Auswirkung der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf Urlaubsund Urlaubsabgeltungsansprüche von Langzeiterkrankten
Sachverhalt In dem zugrunde liegenden Sachverhalt war die Klägerin von August 2005 bis 31.01.2007 als Erzieherin für die Beklagte tätig. Sie erlitt im Juni 2006 einen Schlaganfall und war vom 02.06.2006 über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus zumindest bis August 2007 durchgehend arbeitsunfähig. Die Klägerin verlangt Abgeltung der gesetzlichen Urlaubsansprüche aus den Jahren 2005 und 2006. Das BAG hat der Klage stattgegeben.
Folgen für die Praxis Für die Praxis bedeutet das, dass Arbeitnehmer Ansprüche auf Urlaubsabgeltung auch aus vergangenen Jahren geltend machen können. Dies gilt insbesondere auch in Fällen, in denen Mitarbeiter dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt sind, das Arbeitsverhältnis aber gleichwohl nicht beendet wurde. Bei lang andauernder Erkrankung führt dies zu einem Summieren der Urlaubsansprüche und damit zu einem recht erheblichen finanziellen Aspekt.
Besonderheiten im Baugewerbe Entsprechend der Vorgaben des 13 Abs. 2 BUrlG sind im BRTV besondere Regelungen zur Urlaubsabgeltung und Entschädigung von verfallenen Ansprüchen getroffen. Im Anwendungsbereich des BRTV (s. 1 BRTV) erfolgt die Urlaubsabgeltung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bzw. Ausscheiden aus dem Baugewerbe nach 8 Nr. 6.1 BRTV. Danach richtet sich der Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung nicht gegen den Arbeitgeber, sondern gegen die SOKA-BAU bzw. die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse (ULAK). Nur wenn der Arbeitnehmer eine Alters- oder Erwerbsunfähigkeitsrente (bzw. Erwerbsminderungsrente) bezieht, richtet sich sein Anspruch direkt gegen den Arbeitgeber.
Der Urlaubsanspruch von Arbeitnehmern, die vom Anwendungsbereich des BRTV erfasst sind, verfallen erst mit Ablauf des folgenden Kalenderjahres ( 8 Nr. 7 BRTV). Der Zeitraum, innerhalb dessen ein Verfall des Urlaubs eintritt, ist also deutlich länger als nach dem BUrlG. Konnte der Arbeitnehmer seinen Urlaub aus den vergangenen Jahren wegen Krankheit nicht nehmen, hat er bereits nach den tariflichen Vorgaben einen Anspruch auf Entschädigung seiner verfallenen Urlaubsansprüche nach 8 Nr. 8 BRTV. Die Entschädigung hat die gleiche Höhe wie die verfallene Urlaubsvergütung und kann nur um zweiten Jahr nach Entstehung des Urlaubsanspruchs bei der SOKA-BAU geltend gemacht werden.
Beachten Sie: Eine Entschädigung für verfallene Urlaubsansprüche aus dem Jahre 2007 kann nur zwischen dem 01.01.2009 und dem 31.12.2009 bei der SOKA-BAU beantragt werden. Für die Arbeitnehmer, die in den Anwendungsbereich des BRTV fallen (s. 1 BRTV), ändert sich durch die neue Rechtsprechung nichts: Denn nach wir vor verfällt der wegen Krankheit nicht genommene Urlaub erst nach zwei Jahren. Nach Verfall erlischt der Anspruch nicht, sondern verwandelt sich in einen Entschädigungsanspruch.
Auswirkungen für Mitarbeiter, die nicht unter BRTV fallen Zwar hat die geänderte Rechtsprechung des BAG wie gesehen - keine Konsequenz für Mitarbeiter, die in den Anwendungsbereich des BRTV fallen. Sie hat aber direkte Auswirkungen für alle Mitarbeiter, die nicht vom Anwendungsbereich des BRTV erfasst sind. Denn deren Ansprüche auf Urlaubsabgeltung richten sich nach (den vertraglichen Regelungen und) den Vorgaben des BUrlG. Die geänderte Rechtsprechung des BAG hat hier also unmittelbare Auswirkungen. Von diesen können auch dann, wenn der Mitarbeiter durch lange andauernde Erkrankung an der Inanspruchnahme des Urlaubs gehindert war Urlaubsabgeltung verlangt werden.
Praxistipp: Bei lang andauernder Erkrankung und befristeter Erwerbsunfähigkeit von Mitarbeitern sollten für die mögliche Urlaubsabgeltung entsprechende Rückstellungen gebildet werden. Zudem sollte stets geprüft werden, dass die Fortführung von Arbeitsverhältnissen als bloße inaktive Personalakte nicht mit unerwarteten und unliebsamen zusätzlichen Personalkosten verbunden ist.