Sprechzettel von Ministerin Sylvia Löhrmann. für die Kabinettspressekonferenz
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- Markus Acker
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1 Sprechzettel von Ministerin Sylvia Löhrmann für die Kabinettspressekonferenz zur Verabschiedung des Aktionsplans Eine Gesellschaft für alle NRW inklusiv -Es gilt das gesprochene Wort! - I. Inklusive Schule: Chancengleich und diskriminierungsfrei Anrede, in der Schule werden wichtige Weichen für den späteren Lebensweg gestellt. Deshalb ist die Umsetzung der UN-Behindertenkonvention im Bereich der Schule auch ein wichtiger und bedeutender Teil des Aktionsplan NRW inklusiv. Das Recht auf Bildung für Menschen mit Behinderungen gibt es in der Bundesrepublik seit vielen Jahrzehnten. In Deutschland hat sich über die Jahre hinweg ein differenziertes Angebot von Förderschulen etabliert. Zunehmend empfinden Menschen mit Behinderung und auch viele Eltern von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf aber den Besuch einer Förderschule als stigmatisierend. Sie wollen, dass ihr Kind selbstverständlich dazu gehört. Sie wünschen sich einen Platz an einer allgemeinen Schule. Mit der Unterzeichnung der UN- Behindertenkonvention hat die Bundesregierung zugesichert, ein inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen zu gewährleisten. Ziel ist das Recht auf gleiche Chancen und auf Bildung ohne Diskriminierung. Zwei wesentliche Grundsätze werden uns auf dem Weg zu einem inklusiven Schulsystem begleiten: Alle Kinder haben das Recht auf den Zugang zu einer allgemeinen Schule, und unsere Schulen müssen eine Kultur des Behaltens entwickeln und leben können. Inklusion beginnt im Kopf, und für das Schulsystem bedeutet Inklusion bezüglich der Haltung einen Paradigmenwechsel: Weg von der Defizitorientierung, hin zur Potenzialorientierung. Diese Veränderung der Haltung hat erfreulicherweise schon begonnen.
2 - 2 - II. Aktuelle Situation Rund 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf besuchten im Schuljahr 2011/12 allgemeine Schulen (Primar- und Sekundarstufe). Fünf Jahre zuvor waren es nur knapp elf Prozent. Diese sogenannte Integrationsquote beträgt in der Primarstufe derzeit 28,5 Prozent, in der Sekundarstufe I aber nur 14 Prozent. Die Zahlen machen deutlich, die Schulaufsicht kommt dem Elternwunsch nach einem Platz in einer allgemeinen Schule immer mehr nach; innerhalb eines Jahres ist die Integrationsquote in der Sekundarstufe I von 11,1 auf 14 Prozent gestiegen also um mehr als ein Viertel in der Gesamtsumme, obwohl sich die Veränderung ja nur auf einen Jahrgang von sechs Jahrgängen in der Sekundarstufe I bezogen hat. In der Primarstufe ist die Integrationsquote im gleichen Zeitraum von 24,9 auf 28,5 Prozent angestiegen. Deutlich wird aber auch, es hakt beim Übergang von der Primar- in die Sekundarstufe. Und hier wird die geplante Schulrechtsnovellierung für Rechtssicherheit sorgen. Den Grundstein für diese Entwicklung hat der Landtag mit seinem Grundsatzbeschluss am 1. Dezember 2010 gelegt, als er sich ohne Gegenstimme für die Umsetzung der UN- Behindertenrechtskonvention ausgesprochen hat und damit die allgemeine Schule zum Regelförderort erklärt wurde. Aber, Eltern können auch weiterhin für ihr Kind eine Förderschule wählen. In der Folge hat die Landesregierung die Schulaufsicht aufgefordert, dem Elternwunsch nach einem Platz in einer allgemeinen Schule nachzukommen, wenn die personellen und sächlichen Voraussetzungen vorliegen. Seither steigt der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die in allgemeinen Schulen lernen, deutlich. Wir gehen also zurzeit den Weg zu einem inklusiven Schulsystem über den Ausbau des Gemeinsamen Unterrichts. Und wir gehen Schritt für Schritt vor in einem Prozess, der längst begonnen hat und dem wir nun weiteren Schwung geben wollen.
3 - 3 - III. Zusätzliche Unterstützung schon jetzt Der Gemeinsame Unterricht und das inklusive Schulsystem der Zukunft stellen die Schulgemeinde vor große Herausforderungen. Alle - die Schülerinnen und Schüler mit und ohne sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf, die Lehrkräfte, die Schulleitungen und natürlich auch die Eltern - müssen sich umstellen. Dazu braucht es professionelle Unterstützung. Parallel zur Aufforderung an die Schulaufsicht, einen Platz in einer allgemeinen Schule anzubieten, wo immer dies möglich ist, haben wir zusätzliche Stellen zur Unterstützung des Gemeinsamen Unterrichts geschaffen. Inzwischen sind es insgesamt zusätzliche Stellen. Darunter sind auch die 53 zusätzlichen Stellen, die bei den Schulämtern geschaffen wurden, um Absprachen mit den Schulträgern und den Schulen zu koordinieren und Eltern zu beraten. Seit Herbst 2011 werden die Moderatorinnen und Moderatoren in den für die Lehrerfortbildung zuständigen Kompetenzteams durch Wissenschaftler der Universitäten Köln und Oldenburg fachlich qualifiziert. Ziel ist es, wichtigen Fortbildungsbedarfen der allgemeinen Schulen nachkommen zu können. IV. Inklusionsplan Schule Mir ist auch, nachdem wir über eine deutliche parlamentarische Mehrheit verfügen, in diesem Themenfeld ein möglichst breiter politischer und gesellschaftlicher Konsens wichtig. Ich begrüße es, dass morgen erneut ein Antrag der Regierungsfraktionen auf der Tagesordnung des Landtags steht, der schon nahezu identisch am 14. März hätte beschlossen werden sollen. Dieser Antrag, von dem ich hoffe, dass er eine ebenso breite parlamentarische Mehrheit finden wird wie der Beschluss im Dezember 2010, unterstreicht das Recht auf einen Platz in der allgemeinen Schule. Ganz konkret heißt das, Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf sollen künftig im Regelfall eine geeignete allgemeine Schule ( Regelschule ) besuchen. Wenn Eltern es wollen, dann soll ihr Kind aber auch an einer Förderschule unterrichtet werden können. Darüber hinaus enthält dieser Antrag wichtige
4 - 4 - Prüfaufträge und Aufforderungen an die Landesregierung. Sie decken sich mit den Maßnahmen des Aktionsplans NRW inklusiv, den das Kabinett heute beschlossen hat. V. Weitere rechtliche Verankerung der Inklusion Schulgesetznovelle Wenn der Antrag morgen beschlossen wird, ist klar, in welche Richtung die geplante Schulgesetznovelle gehen soll. Die Vorarbeiten dazu sind in meinem Haus durch die intensive Diskussion mit verschiedenen Beteiligten bereits weit gediehen. Ich bin zuversichtlich, dass wir den Gesetzentwurf nach der Sommerpause in die Verbändeanhörung geben können. Dies sind die wichtigsten Aspekte: Der Elternwille ist entscheidend. Umsetzung des inklusiven Lernens soll über Schwerpunkt- oder Vorreiterschulen ermöglicht werden: Dabei geht es darum, die regional sehr unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen zu beachten und vor allem darum, Ressourcen regional zu bündeln. Vor Ort wird entschieden, welche allgemeinen Schulen sich wann zur inklusiven Schule weiterentwickeln, an denen dann sonderpädagogische Lehrkräfte arbeiten und Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf ganz unterschiedlicher Art lernen sollen. Kreise und kreisangehörige Kommunen können Öffnungsklauseln nutzen und ihrerseits auf Förderschulen mit den Förderschwerpunkten Lernen, emotionale und soziale Entwicklung sowie Sprache verzichten. Wir stärken die didaktische Kompetenz der Lehrkräfte und planen dazu mittelfristig eine Reform der Lehrerausbildung, begleitende Fortbildungen und personelle Verstärkung an den Schulen, die schrittweise und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel realisiert werden soll. Zur Gewinnung zusätzlicher Sonderpädagoginnen und pädagogen werden wir die Ausweitung der Studienkapazitäten im Lehramt für sonderpädagogische Förderung prüfen. Das wird jedoch erst mittelfristig Früchte zeigen. Kurzfristig planen wir eine Qualifizierungsmaßnahme, um die nötige Qualität und Fachlichkeit zu sichern. Wir wollen berufsbegleitend Lehrkräften anderer Lehrämter die Möglichkeit geben, zusätzlich das Lehramt für sonderpädagogische Förderung zu erwerben.
5 - 5 - (Ein Durchgang wird jeweils 18 Monate dauern. Über einen Zeitraum von fünf Jahren wollen wir jeweils zwei Durchgänge starten. Wenn der Landtag diese Gesetzesänderung billigt, kann die Maßnahme 2013 beginnen.) Für die Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf in den Förderschwerpunkten geistige Entwicklung, körperliche und motorische Entwicklung, Hören und Kommunikation und Sehen wird es künftig weiterhin eine individuelle Feststellung eines entsprechenden sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfes geben, mit der unmittelbar eine zusätzliche Personalausstattung (Lehrerstellenanteile) verbunden ist. Für die große Gruppe der Schülerinnen und Schüler in den Förderschwerpunkten Lernen, emotionale und soziale Entwicklung sowie Sprache (ca. 70 Prozent) soll es ein regionales Stellenbudget geben. Anrede, wir haben noch einen langen Weg vor uns. Ich bin optimistisch, dass wir das Menschenrecht auf gesellschaftliche Teilhabe gemeinsam umsetzen werden. Ich halte viel vom Prinzip Praxis stärkt und ermutigt Praxis. Und wer einmal Inklusion erfahren und gelebt hat, der ist überzeugt, dass von einem inklusiven Schulalltag alle Kinder und Jugendlichen profitieren. Allerdings muss uns allen klar sein: Die Umsetzung der UN-Behindertenkonvention ist eine Generationenaufgabe. Wir in NRW gehen sie zielgerichtet, planvoll und in Schritten an.
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