Kolumbien-aktuell. No Juli Soziale Bewegungen: Die Frauen halten an ihrem Nein zum Krieg fest

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1 Kolumbien-aktuell Regelmässige Infos zu: Menschenrechte, Drogenkrieg, Vertreibungen,Friedensprozess, Politik, Wirtschaft, Regionen, interner bewaffneter Konflikt, soziale Bewegungen, Paramilitarismus, Guerilla, Massaker, Chronik der Ereignisse, NGOs und Zivilgesellschaft ect. No Juli 2002 Inhaltsverzeichnis: 1.Soziale Bewegungen: Die Frauen halten an ihrem Nein zum Krieg fest 2.Menschenrechte: Erdöl verschärft den Konflikt in Arauca 3. Politik:Lokale Regierungslosigkeit 4. Andere Stimmen:Die Herausforderung Uribe Vélez - Den Krieg vertiefen oder ihn besiegen 1.Soziale Bewegungen: Die Frauen halten an ihrem Nein zum Krieg fest Frauen aus dem ganzen Land werden sich am Donnerstag, 25. Juli im Nationalen Park Bogotás um von dort bis zum Bolívar-Platz zu marschieren und mit einer einzigen Stimme ihrer Ablehnung des Krieges Ausdruck zu verleihen. Tausende von Frauen werden sich aus allen Ecken Kolumbiens Richtung Bogotá in Bewegung setzen, um mit einer einzigen Stimme ihrer wuchtigen Ablehnung des Krieges Ausdruck zu verleihen, und um Vorschläge zur Überwindung des bewaffneten Konfliktes im Lande zu machen, da die Frauen die Hauptopfer dieses Konfliktes sind. "Wir wollen keine weiteren bewaffneten Lösungen, wir brauchen zivile Antworten", ist der dringliche Ruf mehrerer Frauengruppen. Sie schlagen die Entmilitarisierung des zivilen Lebens und die Wiedererlangung der Zivilisiertheit für die Kolumbianer und die Kolumbianerinnen, die politische Verhandlung der Konflikte und die direkte und unabhängige Teilnahme der Frauen in den Verhandlungen und im Friedensprozess vor. Die Frau in Mitten des Krieges Gemäss den Sprecherinnen

2 dieser Mobilisation hat der Abbruch des Friedensprozesses die Situation der Frauen grausamer und schmerzlicher gemacht; ihre Rechte wurden von den verschiedenen bewaffneten Akteuren vor, während und nach dem Abbruch des Dialoges zwischen der Regierung und den Revolutionären Streitkräften Kolumbiens, FARC, verletzt. In Mitten der Verschärfung des Konfliktes sind sie Opfer von Vergeltungsmassnahmen wegen ihrer Art zu lieben. Sie werden umgebracht, weil sie Verlobte, Freundinnen, Mütter oder Geliebte von Polizisten und Soldaten, von Guerilleros oder von Mitgliedern der Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens AUC sind. Sie werden wegen ihrer Art, sich zu kleiden öffentlich zur Schau gestellt, und sie verlieren das Recht auf Bewegungsfreiheit durch die Strassen, Quartiere und Weiler. Frauen jeden Alters werden von den verschiedenen sich bekämpfenden Akteuren vergewaltigt; sie erleiden Vertreibung inner- und ausserhalb des Landes, die Besetzung ihrer Wohnräume durch die bewaffneten Akteure, um sie in Operationszentren zu verwandeln; das Verbot, ihre Toten zu bergen, die Trauerwache abzuhalten und sie zu beerdigen; die Schliessung der Schulen und Gymnasien und die daraus resultierende Mehrbelastung im Haushalt. Nationale und internationale Unterstützung Internationale Organisationen begleiten und unterstützen die Nationale Mobilisation der Frauen gegen den Krieg mit finanziellen Mitteln. Das gleiche tun nationale soziale, Volks-, Kleinbauern-, Indigenen-, religiöse und akademische Organisationen sowie die Gewerkschaften. Zum Marsch vom 25. Juli rufen die Initiative der Kolumbianischen Frauen für den Frieden, der Nationale Einigungs - Tisch der Frauen, die Organización Femenina Popular, das Nationale Frauennetz und die Ruta Pácifica de Mujeres auf. 2.Menschenrechte: Erdöl verschärft den Konflikt in Arauca Vergangenes Jahr hat sich der bewaffnete Konflikt im Departement Arauca zeitgleich mit der Durchführung neuer Ölprojekte seitens der Firmen Repsol und Oxy verschärft und degradiert, v.a. mit der Einführung des paramilitärischen Projektes, was zum Resultat hatte, dass mehr als hundert Einwohner, v.a. soziale, politische, Volks-, Gewerkschafts- und Kleinbauernführer, ermordet wurden. Als Folge dieser paramilitärischer Handlungen haben verschiedene Nichtregierungsorganisationen Dringliche Aktionen gestartet, in denen sie die Aufmerksamkeit auf die Verantwortung der Ordnungskräfte wegen Tat oder Unterlassung lenkten, und zwar sowohl durch Mitglieder der XVIII Brigade, die im Bataillon Navas Pardo und in der Militärbasis Los Naranjitos in Tame stationiert sind, als auch durch die Polizeistation jener Gemeinde.

3 Die Ermordung eines der Hauptzeugen des Falles Santo Domingo, Ángel Riveros Chaparro, in Tame, zusammen mit Mario González Ruiz und Heliberto Delgado, waren Anlass für einen Mobilisationstag und einen Zivilstreik "Für den Respekt des Lebens und den Verbleib im Territorium von Arauca", der mit der Unterzeichnung des Abkommens "Wiege der Freiheit" am 4. März 2002 beendet wurde. In jenem Abkommen verpflichtete sich die Nationalregierung: Anstrengungen zu unternehmen, um das Leben der Einwohner Araucas zu schützen, vor allem das der Einwohner von Tame, Puerto Rondón und Cravo Norte; der Ausdehnung des Paramilitärischen Projektes Einhalt gebieten; und die Interinstitutionelle Kommission zur Überwindung der Straflosigkeit in Arauca, die durch ein Präsidialdekret auf unbeschränkte Zeit ins Leben gerufen wurde, wiederzubeleben. Diese Kommission hatte den Zweck, die Untersuchungen über Menschenrechtsverletzungen und über Verstösse gegen das Humanitäre Völkerrecht zu begleiten und zu fördern; es ist wichtig, festzuhalten, dass trotz der Unterzeichnung dieses Abkommens bis heute weder die Bevölkerung geschützt worden ist, noch die Paramilitärs neutralisiert noch das Dekret ratifiziert worden ist. Unter den Organisationen, die diese Situation denunziert hatten, finden sich die Departementale Vereinigung der Kleinbäuerlichen Nutzniesser ADUC-Arauca, die Einheitszentrale der Arbeiter CUT - Regionalvertretung Arauca, die Föderation der Gemeinde- Basisorganisationen Fedecomunal, die Regionale Studentische Jugendvereinigung - ASOJER, der Regionale Indigenenrat Araucas - CRIA und das Regionale Menschenrechtskomitee "Joel Sierra". Unterstützung durch die Vereinten Nationen Diese beschriebene Situation führte das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen dazu, eine andauernde Präsenz und eine permanente Verfolgung der Situation Araucas auszuüben, und vor dem Hintergrund der Deutlichkeit der Vorfälle erliess sie zwei Dringliche Aktionen zur Lage im Departement: eine spezifisch über Tame und die andere über Cravo Norte, in denen das Handeln der angeblichen Paramilitärs in einem Umfeld mit beträchtlicher Präsenz der Ordnungskräfte hervorgehoben wurde. In diesem Sinne hatte auch der General - Prokurator der Nation, Edgardo Maya V., die National- sowie die Departementsregierung wie auch die staatlichen Organe mit der Weisung 007 vom 18. April 2002 aufgefordert, dringende Sicherheitsaktionen und präventive Pläne zur Garantierung der Menschenrechte und Verhinderung von Verstössen gegen das Humanitäre Völkerrecht im Departement Arauca durchzuführen. Trotz dieser nationaler und internationaler Empfehlungen hat die Nationalregierung keine effizienten Antworten gegeben, um die kritische Situation aufzuhalten; vor diesem Hintergrund haben die sozialen, gewerkschaftlichen und Menschenrechtsorganisationen friedliche Besetzungen der Gemeindehäuser und der Departementsversammlung durchgeführt, die am 9. Mai Dank der Präsenz der

4 Vizepräsidentschaft der Republik, dem Innenministerium und dem Chef der Menschenrechtsabteilung der Generalstaatsanwaltschaft aufgehoben wurden. Die Vizepräsidentschaft verpflichtete sich einmal mehr, die Ratifikation des Dekretes der Interinstitutionellen Kommission beschleunigt voranzutreiben und einen präventiven und Frühwarn-Plan für das Departement in Gang zu setzen. Trotz den eingegangenen Verpflichtungen und nachdem zwei Monate vergangen sind, kommt es immer noch zu Morden und Menschenrechtsverletzungen, ohne dass die Regierung eine effiziente Antwort darauf gibt. Beunruhigende Sperren Am vergangenen 31. Mai explodierten zwei Sprengsätze in der Stadt Arauca - der Hauptstadt des gleichnamigen Departements -, die Tote, Verletzte und materielle Schäden am Regierungsgebäude und an den umliegenden Häusern hinterliessen. Ebenso gibt es immer noch Strassensperren der angeblichen Paramilitärs bei der Brücke über den Tame-Fluss auf der Strasse, die von Tame nach Cabuya führt, nur fünf Minuten vom Bataillon Navas Pardo in Tame entfernt. Andererseits wurde am 19. Juni der Präsident der Gewerkschaft der Gesundheitsarbeiter ANTHOC der Gemeinde Tame ermordet, als er seinen mit einem Sicherheitskordon der Sicherheitskräfte ausgestatteten Arbeitsort verliess. Ebenso erregt Aufmerksamkeit, dass es auf der Strasse, die von Arauca zum Erdölkomplex Caño Limón führt, bei den Orten La Antioqueña, El Rosario und Papayito Strassensperren der angeblichen Paramilitärs gibt; bis zum heutigen Zeitpunkt wurde keine Aktion unternommen, um dem entgegen zu wirken; diese Inaktivität schafft Verwirrung, da sich dieses Gebiet innerhalb der Sicherheitszone des Erdölkomplexes Caño Limón befindet, der durch die multinationale Firma OXY betrieben wird, und die durch eine starke militärische Kontrolle zu Luft und auf dem Boden geschützt wird, unter anderem mit permanenten Überflügen von Helikoptern, OV-10- und Sky Master-Flugzeugen. All dieses oben erwähnte führte die sozialen Organisationen und die Bewohner der Region dazu, am 21. Mai 2002 die Präsenz von ungefähr 200 bewaffneten Männern in dieser Zone zu denunzieren; diese Männer führen im Namen der Paramilitärs Strassensperren durch und ermordeten am 21. Juni 2002 am Ort Corocoro, an der Strasse, die von Arauca nach Cravo Norte führt, mehr als fünf Personen und liessen drei mehr verschwinden. Unter den schlimmsten Vorfällen ist die Ermordung des Arztes und Journalisten Efraín Alberto Varela Noriega am 28. Juni 2002 durch vier mit Gewehren bewaffnete Männer hervorzuheben; unter ihnen befand sich der Berufskiller Félix Bata, der als persönlicher Leibwächter des ehemaligen Kongressabgeordneten Julio Acosta Bernal arbeitete. Ebenso wurde angekündigt, dass in der Hauptstadt Arauca eine Gruppe von Berufskillern - Sicarios - damit beginnen würde,

5 Verbrechen im Namen der Paramilitärs zu begehen; diese Gruppe ist im Besitz einer Namensliste mit zu exekutierenden Personen, auf der soziale, politische, Volks- und Gewerkschaftsführer sowie Medienleute figurieren. Zu dieser Situation der Unruhe und Angst kommt die Drohung der FARC an die politische und Verwaltungsführung hinzu; die FARC verlangen von den Bürgermeistern, Gemeinderäten und Abgeordneten den kollektiven Rücktritt von ihren Ämtern, womit sie die Regierungskrise, die das Departement schon erleidet, verschärfen. Als Konsequenz davon fordern die NGO von Arauca: 1. Der Nationalregierung Forderungen präsentieren, damit dieses die mit den Bewohnern Araucas unterzeichneten Abkommen erfüllt und das Präsidialdekret ratifiziert, das die Interinstitutionelle Kommission für die Überwindung der Straflosigkeit in Arauca dauerhaft reaktiviert. 2. Von den mit der Sicherheit beauftragten Organen verlangen, dass sie ihre verfassungsmässigen Pflichten erfüllen; ebenso von der Menschenrechtseinheit der Generalstaatsanwaltschaft und der Delegierten Sachverwalterin für die Menschenrechte verlangen, dass sie die Mitglieder der Ordnungskräfte, die durch Tat oder Unterlassung das Aktivitäten und die Handlungen der angeblichen Paramilitärs ermöglichten, untersuchen. 3. Von den Internationalen Organisationen verlangen, dass sie intervenieren, damit die Akteure des Konfliktes die Zivilbevölkerung nicht in ihre Aktionen einschliessen und die Normen und Prinzipien des Humanitären Völkerrechts respektieren. 4. Von der Nationalregierung verlangen, dass sie einen Plan zur Prävention und zum Schutz der Menschenrechte und des Humanitären Völkerrechts umsetzt, der dazu beitragen soll, das Leben, die Menschenrechte und den Verbleib der Bevölkerung im Territorium Araucas zu garantieren. "Dass diese Sache des Krieges vorbeigehe, aber schnell!" Ich stamme aus einer indigenen-gemeinschaft, die vor zwei Jahren von der Guerilla vertrieben wurde, nachdem unsere Erde den Tod von vielen Brüdern und Einheimischen gesehen hat. Und nachdem wir so lange durch die Städte zogen auf der Suche nach einem Ort an dem wir als Gemeinschaft leben können, waren wir gezwungen, zur Nationalen Indigenen-Organisationen Kolumbiens ONIC, in Bogotá zu gehen, wo sie uns die Papiere ausstellten, die uns unsere Eigenschaft als vertrieben Gemeinschaft und die Tatsache, dass wir dringend Hilfe brauchten, bestätigten. Deshalb kamen wir hierher nach Suba, weil es hier noch mehr Indigene verschiedener Gemeinschaften hat, die unter dem Problem der Vertreibung leiden, aber zum Glück haben wir innerhalb der Gemeinschaft überhaupt keine Probleme.

6 Da ich Indigener bin, schauen mich die Leute komisch an und behandeln mich anders, vor allem weil ich das Haar lang und glatt habe und anders spreche. Ich bin fast sicher, dass wir unser Land verlassen mussten, weil die Guerilla gleich wie die von der Stadt denkt. Was wir hier in der Stadt tun, ist zu stören; das denken sie, da sie es mir schon gesagt hatten, dass wir eine Art Plage oder Krankheit sind, die in die Stadt kommt und ihnen das Essen wegnimmt, während ich glaube, dass wir mehr Respekt und Verständnis verdienen. Ich studiere nun in einem Gymnasium, wo sie mich per Gesetz oder Dekret - ich weiss es nicht genau - akzeptieren mussten, weil ich Vertrieben bin, und weil ich ein Indigener bin und das Gesetz mich schützt; aber das nützt auch nichts, solange die Leute einem behandeln wie es ihnen gerade passt. Meine Mutter verkauft Pullover, die wir in der Gemeinde weben, und einmal hat die Polizei sie mit Fusstritten vertrieben, wie wenn dies ein Verbrechen wäre. Sie nahmen ihr alles, was sie hatte weg, aber für uns ist es schlimmer gewesen, Indigen und Vertrieben als ein Dieb zu sein. Am Gymnasium sagen sie nie etwas zu mir, weder die Lehrer noch die Schüler, niemand, abgesehen von den komischen und verächtlichen Blicken und den Dingen, die sie sich in Gruppen zuflüstern, sonst nichts. Ich habe eine Freundin und einen Freund, beide auch Indigene, und mit ihnen mache ich alles, was die Jugendlichen hier machen, d.h. ausgehen und in den Einkaufszentren herumschlendern. Uns sagen sie, wir seien irgendwie verschlossen und abweisend, aber die Leute hier sind sehr schädlich und verräterisch. Meine Familie hat mir den Wert und die Wichtigkeit der Loyalität und das an die Gemeinschaft und an unsere Traditionen denken und all dies beigebracht, aber hier machen sich die Leute darüber lustig und wollen, dass man in die Messe geht, im Laden an der Ecke ein Bier trinkt und raucht, und all das macht, was sie machen. Hier ist es sehr schwierig, Indigen zu sein und meine langen Haare, die Ohrringe und die Armreifen zu tragen. Meiner Schwester haben sie sie weggenommen, oder, wie die Lehrerin sagte, konfisziert, da sie nicht zur Uniform passten. Da dies zu unserer Kultur gehört, hat sich meine Mutter beschwert und unter Berufung auf die Bevorzugungs-Charta für uns haben sie sie ihr zurückgegeben. Mir haben sie gesagt, "warum schneidest du dir nicht die Haare", und ich hatte Lust, es zu machen, aber meine Mutter sagt, dass ich das nicht tun kann bis ich 16 Jahre alt bin, und dass es zudem wichtig ist für meine indigene Familie, und sie hat mich geschimpft, da sie glaubt, dass ich mich schäme. Ich denke, dass ich mich manchmal schäme, ja wirklich, da ich nach den Misshandlungen müde geworden bin, ein Indigener zu sein, sogar wegen dem Essen. Ich bedaure es nicht, aber manchmal denke ich, dass es sich nicht lohnt, Indigen zu sein, wenn man, da man sich nicht wie sie hier wäscht und dazu ihre komischen Sachen benutzt, mehr oder weniger ist. Der Unterschied zu den Jugendlichen hier ist, dass ich indigen bin und andere Sachen mache, aber es gefällt mir,

7 darüber auszutauschen, aber das konnten wir nicht machen. Sie machen sich über den Ort, wo wir wohnen lustig, da es für sie schlecht riecht, nach Tieren, wie mir ein Mädchen sagte, das mit mir studiert. Wenn ich in meiner Sprache spreche, lachen sie, und wenn ich Fussball spiele, schliessen sie mich wegen meinem Geruch aus. Es gibt andere Indigene, die es geschafft haben, sich anzupassen, aber ich noch nicht, und ich möchte dorthin zurückkehren wo ich herkomme. Das einzig andere, das ich hier mache, ist mit mehr Kindern zusammen zu lernen und andere Lehrer zu haben, die einen beschimpfen. Die Leute hier haben viele Vorurteile gegenüber den Indigenen und so kommen wir nirgends wo hin. Ich will schon nicht mehr zur Schule gehen: es gefällt mir nicht, ich lerne nichts und ich bin es satt, dass sie mich schräg angucken. Das einzige, was ich möchte ist, dass diese Sache mit dem Krieg schnell vorbeigeht, um wie so zu sein wie früher: glücklich. 3. Politik:Lokale Regierungslosigkeit Nachdem Präsident Pastrana am 20. Februar 2002 den Dialogprozess mit der Guerilla der FARC abgebrochen hatte, startete diese Gruppierung eine Einschüchterungskampagne gegen lokale Machthaber, was einige zwang, zurückzutreten, und 30% des Landes in einer schweren Krise der Regierungslosigkeit hält. Die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens FARC bedrohen eine grosse Anzahl Bürgermeister im ganzen Land mit dem Tod. Diese Urteile richten sich gegen die Machthaber grosser Städte, wie im Falle der Bürgermeister von Bogotá, Medellín - der Hauptstadt des Departements Antioquia, und von Cali, Hauptstadt des Departements Valle del Cauca, erreichen aber auch die Bürgermeister kleiner Städte wie El Tambo im Departement Cauca. Diese Drohungen stammen nicht ausschliesslich von den FARC: die Paramilitärs bedrohen auch verschiedene Bürgermeister im Land, wie wir in der Nummer 338 von Kolumbien Aktuell berichtet haben. Bis zum jetzigen Zeitpunkt wurden etwa 200 Bürgermeister im ganzen Land bedroht; aber in dieser Liste müssen wir auch die Gemeinderäte, Staatsanwälte, Ombudsmänner und Schreiber aufnehmen. So lebt das Land in einem Zustand der Regierungslosigkeit, der mehr als 30% des nationalen Territoriums betrifft. Diese Situation hat drei Hauptfolgen: erstens, einen Zustand der Regierungslosigkeit; zweitens haben diese Drohungen ein Klima geschaffen, das die Wiedereinführung des Ausnahmezustandes begünstigt; und drittens, bringt diese Haltung diejenigen Sektoren zum Schweigen, die auf eine Verhandlungslösung des Konfliktes setzen. In Zusammenhang mit dieser Regierungslosigkeit haben 26

8 Bürgermeister ihren Rücktritt eingereicht, einige ohne auf ihre Entscheidung zurückkommen zu wollen, während andere sagen, dass wenn die Regierung keine Garantien für ihren Schutz offeriere, sie zurücktreten würden. Circa 130 Bürgermeister empfangen von der Selbstverteidigungsgruppen und von der Guerilla Empfehlungen für die Verwendung der finanziellen Mittel der Gemeinde; eine beträchtliche Anzahl Bürgermeister haben beschlossen, von mittleren oder grossen Städten aus zu regieren, wo sie sich sicher fühlen, obwohl die illegalen bewaffneten Akteure dann beschlossen haben, die Familien der lokalen Machthaber zu bedrohen, welche eben trotzdem in den kleinen Dörfern bleiben müssen. Diese Drohungen haben ein günstiges Klima geschaffen, um den Ausnahmezustand wieder einzuführen, ein Thema, über das in verschiedenen öffentlichen Sektoren des Landes gesprochen wird. Zum Beispiel sagt der zukünftige Innenminister, der auch dem Justizdepartement vorstehen wird, Fernando Londoño Hoyos, immer wieder, dass es notwendig sei, zum Ausnahmezustand zurückzukehren, und dieser These haben sich verschiedene Senatoren angeschlossen, die die Kampagne des gewählten Präsidenten Álvaro Uribe unterstützt hatten, sowie auch einige Vertreter der Wirtschaftsgremien. Auf der anderen Seite haben Menschenrechtsverteidiger und soziale Führungspersonen auf die negativen Konsequenzen hingewiesen, die die Ausrufung des Ausnahmezustandes auf die demokratischen Sektoren haben würde, da diese Massnahmen schon in der Vergangenheit gegen diese Gruppen angewandt worden sind. Prinzipielle Garantien eines Rechtsstaates wie der Habeas Corpus, die Bewegungsfreiheit, die Festnahme nur auf richterliche Anordnung hin, die Meinungs- und Pressefreiheit, die Mobilisierungs- und Versammlungsfreiheit können vom Präsidenten per Dekret beliebig lange ausgesetzt werden, wie es schon während der Anwendung des Ausnahmezustandes während 46 Jahren fast ununterbrochen geschah. Zu guter letzt bringt diese Haltung diejenigen Sektoren zum Schweigen, die auf eine Verhandlungslösung des bewaffneten Konfliktes setzen, und gibt den kriegstreibenden Sektoren in der Regierung und in den FARC Argumente in die Hand. Die jetzige Regierung verordnet nicht nur die falschen Massnahmen, um dieser Krise zu begegnen, sondern hat auch Belohnungen in Dollars ausgesetzt für die, die Informationen liefern, die die Gefangennahme der Mitglieder des Führungsstabes der FARC ermöglichen. Der neu gewählte Präsident, Álvaro Uribe Vélez, der sein Amt am kommenden 7. August antreten wird, hat auch keine Zeit vergeudet, um auf dem Kriegspfad voranzuschreiten, denn er hat schon, bevor er überhaupt sein Amt angetreten hat, einige Darlehen für den Krieg verlangt, wie z.b. Anlässlich seines Besuches in Spanien, wo ihm ein Darlehen von 250 Millionen US$ für den Kampf gegen den Terrorismus gewährt wurde. 4. Andere Stimmen:Die Herausforderung Uribe Vélez -Den Krieg vertiefen oder ihn besiegen

9 Vom Beobachtungsnetz Irene* Die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens, FARC, haben die Bürgermeister, Funktionäre, Staatsanwälte, Richter und Abgeordnete von 203 Gemeinden in 22 Departementen (Kolumbien hat momentan 32 Departemente) bedroht, mit dem Ziel, sie zur Aufgabe ihres Amtes zu zwingen. Die von diesen Drohungen betroffenen Departemente sind: Huila, Caquetá, Putumayo, Arauca, Cundinamarca, Guainía, Vichada, Boyacá, Meta, Casanare, Amazonas, Norte de Santander, Cesar, Bolívar, Caldas, Risaralda, Sucre, Santander, Antioquia, Valle del Cauca, Cauca und Nariño. In Vertretung der Bürgermeister des Orients von Antioquia haben sich die Mandatsträger von El Carmen de Viboral und Sonsón, Humberto Restrepo und William Ospina, mit dem Kommandanten der 9. Front der FARC im ländlichen Gebiet von San Luis getroffen, um Auswege aus dieser Situation zu finden. Nach ihrer Rückkehr haben sie sich mit dem Gouverneur a.i. von Antioquia getroffen und ihm erzählt, dass die Aktion der Aufständischen in der Sicht der Aufständischen selbst Teil einer Kampagne gegen den Staat sei, befohlen vom Sekretariat der FARC als Antwort an die Nationalregierung wegen dem Abbruch der Friedensverhandlungen und der Aufhebung der entmilitarisierten Zone; ebenso hätten die Vertreter der FARC zu verstehen gegeben, dass sie immer noch bereit seien, Wege der Verständigung und des Dialoges für einen neuen Friedensprozess zu suchen. Einige der bedrohten Bürgermeister aus verschiedenen Regionen trafen sich mit dem Präsidenten der Republik und unterbreiteten ihm den Rücktritt von ihren Ämtern, was von der Nationalregierung als allgemeine Haltung nicht akzeptiert wurde. Im Gegenzug offerierte die Nationalregierung, die Sicherheitsmassnahmen zu verstärken und jeden Einzelfall zu analysieren, um weitere Massnahmen zu bestimmen, wie z.b., von den Departementshauptstädten aus zu regieren. Für den Moment wurde auch der Vorschlag verworfen, militärische und polizeiliche Bürgermeister zu ernennen, oder Ausnahmemassnahmen zu treffen. In einem von der Nachrichtenagentur ANNCOL publizierten Interview erklärte der Abgeordnete des Departements Valle del Cauca, Eriberto Sanabria, die Reichweite der vorgeschlagenen Initiative, die an der Nationalen Versammlung der Abgeordneten vom 11. bis 12. Juli präsentiert wird. Dieser Vorschlag besteht aus einem Gesetzesprojekt über humanitären Austausch, der sich auf Artikel 155 der Nationalen Verfassung beruft. Dieses Gesetz würde es dem Präsidenten der Republik erlauben, einen einmaligen Gefangenenaustausch als Ausgangspunkt für einen eventuellen Friedensprozess mit denjenigen bewaffneten Gruppen durchzuführen, die Friedenswillen haben und die mit Gesten unterstrichen haben, dass sie Dialoge beginnen wollen, um den Frieden zu erreichen. Wenn es gelingen sollte, die Unterstützung von 30% der Abgeordneten des Landes zu erhalten, würde das Gesetzesprojekt dem Kongress, der am 20. Juli wieder zusammentritt, vorgelegt werden.

10 Die Nationale Befreiungsarmee ELN hat ein Kommuniqué publiziert, in dem sie der jetzigen Regierung wegen dem Abbruch der Friedensgespräche Vorwürfe machen, den gewählten Präsidenten kritisieren und ihren Entschluss, Wege zum Frieden zu suchen, bekräftigen. Als Zeichen des Friedenswillens haben sie die Übergabe von zwei Paramilitärs, die sie seit dem 30. April in ihrer Gewalt haben, ans IKRK angekündigt. Im Hinblick auf eine eventuelle Vermittlung durch die UNO haben sie ihre Vorbehalte gegen eine derartige Vermittlung angekündigt, da die UNO keine neutrale Organisation wäre, da ihr der Kolumbianische Staat angehört. Sie bevorzugen die Vermittlung deines Drittstaates, der den Willen, die Gemessenheit und die Ausgewogenheit hat, um dieser Rolle gerecht zu werden. Die Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens AUC ihrerseits haben sich entschlossen, die Drohungen gegen einige Bürgermeister aufzuheben, unter Berücksichtigung der Situation, die wir momentan durchleben. Gleichzeitig luden sie diese ein, an der Macht zu bleiben und den Rückhalt der Gemeinschaften zu suchen. In einem an Marta Lucía Ramírez, der neu designierten Verteidigungsministerin, gerichteten Brief, schreibt Carlos Castaño, dass die AUC eine tiefgründige Überprüfung ihre Haltung im militärischen Bereich, im Menschenrechtsbereich und in den Finanzen vorgenommen haben. In Bezug auf diesen letzten Punkt sagte er, obwohl es nicht möglich sei, in einem Land mit einer wirtschaftlichen Rezession einen antisubversiven Krieg nur mit legalem Geld zu finanzieren, hätten sie beschlossen, die aus dem Drogenhandel stammende Finanzierung auf die Eintreibung einer Steuer der Cocabauern zu reduzieren. Die FARC sind daran, mit ihrer Einschüchterungspolitik lokaler Mandatsträger die Konfrontation mit dem Kolumbianischen Staat mit einer riskanten Praktik, Führungslosigkeit zu schaffen, zu erhöhen, ohne eine klare, sofortige Alternative zu offerieren, die das Machtvakuum auffüllen würde. Wenn die Absicht, die Macht auf Gemeindeebene den lokalen Gemeindejuntas zu übergeben, war ist (Quelle: RNC basierend auf einem geheimen Regierungsdokument), wäre dies nur eine alternative Teillösung, die die Abwesenheit des Staates in diesen Regionen nicht lösen würde. Auch wenn es scheint, dass die Drohungen gegen lokale Mandatsträger begann, um Druck auszuüben damit der Staat zwei Departemente entmilitarisiert, ist der Krieg gegen die politische Klasse mit der Anwendung des Gesetzes Nr. 003 (Gegen korrupte Funktionäre) und dem Impuls ihrer Absicht, einen Gefangenenaustausch zu erreichen, eine vom Sekretariat der FARC als generelle Strategie unterstützte Massnahme geworden. In den Regionen, wo die FARC politische Hegemonie ausübten, praktizierten sie immer einige Formen des Mitregierens. Diese neue Politik des Alles oder Nichts mittels der Einschüchterung kann ihnen kurzfristig positive Effekte bringen, aber es kann auch wie ein Bumerang auf sie zurückkommen, falls die Regierung

11 korrekt reagiert, das heisst nichts überstürzt oder dramatisiert. Diese lokale Führungslosigkeit kann auch soziale Reaktionen hervorrufen, die den Weg für parastaatliche Regierungsformen öffnen, die den FARC nicht unbedingt wohlgesinnt sein müssen. Die aktuelle Situation des ELN lässt sowohl militärisch als auch politisch keine wesentlich dynamischere Haltung auf der Suche nach einer neuen Verhandlung erkennen. Mit ihren Einwänden gegen eine Vermittlung der UNO schliessen sie eine möglich internationale Vermittlung nicht aus, getrauen sich aber noch nicht, einen klaren und konkreten Vorschlag zu formulieren. Die AUC scheinen auf ihrem Weg der Entnarkotisierung fortzuschreiten, um sich für eine eventuelle Verhandlung präsentabel zu machen. Perspektiven Die Alternative scheint sich heute zwischen mehr oder weniger Demokratie zu bewegen, um die durch die FARC geschaffene Krise der lokalen Führungslosigkeit zu bezwingen. Mehr Demokratie heisst selbstverständlich nicht, darauf zu verzichten, die legitime Gewalt des Staates einzusetzen. Es bedeutet, dass die Anwendung der staatlichen Gewalt als Gravitationszentrum die Wiederherstellung, Festigung und Entwicklung einer wirklichen Demokratie hat, mit Unterstützung des Volkes, mit sauberen Wahlen, mit Teilnahme der Bürger und mit legalen und selbsttragenden Wirtschaftsformen. Weniger Demokratie bedeutet den Gebrauch und den Missbrauch von Ausnahmemassnahmen, die Zunahme der Verwendung von illegalen Instrumenten und Massnahmen um die FARC zu bekämpfen, sowie die Vertiefung des Krieges auf Kosten immer schwächer werdenden Institutionen. Mehr Demokratie bedeutet dem gegenüber, den Krieg, den die FARC mit Tatsachen und Drohungen gegen den Staat und die Einwohner Kolumbiens erklärt haben, zu besiegen. Diese beiden Szenarien können logischerweise Abstufungen haben, aber innerhalb dieser beiden Alternativen werden sich die scheidende und die kommende Regierung bewegen. Bei diesem Stand der Dinge lassen sich bei beiden Szenarien kurz und mittelfristig keine Annäherungen der Kontrahenten im Hinblick auf einen Friedensprozess erkennen; trotzdem öffnet der möglich Vorschlag der Nationalen Vereinigung der Abgeordneten, auf dem Weg zu einem humanitären Abkommen mittels eines Gesetzesprojektes voranzukommen, das dem Republikspräsidenten die Vollmacht geben würde, einen einmaligen Gefangenenaustausch als Ausgangspunkt für eine hypothetische Verhandlung zu machen, das Fenster zu einer neuen Verhandlungslösung des bewaffneten Konfliktes, auch wenn die Durchführung dieser Initiative kurzfristig nicht voraussehbar ist. Die Perspektiven für eine Verhandlung mit dem ELN hangen immer noch von einer Initiative ab, die fähig ist, die heute ungünstigen und widrigen Umstände zu überwinden. Die Belagerung durch die AUC und die Kriegsdynamik der FARC in

12 den mit dem ELN geteilten Zonen sind Hindernisse, um Verhandlungsinitiativen zu entwickeln, die schnelle Resultate bringen und es dem ELN erlauben würden, aus der militärischen und politischen Falle herauszufinden, in der sie sich heute befinden. Der Hauptgegner des ELN ist heute die Zeit, eine Ressource, die langsam zu Neige geht, vor allem weil die aktuelle Tendenz dahin tendiert, die bewaffnete Konfrontation zu vertiefen, und nicht die Verhandlungs- und Entspannungsprozesse zu stärken. Was die AUC betrifft, ist die Möglichkeit einer Verhandlung trotz der Krise, die sie durchmachen, auch nicht leicht ersichtlich. Der Regierung von Uribe wird es sehr schwer fallen, einen starken Druck auf sie auszuüben, wie auch eine allzu grosszügiges Angebot an jene Gruppierung zu machen. Andererseits könnte eine eventuelle Entwaffnung jener Gruppen vor einer vollständigen Entwaffnung der Aufständischen von diesen als einen Triumph interpretiert werden, und in der aktuellen Konjunktur des Verhandlungsstillstandes und der Polarisierung die Aktionen der Guerilla vielmehr fördern als hindern. Wenn der Prozess der Eliminierung des Paramilitarismus nicht an einen Dialog- und Entspannungsprozess geknüpft ist, der nicht nur die Aufständischen einschliesst, sondern auch diejenigen sozialen Sektoren, deren Sicherheit von den Aktionen der illegalen Selbstverteidigungsgruppen abhing, werden diese Sektoren den Abbau der paramilitärischen Gruppen nicht akzeptieren, ohne dass der Staat ihnen vorgängig Garantien abgibt für ein effizienteres Sicherheitssystem in den von ihnen bewohnten Gebieten. * Beobachtungspunkte: Antioquia, Bolívar, Bogotá, Caquetá, Huila, Magdalena, Meta, Nariño, Norte de Santander, Putumayo, Quindío, Risaralda, Santander, Tolima und Valle.