Herr Geschäftsführer von Berner Gesundheit [Bruno Erni]
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- Carsten Schreiber
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1 Grussbotschaft von Regierungsrat Pierre Alain Schnegg, Gesundheits- und Fürsorgedirektor Donnerstag, 31. August 2017 um 13:30 Uhr im Psychiatriezentrum Münsingen Herr Direktor des Psychiatriezentrums Münsingen [Dr. med. Rolf Ineichen] Herr Geschäftsführer von Berner Gesundheit [Bruno Erni] Werte Herren Referenten Liebe Anwesende Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass im Jahr 2012 weltweit ungefähr drei Millionen Menschen infolge von Alkoholkonsum gestorben sind. Das Trinken von Alkohol erhöhe bei rund zweihundert Krankheiten das Risiko. Daher müsse, so die Experten, «mehr getan werden, um die Bevölkerung vor den negativen gesundheitlichen Folgen des Alkoholkonsums zu schützen». Nach WHO-Angaben leiden 13,5 Prozent der in der Schweiz lebenden Männer an den Folgen von Alkoholkonsum, bei den Frauen sind es 2,6 Prozent 1. Diese summarische Darstellung zeigt, dass dem Thema Alkoholkonsum ein zentraler Stellenwert sowohl in der Gesundheitsförderung als auch in der Gesundheitsversorgung zukommen sollte. Vor diesem Hintergrund stellen sich uns folgende Fragen: 1 Quelle: Schweizer-mit-Alkoholproblem/story/
2 S e i t e 2 o Wie erreichen wir mehr Alkoholabhängige? o Wie lassen sich alkoholabhängige Menschen für eine Behandlung motivieren? So leid es mir tut, ich kann Ihnen kaum dabei behilflich sein, gute Antworten zu finden. Mit dem besten Willen nicht: Ich verfüge weder über die notwendigen wissenschaftlichen Kompetenzen noch über relevante Praxiserfahrungen. Nichtsdestotrotz war und ist es mir ein Anliegen, zu Beginn Ihres Symposiums ein paar Worte an Sie zu richten: Ich bedanke mich bei Dr. Rolf Ineichen herzlich für seine Einladung. Was mich sofort angesprochen hat, liebe Anwesende, war der Titel der heutigen Veranstaltung: Kooperation als Chance. Diesen Ansatz, diese Sichtweise unterstütze ich sehr. Und deshalb wollte ich zu Ihnen kommen, wenigstens für einen Moment leider werde ich mich aufgrund anderer Verpflichtungen rasch verabschieden müssen und bitte Sie dafür jetzt schon um Verständnis.
3 S e i t e 3 Wir leben in einer stark marktorientierten Gesellschaft. In fast allen Bereichen herrscht ein harter Wettbewerb. Wer da nicht mithalten kann, läuft Gefahr, rasch den Anschluss zu verlieren und auf ein Abstellgleis zu geraten. Auch im Gesundheitswesen spielt diese raue Konkurrenz eine immer bedeutendere Rolle. Die unterschiedlichen Leistungserbringer verfügen nicht mehr über eine gefestigte Position, die Jahr für Jahr sichere Einnahmen garantiert. Selbst wenn die Nachfrage nur leicht abnimmt oder wenn die Rahmenbedingungen ändern, kommt das Unternehmen sofort unter Druck. Wie werden in dieser neuen Lage die Betriebskosten gedeckt? Wie werden die Investitionen finanziert? Mir ist bewusst, liebe Anwesende, dass Sie die erwähnten Fragen heute eher in klinischer Hinsicht zu beantworten versuchen werden, nicht so sehr in einer volkswirtschaftlichen Perspektive. Das ist auch gut und recht so. Dafür haben Sie zwei bestens qualifizierte Referenten gewinnen können, und ich werde mich da nicht einmischen. Aber auch mein Ansatz ist gar nicht so sehr ein ökonomischer, sondern vielmehr systemischer Natur. Ich bin nämlich überzeugt, dass unser Gesundheitswesen deshalb suboptimal funktioniert, weil es zu sehr auf ver-
4 S e i t e 4 mehrte Spezialisierungen und Konkurrenz setzt und dabei wichtige Kooperationen vernachlässigt. Es ist an der Zeit, dies zu ändern. Liebe Anwesende, um es deutsch und deutlich zu sagen: Nicht die Konkurrenz an sich ist schlecht meine Erfahrung als Unternehmer hat mir gezeigt, dass es ohne echten Wettbewerb keine leistungsfähige Wirtschaft gibt. Sondern es ist die Schwäche im nötigen Zusammenspiel der einzelnen Akteure, die unserem Gesundheitswesen schadet. Die ganze Maschinerie krankt, wenn die teilnehmenden Akteure isoliert voneinander oder sogar gegeneinander arbeiten und dabei nicht mehr das Gesamtsystem vor Augen haben, dessen Teil sie sind. Meine Damen und Herren, Sie bilden, egal ob in einer psychiatrischen Klinik, als Hausarzt mit eigener Praxis oder als Präventionsspezialist in einer Fachorganisation tätig, zusammen ein Netzwerk. Und von der Leistungsfähigkeit dieses Netzwerks hängen die Qualität und die Prosperität jedes einzelnen Glieds ab. Dieses Netzwerk muss den ausgewiesenen Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechen: Der Patient, seine Bedürf-
5 S e i t e 5 nisse, seine Erwartungen sind schliesslich sein einziger Daseinsgrund. Und dieses Netzwerk hat dafür zu sorgen, dass es sich nicht primär aufgrund seines eigenen Angebots weiterentwickelt. Sonst nämlich löst es unabhängig von den fachlichen Indikationen unzählige Handlungen aus, die unsere finanziellen Möglichkeiten bald einmal übersteigen dürften. Aufgrund meiner Beobachtungen stelle ich fest, dass die Strategien im Gesundheitswesen noch viel zu sehr auf Eigeninteressen statt auf gemeinsame Interessen ausgerichtet sind. Noch gibt es zu viel «Gärtli-Denken», zu viele Scheuklappen. Auf der andern Seite herrscht Mangel an Austausch und gibt es zu wenig Partnerschaften. Und genau deshalb gibt es so viele Doppelspurigkeiten bei den Behandlungen, genau deshalb existieren weiterhin viel zu viel Angebote, die keinem echten Bedürfnis mehr entsprechen und dafür bezahlen wir am Ende einen hohen Preis. Nehmen Sie mir diese Kritik bitte nicht übel, liebe Anwesende, sie entspricht einfach meiner persönlichen Erfahrung als Mensch, der von aussen kommt und die politische Verantwortung trägt, auch in Fachgebieten, wo der Kanton nur geringfügige Steuerungskompetenzen besitzt.
6 S e i t e 6 Trotzdem und das sollte uns alle ermutigen haben wir in unserem Kanton eine lange und lebendige Tradition der Zusammenarbeit und der Kooperation. Ein anschauliches Beispiel dafür ist Ihre Initiative mit dem heutigen Symposium als Tatbeweis. Die nötigen Kooperationen in ganz unterschiedlichen Formen ich kann hier aus Zeitgründen nicht näher darauf eingehen sind vielversprechend: Sie sind ein Gewinn für die Versorgungsqualität, und die Kostenkontrolle im Behandlungsprozess sollte damit ebenfalls erleichtert werden. In den kommenden Jahren werden wir daher diese Art von Initiativen vervielfachen und sie auf jede erdenkliche Art und Weise weiterentwickeln müssen. Damit komme ich, liebe Anwesende, zum Schluss meines Grussworts. Ich bedanke mich bei den Verantwortlichen des Psychiatriezentrums Münsingen und der Berner Gesundheit für ihre Initiative, gemeinsam die offenen Fragen anzugehen. Ich bedanke mich ebenfalls bei Ihnen allen, die bereit sind, Kooperation als Chance zu sehen, Bestehendes in Frage zu stellen und neue Wege zu suchen.
7 S e i t e 7 Wie schon einleitend gesagt: Ihr Gesundheits- und Fürsorgedirektor ist kaum der richtige Mann fürs Fachliche. Es könnte jedoch sein, dass ich etwas anderes kann: Wenn Sie zum Schluss kommen, bei diesem oder jenem Aspekt könnte die Politik einen wirksamen Beitrag leisten. Sollte es so sein, dann lassen Sie es mich bitte wissen! Nehmen Sie mit mir oder meinem Stab Kontakt auf, und wir werden gemeinsam schauen, was unternommen werden kann. Denn auch zwischen der Politik und den Akteuren an der Front braucht es eine intensivere, stärkere Kooperation. Dazu bin ich noch so gerne bereit. Ich wünsche Ihnen einen spannenden Nachmittag und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
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