Seminar Aktuelle Rechtsprechung im Mietrecht - im Spiegel der Gesetzesänderungen - Dr. Andreas Stangl
Inhalt Einleitung 1. Rechtsquellen des Mietrechts und Systematisierung der Mietverhältnisse 2. Aktuelle Rechtsprechung im Mietrecht Mietvertragsabschluss, Vertragsparteien, Schriftform Miete, Mietanpassung Mietsicherheit Betriebskosten Mietgebrauch Mängelrechte Schönheitsreparaturen Vertragsbeendigung Vertragsabwicklung 3. Zusammenfassung
Einleitung
Aktuelle Rechtsprechung im Mietrecht Einleitung Die Kenntnis der aktuellen Rechtsprechung im Mietrecht hat zunehmende Bedeutung, aufgrund zahlreicher Gesetzesänderungen: Beispiele: - Mietrechtsreform 01.09.2001 - Schuldrechtsreform 01.01.2002 - Schadensersatzreform 01.08.2003 - Betriebskostenverordnung 01.01.2004 - Heizkostenverordnung 01.01.2009 - Mietrechtsänderungsgesetz 01.05.2013 Reformen schaffen neue Probleme, deren Lösung in Literatur und Rechtsprechung teilweise Jahre benötigt. Seite 2
Inhalt Einleitung 1. Rechtsquellen des Mietrechts und Systematisierung der Mietverhältnisse 2. Aktuelle Rechtsprechung im Mietrecht Mietvertragsabschluss, Vertragsparteien, Schriftform Miete, Mietanpassung Mietsicherheit Betriebskosten Mietgebrauch Mängelrechte Schönheitsreparaturen Vertragsbeendigung Vertragsabwicklung 3. Zusammenfassung
Aktuelle Rechtsprechung im Mietrecht
Aktuelle Rechtsprechung im Mietrecht Aufbauhinweise Einige Informationen für den Aufbau des Skripts Symbol Bedeutung Grundlagen : Hintergrundinformation Problemstellung : Konkrete Fragestellung Entscheidung : Entscheidung der Rechtsprechung Arbeitshilfe : Hilfestellungen für die Praxis MERKE : Merksätze; Kurzinformation Seite 21
Inhalt Einleitung 1. Rechtsquellen des Mietrechts und Systematisierung der Mietverhältnisse 2. Aktuelle Rechtsprechung im Mietrecht Mietvertragsabschluss, Vertragsparteien, Schriftform Miete, Mietanpassung Mietsicherheit Betriebskosten Mietgebrauch Mängelrechte Schönheitsreparaturen Vertragsbeendigung Vertragsabwicklung 3. Zusammenfassung
Mietvertragsabschluss / Vertragsparteien / Schriftform
Mietvertragsabschl./Vertragspartei/Schriftform Grundlagen: Schriftform allgemein Gesetzliche Schriftform 126 BGB Die gesetzliche Schriftform ist gewahrt durch den Text seiner Urkunde, die der Aussteller eigenhändig, d. h. handschriftlich, unterschreibt. Der Text kann beliebig erstellt sein, also etwa gedruckt, maschinenschriftlich, oder handschriftlich. Der Aussteller muss nicht selbst verfassen; er kann fremde Vordrucke benutzen. Es genügt, dass er den Text durch Unterschrift als seine Erklärung geltend lässt. Die Unterschrift muss handschriftlich erfolgen und den Text abschließen. D. h.: - schriftlich erstellte Urkunde - die den wesentlichen Inhalt des Geschäfts enthält - die Unterschrift des Ausstellers Beispiel: - 550 BGB - 568 Abs. 1 BGB Form des Mietvertrages Form der Kündigung Grundsatz: - Rechtsgeschäft nichtig, 125, S. 1 BGB Ausnahme: - Mietvertrag auf unbestimmte Zeit, kündbar 550, S. 1 BGB Gewillkürte Schriftform 127 BGB Die gewillkürte Schriftform ist eine Schriftform, die durch den Vertrag vereinbart wurde. Es genügt, ausnahmsweise ein Briefwechsel, so dass keine einheitliche schriftliche Vertragsurkunde erforderlich ist. Es reicht sogar die telekommunikative Übermittlung, also z. B. Telefax, oder E-Mail. Beispiel: - Schriftformklausel im Vertrag - Vereinbarung der Schriftform für Kündigung bei Geschäftsraummiete Grundsatz: - Rechtsgeschäft im Zweifel nichtig. 125, S. 2 BGB Notarielle Beurkundung 128 BGB bei der notariellen Beurkundung nach 128 BGB i.v.m. 6 ff. BeurkG verliest der Notar seinen eigenen, oder einen fremden Vertragsentwurf, belehrt die Vertragsparteien und lässt sie den Vertrag eigenhändig unterschreiben. Anschließend unterschreibt der Notar selbst und bestätigt mit seiner Unterschrift, dass die vor ihm erschienenen Personen die Erklärung ihm gegenüber so abgegeben haben, wie er sie niedergelegt hat. Beispiel: - 311 b, Abs. 1 BGB: Vertrag über Grundstück Grundsatz: - Rechtsgeschäft nichtig, 125, S. 1 BGB Ausnahme: - Heilung bei Auflassung und Eintragung im Grundbuch, 311 b, Abs. 1, S. 1 BGB Seite 23
Mietvertragsabschl./Vertragspartei/Schriftform Grundlagen: Gesetzliche Schriftform 550 BGB Ein auf den ersten Blick in der Praxis häufig unterschätztes Problem ist die Schriftform des Mietvertrages. Diese ist in 550 BGB geregelt und gilt nicht nur bei Wohnraum auch für die Geschäftsraummiete. Die Vorschrift lautet: 550 Form des Mietvertrages: Wird der Mietvertrag für längere Zeit als 1 Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig. Seite 24
Mietvertragsabschl./Vertragspartei/Schriftform Entscheidung: Schriftform und Parteien Fraglich ist, ob bei der GdbR für die Wahrung der Schriftform ein Firmenstempel mit Unterschrift eines Gesellschafters genügt. Schließt ein einzelner Gesellschafter einer GbR einen Mietvertrag für die GbR ab, so muss sich seine Vollmacht aus der Urkunde ergeben. Ohne dieses Erfordernis wäre nämlich nicht auszuschließen, dass die Unterschriften der übrigen Gesellschafter noch fehlen. Ein Vertretungsverhältnis für die Gesellschaft wird jedoch bereits durch den der Unterschrift beigefügten Firmen-Stempelabdruck (hier: einer Anwaltssozietät) angezeigt, ohne dass es dazu weiterer Unterschriften der übrigen geschäftsführenden Gesellschafter bedurft hätte. Ob die mit Stempelzusatz geleistete Unterschrift von einer sie tragenden Vertretungsmacht gedeckt war, ist keine Frage der Einhaltung der Schriftform, sondern der Bindungswirkung gegenüber dem/den Vertetenen. BGH, Urteil vom 23.01.2013, Az.: XII ZR 35/11 NZM 2013, 271 Seite 32
Mietvertragsabschl./Vertragspartei/Schriftform Entscheidung: Schriftform und Mietbeginn Fraglich ist, welche Anforderungen an die inhaltliche Bestimmbarkeit bei Mietbeginn gestellt werden. Die Wahrung der Schriftform erfordert die Bestimmbarkeit des Vertragsinhalts. Das gilt auch für den Vertragsbeginn. Erforderlich ist, dass für einen möglichen Erwerber aus der Vereinbarung die für den Vertragsbeginn maßgeblichen Umstände so genau zu entnehmen sind, dass er beim Vermieter oder Mieter entsprechende Nachforschungen anstellen kann. Haben die Parteien ein Übernahmeprotokoll erstellt, aus dem sich der Zeitpunkt der Übergabe ersehen ließe, verlangt das Schriftformerfordernis nach 578 Abs. 1 und 2, 550 BGB nicht, dass dieses Protokoll der Mietvertragsurkunde angeheftet wird. In all diesen Fällen ist der Grundstückserwerber aber durch die aus der Urkunde ersichtlichen Regelungen zum Vertragsbeginn (z. B. mit der Übergabe ) hinreichend gewarnt, so dass es ihm zuzumuten ist, sich gegebenenfalls bei dem Verkäufer oder bei dem Mieter zu erkundigen. BGH, Urteil vom 24.07.2013 Az: XII 104/12 NZM 2013, 759 Seite 37
Mietvertragsabschl./Vertragspartei/Schriftform Entscheidung: Schriftform und Anlagen Fraglich ist, welche Anforderungen an Anlagen gestellt werden. Für Anlagen gilt der Grundsatz der Urkundeneinheit, wenn sie den Inhalt des Vertrages (mit-)bestimmen. BGH, Urteil vom 20.03.2013 ZMR 2013, 620: Werden wesentliche vertragliche Vereinbarungen nicht im Mietvertrag selbst schriftlich niedergelegt, sondern in Anlagen ausgelagert, so dass sich der Gesamtinhalt der mietvertraglichen Vereinbarung erst aus dem Zusammenspiel dieser verstreuten Bedingungen ergibt, müssen die Parteien zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich machen. Dazu bedarf es keiner körperlichen Verbindung dieser Schriftstücke. Vielmehr genügt für die Einheit der Urkunde die bloße gedankliche Verbindung, die in einer zweifelsfreien Bezugnahme zum Ausdruck kommen muss. Die Urkundeneinheit ist gewahrt, wenn im Hauptmietvertrag auf die Anlage eindeutig Bezug genommen wird. Sie ist dagegen nicht erforderlich, wenn die Anlagen nur der Veranschaulichung des Vereinbarten oder zu Beweiszwecken dienen. Dann schadet es der Schriftform nicht, wenn die Anlagen gänzlich fehlen oder nicht existieren. Seite 39
Mietvertragsabschl./Vertragspartei/Schriftform Entscheidung: Schriftform und Nachtragsvereinbarung Fraglich ist, ob auch Nachtragsvereinbarungen der Schriftform unterliegen. Dem Schriftformerfordernis unterliegen auch nachträgliche Vereinbarungen, durch die der Mietvertrag mit nicht nur unerheblichem Gewicht abgeändert wird. Wird die Form nicht gewahrt (erforderlich ist zumindest Bezeichnung der Parteien, des Mietgegenstandes und eindeutige Bezugnahme auf den Hauptmietvertrag nebst Anlagen und allen etwaigen bisherigen Nachträgen!!), so wird auch der Hauptmietvertrag formwidrig und damit nach 550 BGB kündbar. BGH, Urteil vom 20.03.2013, ZMR 2013, 620: Treffen die Mietvertragsparteien nachträglich eine Vereinbarung, mit der wesentliche Vertragsbestandteile geändert werden sollen, muss diese zur Erhaltung der Schriftform des 550 Satz 1 BGB hinreichend deutlich auf den ursprünglichen Vertrag Bezug nehmen, die geänderten Regelungen aufführen und erkennen lassen, dass es im Übrigen bei den Bestimmungen des ursprünglichen Vertrages verbleiben soll. Seite 40
Mietvertragsabschl./Vertragspartei/Schriftform Entscheidung: Schriftform und Nachtragsvereinbarung Fraglich ist, ob ein Schriftformverstoß durch eine Nachtragsvereinbarung geheilt werden kann, die das Schriftformerfordernis einhält. Für die Einhaltung der Schriftform des Mietvertrags ist es nicht erforderlich, dass schon die erste Vertragsurkunde alle Schriftformvoraussetzungen erfüllt. Es genügt, wenn die Parteien einen formgerechten Nachtrag vereinbaren, der auf den formlosen Mietvertrag Bezug nimmt. BGH InfoM 2009, 220 Seite 41
Mietvertragsabschl./Vertragspartei/Schriftform Entscheidung: Doppelte Schriftformklausel Fraglich ist, ob eine doppelte Schriftformklausel wirksam ist. Häufig wird eine doppelte Schriftformklausel verwendet, mit der vorgesehen wird, dass eine Abweichung von einer Schriftformklausel ebenfalls der Schriftform bedürfte. Auch ihre Geltung ist umstritten. So soll sie jedenfalls in zwischen Unternehmern vereinbarten AGB wirksam sein. Für einen Ausschluss einer mündlichen Änderung der doppelten Schriftformklausel bestehe im Hinblick auf 550 BGB auf Seiten beider Vertragsparteien ein anerkennenswertes Bedürfnis. OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 18.03.2013, ZMR 708 Andererseits wird angenommen, sie sei wegen Verstoßes gegen 307 BGB unwirksam; denn sie erwecke bei dem Mieter den Eindruck, eine mündliche Abrede sei nicht wirksam, und ist deshalb geeignet, den Vertragspartner von der Durchsetzung ihm zustehender Rechte abzuhalten. OLG Rostock, Beschluss vom 19.05.2009, NZM 2009, 705 Seite 42
Mietvertragsabschl./Vertragspartei/Schriftform Arbeitshilfen - Übersicht: Vertretungsverhältnisse - Übersicht: Schriftformerfordernis - Vermeidung von Fehlerquellen MERKE: Es ist immer noch nicht abschließend geklärt, welche Anforderungen an die Einhaltung der Schriftform zu stellen sind. Vermieter und Mieter sollten deshalb kein Risiko eingehen! Jegliche angeblicher Formmangel kann später dazu missbraucht werden, um aus unliebsamen Mietverträgen herauszukommen. Wer bei der Schriftform sündigt, wird später gekündigt! Seite 47f.
Inhalt Einleitung 1. Rechtsquellen des Mietrechts und Systematisierung der Mietverhältnisse 2. Aktuelle Rechtsprechung im Mietrecht Mietvertragsabschluss, Vertragsparteien, Schriftform Miete, Mietanpassung Mietsicherheit Betriebskosten Mietgebrauch Mängelrechte Schönheitsreparaturen Vertragsbeendigung Vertragsabwicklung 3. Zusammenfassung
Miete / Mietanpassung