Perspektiven für die Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West - aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht
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- Heiko Kraus
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1 Perspektiven für die Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West - aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht Doz. Dr. oec. habil. Ulrich Busch Leibniz Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.v. Berlin,
2 Seit der Wiedervereinigung Deutschlands ist der Prozess des Zusammenwachsens zwischen Ost und West weit vorangeschritten. Zugleich bleibt noch ein Stück Weg zu gehen, um die wirtschaftlichen Unterschiede zu überbrücken Die neuen Länder sind durch viele gemeinsame strukturelle Merkmale und Herausforderungen gekennzeichnet, die ein noch fortbestehendes Defizit im Hinblick auf die Angleichung an die westdeutschen Bundesländer dokumentieren. (Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2012, S. 5)
3 Vereinigungsprozess und Konvergenz Feststellung: Die deutsche Vereinigung ist ein Prozess der schrittweisen Herstellung deutsch deutscher Konvergenz. Konvergenz versteht sich als Angleichung des wirtschaftlichen und sozialen Niveaus des Ostens an den Westen. Fortschritt: Seit 1990 wurden hier beachtliche Fortschritte erzielt, vor allem in den Jahren 1992 bis Seitdem gibt es nur noch geringe Fortschritte bei den wirtschaftlichen Indikatoren und folglich auch nur noch minimale Fortschritte bei den sozialen Indikatoren wie Einkommen, Vermögen, Lebensniveau usw. Das wirtschaftliche Niveau Ost liegt heute bei 67% (BIP/Einw.) und die AP (BIP/Arb.std.) bei rd. 70% des Westniveaus.
4 Konvergenzfortschritt zwischen Ost und Westdeutschland 1989/ (BIP/Einwohner) in Ost-West-Lücke Ost West Quelle: VGRdL, eigene Darstellung
5 Arbeitsproduktivität (BIP je Erwerbstätigen in Euro) 1989/ Ost-West-Lücke West Ost Quelle: StatBA; IWH; Heske 2005.
6 Einkommensrelationen Durchschnittliche effektive Arbeitseinkommen/Stunde br. (2011) West: 21,67 Ost: 15,80 (= 72,9%) im produzierenden Gewerbe (2011) West: 23,85 Ost: 15,20 (= 63,7 %) Jeder vierte Beschäftigte in Ostdeutschland verdient weniger als 8,50 /Stunde, in Westdeutschland etwa jeder achte. Das Bruttojahresgehalt in den NBL beträgt im Durchschnitt , das sind 66,7 % (Hessen: ) bzw. 81,1 % (Niedersachsen: ) westdeutscher Durchschnittswerte. Die Kaufkraft in den NBL betrug ,8 % des deutschen Durchschnittswerts und 78,3% des Spitzenwerts (Bayern). Quelle: StatBA, WSI 08/2012, IWH
7 Relative Entwicklung der durchschnittlichen Markt und Haushaltsnettoeinkommen in Ostdeutschland (Westdeutschland = 100) Haushaltseink. Marktäqu.E. Quelle: SVR 2009: Z 490 (Daten SOEP, DIW)
8 Konvergenzverlauf Anfangs glaubte man an ein zweites Wirtschaftswunder: Helmut Kohl: Blühende Landschaften in drei bis fünf Jahren Stattdessen kam es 1990/91 zu einem Crash: die Ost West Differenz vergrößerte sich signifikant. Der Aufschwung ab 1992 belebte die Konvergenzhoffnungen, konnte sie aber nicht erfüllen, da er 1996 abrupt endete. Als der Osten 2000 auch sozial abzudriften drohte, stand die wirtschaftliche und soziale Lage auf der Kippe (W. Thierse). Seitdem: langsames Aufholen in Trippelschritten differenzierte Entwicklung in den einzelnen Regionen. Perspektive: das Westniveau wird frühestens in 50 Jahren erreicht werden (IWH), anderen Berechnungen zufolge erst in 320 Jahren (Bayerle) aber nur, wenn die Wirtschaft im Osten schneller wächst als im Westen. Tut sie das?
9 Wachstumsraten des realen BIP alte und neue Bundesländer NBL+Ostberlin NBL ohne Berlin ABL Berlin : StatBA; : WZ 2003, : WZ 2008; Quelle: StatBA, VGRdL.
10 Wirtschaftliche Gründe für das nur sehr langsame Aufholen Demografie (überproportionale Alterung, Bevölkerungsabnahme, selektive Abwanderung) Vollständiges Fehlen von Großbetrieben und Konzernzentralen, Kleinteilige Wirtschaftsstruktur, Relativ geringe Industriedichte, Relativ geringe Exportorientierung, Weitgehend fehlende Industrieforschung, Niedrige Löhne und hoher Anteil prekärer Beschäftigung.
11 Indikatoren wirtschaftlicher Konvergenz für Ostdeutschland in % (D bzw. ABL = 100) [1989] Einwohner 19,2 19,0 18,1 16,9 16,2 15,7 Einw. mit Berlin** Erwerbstätige 23,7 22,6 21,6 21,0 20,4 19,8 22,7 17,6 16,1 15,1 14,4 14,0 Relation Kapitalstock je Einw.** 45,0 50,3 64,3 70,7 76,0* BIP [11,6] 7,0 11,3 11,4 11,5 11,0 *2008, **einschl. Berlin, Quelle: VGRdL, StatBA,
12 Reaktion der Politik A) 1994: Änderung der Verfassung: Herstellung gleichwertiger statt gleicher Lebensverhältnisse. B) 2009: Aufgabe des Ziels der Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West. Dafür neu: Heranführung des Ostens an das Niveau der strukturschwachen Länder im Westen. C) 2010: Weitere Relativierung des Ziels in ein weitgehendes Aufschließen zu den strukturschwächeren Ländern bis D) 2012: Weitere Aushöhlung der Zielstellung: Für den Ost West Vergleich werden die NBL nun einschließlich Berlins, also 5 + 1, mit den strukturschwachen westdeutschen Flächenländern (Niedersachsen, Rheinland Pfalz, Schleswig Holstein und Saarland) und dem Stadtstaat Bremen verglichen. Danach ergibt sich ein Konvergenzniveau von knapp 80 Prozent. Fazit: Das Konvergenzziel wird Jahr für Jahr weiter herunter geschraubt und hinausgeschoben. Dies enttäuscht die Erwartungen in Ost und West. Quelle: Jahresberichte zum Stand der deutschen Einheit; Grundgesetz.
13 Wie weiter? 23 Jahre nach Herstellung der deutschen Einheit gibt es zwischen Ost und West bestimmte Konvergenzfortschritte, aber keine vollständige Konvergenz. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es diese auch bis 2019 nicht geben. Aber was dann? Statt dessen gibt eine Parallelentwicklung bei bestehendem Abstand im Niveau und eine stärkere Ausprägung regionaler Differenzierungen in Ost und West. Die weitere Entwicklung sollte zukunftsbezogen gestaltet werden, als Zukunftsprojekt, wozu Ostdeutschland durchaus etwas beitragen könnte: Neben Erfahrungen mit Transformationen und historischen Umbrüchen auch Innovationen und alternative Lösungsansätze für ökonomische, ökologische und soziale Probleme.
14 Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit
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