BILDUNGSPROTOKOLLE BAND 16 EFFEKTIVITÄT UND EFFIZIENZ DER AUSBILDUNG IM NPM



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Transkript:

BILDUNGSPROTOKOLLE BAND 16 EFFEKTIVITÄT UND EFFIZIENZ DER AUSBILDUNG IM NPM KÄRNTNER VERWALTUNGSAKADEMIE

Bildungsprotokolle Herausgegeben von der Kärntner Verwaltungsakademie Band 16 Effektivität und Effizienz der Ausbildung im New Public Management Klagenfurt 2008

Die Rechte liegen bei den Autoren. Gesamtherstellung: Kärntner Druckerei, Klagenfurt ISBN 978-3-85391-275-1

Vorwort Die erfolgreiche Umsetzung von Konzepten und Bausteinen des New Public Managements bedarf einer fundierten Ausbildung, vor allem im Bereich der Führungskräfte. Diesen Anforderungen versucht der seit 2002 in Kooperation mit der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt durchgeführte Universitätslehrgang New Public Management Rechnung zu tragen. Im ersten Beitrag des vorliegenden Bandes beschäftigt sich Daniela Ebner mit der Rolle der Führungskräfte in der Verwaltungsreform im Allgemeinen und mit den vom NPM ausgehenden Ausbildungszielen im Besonderen. Der zweite Beitrag enthält die Master Thesis von Carmen Hedenig über das Thema Aspekte von Qualität und Kosten in der Fort- und Weiterbildung der Kärntner Landesverwaltung. Sie stellt die bisherige Aufgabenbesorgung im Rahmen der Kärntner Verwaltungsakademie auf den Prüfstand der Effektivität und Effizienz und ist eine Standortbestimmung für die gegenwärtige und eine Orientierungshilfe für die hinkünftig zu leistende Arbeit zugleich. Der dritte Beitrag stammt von Brigitte Köchl-Wieser und beschäftigt sich mit der Evaluierung der Ausbildungsaufgaben der Kärntner Verwaltungsakademie und den dabei beabsichtigten Neuerungen. Klagenfurt, im Juni 2008 Simon Korenjak 3

INHALTSVERZEICHNIS Vorwort...................................... 3 Daniela EBNER Die Rolle der Führungskräfte in der Verwaltungsreform: Anforderungen und Ausbildungsziele unter New Public Management-Gesichtspunkten....... 7 Carmen HEDENIG Aspekte von Qualität und Kosten in der Fort- und Weiterbildung der Kärntner Landesverwaltung.......................... 43 Brigitte KÖCHL-WIESER Evaluierung der Ausbildungsaufgaben der Kärntner Verwaltungsakademie... 119 Autorenverzeichnis................................ 131 5

Die Rolle der Führungskräfte in der Verwaltungsreform Anforderungen und Ausbildungsziele unter New Public Management-Gesichtspunkten Von Daniela EBNER Alpen-Adria-Universität Klagenfurt

Daniela Ebner INHALTSVERZEICHNIS 1. Neugestaltung des Personalmanagements als zentrale Herausforderung 9 2. Personalmanagement als betriebliche Querschnittsfunktion......... 12 3. Beseitigung des Reformwiderstandes........................... 15 4. Die Rolle der Vorgesetzten als Subjekt und Objekt der Personalentwicklung..................................... 16 4.1 Gewandelte Anforderungen an Führungskräfte...................... 16 4.1.1 Führung als zielorientiertes Lenken sozialer Systeme............. 18 4.1.2 Führung als Prozessauslösung, -begleitung und -steuerung........ 18 4.1.3 Führung als interpersoneller Prozess......................... 18 4.2 Rollenerwartung an Führungskräfte.............................. 19 4.3 Mehr Spielraum für die Führung................................ 21 4.4 Die Führungskräfte als Personalentwickler......................... 22 4.5 Führungskräfte als Change Agents............................... 23 4.6 Kooperativer bzw. situativer Führungsstil.......................... 24 4.7 Situative Führung............................................ 25 5. Kompetenzen erfolgreicher Führungskräfte...................... 27 5.1 Die kommunikative Kompetenz................................. 27 5.2 Die intellektuelle Kompetenz................................... 27 5.3 Die aktionale Kompetenz...................................... 28 5.4 Ausbildungsziele ausgehend vom New Public Management............ 28 6. Resümee.................................................. 32 7. Literaturverzeichnis......................................... 33 Anmerkungen.................................................. 38 8

Daniela Ebner Ausgangspunkt aller Veränderungsstrategien sind die Einstellungen, die Denk- und Verhaltensmuster der Organisationsmitglieder. Da diese von den bestehenden Organisationszuständen geprägt sind, gilt es, Lernsituationen zu schaffen, in denen die Teilnehmer einen erlebnishaften ebenso wie reflektierenden Zugang zu den Zuständen der eigenen Organisation sowie zu den verhaltensprägenden Auswirkungen derselben erhalten. 1 Die Forderung nach der Etablierung eines modernen Personalmanagements in öffentlichen Verwaltungen ist nicht erst seit den Reformen unter NPM-Gesichtspunkten aktuell, und es ist daher falsch, sämtliche Bemühungen bzw. Veränderungen in diesem Zusammenhang dem NPM gut zu schreiben. Die Praxis zeigt darüber hinaus, dass die Modernisierung des Personalwesens auch ohne NPM notwendig und möglich wäre, sie jedoch einen Aspekt des NPMs widerspiegelt und darin eingebettet den entsprechenden Rahmen erhält 2. Werden bisherige Erfahrungen in der Implementierung des NPM einer kritischen Betrachtung unterzogen, so fällt auf, dass weder die erwünschte Effizienzorientierung und Stärkung von Managementkompetenzen durch die existierende Angst vor der Schwächung der politisch-demokratischen Einflussnahme und des Legitimitätsverlustes, noch der erwünschte Kulturwandel in der Verwaltung, im Sinne der Orientierung an Dienstleistungswerten und Kundenorientierung, noch die angestrebte Neuorientierung der Politik auf Rahmenzielsetzung und -steuerung entsprechend weitreichende Erfolge verbuchen konnten 3. Vielmehr besteht weiterhin die Angst vor der Fragmentierung der öffentlichen Verwaltung durch die Übertragung von Entscheidungs- und Ressourcenkompetenzen, in deren Zug sich nicht zuletzt die Führungskräfte einen teilweise negativen Ruf aufbauten, zumal diese einerseits als die Hauptbetroffenen von Restrukturierungen gelten, andererseits gerade sie neue, bisher nicht vorhandene Führungsqualitäten entwickeln sollen 4. Darüber hinaus wurden die Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung nur unzureichend auf den Reformprozess und nur selten auf die entsprechenden Qualifikationsanforderungen vorbereitet. Gerade diese mangelhafte Involvierung und Aufklärungsarbeit führte nicht selten zu Reformwiderständen und (zumeist unberechtigten) Ängsten vor Arbeitsplatzverlust, was Veränderungsprozesse keineswegs fördert bzw. erleichtert 5. 1. Neugestaltung des Personalmanagements als zentrale Herausforderung Um Veränderungen einleiten und durchführen zu können, muß zuerst der vorhandene Zustand betrachtet und der Versuch unternommen werden, die wirklichen Probleme zu diagnostizieren. 6 Während frühe Reformimpulse der 1970er Jahre nennenswerte Ambitionen für eine systematische Personalarbeit bzw. eine Entwicklung dieser vermissen lassen 7, lässt die aktuell geführte Reformdiskussion den Ruf nach einem ausgereiften und sich an strategischen Zielen orientierenden Personalmanagements für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes als treibenden Motor im teilweise ins Stocken geratenen bzw. mit Implementierungslücken behafteten Reformprozess immer lauter werden 8. Darüber hinaus 9

Daniela Ebner sprechen zahlreiche Autoren, darunter u. a. Reichard oder Damkowski/Precht, dem Personalmanagement und in diesem Zusammenhang im Besonderen der Personalentwicklung eine entscheidende Schlüsselrolle im Reformprozess (und dessen Umsetzung) zu 9. Bogumil merkt bspw. an, dass der Verwaltungsmodernisierungsprozess durch institutionelle Rahmenbedingungen, im besonderen das nur eingeschränkt Flexibilisierungs- und Veränderungsmöglichkeiten bietende Dienstrecht, aber auch die tradierten Einstellungen der Mitarbeiter ins Stocken geraten ist bzw. dessen Umsetzung dadurch limitiert wird 10. Will man einschneidende Organisationsveränderungen vornehmen, muß man auf Motivations- und Sanktionierungsinstrumente zurückgreifen können. 11 Reichard weist bereits Anfang der 1980er Jahre darauf hin, das Personal ist die wichtigste Ressource der Verwaltung 12, und zeigt damit den in der Literatur weit geteilten Widerspruch auf, dass das Verwaltungspersonal einerseits den wie jeder Haushaltsaufstellung zu entnehmen wertvollsten und teuersten Produktionsfaktor der Verwaltung darstellt, gleichzeitig aber auch dessen am wenigsten genutzten 13. Mehr noch, das Personal der öffentlichen Verwaltung wird von jeher sträflich vernachlässigt 14, was einen entsprechenden Nachhol- und Veränderungsbedarf im Vergleich zur Privatwirtschaft augenscheinlich werden lässt 15. Dieser Forderung der Einräumung eines entsprechenden Stellenwertes der Humanressourcen durch die Etablierung und Ausgestaltung eines systematischen Personalmanagements wird in aktuellen Reformdiskussionen, nicht zuletzt um die ins Stocken geratenen Reformbemühungen zu neuem Leben zu erwecken verstärkt Aufmerksamkeit gewidmet 16. Damit kommt den Humanressourcen öffentlicher Verwaltungen die Rolle als wichtigstes Leistungspotenzial bzw. Leistungsreserve zur Steigerung der Effizienz und Qualität des Verwaltungshandelns zu 17. Diese Veränderungsnotwendigkeit verdeutlicht sich obendrein durch den Umstand, dass aufgrund knapper finanzieller Ressourcen bzw. eines bestehenden Finanzierungsdefizites mit einem Stellenabbau bzw. -einsparungen innerhalb des Personalkörpers gerechnet werden muss. Bei gleichzeitigem Aufgabenzuwachs wächst somit der Druck auf das bestehende Personal, was dessen Bedeutung als wichtigste Ressource und gleichzeitig kritischen Faktor einerseits als Kostenträger, andererseits als Leistungsträger der öffentlichen Verwaltung zudem unterstreicht 18. Das Personal im öffentlichen Dienst und damit die Art und Weise der horizontalen und vertikalen Organisation der Arbeit, ist die zentrale Ressource für die Steigerung von Effizienz und Qualität 19, welche zweifellos die Kernziele des NPMs darstellen und welche ohne einen bspw. durch den Einsatz leistungsorientierter personalwirtschaftlicher Instrumente 20 Produktivitäts- und Effizienzschub seitens der qualitativ hochwertigen Ressource Personal nicht zu erreichen sein werden 21. Die Bedeutung der Humanressource als Schlüsselfunktion zum Gelingen des Erneuerungsprozesses 23 gewinnt spätestens bei der Verknüpfung der durch Veränderungen in der Umwelt an öffentliche Verwaltungen an selbige gestellten Herausforderungen mit den sich daraus ergebenden konkreten Aufgaben an entscheidender Bedeutung. Dabei muss nicht extra betont werden, dass sämtliche Herausforderungen zugleich und miteinander verflochten auftreten, so dass man diese grundsätzlich nicht nacheinander und 10

Daniela Ebner Abbildung 1: Neue Anforderungen an die öffentliche Verwaltung 22 getrennt abarbeiten kann 24. Klages subsumiert weiters sämtliche an die öffentliche Verwaltung gestellten Anforderungen treffend als: Man muß bürgernah, qualitätsbewußt, mitarbeiterorientiert, anpassungsflexibel und sparsam zugleich sein. 25 Oben aufgezeigte Anforderungen stehen einerseits in engem Zusammenhang mit einem durch die Verwaltungsreform initiierten Wertewandel und damit nicht zuletzt mit dem Faktor Mensch als Schlüssel zum Gelingen des Erneuerungsprozesses 26. Träger des dynamischen Unternehmens sind motivierte Mitarbeiter. Ohne ihre volle Unterstützung ist keine Dynamik realisierbar. Nur eine am Menschen orientierte Grundhaltung garantiert darum längerfristig den Erfolg eines Unternehmens. 27 Dem Erfolg steht jedoch das noch immer vorhandene mechanistische Organisationsverständnis öffentlicher Verwaltungen als eigentliche Blockade entgegen, welche in der Literatur von zahlreichen Autoren als das einem Erfolg entgegen stehende Grundübel angesehen wird. Durch Detailreparaturen wird versucht, überkommene Arbeitsweisen und Strukturen der Verwaltung zu verbessern, um diese dadurch für Umweltveränderungen und neue Herausforderungen zu rüsten. Die vielerorts diagnostizierte Modernisierungs- und Leistungslücke 28 wird durch den besagten Paradigmenwechsel und den Zwang, die Verwaltung neu zu ent- 11

Daniela Ebner decken 29, zwar beschworen, die konsequente Schlussfolgerung eines grundlegenden Wertewandels lässt sie jedoch leider missen 30. Das allgegenwärtige traditionelle Organisationsverständnis steht jedoch in starker Diskrepanz zu dem im persönlichen Umfeld stattfindenden Wertewandel des Menschen. So kann in bürokratischen Strukturen nicht das geforderte Motivations-, Innovations- und Flexibilitätspotenzial freigesetzt werden, welches jedoch dringend zur gestellten Aufgabenbewältigung vonnöten ist. Reinermann rückt das Humankapitel in den Vordergrund und bemerkt dazu: Ist das Bürokratiemodell offensichtlich darum bemüht, die Menschen in den Behörden mittels Regeln in den Griff zu bekommen, so geht es heute darum, die turbulente Umwelt der öffentlichen Verwaltung mittels Menschen in den Griff zu bekommen. 31 2. Personalmanagement als betriebliche Querschnittsfunktion Zusammen mit den Bereichen Organisation und Finanzen kommt dem Personal eine organisatorische Querschnittsfunktion zu, wobei die Verwaltungsführung für die Leistungs- und politische Verantwortung, die Fachbereiche für die Durch- und Umsetzung sowie für die jeweiligen Ergebnisse verantwortlich zeichnen sollen 32. Dadurch kann ein erster Perspektivenwechsel stattfinden, welcher das Personal aus der bislang vorherrschenden funktionalen Betrachtung unter ein organisationsweites und damit sämtliche Bereiche der Verwaltung tangierendes Licht im Sinne einer General-Management- Perspektive stellt. Abbildung 2: Verantwortungsteilung 33 In dieser Rolle des Personalmanagements als Querschnittsfunktion wird von leitenden Akteuren leider häufig übersehen bzw. der Umstand ignoriert, dass bspw. das (u. a. von NPM geforderte) Qualitätsbewusstsein, die Kunden- und Serviceorientierung, Motiva- 12

Daniela Ebner tion, Engagement und Arbeitszufriedenheit im Wesentlichen auf psychologischen Faktoren beruhen, die unmittelbar am Personal und dessen Managementausgestaltung aufbauen bzw. auf dessen Einfluss basieren. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass Reformkonzepte nur dann erfolgreich implementiert bzw. umgesetzt werden können, wenn sämtliche handelnde Personen darin involviert werden 34. Im Rückgriff auf die zentralen Elemente des New Public Managements, wie etwa: Kunden- und Bürgerorientierung, Wirkungs- und Leistungsorientierung (nicht zuletzt in der Steuerung), dezentrale Ergebnisverantwortung, dezentrale Organisations- und Entscheidungsstrukturen, Kontraktmanagement und Wettbewerbsorientierung, der Einsatz von Ziel- und Leistungsvereinbarungen samt Berücksichtigung nichtmonetärer Anreizstrukturen und Leistungslohnkomponenten, dezentrale Ressourcenverantwortung, Haushaltsflexibilität sowie allgemein die Entwicklung von Managementfähigkeiten 35, wird die grundlegende und weitreichende Bedeutung eines funktionsfähigen Personalmanagements deutlich 36. Zur Erreichung o. g. Ziele bieten sich u. a. folgende gegenwärtig in Diskussion stehende Möglichkeiten an: Aufgabenkritik und Entstaatlichung; Einsatz betriebswirtschaftlicher Steuerungsmethoden; Organisationsverbesserung, insbesondere Prozessoptimierung; verstärkter Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik; sowie die Modernisierung des Personalmanagements mit Schwerpunkt auf Personalentwicklung 37. Die Literatur hegt keinen Zweifel daran, sämtliche dieser Wege zu verfolgen bzw. einzuschlagen. Nichts desto trotz bleibt ungeachtet der Ausschöpfung und Optimierung weiterer Instrumente und Ansätze der Schlüssel zum Erfolg im Sinne der Aktivierung und Ausschöpfung vorhandener Personalressourcen in der Modernisierung des Personalmanagements. Entscheidend dafür ist, dass die bisher vorherrschende, nunmehr aber an ihre Limits gestoßene herkömmliche Strategie eines additiven Ressourcenmanagements aufgrund fehlender Ressourcen nicht mehr praktizierbar 38 ist, und das fortschreitende Personalwachstum durch eine Strategie der Steigerung der Qualität zu ersetzen ist 39, deren wesentliche Ansatzpunkte in einer Integration der bislang getrennten Funktionen der Personalwirtschaft in ein ganzheitliches Human-Ressource-Management-Konzept samt Kopplung an die Verwaltungsstrategie, dem Wechsel von einer Funktionsbereichsperspektive zu einer sog. General-Management-Perspektive sowie der allgemeinen Akzentuierung des Beschäftigtenpotenzials als strategische Ressource liegen 39. Die herkömmliche Vorstellung von Personalarbeit im öffentlichen Dienst ist an dem Tatbestand orientiert, daß die berufliche Tätigkeit in der öffentlichen Verwaltung mit einem kontinuierlichen Aufstieg in der Hierarchie verknüpft sein sollte [ ]. Von daher wird die Funktionalität von Personalentwicklung danach bewertet, wie sie geeignet ist, den Bedürfnissen 13

Daniela Ebner Abbildung 3: Verändertes Rollenverständnis der Personalarbeit in der öff. Verwaltung 45 14

Daniela Ebner des Personals nach beruflichen Karrierechancen Rechnung zu tragen [ ]. Dieser Gesichtspunkt wird gegenwärtig einer radikalen Kritik unterzogen, wobei sich mit dem Stichwort Personalentwicklung ein verändertes Anforderungsprofil an das Personal verbindet: subjektive Eigenschaften des Personals wie Flexibilität, Identifizierung mit den Arbeitsanforderungen [ ], werden als generelles Defizit im öffentlichen Dienst beschrieben. Die Anstrengungen der Personalentwicklung sollen sich daher darauf richten, diesem Perspektivenwechsel Rechnung zu tragen. An die Stelle der Aufstiegs- und Karriereorientierung tritt die horizontale Mobilität als Zielperspektive. 41 Ein entscheidendes Umsetzungskriterium liegt in der Intensivierung der Fortbildung im Sinne einer zielgerichteten Qualifizierungsoffensive, zumal der durchschnittliche Fortbildungsaufwand der öffentlichen Verwaltung im Vergleich zur Privatwirtschaft als relativ gering ausgewiesen werden kann 42. Die Zielformulierung der Qualitätssteigerung durch Weiterbildungsmaßnahmen reicht jedoch noch nicht aus, um den bestehenden Herausforderungen (welche auch als Chancen betrachtet werden können) der durch die Reform an öffentliche Verwaltungen gelegten Maßstäbe gerecht zu werden, als vielmehr ein umfassenderes Personalentwicklungs-Verständnis und ein zukunftsbezogenes Leitbild der Personalentwicklung vonnöten sind, welches weit über isolierte Fortbildungsmaßnahmen hinausreicht 43. Darüber hinaus ist der Ruf nach entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen vor dem Hintergrund unausgenützter Humanreserven zu betrachten, welche es zu aktivieren gilt. Die nebenstehende Abbildung 3 veranschaulicht im Überblick den Zusammenhang von gesellschaftlichem Wandel, veränderten Anforderungen an die Personalarbeit sowie der neuen Aufgaben, welche nicht zuletzt die Führungskräfte sowie die zentrale Personalentwicklung als eine Art Service-Einheit der öffentlichen Verwaltung darstellen. Nur durch deren Integration kann über ein modernes Personalmanagement der ständige Prozess der Verwaltungsreform und -entwicklung bewältigt werden 44. 3. Beseitigung des Reformwiderstandes Nun sehen sich öffentlich Bedienstete mit einer Vielzahl von Veränderungen konfrontiert, welche die bisher geteilten (traditionellen) Regeln und Werte gleichsam gänzlich in Frage stellen, und sich mit neuen Konzepten und Ausdrucksweisen konfrontiert, was letzten Endes dazu führt, dass Mitarbeiter ihre Orientierung verlieren 46. Diese Orientierungslosigkeit und die Tatsache, dass die meisten Reformen Top-down-Umsetzungen entsprechen, in denen eine gründliche Einbindung des Personals nicht oder nur mangelhaft berücksichtigt werden, führten und führen zu (primär von Ängsten ausgelösten) Veränderungswiderständen und Formen der inneren Kündigung (gekennzeichnet durch Kritiklosigkeit und abnehmende Auseinandersetzungsbereitschaft, die Bereitschaft, auf Kompetenzen zu verzichten, kein Interesse an neuen Aufgaben durch geringes Aufstiegspotenzial, hohe Fehlzeiten sowie eine verstärkte Freizeitorientierung 48 ), die es von vorne herein zu verhindern hätte bedurft 49. Im Gegensatz zur offenen Kündigung wird bei der inneren Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst, sondern die Erbrin- 15

Daniela Ebner gung jener Leistungen vom Mitarbeiter aufgekündigt, die über das vorgeschriebene und mittels Sanktionen rechtlich durchsetzbare Mindestmaß hinausgehen. 50 Die wichtigsten Hinweise auf die Unzufriedenheit mit der Arbeitssituation, gefolgt von Demotivation, sind in sämtlichen Formen des Widerstandes zu suchen: Der offene Widerstand, bei dem der Betreffende zu seiner Gegenposition offen Stellung bezieht, die Sabotage, in deren Zentrum heimlicher Widerstand und ein Unterlaufen der Ziele und Maßnahmen liegt, und schließlich der abwartende Zweifel, in dessen Verlauf der Mitarbeiter zwar aktiv keine Gegenposition bezieht, in seiner grundlegend negativen Einstellung jedoch erheblich zur Senkung der allgemeinen Arbeitsmoral bzw. durch destruktives Verhalten kreative Reformprojekte behindert, anstatt selbige aktiv mit zu gestalten 51. Es besteht kein Zweifel, dass die Verwaltungsreform dringend notwendig ist und von den meisten Seiten (sowohl innerhalb als auch außerhalb der öffentlichen Verwaltung trotz Widerstandes hinter den Kulissen) durchaus begrüßt wird. Dies lässt den Ruf nach einer von innen heraus getragenen und initiierten Veränderung gemäß einer Transformation, 52 denn die Veränderung muss in den Köpfen und nicht in den Strukturen stattfinden 53, laut werden. 4. Die Rolle der Vorgesetzten als Subjekt und Objekt der Personalentwicklung 4.1 Gewandelte Anforderungen an Führungskräfte Schenkt man Schedler Glauben, dann präsentiert sich die Bürokratie als ein gutmütiges System 54, welches menschliches Verhalten durch einen systemimmanenten Ausgleich korrigiert, zumal sie konzipiert wurde, um die Verwaltung und ihre Entscheide weitest- Abbildung 4: Neue Anforderungen an Führungskräfte 56 16

Daniela Ebner gehend zu versachlichen und sie damit menschlichen Einflüssen zu entziehen. Dabei werden Verfahren vorgegeben und kontrolliert; Recht erhält, wer die Vorschriften einhält; überleben kann, wer Misserfolge vermeidet, denn diese können den politischen Vorgesetzten zur Last gelegt werden. Das NPM bringt zwar keine automatische Heilung solcher Missstände, doch es sanktioniert schlechte Führung stärker und belohnt gute, wozu es nicht zuletzt der geeigneten Instrumente bedarf. Der Grund liegt in der größeren Handlungsfreiheit und Selbstverantwortung der Führungskräfte 55. Die Verwaltungsmodernisierung bewirkt eine grundlegende Veränderung der Verwaltungsorganisation und deren Selbstverständnisses, was wiederum das Verwaltungspersonal und natürlich nicht zuletzt die Führungskräfte unter einen enormen Druck stellt. Als Lotsen im Veränderungssturm sollen sie die Verwaltung in ruhigere Gewässer leiten. 57 Der Begriff der Führung wird (in seinen unterschiedlichsten Bedeutungen 58 ) sowohl in der verwaltungswissenschaftlichen als auch in der betriebswirtschaftlichen Literatur angewandt, verwaltungswissenschaftlich jedoch eher stiefmütterlich behandelt. Die Definitionen sind in der Regel kaum einheitlich, was sich auf verschiedenste Auffassungen und Lehrmeinungen zu diesem Themenbereich (Führung/Management) rückführen lässt 59. Weitgehende Einigkeit scheint nur darin zu bestehen, dass es sich bei Führung um Einflussprozesse handelt. Wer aber wen mit welcher Legitimation wie beeinflusst, wird in Umschreibungen von Führung zum Teil nicht oder in unvereinbarer Weise angesprochen. 60 Die Führung von Personal wird in weiterer Folge als Bemühen verstanden, Mitarbeiter zu zielgerichtetem Handeln zu veranlassen bzw. zu motivieren 61. Dem gegenüber der Terminus der Führung von Verwaltungen, im Sinne einer zielorientierten Gestaltung der betreffenden Organisation 62. Demzufolge kann Führung als Zusammenspiel von Kompetenzen, Einstellungen und Verhaltensweisen auf individueller Ebene, im Team oder auf gesamtorganisationaler Basis (bzw. politischer Ebene) stattfinden 63. Aus den verschiedensten Umschreibungen lassen sich jedoch nichtsdestotrotz im Wesentlichen drei Merkmale als Gemeinsamkeiten skizzieren 64 : Abbildung 5: Merkmale der Führung 65 17

Daniela Ebner 4.1.1 Führung als zielorientiertes Lenken sozialer Systeme Der Begriff Führung 67 bedeutet in seiner ursprünglichen etymologischen Umschreibung leiten, die Richtung bestimmen und lenken bzw. in Bewegung setzen, womit Führung damit stets auf ein Ziel bzw. Resultat gerichtet ist 68, deren Erreichung somit den Orientierungsrahmen für die Führung darstellt. Die Effizienz und Wirksamkeit lassen sich an den Ergebnissen des Handelns, beispielsweise der Kriterien des Zielerreichungsoder Aufgabenerfüllungsgrades, messen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Führung als die Summe aller ziel- und ergebnisorientierten Handlungen bzw. Teilfunktionen 69 zur Gestaltung und Lenkung sozialer Systeme definiert werden kann 70. 4.1.2 Führung als Prozessauslösung, -begleitung und -steuerung Führung kann in seiner neudeutschen Herkunft aber auch mit in Bewegung setzen 71 gleichgestellt werden, wobei unter dem dynamischen Aspekt der Führung inhaltlich und zeitlich ein vielschichtiger Prozess verstanden wird. Als Teilprozesse können Entscheidungs-, Einfluss-, Informations- und Kommunikationsprozesse, aber auch Konflikt- und Entwicklungsprozesse (in Hinblick auf die Verwaltungsreform) erwähnt werden. Es ist Aufgabe der Führung, solche Prozesse in Hinblick auf zielorientiertes Lenken sozialer Systeme situativ auszulösen, zu gestalten und zu steuern. Zentrale Funktion kommt dabei der Prozessbegleitung zu, welche i. w. S. Maßnahmen zur Vorbereitung der Mitarbeiter auf neue Aufgaben, aber auch die Überwindung von Widerständen und die Vorbereitung bzw. Sensibilisierung für den Veränderungsprozess umfasst und somit auch die eigene Partizipation daran impliziert. Gerade durch die Partizipation am Reformprozess entsteht dabei die Möglichkeit einer korrigierenden Wirkung, deren Fehlen leicht zu Misserfolgen führen kann. Ähnlich verhält es sich mit kommunikativen Fähigkeiten während der Prozessbegleitung und -steuerung, welcher ebenfalls eine positive Wirkung auf das Realisationspotenzial ausübt. Somit wären das Fehlen bzw. die mangelhafte Ausbildung von Kommunikationsfähigkeiten und die Abwesenheit der Führungskräfte (= mangelnde Partizipation) katastrophale Voraussetzungen für das Gelingen von Reformprojekten 72. Die Umschreibung in Bewegung setzen deutet ebenfalls darauf hin, dass unter dem prozessualen Aspekt den eigentlichen Tätigkeiten der Führung eine besondere Beachtung zu schenken ist. Traditionellerweise werden zu den Führungsaufgaben hauptsächlich das Vereinbaren von Zielen, das Entscheiden und das Planen sowie das Organisieren und Kontrollieren gezählt 73. 4.1.3 Führung als interpersoneller Prozess Im Mittelpunkt der Führung (sowohl als Subjekt als auch als Objekt) steht der Mensch, welcher soziale Systeme lenkt und die dafür notwendigen Prozesse gestaltet, zumal sich Führung zwischen Menschen und innerhalb von Gruppen abspielt. Führung beinhaltet somit soziale Beziehungen der Zusammenarbeit und gewissermaßen auch der Über- und Unterordnung und kann unter diesem Gesichtspunkt umschrieben werden, als die 18

Daniela Ebner Summe aller Handlungen einer, zweier oder mehrerer Personen mit der Absicht, eine andere Person oder Personengruppe zu zielorientierten Aktivitäten zu veranlassen 74. Führung ist jede zielbezogene, interpersonelle Verhaltensbeeinflussung mit Hilfe von Kommunikationsprozessen. 75 Bzw. Leadership is a process whereby an individual influences a group of indviduals to achieve a common goal. 76 Bei den Handlungen an sich geht es um die oben skizzierten Führungstätigkeiten, wie Ziele vereinbaren und zu entscheiden, aber auch um grundsätzliche Maßnahmen der individuellen Förderung des Personals. Für die Wirksamkeit bzw. den Erfolg der Führung sind motivieren und kommunizieren sowie Aus- und Weiterbildungsprogramme ebenso entscheidend wie die Führungstätigkeiten der Vorgesetzten 77. Grundsätzlich gilt: Führen als Motivieren ist also immer Maßarbeit, nicht einmal Maßkonfektion und auf keinen Fall Massenkonfektion. Wer das nicht akzeptiert, sollte sich ausschließlich auf Leitungspositionen zurückziehen. 78 4.2 Rollenerwartungen an Führungskräfte Verschafft man sich einen Überblick über die zahlreich vorhandene Literatur über die mit Leidenschaft geführte verwaltungswissenschaftliche Diskussion zum Thema Rollenbilder 79 bzw. Erwartungshaltungen an Führungskräfte in der öffentlichen Verwaltung 80, so werden tw. Fähigkeiten und Fertigkeiten gefordert, welche (aufgrund häufig widersprüchlichster Anforderungen) in einer Person zu vereinen als wenig Erfolg versprechendes Unterfangen zu bezeichnen ist. In diesem Zusammenhang werden bei der Rollenzuweisung und Stereotypenbildung gerne Anleihen am Spitzensport genommen bzw. in jedem Fall sehr plakative Entlehnungen verwendet, und so fallen Bezeichnungen wie Coach (zur Initiierung individueller Qualifizierungsprogramme oder Führung von Mitarbeitergesprächen), Teamchef zur Koordinierung von Spezialisten und Darstellung von Teamergebnissen, oder Navigator zur Steuerung in trüben Wassern, Pfadfinder, Lotse und Dolmetscher, um Fixpunkte aufzuzeigen und um interne Kommunikationsbarrieren zu beseitigen 81, oder als Konfliktmanager, um Problemsituationen rechtzeitig zu erkennen und zu thematisieren und Konflikte nicht zu unterdrücken. Neben der Beherrschung all der angesprochenen Rollen, und der [ ] Stabilisierung dieses neuen Rollenverständnisses gilt es, [selbiges] durch Qualifizierungsmaßnahmen zu unterstützen. 82 Nach Hart/Quinn 83 lassen sich in der Ausrichtung von Handlungspräferenzen folgende vier Rollen von Führungskräften in Veränderungsprozessen unterscheiden: intern vs. extern auf der einen und flexibel vs. stabil auf der anderen Seite. Daraus resultieren unterschiedliche Erwartungshaltungen an die Führungskräfte und deren Fähigkeit, Orientierung zu vermitteln. Der Erfolg hängt insgesamt entscheidend davon ab, inwieweit alle vier Rollen entsprechend (situativ) ausgefüllt werden können 84. Sind die Kompetenzen im Bereich der Analyse bzw. Aufgabenerfüllung (siehe nachstehende Abbildung) bzw. durch den Einsatz der entsprechenden (betriebswirtschaftlichen) Instrumente vorhanden, so gilt der Vermittlung von Managementkompetenzen und die Orientierung an den 19

Daniela Ebner sog. soft skills 85 zweifelsohne vermehrt Beachtung zu schenken. Vergleicht man nun die an Führungskräfte gesetzte Rollenerwartung etwa mit jener von Mintzberg in den 70er Jahren durchgeführten Studie zur Rollentheorie 86 in der Privatwirtschaft, wonach der Schwerpunkt der Tätigkeiten im Knüpfen von Kommunikationsbeziehungen liegt, so rücken speziell in Zeiten des Umbruches oder der Projektorganisation Themen der interpersonellen Kommunikation, Motivation und Kooperation in den Vordergrund bzw. sind diese die notwendige Basis zur Anwendung und Umsetzung betriebswirtschaftlicher Instrumente. Abbildung 6: Rollenerwartungen an Führungskräfte 87 Für den Erfolg der Verwaltung wird dabei entscheidend sein, ob den Führungskräften der Spagat gelingt, alle vier Rollen gleichermaßen auszufüllen und damit ein Führungsprofil zu entwickeln, in dem sich die visionäre Kraft mit dem Blick für das Machbare genauso verbindet wie die intellektuelle und sektorenübergreifende Problemlösungskompetenz 88 und die Fähigkeit, die Interessen der Mitarbeiter einzubinden. Die Herausforderung lautet: zwischen Aufgabenerfüllung und Gruppenkohäsion bzw. Stabilität und Innovation zu vermitteln 89. Allgemein definieren die von untergeordneten Personen an die Führungskraft gestellten Erwartungen im wesentlichen die Führungsrolle und deren Erfolg, wobei es davon abhängt, welche Erwartungen von zentralen Bezugspersonen an den Führenden in seinen diversen Rollen gestellt werden, wie sich diese gestellten Anforderungen mit den eigenen Definitionen des Stelleninhabers decken und in welchem Ausmaß er die Erwartungen seiner Umwelt erfüllen kann. Eine Untersuchung Wunderers 90 ergab, dass die Mit- 20

Daniela Ebner arbeiter an eine Führungskraft bzw. einen Vorgesetzten folgende Erwartungen bzw. Anforderungen stellen: gerechte Behandlung Besprechung von Problemen und Ergebnissen der Arbeit Förderung der Qualifikation, Leistungsmotivation und Selbständigkeit klare und begründete Entscheidungen Aufgeschlossenheit für Neuerungen 91 Die weitreichende und existentielle Bedeutung des grundlegenden Wandels ist im Bewusstsein der Führungskräfte in öffentlichen Verwaltungen jedoch teilweise erst schwach verankert. Besonders fraglich ist, inwieweit die heutigen Führungsmannschaften in der Lage sind, die Bedeutung der Transformationskompetenz zu erkennen und damit einen entwicklungsorientierten Einsatz der Führungsinstrumente zu ermöglichen 92. 4.3 Mehr Spielraum für die Führung Durch die neuen an die öffentlichen Verwaltungen gestellten Anforderungen kommen ökonomische Überlegungen wie der effiziente und effektive Einsatz knapper finanzieller Mittel ins Spiel, wobei darüber hinaus durch den zunehmend komplexer werdenden Bezugsrahmen nicht mehr jeder Einzelschritt zentral(-hierarchisch) befohlen und im Detail reglementiert werden kann. Aus der entsprechend ableitbaren Notwendigkeit nach hinreichendem Handlungsspielraum auf allen Ebenen der Führung müssen darüber hinaus die Mitarbeitenden lernen, nicht nur Befehle zu empfangen, sondern über entsprechende Problemlösungskompetenzen zu verfügen, um die an sie gestellten Anforderungen eigenständig zu meistern 93. Gefragt sind Mitverantwortung und Ermessen, wie auch der Gefahr der Willkür durch Setzen von Ziel-Normen, Ergebniskontrollen und Reportings ein klarer Rahmen gegeben und Einhalt geboten werden muss. Die Politik ist zusehends gefordert, die Verwaltung vermehrt über Ziele zu führen, denn komplexe Prozesse werden idealerweise durch Vorwegnahme ihres gewünschten Zieles gesteuert. Mehr als früher wird indessen Augenmerk auf die Wirkungserfassung gelegt, weshalb heute vor allem von wirkungs- oder ergebnisorientierter Verwaltung bzw. Management by Results (MbR 94 ) bzw. Management by Objectives 95 (MbO) gesprochen wird. Im Idealfall wird das Umfeld der Führung dank NPM derart stark verändert, indem nicht mehr die Verfahren vorgegeben und kontrolliert werden, sondern die Ziele der Verwaltung. Erfolgreich sind dann nicht die einzelkämpferischen Sachbearbeiter, sondern jene Führungskräfte, die sich als Coach verstehen und mit ihrem Einsatz Erfolge der Mitarbeiter ermöglichen. Selbige müssen in Entscheidungen mit einbezogen werden, da ihnen sonst die Grundlagen für einen selbständigen Erfolg fehlen. Eine der wichtigsten Funktionen der Vorgesetzten ist das ständige kritisch-unterstützende Feedback nicht zuletzt im Rahmen des regelmäßig stattfindenden Mitarbeitergesprächs. Trotz allem gilt es jedoch zu beachten, dass auch der so genannte Public Manager 96 in ein politisches Umfeld eingebunden ist, das seine berechtigten Forderungen an die Verwaltung stellt. 21

Daniela Ebner 4.4 Die Führungskräfte als Personalentwickler Primäres Ziel des Personalmanagements ist es, Mitarbeiter- und Organisationsziele (und damit Verwaltungsziele) auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen und sich damit an den strategischen Verwaltungszielen zu orientieren. Der Erfolg der Reformen hängt demnach davon ab, inwieweit es gelingt, ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Leistungsund Veränderungsanforderungen der Verwaltung und den Entwicklungsbedürfnissen und -möglichkeiten der Verwaltungsmitarbeiter herzustellen, wobei der jeweilige organisatorische als auch rechtliche Rahmen nicht außer Acht gelassen werden darf 97. Die Abstimmung zwischen den personellen Bedürfnissen und den organisatorischen Anforderungen, aber auch Rahmenbedingungen obliegt in erster Linie den Vorgesetzten in öffentlichen Verwaltungen mit den Hauptaufgaben der Festlegung und Erarbeitung der mittel- und langfristigen Ziele in Abstimmung mit den Mitarbeitern, als auch die mittel- und langfristigen Entwicklungsvorstellungen (auf Basis der Mitarbeitergespräche) der Mitarbeiter auf eben jene organisatorischen Ziele hin auszurichten, wodurch dem einzelnen Vorgesetzten die Rolle des wichtigsten Trägers der Personalentwicklung zukommt. Diese Funktion darf jedoch nicht als Sonder- oder Nebenaufgabe verstanden und entsprechend delegiert werden, sondern bedarf einer entsprechenden Institutionalisierung (z. B. über Verankerung in der Stellenbeschreibung) bzw. unterliegt ebenfalls entsprechenden Bewertungskriterien, bspw. im Rahmen von Ziel- und Leistungsvereinbarungen. Abbildung 7: Rolle der Führungskraft 100 22

Daniela Ebner In Wahrnehmung der traditionellen Führungsrolle samt vorherrschendem Führungsstil und der Arbeitsauffassung des herausgehobenen bzw. ranghöchsten Sachbearbeiters 101 sind die Identifikation und damit zu erzielend hohe Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter jedoch nicht zu erreichen, als vielmehr erst die erfüllten Voraussetzungen des Wollens (Motivation), Dürfens (organisatorische Rahmenbedingungen) und Könnens (Qualifikation) zu entsprechend produktiven Arbeitsgestaltungen führen 102. Wunderer/Kuhn erweitern o. G. um eine weitere Komponente, nämlich des Habens im Sinne der quantitativen Bedarfsdeckung und stellen damit die Personalarbeit in das Spannungsverhältnis dieser vier Problemfelder 103. Grundlegende Voraussetzung für die Wahrnehmung der Rolle als unmittelbar verantwortlicher Personalentwickler ist eine deutliche Bewusstseinsänderung seitens der Führungskräfte, deren Aufgabe nicht zuletzt in der Moderation der Verwaltungsreform liegt. Die Partizipation der Mitarbeiter an den Zielen, die Delegation von Aufgaben, die Übertragung von Verantwortung und Kompetenzen und die Arbeit in Gruppen wiederum bewirken eine gesteigerte Identifikation der Mitarbeiter mit der Arbeit und damit den jeweiligen Verwaltungszielen. Ein neuer kooperativer bzw. transformaler Führungsstil schafft dabei Vertrauen (welchem speziell in durch die Reformrahmenbedingungen schwierigen und turbulenten Zeiten eine besondere Bedeutung zukommt) und bewirkt, dass sich das fachliche Können der Mitarbeiter in qualitativ und quantitativ besseren Arbeitsergebnissen niederschlagen kann 104. Die Einbeziehung der unmittelbar Beteiligten ermöglichen speziell arbeitsplatz- und verwaltungsbezogene Lösungs- und Änderungsprozesse, welche sich zudem darüber hinaus an den Mitarbeiter- und Verwaltungszielen orientieren. Damit entsteht die Chance, sich gemeinsam (Mitarbeiter gleichsam wie Vorgesetzte) selbst zu entwickeln und damit die Verantwortung für die Verwaltung von morgen zu tragen 105, als sie auch individuell nach ihren jeweiligen Bedürfnissen zu gestalten. Derartige organisatorische in Einklang mit individuellen Entwicklungsprozesse werden häufig als Lernprozesse einer lernenden Organisation 106 bezeichnet, welche im Spannungsfeld von Strategie, Struktur und Kultur, da alle Ebenen der Unternehmensidentität davon betroffen sind 107, stattfinden. Damit kommt als zentralem und entscheidendem Element der Personalentwicklung der Kommunikation zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter in einem wechselseitigen Interaktionsprozess eine entscheidende Rolle zu, wobei der zielorientierten Führung 108 bzw. dem zielorientierten Mitarbeitergespräch als Führungsinstrument besonderes Augenmerk zu schenken ist, um damit in einem ganzheitlichen Ansatz die Leistungspotenziale der Verwaltung als auch der Mitarbeiter optimal zu steuern bzw. nutzen zu können 109. Dadurch bietet sich dem Vorgesetzten die Möglichkeit, die Zusammenarbeit so effektiv wie möglich zu gestalten und dem Mitarbeiter eine Orientierungshilfe zur Bewältigung der Aufgabenstellung zu geben und sich dadurch in einer Art Lernpartnerschaft on-the-job i. e. S. zu entwickeln 110. 4.5 Führungskräfte als Change Agents Neben der Theorie des Promotorenmodells 111 (mit seinen unterschiedlichen arbeitsteiligen Rollen des Macht-, Prozess-, Fach- und tw. auch Beziehungspromotors und deren 23

Daniela Ebner jeweiligen Funktionen im Veränderungs- bzw. Changeprozess), in dessen Zentrum die erfolgreiche Umsetzung von Veränderungen bzw. Innovationen steht, werden in anderen Quellen 112 Schnittstellenverantwortliche bzw. Schlüsselpersonen im Veränderungsprozess bzw. jene, die mit der Durchführung und Umsetzung von Reformprozessen betraut sind (i. w. S. also die Verwaltungsführungskräfte), als Change Agents bezeichnet, wodurch sich wiederum der bereits hergestellte Bezug der Führungskräfte als zentrale Personalentwickler bzw. als von strategischer Bedeutung für das Management der Personalressourcen herstellen lässt 113. Das jeweilige Anforderungsprofil für einen erfolgreichen Change Agent orientiert sich dabei an der konkreten Verwaltungssituation (i. S. der bestehenden Verwaltungskultur, der strategischen Ausrichtung und Bedeutung des Reformprojektes sowie der Akzeptanz bzw. dessen Zeitrahmen und vorhandener Ressourcen). Davon abhängig sind u. a. entweder die Qualifikationen eines Projektmanagers gefragt, der damit für eine reibungslose und schnelle Projektumsetzung sorgt, oder die Fähigkeiten einer überzeugenden und charismatischen Führungskraft, die in der Lage ist, Mitarbeiter für das jeweilige Vorhaben zu begeistern 114. In der Rolle der Change Agents ist den Führungskräften auf mittlerer Ebene (mittleres Management) besondere Beachtung zu schenken, da ihr Beitrag beim Aufspüren von neuen Themen und Ideen sowie bei der Umsetzung der Verwaltungsstrategie insofern als entscheidend gilt, da sie einerseits in die strategische Umsetzung involviert, als auch andererseits nahe genug am operativen Geschehen sind und ihnen dadurch eine besondere mediative Funktion innerhalb der Verwaltungsorganisation zukommt 115. Was wir brauchen, ist ein neuer Typus des Manager-Beamten, der den Vorrang der gewählten Politiker respektiert und gleichzeitig eine respektierte Rolle als politischer Beamter einnimmt. 116 4.6 Kooperativer bzw. situativer Führungsstil Besteht keine Diskussion über die zentrale Stellung der Mitarbeiter als Schlüsselfaktoren für den Reformprozess, so stellt sich zweifelsohne die Frage, wie mit dieser Ressource richtig umzugehen ist, bzw. nach der Möglichkeit, deren Leistungspotenziale im Sinne der gesteigerten Leistungsfähigkeit der Gesamtverwaltung zu aktivieren 117. Die Suche nach dem richtigen Führungsstil wird sich an der bestmöglichen Erfüllung der Mitarbeiterbedürfnisse zu orientieren haben, denn je besser persönliche Bedürfnisse mit den Zielen der Organisation in Einklang gebracht werden können, desto höher liegen die Erfolgschancen und desto geringer sind die zu erwartenden Reibungsverluste durch Widerstände 118. Dieser Abgleich von Zielen bzw. Bedürfnissen bedarf der Schaffung entsprechender Handlungsfreiheiten (nicht nur für die Vorgesetzten selbst), wobei in diesem Zusammenhang auf Rahmenbedingungen bzw. Handlungsspielräume struktureller bzw. übergeordneter Natur (bspw. der Haushaltsordnung oder des Dienstrechtes) verwiesen werden muss, auf welche der Vorgesetzte selbst nur geringen bis keinen Einfluss ausüben kann, und jene Bedingungen des Arbeitshandelns, welche in dessen direkter und unmittelbarer Dispositionsgewalt liegen (bspw. der Arbeitsplatzgestaltung oder der Personalentwicklung) 119. 24

Daniela Ebner Häufig begeben sich Führungskräfte dabei auf die Suche nach dem richtigen Führungsstil, dem jedoch relativ rasch entgegen gehalten werden kann, dass die Suche danach an den eigentlichen Herausforderungen öffentlicher Verwaltungen vorbei geht, denn Führungskräfte in der Verwaltung müssen heutzutage zum einen die Komplexität moderner Managementaufgaben verstehen und zum anderen dieser Komplexität mit geeigneten Steuerungsstrategien angemessen gegenübertreten. 120 Grundsätzlich sind sich sowohl Praxis als auch Literatur (samt zahlreicher Versuche der Modellbildung, seien diese nun ein- oder mehrdimensionaler Art) darüber einig, dass es keinen richtigen Führungsstil gibt, als vielmehr the basic premise of the theory is that different situations demand different kinds of leadership. From this perspective, to be an effective leader requires that an individual adapt his or her style to demands of different situations. 121 Kernaussage der Führungsforschung ist es, dass hinsichtlich bestimmter zu erreichender Leistungsmaße (wie etwa Steigerung der Produktivität oder Qualität) kein spezieller Führungsstil zu präferieren ist 122, in Hinblick auf Einstellungsänderungen jedoch durch den Einbezug der Mitarbeiter damit der Anwendung eines kooperativen Führungsstils der Vorzug zu geben ist bzw. dieser gewisse Vorteile aufweist 123. Der kooperative Führungsstil (als expliziter Ausdruck der Interaktion mit und Beteiligung von Mitarbeitern am Reformprozess), deckt dabei verschiedenste Merkmale der Mitarbeiterführung ab: Kooperative Führung umfasst die ganze Bandbreite zwischen laissez-faire und autoritär und richtet sich in ihrer konkreten Ausprägung immer nach der Situation. Das Ziel ist eine straff-lockere Führung; das heißt Freiräume schaffen bei gleichzeitig klaren Leitlinien. 124 Die kooperative Führung verankert damit durch Rahmenvorgaben die Zielvereinbarungen als fixen Bestandteil im Führungsalltag und bezieht in Form von verschiedensten Kommunikationsmustern innerhalb zwischenmenschlicher Beziehungen die Mitarbeiter in das Verwaltungsgeschehen mit ein 125. 4.7 Situative Führung Der situative Führungsansatz (in der Literatur als: Kontingenzansatz, situational approach oder contingency theory zu finden) bzw. Ansätze der situativen Führungsforschung versuchen den optimalen Führungsstil zu finden bzw. zu entwickeln, welcher unter spezifischen Bedingungen und Situationen den größtmöglichen (Umsetzungs-) Erfolg verspricht, indem von der Führungskraft situationsabhängig der passende Stil adaptiert und angewandt wird 126. Die sich für die Verwaltung verändernden Rahmenbedingungen führen dazu, dass von der kooperativen Führung neben einer größeren gesellschaftlichen und Mitarbeiterakzeptanz aufgrund der motivationalen Wirkung ein entsprechend höherer Leistungseffekt erwartet bzw. vorausgesetzt wird. Dabei zeichnet sich nach Wunderer in den letzten Jahren ein Wandel ab: vom normativ-ethischen Idealstil kooperativer Führung zum Stil der situativ-kooperativen Führung, wobei gleichzeitig die Wechselseitigkeit der koope- 25

Daniela Ebner rativen Beziehung, sprich die Annahme eines analogen Verhaltens seitens der Mitarbeiter, betont wird 127. Das Hauptaugenmerk der situativ-kooperativen Führung liegt auf der Teilnahme der Mitarbeiter an der Entscheidungsfällung von persönlicher Relevanz, wobei dies auf Basis der Sachkenntnis und nicht der formalen Position zu erfolgen hat 128. Damit wird der Führungsalltag mit völlig neuen Inhalten bzw. neuem Leben befüllt: Statt der bloßen Aufgabenzuweisung wird das kreative Potenzial der Mitarbeiter aktiviert und ausgeschöpft, was nicht zuletzt bedeutet: Jeder Mitarbeiter muß sich mit den übergeordneten Zielen eines Unternehmens identifizieren können. Hier liegt die eigentliche Managementaufgabe: ein verbindliches, akzeptiertes Zielsystem zu definieren, das den Mitarbeitern die Motivation, aber auch den notwendigen Handlungsspielraum gibt, zum Unternehmenserfolg bestmöglich beizutragen. 129 Ziel dieser neuen Führung ist es somit, der gesteigerten Aufgabenerfüllung bzw. der Erwartungshaltung daran mit entsprechenden organisatorischen und Verhaltensänderungen zu begegnen, indem weniger Bürokratie, flachere Hierarchien, schnellere und direktere Kommunikations- und Informationswege zum Einsatz kommen, um letzten Endes durch motivierte Mitarbeiter auch den steigenden Kundenerwartungen (und damit der Kunden- und Dienstleistungsorientierung der öffentlichen Verwaltung) Rechnung zu tragen 130. Als wesentliche Führungsaufgaben kommt in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung zu 131 : Der gemeinsamen Erarbeitung von Leitbildern, Strategien und Visionen (bspw. im Mitarbeitergespräch); Förderung der Identifikation mit den gesetzten und Verwaltungszielen, als auch Zusammenhalt und Konsensualität; Setzung konkreter Rahmenbedingungen (i. S. von Management by Objectives oder konkreten Ziel- und Leistungsvereinbarungen); Durchführung des Kontraktmanagements (vereinbaren verbindlicher Ziele); Aufgaben der Organisations- und Personalentwicklung, aber auch Qualifizierung und Motivation der Mitarbeiter etwa durch das Setzen entsprechender Anreize. Die (Schlüssel-)Qualifikationen 132 dazu gilt es jedoch zur Gestaltung von Reformprozessen erst konsequent zu erarbeiten, da anstelle einer Ein-richtiger-Führungsstil -Strategie ein ganzes Werkzeugset an Handlungsalternativen und Verhaltensweisen zum Einsatz kommen muss und soll, zumal erst dann bedarfsorientiert und auf die Situation optimal abgestimmt das Führungsverhalten zum Einsatz kommen kann, was jedoch aufgrund mangelhafter Schulungen bzw. entsprechend bestehender Ausbildungsdefizite (allgemein und speziell in Hinblick auf die Führungskräfte- und -nachwuchsentwicklung) häufig zu Unkenntnis und Überforderung führen kann 133. 26

Daniela Ebner 5. Kompetenzen erfolgreicher Führungskräfte Neben der Existenz einer der öffentlichen Verwaltung allgemein attestierten Managementlücke 134 lassen vorherrschende bürokratische Strukturen Aufgaben der Personalführung zu (teilweise kaum feststellbaren) Einzelerscheinungen verkommen. Die Situation wird darüber hinaus durch die (mangelhafte, da meist nicht mit entsprechenden Qualifikationen ausgestattete) Besetzung von Führungspositionen, in der Fach- häufig vor Führungskompetenz 135 gestellt wird, weiter verschärft. In dieser Gesetzesvollzugsagentur 136 sehen sich Vorgesetzte oftmals lediglich als eine Art herausgehobener bzw. ranghöchster Sachbearbeiter 137, welcher zwar eine übergeordnete Stellung bekleidet, aber über sachbezogene Kontroll- und Koordinationsaufgaben (gemäß der juristischen Auslegung und Vollziehung von Gesetzen) hinaus kaum jene von der Managementlehre geforderten echten Führungsaufgaben im Sinne eines Regisseurs oder Coaches des Wandels 138 wahrnimmt bzw. wahrnehmen kann. Zugleich kommt jedoch den Führungskräften innerhalb des Change-Prozesses von Verwaltungen deren Steuerungskomplexität zudem ungleich höher ist als jene der Privatwirtschaft eine Schlüsselfunktion zu, indem sie neben der Rolle der Betroffenen des Wandels auch gleichzeitig als dessen Initiatoren und Gestalter auftreten 139. Worin liegen nun aber jene Kompetenzen zur erfolgreichen Führung durch den Wandel und zur Steigerung der Mitarbeitermotivation und -leistungsbereitschaft? Klimecki/Altehage/Morath führen folgende drei Kompetenzen (skills) als wesentliche Erfolgsfaktoren einer zukünftigen transformationalen Führung an 140 : 5.1 Die kommunikative Kompetenz Die Vermittlung dieses neuen Wertesystems und Orientierungswissens an die Mitarbeiter stellt die Voraussetzung für eine effektive Umsetzung neuer Visionen und Verwaltungsleitbilder dar, wodurch es somit nicht länger ausreicht, anstehende Veränderungen lediglich zu verordnen. Die Umsetzung von Transformationsprozessen vollzieht sich in diesem Zusammenhang deshalb auch nicht von heute auf morgen, als es vielmehr gilt, selbige darzustellen und ihren Sinn zu erläutern, was von der Führungskraft (ganz im Sinne eines Lotsen der Veränderung ) entsprechende Überzeugungsarbeit und -kraft erfordert. Motivieren kann demnach nur derjenige, der selbst von einer Sache überzeugt ist 141. 5.2 Die intellektuelle Kompetenz Sich aus einem Veränderungsprozess ergebende Probleme müssen rechtzeitig erkannt und ein entsprechendes Lösungsszenario und Alternativenpotenzial bereitgestellt werden. Bislang herrscht in der öffentlichen Verwaltung allerdings eine,null-fehler-mentalität vor, womit es aber keine Veränderung geben kann. Eine öffentliche Verwaltung in Transformation braucht Führungskräfte, die statt mit Fehlervermeidungstaktik mit Problemlösungsfindungsfähigkeit ausgestattet sind. 142 27