Fotos sehen, verstehen, gestalten
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- Eike Baumgartner
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3 Fotos sehen, verstehen, gestalten
4 Martin Schuster Fotos sehen, verstehen, gestalten Eine Psychologie der Fotografie Zweite, verbesserte Auflage Mit 84 Abbildungen 12
5 Prof. Dr. Martin Schuster Universitåt zu Kæln Institut fçr Psychologie Gronewaldstraûe Kæln schuster@uni-koeln.de ISBN Springer Berlin Heidelberg New York ISBN Auflage Springer Berlin Heidelberg New York Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet çber < abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschçtzt. Die dadurch begrçndeten Rechte, insbesondere die der Ûbersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfåltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfåltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulåssig. Sie ist grundsåtzlich vergçtungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1996, 2005 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wåren und daher von jedermann benutzt werden dçrften. Produkthaftung: Fçr Angaben çber Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewåhr çbernommen werden. Derartige Angaben mçssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit çberprçft werden. Umschlaggestaltung: design & production GmbH, Heidelberg SPIN /3153/DK ± Gedruckt auf såurefreiem Papier
6 Inhaltsverzeichnis 1 Fotopsychologie: Einleitung Die Historie der Fotografie und der Seele Fotos werden zum Ritualelement Fotos liefern Verhaltensmodelle Die sich wandelnde Akzeptanz Fotografie Die Fotografie und die Persönlichkeitsrechte Die Befreiung des bildhaften Denkens Ist Fotografie ein weibliches oder männliches Hobby? Fotografie und Wahrnehmung Die visuelle Wahrnehmung: wie sie abläuft Wie wird der Wahrnehmungsvorgang durch Fotos verändert?. 24 Räumliche Tiefe und Figur-Bildungen Die Hintergründe der Redner Neue visuelle Metaphern Verzerrung von nahen Objekten Die fallenden vertikalen Linien Der»Moment«des Fotos Die Fotografie und die historische Entwicklung der Wahrnehmung Das neue Seherlebnis als kulturelle Leistung Die Schönheit von Bildern und von Fotos Fotospezifische Erschwerungen der Bildwahrnehmung Malerei vs. Fotografie Stört das Fotografieren die aktuelle Wahrnehmung? Muss man lernen, eine Fotografie zu sehen? Fotopraktikum: Wahrnehmung V
7 4 Fotos und Erinnerungen Blitzlichterinnerungen Das Foto als Erinnerungsmarker (retrieval cue) Fotos und Urlaubserinnerungen eine empirische Studie. 63 Erinnerungen und aktives Fotografieren Erinnerung an geliebte Sachen Fotos als Erinnerungen an geliebte Menschen Vergangenes behalten wollen, Vergangenes vergessen wollen Erinnerungen an sich selbst, die Identität Fotos formen die weitere Erinnerung Erinnerung an Fotos statt an die Wirklichkeit? Das Foto-Interview Fotopraktikum: Fotografie und Erinnerung Fotos in der Fototherapie Fotos sehen lernen Fotos als dokumentierte Vergangenheit Fotos als Stellvertreter von Personen Fotos als symbolischer Gegenstand Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Äußeren Das Wiedererinnern und Aufrufen früherer Ressourcen Entwicklungsmöglichkeiten der Fototherapie Fototherapie und Kunsttherapie Eine Pathologie des Fotografierens? Das geheime Foto Fotopraktikum: Fototherapie Wie Fotos auf Instinkte wirken Das Objektiv als Auge Fotos»machen uns an« Die Entwicklung der erotischen Fotografie Das Auto als Ort erotischer Fantasien Einflüsse der erotischen Fotografie auf das Verhalten Wann sind Fotos pornografisch? Die Erotik des Fotografierens Kinderfotografie Food-Fotografie Ausdruckgesten als ritualisiertes Verhalten VI
8 Der untypische Moment erhält im Foto Dauer Die Dauer des Fotos verändert die Bedeutung einer Mimik Fotopraktikum: Instinkte Das Porträtfoto Neue Verhaltensmöglichkeiten durch das Porträtfoto Eine neue Art des Ruhmes Die neue Kontinuität des»ich«über den Lebenslauf Neue Möglichkeiten, ein Gesicht zu betrachten »Quasi-Bekanntschaft«,»Quasi-Gemeinschaft« Gesichtsausdruck und Gesichtsschönheit Der aktuelle Ausdruck Wie erreicht man spontanen Ausdruck? Der habituelle Ausdruck und Gesichtsschönheit Weitere Merkmale der Gesichtsschönheit Gesicht und Charakter Manipulation des Aussehens durch die Fotografie Porträtähnlichkeit Das untypische Foto Gedanken über die Frage»Wie sehe ich aus?« Moden in der Gestaltung von Porträts Das Porträtfoto im sozialen Kontext, Porträtfotos in Geschäftsberichten Fotopraktikum: Porträt Soziale Beziehungen und Fotografie Die Fotografie als Fortsetzung der Kommunikation mit anderen Mitteln Die Rollen von Fotografen, Fotografierten und Passanten Die Rolle des Fotografen Die Rollenübernahme durch die Fotografierten Die Rollenübernahme durch Passanten Das Bild ein fragmentarischer Sozialkontakt Die Kamera eine Liebesbeziehung VII
9 9 Das öffentliche Foto: Presse, Werbung, Propaganda Fotografie und Demokratie Bilder mischen sich in das Denken ein Das psychoaktive Pressefoto Stilentwicklung durch die Pressefotografie Die soziale Fotografie Pressebild und»wahrheit« Ereignisse für das Pressebild Pressebild und Text Das Foto als Beweismittel Das Werbebild Werbebilder als Botschaft Das Propagandafoto Aussehen und Wirklichkeit das Wesen im Äußeren Fotopraktikum: Das öffentliche Foto Fotografie und Kunst Das geheime Zaubermittel Das Foto führt zu neuen Wahrnehmungserfahrungen Fotografische Effekte dringen in die Kunst Das Foto als Rohmaterial für das Kunstwerk Das Foto als Materialisierung des Kunstwerks Das Kunstfoto Fotografen-Künstler Das Problem des Originals Das Foto des Künstlers Der Amateur im Abglanz der Künstler Ist Fotografie Kunst? Fotopraktikum: Kunst Fotopsychologie Psychofotografie Eine neue persönliche Fotografie Fotos öffnen neue Welten Fotopsychologie und technischer Wandel: Die digitale Fotografie Bildserien Notizbuchfunktion Kommunikation VIII
10 Unbemerktes Fotografieren Das Bild bleibt»geheim« Bilderfluten Bildbearbeitung und Wahrheit des Bildes Fotografie und Film Fotopraktikum: Persönliche Fotografie Zwei fotopsychologisch orientierte Interviews Interview mit dem ehemaligen Model Katrin Interview mit dem Kunstmaler Professor Wickert Literatur IX
11 Bildnachweis Verlag August Scherl, Berlin, o.j. 2, 9, 47 a, b: A. Decker 3, 4, 12, 13, 16, 20, 24, 25, 27, 28, 34, 41, 44, 50, 53 a, b, 54, 56, 57, 62, 63, 64, 66a, b, 74, 76, 78, 84: M. Schuster 5: A. Pfenning 8 a c: U. Marianov 10: E. Spieker 14: R. Pötzsch 15: Museum Ludwig Köln, Fotosammlung Sammlung Grubert 17, 19, 23: BITmap Mannheim 18: B.-P. Woschek 21: G. S. Stansfield, Drachenfels und Rolandseck, o.j. 26: D. Kumke 29, 32, 48, 51 a, b, 52: S. Strauch 30: N. Stüßer 31: H. Ameln-Haffke 33: N. Stüßer 36: C.H. Stratz, Stuttgart : Uwe Scheid Collection 38, 70: "Gartenlaube" 1893 bzw a, b: R. Hartig u. M. Schneider 40: H. Haß in: Eibl-Eibesfeldt : N. Weber 43: A. Walter 45, 46, 77: C. Westerheider 49: R. Wick 55: Zur Verfügung gestellt von L. Tölke 59, 65:»Le Monde Illustré«1984/ : NASA 61: Dorothea Lange aus: Goldberg : Arnulf Rainer, Wien : D. Traufetter 69: Münchner Stadtmuseum, Inv. Nr. 58/298 71: R.K. Wick 72: J. Sievers XI
12 73 a, b: Man Ray : H. Brög 79 a c: R. Kuschinski 80 a c: U. Hermes 81: Elsie Wright (1920) aus: Krauss a, b: M. Beling, Mira Spennes 83: Zur Verfügung gestellt von Katrin 84: M. Schuster (Bild: J. Wickert) XII
13 Vorwort Dies Buch soll zum Verständnis der Fotografie beitragen, aber auch zur Freude am Fotografieren. Der Fotoamateur findet in den besonders gekennzeichneten Fotopraktika Aufgabenstellungen, wie die seelische Seite der Fotografie zur Ansicht gebracht werden kann. Es könnte aber auch ein Gewinn aus diesem Buch sein, die Fotografie für das eigene Leben intensiver und persönlicher zu nutzen. Vorab wünsche ich meinen Lesern viel Freude an dem Buch. Ich erhoffe mir als Ergebnis der Lektüre viele Hinweise, Anregungen und Beispiele von Ihnen, liebe Leserin und Ihnen, lieber Leser. (Die Adresse des Autors ist im Klappentext zu finden.) Hier sei meinen Studenten gedankt, die in Diskussionsbeiträgen und mit Fotoarbeiten am Entstehen des Buches mitgewirkt haben. Besonders bedanken möchte ich mich auch bei Christa Westerheider, Marlies Steeger, Prof. Hans Brög und Prof. Rainer Wick, die wichtige Hinweise zum Thema gegeben haben. Martin Schuster XIII
14 1 Fotopsychologie: Einleitung Mit der Fotopsychologie öffnet sich ein ganz junges Gebiet der Psychologie und ein faszinierender, neuer Blick auf die Fotografie. Die Psychologie wird als Wissenschaft vom menschlichen Erleben und Verhalten definiert. Wenn also das Erleben und Verhalten durch die Fotografie verändert wird, ist eine Fotopsychologie mehr als berechtigt. Sie ist sogar notwendig. In der Fotopsychologie geht es nämlich um den Einfluss der Fotografie auf das Verhalten und Erleben. Die traditionelle Psychologie suchte Gesetze menschlichen Verhaltens (z. B. des Lernens), die über alle Zeiten Gültigkeit haben. Aber gerade weil Menschen lernen können, weil ihr Wissen aus ganz verschiedenen Erfahrungen und Geschicklichkeiten zusammengesetzt ist, kann sich die Psyche (oder technischer ausgedrückt: die innere Informationsverarbeitung) im Laufe der Epochen verändern. Menschen haben bildhafte Erinnerungen, sie denken (fast ausschließlich, wie z. B. Arnheim glaubt) in Bildern. Das bildhafte Denken der Menschen z. B. kann sich durch die Fotografie verändern. Dies versuche ich hier nachzuzeichnen. Ob wir von einem geliebten Verstorbenen noch ein Bild haben oder nicht, beeinflusst die weitere Erinnerung an ihn. Dies ist nur eine von vielen Möglichkeiten, wie das Besitzen, das Machen oder auch nur die Erinnerung an Fotos in unser Verhalten und Erleben eingreifen. Die Kulturentwicklung, in diesem Fall die Erfindung der Fotografie, wirkt auf die Psyche zurück. Der Mensch des Jahres 1890 hat eine andere Psyche, denkt anders und fühlt anders als der Mensch von Diese Erkenntnis hat sich in der Psychologie erst in letzter Zeit durchgesetzt. Dieses Buch versteht sich auch als Beitrag, die historische Bedingtheit des menschlichen Erlebens aufzuzeigen. Es gibt bereits ein Werk über Fotopsychologie von Spitzing (1985), dem das Verdienst gebührt, das Thema eröffnet zu haben. Die- 1
15 ses gelungene Buch findet seine Fundamente stärker im fotografischen Wissen, während hier eine Weiterentwicklung der Fotopsychologie auf der Basis der Kunstpsychologie versucht wird (vgl. Schuster 2001). Ein neueres Werk informiert über Fotopädagogik: Schafiyha (1997). In einem fortgeschrittenen Zustand der Wissensansammlung eines bestimmten psychologischen Faches wird der Autor eines Fachbuchs auf den Kenntnisstand, der innerhalb dieses Faches gesammelt wurde, zurückgreifen können. Meist geben mehrere Gesamtdarstellungen in Zeitschriften und in bewährten Werken Gliederungen vor, an die sich spätere Autoren mehr oder weniger eng halten. In einem jungen Fach bietet die Kenntnissammlung nur einen Flickenteppich, den allein zu berichten für den Leser wenig nützlich wäre. Die Bereiche, in denen Forschungen Erkenntnisse geben könnten und erste Hypothesen, welche Ergebnisse zu erwarten wären, füllen hier die weißen Stellen auf der Landkarte des Wissens aus. Für Autor und Leser ist dieser noch nicht»verfestigte«stand des Faches besonders spannend. Natürlich ist es eine Versuchung, die ersten Spuren auf einer fast unberührten Schneedecke (des Wissensstandes) zurückzulassen, und der Leser ist viel direkter als in späteren Zuständen der Berichterstattung aufgefordert, die Plausibilität des Dargestellten mit seiner eigenen Erfahrung zu vergleichen. Ja, die Leerstellen sind ja gerade jene Ansatzpunkte, an denen der interessierte Student des Faches mit eigenen Forschungsbeiträgen mitarbeiten kann. Wenn in diesem Buch Thesen und Interpretationen gegeben werden, so soll das nie bedeuten, dass alle beschriebenen fotografischen Phänomene immer so ablaufen oder zu begründen wären. Die gleiche Handlung kann ja unterschiedlich und vielfältig determiniert sein. Selbst eine so grundlegende und einfache Handlung wie Flüssigkeit aus einem Glas zu trinken kann vielerlei Gründe haben: Einmal entsteht sie aus dem Durst heraus, einmal aus dem Wunsch, berauscht zu werden, ein drittes Mal wie bei der Weinprobe, um den Geschmack der Flüssigkeit zu prüfen. Wie viel mehr Motive und Varianten wird es für das komplexe Verhalten»Fotografieren«und»Fotografiert-Werden«geben. Einmal mag der Fotoapparat mehr im Sinne eines Abwehr-Amulettes mitgeführt werden, ein anderes Mal ist er einfach Werkzeug des professionellen Fotografen. Auch sollen Bewertungen der verschiedenen fotografischen Betätigungen und Professionalisierungsgrade vermieden werden. Beim 2
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