Die Krise des Kreuzes: Markusevangelium 15, 33-41
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- Stefan Arnold
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1 1 Besinnungswoche der Kirchgemeinde Affoltern im Emmental Krise, Krise, Krise Zweiter Abend, 25. November 2009 Die Krise des Kreuzes: Markusevangelium 15, Liebi Gmeind, Was isch daas für ne koomischi Religoon, das Chrischtetum, mit emene gchrützigete Mönsch im Zäntrum, het eine gfrogt. Er wäär sicher no vil mee erschtuunet gsii, wenn er gwüsst hätti, was dä gchrütziget Mönsch gschroue het, bevor er gschtorbe isch. Mi Gott, mi Gott, worum hesch du mii verloo, het er gschroue. Soo verzellt s der eltischt vo de vier Evangelischte im Neuie Teschtamänt, der Markus. Git s öppis, wo sich no mee widerspricht als daas: E Gloube a Gott, und im Mittelpunkt vo däm Gloube schteit e Protäscht gäge Gott? Der Vorwurf, Gott heig si Treuii broche? Gloube a Gott und Protäscht gäge Gott mit däm Widerschpruch si scho zwee vo de drei jüngere Kollege vom Markus im Neuie Teschtamänt nid z gang choo d Evangelischte Lukas und Johannes. Si hei gmeint, me chönn doch dä Protäschtschrei vom Jesus nid eifach soo lo schtoo. Doorum löö si ne ewägg. Bim Lukas rüeft Jesus: Vatter, i dini Händ befileni mi Geischt. Und bim Johannes seit der Jesus im Schtärbe: Es isch vollbroocht. Nume der Matthäus haltet sich a d Vorlaag vom Markus und korrigiert nüüt. Mi Gott, mi Gott, worum hesch du mii verloo! Dä Schrei zeigt: Es isch Kriise zwüschem Jesus und sim Gott. Der Jesus proteschtiert gäge daas, wonim passiert. Er macht Gott derfüür verantwortlech und macht ihm derwäge e Vorwurf. D Evangelischte Lukas und Johannes tüe dä Satz korrigiere, will si d Gfüel hei, e Kriise zwüschem Jesus und Gott chönn doch nid sii. Wie söll der Jesus der Begründer vo euisem Gloube a Gott sii, wenn zwüsche ihm und Gott Kriise isch? Theoreetisch hei die beide rächt; i ha ou lang esoo dänkt. Bis mi d Erfahrig öppis anders glehrt het. Doorum muesi nech die Erfahrig verzelle. Mit em Verzelle begriift me sowisoo vil meh vo der Bible als mit der blutte Loogik. I bi e junge Pfarrer gsii. Eines Taages chunnt d Gmeindschwöschter und seit, ob i nid bim Herr Meier e Bsuech chönnt go mache, dämm göis gaar nid guet. Er heig Chräbs und schtarchi Schmärze, allwäg lääbi er nümme lang. Es paar Taag druuf bini gange. Der Herr Meier isch im Bett glääge. Me het ihm aagseh, dass er Schmärze gha het; d Medikamänt hei nümm rächt gnützt. Aber i däm Gsicht het me ou no anders chönne lääse. E grossi Wuet isch drin z gseh gsi, i wett fasch sääge: e heilige Zorn, und e riisigi Enttüüschig.
2 2 Joo, er sig erscht vor eme Joor pangsioniert worde, het der Herr Meier gseit. Und er heig sich uf die Zit gfreuit, woner meh frei heig. Är heig ebe mängs Joor z Brasilie gläbt und gschaffet, und vo döört sig ou si Frou. Si heige z Rio no es chliis Hüsli, und si heige plaanet ghaa, öppe d Helfti vom Johr döört ääne z lääbe und die anderi Helfti doo. Aber doodruus wärd jetz nüüt me. Vor Drüüvierteljohr heig er d Diagnoose überchoo, und jetz heig der Chräbs ou scho d Chnoche befalle. I ha am Herr Meier zueglost und bi zimlech schwigsam gsii. Was hani welle säge? Woni gmerkt ha, dass er müed wird und ihm s Rede Müei macht, hani dänkt, jetz well i de goo. Aber vorhär hani no mi chliini Bible usem Sack zoge und gfrogt, ob inim dörf es Psalm vorlääse. Das ghööri sech soo, hani glehrt ghaa. Aber oha lätz; i bi a die faltschi Adrässe groote. Der Herr Meier isch ufgfahre und het gseit: Packet euii Bible nume wider ii. I ma nüüt ghööre. Die fromme Schprüch si nüüt für mii. Gseht der nid, das zwüsche euch und miir e glesigi Wand schteit? Die trennt euisi Wälte. Diir sit i euiere Wält und ii bi i minere Wält. I nere Wält vo Tood und Schmärze. Doodrin bini ganz elei. Diir chöit nid i mi Wält choo, und ou euii Bibelschprüch chöme nid bis zu miir. Also lööt se lo sii. I bi erschrocke. Aber woni mi verabschidet hat, het der Herr Meier gseit: Es wäär schöön, wenn der wider chäämet. Es het mer guet too. Bim zwöite Bsuech isch s scho fasch Oobe gsii. Doorum hani das chliine Bild nid dütlech gseh, wo ufem Nachttischli gschtande isch. Die wiissi Gschalt druff mit de usbreitete Arme sig allwäg der gchrütziget Jesus, hani dänkt und s ou gseit. Nenei, das isch die groossi Jesusfiguur, wo ufem Zuckerhuet oberhalb vo Rio schteit und d Schtadt sägnet, het der Herr Meier erkläärt. E Fründ heig ihm die Charte gschickt. Mer hei ganz guet chönne rede zäme; mi Bible hani im Sack gloo. Woni wider ha welle goo, seit der Herr Meier plötzlech: Dir heit vori öppis vom gchrützigete Jesus gseit. Wie isch daas ou gsii mit däm? Ines paar Sätz hani versuecht, am Herr Meier d Gschicht z verzelle, wie der Jesus hiigrichtet worde isch. Und ou si Protäschtschrei am Chrütz hani erwähnt. Worum isch er eigentlech zum Tood verurteilt worde?, het er gfrogt. Will er zu allne Lüt gseit het, Gott heig se gärn und löi se nid lo gheie, hani zur Antwort gää und adie gseit. D Wuche druuf bini wider zum Herr Meier gange. Er isch schlächt dra gsii; d Schmärze si immer wie schlimmer worde. Woni is sis Zimmer ine chume, gsehni, dass die Charte vom Chrischtus vo Rio mit emene Riisnagel a d Wand visavis vom Bett gheftet isch. Aha, dir heit der sägnend Chrischtus ufghänkt, sägeni.
3 3 Joo, git der Herr Meier zur Antwort. Aber für mii isch daas jetz der gchrütziget Jesus. Dää wo schreit: Mi Gott, mi Gott, worum hesch du mi verloo! Wüsst der, bi däm hani s erschtemool s Gfüel, i heig e Kolleg und sig nümm elei. Daas isches. Dää Jesus, wo mit Gott inere Kriise isch, will er gäge Liide und Tood proteschtiert dää schteit euis nööcher als der Jesus, wo seit Vatter, i dini Händ befileni mi Geischt und dää, wo seit: Es isch vollbroocht. Mit em chlaagende Jesus füele mer is verwandter als mit em überlägnige. Soo, wienis der Jesus, wo imene Schtall uf d Wält chunnt, nööcher isch, als eine, wo im Königspalascht geboore würd. Der überlägnig Jesus, wo chlaagloos liidet und ergäbe schtirbt, dää isch höchschtens es Voorbild für euis. Zu däm müese miir euis ufmache, müese ihms noomache, damit mer ne erreiche. Der chlaagend und proteschtierend Jesus aber, dää chunnt zuenis, denn, wenn mer s am nöötigschte hei, will mer sälber mit Gott i der Kriise si. Er isch denn, wenn mer a Gott und a der Treuii vo Gott wei verzwiifle, euise Nöchscht. Und eigenartigerwiis bringt is daas nid öppe no witer vo Gott ewägg, sondern nööcher zuenim. Dä Jesus, wo Gott aachlagt, macht is Gott nid frömder, sondern vertrouter. Grad bim chlaagende und schreiende Jesus merke mer: Dää schickt is Gott. Dää isch d Hilf vo Gott döört, womer am böösischte dra si. I euisere Verzwiiflig a Gott git Gott is e Hälfer und schteit uf euisi Site. Gott nimmt Schtellig gäge siich sälber für euis. Gott git siich sälber Unrächt, und euis git er Rächt. Wie daas usgseht, zeigt is scho grad die erschti Gschicht vo der Bible. Si verzellt, wie Gott i sächs Taag nachenand alls is Läbe rüeft, am sächste Taag d Mönsche. Und de heisst s: Gott sah alles an, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. Gott het s Gfüel, sis Wärch sig fertig, jetz chönn er für immer Fiirtig mache. Aber es chunnt ganz andersch use. Er erfahrt, dass d Mönsche nid z rächt chöme mit sire Wält. Z erscht schtrooft er se derfüür. De merkt er, dass si kei Schtroof bruuche, sondern Hilf. Und er gseht ii, dass sis Wärch gar noni fertig isch. Doorum chunnt er uf e Schöpfigsplaan zrugg, korrigiert ne, macht sich wider a d Arbeit und setzt mit em Abraham no einisch ii, für d Schöpfig vollkomme z mache. I dere Gschicht simer. I der unfertige, aber vollkomme wärdende Wält. Es git viles z bewundere, wo scho herrlich und fasch vollkomme isch. Aber s git leider immer no viles, wo unvollkomme, schlächt und böös isch. Doorum hei mer s alli wie der Hiob im Alte Teschtamänt. Dää het sälpverschtändlich Gottvertroue und isch fromm, so lang s ihm guet geit. Aber de bricht s Unglück über ne ine, und er haaderet mit Gott und chlagt und proteschtiert e Voorläufer vom Jesus am Chrütz. Der erinneret euich vilicht no, wie s am Hiob geit, woner mit Gott haaderet und gäge sis Schicksaal proteschtiert. Die fromme Fründe chöme zuenim und wei nim der Protäscht usrede. Bis doch nid derewääg undankbaar; hesch s Guete im Lääbe us der Hand vo Gott gnoo, de nimm jetz ou s Schwääre aa. Aber der Hiob isch nid dere Meinig. Was hani Gott aatoo, das er mer daas schickt?, frogt er zrugg. Tue di nid versündige, säge sini Fründe. Mit Gott darf me nid esoo rede. Darf me de vo Gott ke Grächtigkeit erwarte? Und darf me nid sääge, er sig im Unrächt, nume will er schtercher isch als miir?, git der Hiob zrugg.
4 4 Liebi Gmeind, doch, me darf! Das zeigt is der Jesus am Chrütz. Mer sölle us euisem Härz e ke Mördergruebe mache. Mer sölle säge, wie s is isch. Süsch täte mer jo dergliiche, d Wält, wie si isch, sig scho vollkomme. Dää Gott, wonis der Jesus bringt, isch aber ke Tyrann, wo nume Zueschtimmig duldet. Dää Gott duldet Widerschpruch. Mit em Jesus isch euis Gott bsunders nööch, wenn mer Grund hei, ihm z widerschpräche und mit ihm z haadere. Denn im Haadere und Proteschtiere überchöme mer der gchrütziget Jesus zum Kolleg. Und dää, dää isch d Hilf vo Gott für euis. Das isch öppis, wo mer inere faltsche Frömmigkeit gärn tüe underschloo. Mer meine, es dörf nume Fride sii zwüsche euis und Gott. Mer meine, gloube heissi, zu alem i Gottsname joo und amen sääge. Der Gloube isch d Beziehig zwüschen euis und Gott. Es isch schöön, wenn inere Beziehig Fride herrscht. Aber wenn s inere Beziehig nume Fride darf gää, will si bi der chlinschte Differänz abenander bricht de isch die Beziehig chrank. Ou der Schtritt verbindet. Wenn zwöi mitenander schtritte, de zeigt daas, dass ihri Beziehig zwaar nid vollkomme isch, aber immerhiin no beschteit; si si enand nid gliichgültig. Das gilt ou für d Beziehig zwüsche euis und Gott. Die isch noni vollkomme. Das isch si erscht, wenn der Schöpfer si Schöpfig und euis dermit i Herrlechkeit volländet het. Sowit isch es noni. Doorum git s no z chlaage i dere Wält und die Kriise, die ghöört zum Gloube. Mir rede hüttigstags jo vil vo der Kriise vom Gloube und vo der Chile. Der Gloube isch zwaar nie öppis Sälpverschtändlechs gsii, ou denn, wo s no ganz sälpverschtändlech gsi isch, dass me zur Chile ghöört. Hütt isch daas nümm sälpverschtändlech. Hüüt touche jo doo und döört sogaar Plakaat uuf, wo behoupte, es gääb gaar e ke Gott. Mir Chrischte sötte euis doo derdüür nid lo is Bockshorn jaage. Wenn eine e angaschierte Atheischt isch, de beschäftiget er sich intänsiiv mit Gott. Er zwiiflet anim; das tuet der Hiob ou und ou der Jesus am Chrütz. E settige Atheismus isch uf si Wääg ou e Beziehig zu Gott, und sicher en ängeri als d Gliichgültigkeit. Anere andere Art vo verschtecktem Gloube bini im Pflegheim begägnet. Doo git s Paziänte, wo mit Gott haadere, und am liebschte würde si Gott a Chare fahre. Aber das geit jo niid. Gott isch nid z griiffe. Also fahre die Paziänte dene a Chare, wo liibhaftig do si, de Pflegerinne und de Verwandte, wo uf Bsuech chöme. Mer müese daas rächt verschtoo. Es isch e Kriise mit Gott, und doorum uf si Art Gloube. Es isch faltsch, z meine, im Gloube dörf me nume büsbüs mache, nume dergliiche tue, es sig alls guet, und zu allem nume nicke. Der Gloube, wo s Chrütz zum Zäntrum het, isch vil, vil breiter, als mir s euis vorschtelle. Mänge, wo seit, es gääb doch gaar e ke Gott, hoffet z tiefscht i sim Härz, Gott löi sech dür so ne Satz lo provoziere und zeig sich. Und mänge, wo mit sine Nööchschte schtrittet, meint mit däm Schtritt im Grund gnoo nid die, sondern Gott.
5 5 Der chrischtlech Gloube isch nid inere Kriise. Der chrischtlech Gloube isch sälber e Kriise. Denn der chrischtlech Gloube gseht, dass es mit der Wält esoo nid eewig cha witergoo und das miir nid fähig si, se neui z mache. Doorum wändet sich der Gloube mit sim Protäscht a Gott. Dää elei cha sis Wärch vollkomme mache. Miir Chrischte si wie der Jakob im Alte Teschtamänt, woner us der Frömdi hei chunnt. A der Gränze kämpft e ganzi Nacht lang e finschtere Maa mitim. Wo der Jakob merkt, dass es Gott ist, und wo dää zuenim seit: Loo mi loos, do seit der Jakob: I loo di nid loos, bis du mi sägnisch. Und de schteit dört: Gott segnete ihn. Amen.
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