Sozialmedizinische Beurteilung in der Psychosomatik
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- Uwe Kruse
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1 Sozialmedizinische Beurteilung in der Psychosomatik Prof. Dr. Michael Linden Abt. Verhaltenstherapie und Psychosomatik am Reha-Zentrum Seehof der Deutschen Rentenversicherung Bund, Teltow/Berlin und Forschungsgruppe Psychosomatische Rehabilitation an der Charité Universitätsmedizin Berlin
2 Renten wegen Erwerbsminderung nach Erkrankungsgruppen % Deutsches Ärzteblatt 2011, 108, B1956, lt. Statistik der DRV
3 AU-Fälle nach Diagnosegruppe Barmer GEG Gesundheitsreport 2010 Krankheitsart (ICD-10) Anteil am Krankenstand in % Erkrankungsdauer (Tage) Orthopädische Krankheiten 22,8 22,1 14,3 Psychische Krankheiten 21,6 45,8 6,5 Krankheiten des Atmungssystems 14,8 6,5 31,6 Verletzungen und Vergiftungen 8,2 20,0 5,7 Krankheiten des Verdauungssystems 5,4 6,4 11,8 Neubildungen 7, ,0 Krankheiten des Kreislaufsystems 3,6 19,2 2,6 Infektiöse und parasitäre Krankheiten 4,5 6,1 10,2 Symptome und abnorme Befunde 3,0 7,8 5,3 Krankheiten des Urogenitalsystems 1,4 7,7 2,5 Übrige Krankheitsgruppen 7,2-7,5 Insgesamt ,9 100 Anteil an AU-Fälle in %
4 Bundesministerium für Gesundheit 2009 Kommentar von Ruprecht Hammerschmidt, Berliner Zeitung vom : Die Deutschen leben in der Krise auf Kosten ihres Körpers. In diesem Jahr sank der Krankenstand auf 3,3%, der tiefste Wert seit Einführung der Statistik. In der Rezession gehen Beschäftigte häufiger krank zur Arbeit. Nach Analysen der Krankenkassen werden dadurch Krankheiten verschleppt und Krankheitsverläufe schwerer. Arbeitgeber tun schon aus Eigennutz gut daran, wenn sie kranke Mitarbeiter nach Hause schicken.
5 Richtlinie des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien) nach 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V, Bundesanzeiger Nr. 61 vom AU liegt vor, wenn......ein kausaler Zusammenhang zwischen einer Krankheit und der dadurch bedingten Unfähigkeit zur Funktionsausübung besteht jemand seine ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr einer Verschlimmerung seiner Erkrankung ausführen kann....aufgrund eines bestimmten Krankheitszustandes, der für sich allein noch keine AU bedingt, absehbar ist, dass aus der Ausübung der Tätigkeit für die Gesundheit oder die Genesung abträgliche Folgen erwachsen, die AU unmittelbar hervorrufen Bei der Beurteilung ist darauf abzustellen, welche Bedingungen die bisherige Tätigkeit konkret geprägt haben.
6
7 M.I.N.I, International Neurospsychiatric Interview Episode einer Major Depression A 1 Fühlten Sie sich in den letzten 2 Wochen beinahe jeden Tag und fast während des ganzen Tages traurig, niedergeschlagen oder deprimiert? NEI N JA 1 A 2 Hatten Sie in den letzten 2 Wochen fast ständig das Gefühl, zu nichts mehr Lust zu haben und das Interesse und die Freude an Dingen verloren zu haben, die Ihnen gewöhnlich Freude machen? NEI N JA 2 WURDEN A1 ODER A2 BEJAHT? NEI N JA
8 schlechte, gedrückte oder depressive Stimmung? depressiv bedrückt verstimmt lustlos niedergeschlagen erschöpft traurig ratlos interesselos freudlos angeekelt müde gestresst hoffnungslos getrieben Geängstigt angespannt unverstanden hilflos unruhig null bock genervt frustriert verzweifelt ratlos verärgert zornig mißmutig verbittert usw
9 HAMA unter Berücksichtigung somatischer Multimorbidität im Alter (BASE) % psychiatr. erhobener Symptome durch Internist infrage gestellt Tagesschwankungen mangelnde Krankheitseinsicht Gewichtsverlust Hypochondrie Genitale Beschw. Gastroent. Beschw. Somat. Angst Psych. Angst Agitation Hemmung Arbeitsinteresse Früherwachen Durchschlafstörungen Einschlafstörungen Suizidaliät Schuld Depr. Verstimmung
10 Klinische Diagnosen bei Majorer Depression nach dem standardisierten Interview M.I.N.I. N=15
11 auffälliger Wert < 13 auffälliger Wert < 50
12 Absentismus Präsentismus Klagen über Rückenschmerzen und Betriebszufriedenheit N=6249, AOK Niedersachsen zufrieden unzufrieden % Befragte Kollegen Vorgestzte Organisation Information Drupp M., Dtsch Ärzteblatt 2004, 101,
13 Z-Klassifikation nach ICD-10 Z 56 Probleme mit Bezug auf die Berufstätigkeit Z 56.0 Arbeitslosigkeit Z 56.1 Arbeitsplatzwechsel Z56.2 drohender Arbeitsplatzverlust Z 56.2 belastende Einteilung der Arbeitszeit Z 56.4 Unstimmigkeit mit Vorgesetzten oder Kollegen Z 56.5 nicht zusagende Arbeit Z 56.7 andere physische oder psychische Belastung
14 Richtlinie des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien) nach 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V, Bundesanzeiger Nr. 61 vom AU liegt vor, wenn......ein kausaler Zusammenhang zwischen einer Krankheit und der dadurch bedingten Unfähigkeit zur Funktionsausübung besteht jemand seine ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr einer Verschlimmerung seiner Erkrankung ausführen kann....aufgrund eines bestimmten Krankheitszustandes, der für sich allein noch keine AU bedingt, absehbar ist, dass aus der Ausübung der Tätigkeit für die Gesundheit oder die Genesung abträgliche Folgen erwachsen, die AU unmittelbar hervorrufen Bei der Beurteilung ist darauf abzustellen, welche Bedingungen die bisherige Tätigkeit konkret geprägt haben.
15 Tätigkeit nach AU-Richtlinie Aktivität nach ICF Performance (Leistung, Handlung ) das, was eine Person in einem Lebensbereich tatsächlich tut. Capacity (Leistungsfähigkeit, Fähigkeit) das was eine Person in einem Lebensbereich tun kann oder tun könnte Reserve Capacity (Reservekapazität) das was eine Person nach Therapie oder Training oder Beseitigung von Barrieren tun könnte
16 Methoden der Erfassung von Fähigkeitsstörungen EFL: Evaluation funktioneller Leistungsfähigkeit nach Isernhagen Strukturierte Fremdbeurteilung Standardisierte Intelligenz- und Leistungstests Beobachtung im Therapeutischen Milieu
17 Kontextadjustierung der Leistungsfähigkeit [ICF, Anhang 1, Taxonomische und terminologische Themen: Abschnitt 1. Begriffe für Kategorien in der ICF] Leistungsfähigkeit (capacity) ist ein Konstrukt, das als Beurteilungsmerkmal das höchstmögliche Niveau der Funktionsfähigkeit, das eine Person in einer Domäne der Aktivitäten und Partizipationsliste zu einem gegebenen Zeitpunkt erreicht, angibt. Die Leistungsfähigkeit wird in einer uniformen Standardumwelt gemessen und spiegelt daher das umweltadjustierte Leistungsvermögen wider.
18 Altersadjustierter IQ-Wert (z.b. für den Wertepunkt 94)
19 Krankheit ICIDH: Lineares Modell Leistungsminderung Behinderung ICF: Bio-psycho-soziales Modell: Man ist nicht behindert, man wird behindert Gesundheitsproblem oder Krankheit Geschädigte Körperfunktion und -struktur Beeinträchtigte Aktivitäten bzw. Fähigkeitsstörung Beeinträchtigte Partizipation Kontextfaktoren Umweltfaktoren Persönliche Faktoren
20 Bio-psycho-soziales Model der ICF: Behinderung = (Un-)Fähigkeit / Kontext
21 AU-Rate und Freisetzung in einer Telefonversicherung Fehlzeiten nach Branchen (in %) Fehlzeitenreport, WiDo 2003 öffentliche Verwaltung Baugewerbe Produktion Verkehr Bergbau Land- und Forstwirtschaft Dienstleistungen Handel Banken/Versicherungen % %
22 Schlussfolgerungen für die Praxis Differenzierung zwischen Lebensbelastung und Krankheit Stärkere Berücksichtigung der Z-Klassifikation In somatischen Rehakliniken sollte eine Weichenstellung nach diagnostischer Abklärung durch erfahrene Kliniker erfolgen Vorsicht mit dem aktiven Screening auf psychische Störungen Psychosomatische Kliniken sollten wesentlich an der Fallklärung unter stationären Bedingungen mitarbeiten. Präzise Definition und Diagnostik von (Un-)Fähigkeiten Präzise Kontexterfassung Therapie auf den Ebenen Funktion, Fähigkeit, Kontext Aktionen gegen getaktete-kontrollierte-qualitäts-gesicherte Arbeit
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