooperationsmodule erscheinen bei einer bürgerfreundlichen Ausgestaltung jedoch verfassungsrechtlich bedenklich. Jede engere Zusammenarbeit, die die unsachgemäße Zuständigkeitsverteilung gegenüber dem Bürger kaschiert, birgt im Gegenzug die Gefahr der durch das Bundesverfassungsgericht gerade untersagten Mischverwaltung. Weiterhin könnte der erheblich größere Zuständigkeitsumfang der Agentur für Arbeit personelle Verschiebungen zwischen Kommunen und Bund notwendig machen. Nicht zu vernachlässigen ist auch der hohe notwendige Umstellungsaufwand (Kopieren zumindest von Teilen sämtlicher Leistungsakten), der bereits im voraussichtlich wirtschaftlich schwierigen Jahr 2010 zu Lasten der betroffenen Bürger erhebliche Arbeitskapazitäten in den ARGEn binden würde. Nach dem Wortlaut des Koalitionsvertrages wäre jedoch auch eine weit sachgerechtere Zuständigkeitsregelung möglich, durch die die oben genannten negativen Folgen weitgehend vermieden werden könnten. Das im Jahr 2009 durch die Länder Sachsen, Bayern und Baden-Württemberg entwickelte sogenannte Südmodell sieht eine alleinige Zuständigkeit der nicht optierenden Kommunen für die gesamte Leistungsgewährung im Wege einer Bundesauftragsverwaltung vor. Sämtliche Eingliederungsleistungen würden durch die Agentur für Arbeit erbracht. Diese Aufgabenverteilung würde fachlichen Grundsätzen entsprechen, da bereits jetzt in nahezu sämtlichen ARGEn und den meisten Optionskommunen eine getrennte Bearbeitung von Eingliederungs- und finanziellen Leistungen durch verschiedene Sachbearbeiter stattfindet. Sie hätte folgende Vorteile: - Klare und für die Bürger nachvollziehbare Zuständigkeitsverteilung - Vermeidung von Doppelarbeiten und Reduzierung des Verwaltungsaufwands - Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung in der Daseinsvorsorge - Vermeidung bzw. Reduzierung von personellen Verschiebungen zwischen BA und Kommunen - Keine grundsätzlichen Änderungen in den Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern bzw. Kommunen - Geringer Umstellungsaufwand für die beteiligten Träger. Frage 2 Welche negativen Folgen für die lokalen Hilfen und Maßnahmen erwartet der Kreisausschuss, wenn künftig die alleinige Zuständigkeit für die arbeitsmarktpolitischen Instrumente und Hilfen bei der Bundesagentur für Arbeit bestehen wird?

3 Für den Landkreis Waldeck-Frankenberg sind hinsichtlich der konkreten Umsetzung der lokalen Hilfen und arbeitsmarktpolitischen Instrumente im Einzelfall zunächst nur geringe Änderungen zu erwarten. Nach 7 Absatz 5 des Gründungsvertrages der ARGE Waldeck-Frankenberg übernimmt das von der örtlichen Agentur für Arbeit entsandte Mitglied der Geschäftsführung bereits seit 2005 die Federführung für die Bereiche Vermittlung, Fallmanagement und Arbeitsmarkt. Das durch den Landkreis entsandte Mitglied der Geschäftsführung trägt im Gegenzug die Verantwortung für den Bereich der Leistungsgewährung. Eine Einflussnahme auf die lokalen Hilfen ist dem Landkreis aktuell noch über die paritätisch besetzte Trägerversammlung möglich, in der die geschäftspolitischen Ziele der ARGE Waldeck-Frankenberg jährlich gemeinsam beschlossen werden. Dies erfolgte bisher regelmäßig im Konsens mit der örtlichen Agentur für Arbeit. Der aktuelle Entwurf einer Kooperationsvereinbarung sieht als Pendant zur Trägerversammlung einen Trägerausschuss vor. Dieser soll jedoch vor allem der Abstimmung zwischen den beteiligten Trägern dienen und hat im Gegensatz zur Trägerversammlung keine konkreten Entscheidungsbefugnisse. Frage 3 Welche Auswirkungen auf die lokale Trägerlandschaft erwartet der Kreisausschuss durch die zu erwartende zentralistische Zugriffsmöglichkeit der Bundesagentur in Nürnberg? Bereits jetzt besteht nach dem Selbstverständnis der Bundesverwaltung eine zentralistische Zugriffsmöglichkeit der BA auf sämtliche Aufgaben, die der ARGE durch die Agentur für Arbeit übertragen wurden. Unter Berufung auf die sogenannte Gewährleistungsverantwortung des Auftraggebers behält sich diese das Recht vor, die ARGEn durch allgemeine Geschäftsanweisungen der Zentrale oder über die Regionaldirektionen und die örtlichen Vorsitzenden der Geschäftsführung durch Weisungen im Einzelfall zu binden. Allein im Jahr 2009 wurden gegenüber den ARGEn 53 jeweils mehrseitige Geschäftsanweisungen in Kraft gesetzt, die wiederum durch Ausführungsbestimmungen mit Weisungscharakter sowie engmaschige Berichtspflichten und Kontrollsysteme ergänzt wurden. Auch ohne eine getrennte Aufgabenwahrnehmung ist zu erwarten, dass das Netz an Vorgaben mit Weisungscharakter durch die Zentrale der BA immer enger gezogen wird. Dies ließe sich nur durch eine Kommunalisierung sämtlicher Aufgaben des SGB II oder eine Beschränkung der Weisungsbefugnisse durch ein Bundesgesetz verhindern. Beides ist jedoch nicht zu erwarten, da es dem Kontrollbedürfnis des Bundes im Hinblick auf seine Finanzinteressen und seinen Einfluss auf die Arbeitsmarktpolitik zuwiderliefe. Die bundesweiten Regelungen über die überregionale Ausschreibung von Maßnahmen haben die örtlichen Beschäftigungsträger bereits in den letzten Jahren vor erhebliche Probleme gestellt, da diese aufgrund des höheren Qualitätsanspruchs im Verhältnis zu überregionalen Anbietern bei Ausschreibungen oft ins Hintertreffen geraten. Weitere negative Auswirkungen können sich jedoch daraus ergeben, dass die Einflussmöglichkeiten der Kommunen über Ihre Spitzenverbände aufgrund des Wegfalls der Zuständigkeiten für den Bereich Markt und Integration weiter zurückgedrängt werden. Hier wird es maßgeblich auf den Fortbestand oder die Ausweitung der kommunalen Optionsmöglichkeiten ankommen, die den Kommunalen Spitzenverbänden auch weiterhin eine Möglichkeit der Einflussnahme gewährleisten.

4 Frage 4 Welche Auswirkungen auf die passgenauen Hilfen für Arbeitslose wird das Vorhaben der CDU/FDP-Koalition auf Bundeseben haben, das die arbeitsmarktpolitischen Instrumente deutlich reduzieren will? Eine Reduzierung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente kann einen Verlust an Flexibilität bedeuten, der dazu führen könnte, dass nicht mehr auf die individuellen regionalen Bedürfnisse eingegangen werden kann und nicht für jeden Arbeitssuchenden die geeigneten Eingliederungsmittel zur Verfügung stehen. Nach dem aktuell vorliegenden Gesetzentwurf des BMAS ist jedoch keine Änderung des 16 f SGB II geplant. Nach dieser Norm kann die Agentur für Arbeit bis zu 10 Prozent der Eingliederungsmittel einsetzen, um die Möglichkeiten der gesetzlich geregelten Eingliederungsleistungen durch freie Leistungen zur Eingliederung in Arbeit zu erweitern. Hierdurch kann die notwendige Flexibilität im Einzelfall auch bei einer Reduzierung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente erreicht werden. Frage 5 Welche Maßnahmen wird der Kreisausschuss ergreifen, um zu verhindern, dass zukünftig die Arbeitslosen des Kreises Waldeck-Frankenberg mit doppelten Ämtergängen und doppelter Antragsbürokratie konfrontiert und damit die Leidtragenden der Vereinbarung zwischen CDU und FDP sein werden? Dies lässt sich momentan noch nicht beantworten da der seit dem 25.01.2010 vorliegende Gesetzentwurf und der Entwurf einer Kooperationsvereinbarung zwischen Kommunen und Arbeitsverwaltungen noch abschließend geprüft werden müssen. Zudem sind in diesem Vereinbarungsentwurf die einzelnen Kooperationsmodule bisher nur grob umrissen. Die notwendige weitere Ausarbeitung soll in einer Redaktionsgruppe mit Vertretern des Bundes und der Länder erfolgen. Eine Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände ist bisher nicht vorgesehen. Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass sich die mit den aktuell geplanten Regelungen verbundenen Belastungen für die Bürger durch örtliche Vereinbarungen zur Zusammenarbeit in vollem Umfang vermeiden lassen. Das verfassungsrechtliche Verbot der Mischverwaltung schließt eine Zusammenarbeit zwischen beiden Trägern aus, die so eng ist, dass sie dem Bürger den Eindruck einer einheitlichen Leistungsgewährung vermittel. Eine echte Abhilfe könnte hier nur die sachgerechte Gestaltung der Zuständigkeiten oder eine Änderung des Grundgesetzes schaffen. Der Kreisausschuss wird jedoch im Rahmen aller praktikablen und verfassungskonformen Möglichkeiten versuchen, tragfähige Lösungen zum Wohle der Kreisbevölkerung zu finden. Frage 6 Welche Maßnahmen plant der Kreisausschuss, um seinen Einfluss auf die Landes- und Bundesregierung auszuüben, um diese kontraproduktiven Entwicklungen zu verhindern? Der Kreisausschuss wird die Landtags- und Bundestagsabgeordneten über die möglichen Folgen der aktuell geplanten Regelungen informieren und sie dazu auffordern, ihren Einfluss zu nutzen, damit durch den Gesetzgeber sachgerechte und verfassungskonforme Lösungen entwickelt werden. Weiterhin beteiligt sich der Kreisausschuss regelmäßig an der intensiven Informationsarbeit des Hessischen Landkreistages wie der Ausarbeitung von Stellungnahmen, Positionspapieren und Informationen für die politisch Verantwortlichen.

5 Frage 7 Die Zusammenführung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe, die Hilfen aus einer Hand, das Fördern und Fordern waren Kernstücke der sogenannten Hartz IV Gesetzgebung. Wie beurteilt der Kreisausschuss die jetzt beabsichtigten Änderungen im Hinblick auf den bürokratischen Mehraufwand und wie hoch schätzt der Kreisausschuss die Mehrkosten durch die geplanten Änderungen? Seriöse Schätzungen über die zu erwartenden finanziellen Mehrbelastungen des Landkreises sind momentan noch nicht möglich, da diese von diversen Faktoren abhängig sind, die sich aktuell noch nicht abschätzen lassen. Der bürokratische Mehraufwand ist unter anderem davon abhängig, wie die Zusammenarbeit mit der örtlichen Agentur für Arbeit organisatorisch ausgestaltet werden kann. Es ist jedoch in jedem Fall mit einer finanziellen Mehrbelastung für den Landkreis zu rechnen, da in verschiedenen Bereichen der Aufbau von Doppelstrukturen unvermeidbar sein wird. Im Gesetzentwurf werden der Bundesagentur weigehende Feststellungskompetenzen hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit und Bedürftigkeit eingeräumt. Im Konfliktfall werden den Kommunen lediglich sehr knappe Einspruchsfristen von zwei Wochen bzw. einem Monat eingeräumt. Dies würde dazu führen, dass der Landkreis eine hohe und personalintensive Kontrolldichte aufbauen müsste, um zu verhindern, dass Fehler der Bundesagentur dauerhafte Auswirkungen auf die Finanzen des Landkreises haben. Ein Dissens zwischen beiden Trägern hätte zudem zeitaufwändige Streitverfahren zur Folge. Weiterhin ist ab dem Jahr 2012 eine modifizierte Bedarfsanteilsmethode vorgesehen, die dazu führt, dass überschießendes Einkommen nur auf die Regelleistung des Bundes, jedoch nicht auf die kommunalen Leistungen angerechnet wird. Zwar will der Bund für die dadurch eintretenden finanziellen Verluste der Kommunen im Rahmen der Verhandlungen über den Bundesanteil an den Kosten der Unterkunft einen Ausgleich gewähren. Es ist jedoch zu befürchten, dass wie schon in den Vorjahren kein vollständiger Ausgleich der kommunalen Mehrbelastungen erfolgen wird. Auch die oben zu Frage 1 bereits geschilderten doppelt vorzuhaltenden Strukturen für die Bearbeitung von Widersprüchen und Klagen, den Außendienst, die Unterhaltssachbearbeitung, die Überprüfung der Einkommensverhältnisse Selbständiger, die doppelte Antragsannahme, Beratung und Bescheiderteilung sowie der von beiden Trägern zu betreibende Forderungseinzug würden zusätzliche Kosten verursachen, deren Höhe momentan ebenfalls noch nicht konkret beziffert werden kann. Der Kreisausschuss des Landkreises Waldeck-Frankenberg D r. K u b a t

23/11/2009 16:42 +49611350606 BUENDNIS90-GRUENE S. 01/02 LandkreisWaldeck-Frankenberg Korbach 2 3. NOV. 2009 FachdienstZentrateDienste Fachdlenst..... BONDNIS90Ion: GRüNEN. Bunsenstraßa2. 34497 Korbach.Landkreis Waldeck-Frankenberg Herrn Kreistagsvorsitzenden Michael Kossmann Kreistagsbür6 " Südring 2 34497 Korbach Kreistagsfraktion Waldeck~FrankenberQ JOrgen Frömmrlch. MdL F t'akti on&'i 0 rsitz 1;1nd e r Geschiftsstelle: Bunsenstraße 2 34497 Korbach " Telefon: (05631)65708 \ Fax: (05631) e3238 www.gruene-wil-ikb.de 1]';Iktfon@aruene--wa-fkb.de 23. November 2009 Große Anfrage (nach 17 GO Kreistag) Sehr geehrter Herr Kossmann. " hiermitmöchte ich Sie bitten,die nachfolgende Große Anfrage zur Beantwortungan den Kreisausschuss weiterzuleiten. 1. Wie bewertet der Kreisausschussdie Situation für den Landkreis Wald eck- Frankenberg,wenn die Neuordnung der ARGEbzw. des Jobcenters zukünftigauf einegetrennteträgerschaftvonagenturfürarbeitund kommunalerebene organisiertwerden müssen,wie die CDUjFDPKoalitionauf Bundesebeneverabredet hat? 2. Welche negativen Folgen für die lokalen Hilfen und Maßnahmen erwartet der Kreissausschuss,wenn zukünftig die alleinige Zuständigkeit für die arbeitsmarktpolitischen Instrumente und Hilfen bei der Bundesagentur für Arbeit bestehen wird~. " " d; Q... Q. ~ ~'" er. ~ 0 :;: 3. Welche.Auswirkungen au"fdia die lokale Trägerlandschaft erwartet der Kreisausschussdurch.die zu erwartende zentralistischezugriffsmöglichkeitder Bundesagentur in Nürnberg? 4. Welche Auswirkungen auf die passgenauen Hil.fen für Arbeitslose wird dos Vorhaben der CDUjFDP-Koalitionauf Bundesebene haben, das die arbeits-~ mark,tpolitischen Instrumente "deutlich reduzieren" will?

23/11/2009 16:42 +49611350606 BUENDNIS90-GRUENE S. 02/02 2 5.Welche Maßnahmen wird der Kreisausschuss ergreifenum zu verhindern. dass zukünftigdie Arbeitslosendes KreisesWaldeck~Frankenberg mit doppelten Ämtergängen und doppelter Antragsbürokratie konfrontiertund damit die Leidtragenden der Vereinbarung zwischen CDU und FDP seinwerden? 6. Welche Maßnahmen plant der Kreisausschuss. um seinen Einflussauf die landes- und Bundesregierung auszuüben, um diese kontraproduktiven Entwicklungen zu verhindern? 7. Die Zusammenführung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe,die Hilfen aus einer Hand. das Fördern und Fordern waren Kernstücke der sogenannten Hartz IV Gesetzgebung. Wie beurteilt der Kreisausschuss die jetztbeabsichtigten Änderungen im Hinblickauf den bürokratischen Mehraufwand und wie hoch schätzt der Kreisausschuss die Mehrkosten durch die geplanten Änderungen? Begründung: In der wirtschaftlichschwierigen Situationmit seinerangespannten Arbeitsmark t. situation benötigt der Lanqkreis die Möglichkeit Langzeitarbeitslosen passgenaue, lokale Hilfenaus einer Hand und einem Guss zu bieten. Dies wird künftig aber 'nicht mehr möglich sein. da die neue Bundesregierung die getrennte Trägerschaft von Agenturen für Arbeit und Kommunen beschlossen hat. Bezieher von Grundsicherung für Arbeitsuchende werden keine Leistungen mehr aus einer Hand bekommen. Diese getrennte Aufgabenwahrnehmung istein Rückfall in alte Zeiten vor der Zusammenlegung der Sozial~ und Arbeitslosenhilfe. Betroffene werden wieder mit zwei Ämtergängen, zwei Bescheiden und zweifacher Bürokratierechnen müssen. Die Bundesagentur erhält die alleinige Zustondigkeit der arbeitsmarktpolitischen Instrumente. Damit wird der zentralistische Zugriffder Bundesagentur für Arbeit gestärkt lokale Entscheidungen erschwert. Gerade diese umfangreichen, flexiblen und kreativen Instrumente der Einglied e- rungshilfen sind Kernstück moderner und aktivierender Arbeitsmarktpolitik. Sie zu reduzieren schadet den Hilfesuchenden und verhindert deren umfassende Unterstützung und damit eine mögliche rasche Integration in den ArbeItsmarkt.