INSOURCING DAS SELTEN GENUTZTE EINSPARPOTENZIAL

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1 IP-BENCHMARK-STUDIE INSOURCING DAS SELTEN GENUTZTE EINSPARPOTENZIAL Die Bedeutung gewerblicher Schutzrechte nimmt ständig zu. Doch wie kann die steigende Anzahl von Vorgängen innerhalb der IP-Abteilung effizient bearbeitet werden? Zu Fragen wie dieser gibt jetzt ein Benchmarking-Report Auskunft. Gemeinsam mit zwölf Leiterinnen und Leitern von namhaften IP-Abteilungen hatte Andreas Bong, Partner von Otto Henning Management Consultants, eine Erhebung entwickelt, welche die zentralen Fragestellungen bei der Leitung von Patent- und Markenabteilungen fokussiert. Trends, Organisationsstrukturen und Outsourcing-Strategien wurden ebenso betrachtet wie Kostenoptimierungen und die Zusammenarbeit mit Kanzleien. Um eine breite Basis für die Auswertung zu erzielen, adressierte der Report die Top 150 Unternehmen aus sechs europäischen Ländern. Schwerpunkt der teilnehmenden Branchen sind Automotive, Chemie/Pharma, Elektrotechnik, Maschinenbau sowie die Konsumgüterindustrie. Einen größeren Arbeitsaufwand mit der gleichen Anzahl von Mitarbeitern zu meistern. Was von Verantwortlichen aus europäischen IP-Abteilungen gemeinsam mit Kostenoptimierung 28 Ausgabe 2/2015

2 unternehmensjurist STRATEGIE & MANAGEMENT und Kostenreduktion als eine der Top-Prioritäten für 2015 bezeichnet wird, bedeutet in der Praxis oft eine Mehrbelastung. Wie gehen die Teilnehmer der Studie damit um? Die Teilnehmer des im Februar erschienenen IP Benchmarking Report 2014/15 nennen Outsourcing von ausgewählten Tätigkeiten zu Kanzleien als eine der gewählten Strategien. Gerade bei weniger komplexen Aufgaben kann es ökonomisch sinnvoll sein, diese an externe Dienstleister auszulagern, weil sie dort schneller oder billiger erbracht werden können. Zusätzliche Perspektiven können eigene Bewertung absichern Ein weiterer Grund für die Beauftragung von Kanzleien kann die Einbeziehung einer zusätzlichen Perspektive zur Absicherung der eigenen Bewertung sein. Zum anderen wird eine externe Beauftragung sehr häufig durch Ressourcenmangel in der IP-Abteilung begründet werden. Dieser Mangel kann durch eine zu geringe Anzahl der Mitarbeiter hervorgerufen werden (quantitativ) oder in einer fehlenden Spezialkompetenz der Mitarbeiter begründet sein (qualitativ). Außerdem kann die Tätigkeit ein Land betreffen, welches nicht durch Mitarbeiter der IP-Abteilung abgedeckt wird. Die Verteilung dieser Gründe war bisher international nicht umfassend bekannt. Umso mehr überrascht das Ergebnis (siehe Grafik 1): Outsourcing aus Mangel an quantitativen Ressourcen wurde von 34 Prozent der Teilnehmer als führender Grund genannt, womit offenliegt, dass viele Teilnehmer der Studie den steigenden Arbeitsaufwand nur mit Hilfe von Kanzleien auffangen können, weil ein Aufbau von mehr Mitarbeitern nicht vorgesehen ist. Als zweiter Grund wurde mit 32 Prozent die fehlende interne Länderabdeckung genannt. Andere Gründe fallen deutlich ab: das fehlende Spezialwissen als Beweggrund wird von Prozent genannt, ebenso wie das Einholen einer zusätzlichen Perspektive ein Motiv, welches aufgrund seiner negativen Auswirkungen auf die Reputation der internen IP-Abteilung stets als kritisch zu betrachten ist. Denn selbst wenn die zweite, externe Perspektive hinzugezogen wird, ist zu erwarten, dass sich die internen Mitarbeiter zuvor mit diesem Fall eingehend befasst haben. Im Rahmen der Analyse ergaben sich durchschnittliche externe Beratungskosten in Höhe von 16 Millionen Euro, was bedeutet, dass pro Teilnehmer rund 1,6 Millionen Euro ausgegeben wurden, um interne Entscheidungen abzusichern. Selbst bei Teilnehmern von eher kleineren Patent-Portfoliogrößen ergaben sich hier Werte von etwa Euro. Kosten oder Geschwindigkeit selten Grund für Outsourcing Andere Gründe für die Vergabe waren Kosten oder Geschwindigkeitsvorteile (6 Prozent beziehungsweise 5 Prozent) sowie Outsourcing aufgrund der Forderung von 1 GRÜNDE FÜR DAS OUTSOURCING Mangel an Ressourcen (quantitativ) Betrifft ein Land, das intern nicht abgedeckt wird Mangel an Ressourcen (qualitativ) Aufgabe erfordert unabhängige Perspektive Prozess ist extern schneller zu erbringen (interne Ressourcen wären vorhanden) Routinearbeit, die extern billiger erbracht werden kann Interner Kunde fordert externe Vergabe Ausgabe 2/

3 DIE STUDIE Erhebungsfokus: Top 150 Unternehmen (anhand Größe des Patentportfolio) in Belgien, Deutschland, Frankreich, Niederlande, Schweiz und dem Vereinigten Königreich Inhalt: Fragen zu Entwicklungen und Trends, Organisation, Outsourcing, Kosten und Zusammenarbeit mit Kanzleien Top 5 Branchen: Automotive, Chemie/Kunststoff/Pharma, Elektronik, Maschinenbau, Konsumgüter Patentportfolio der Teilnehmer: 44 Prozent über.000, 19 Prozent zwischen und.000, 37 Prozent unter Markenportfolio der Teilnehmer: 46 Prozent über.000, 0 Prozent zwischen und.000, 54 Prozent unter Erhebungszeitraum: August bis November 2014 (nächste Erhebung 2016) Erstellt von: Otto Henning GmbH, in Kooperation mit BUJ und unternehmensjurist Abgesehen von der sehr standardisierten Erfindervergütung bestätigt sich die Erwartung: je höher die Wertschöpfung einer Tätigkeit für das Unternehmen, desto größer der Anteil interner Bearbeitung. Die Durchführung von Erstanmeldungen und Nachanmeldungen scheint de facto in keinem Land ein Schwerpunkt für die interne Leistungserbringung zu sein. Interessant sind erneut Unterschiede zwischen d en Ländern: Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland vergeben tendenziell weniger Tätigkeiten an Externe als ihre europäischen Nachbarn. Während deutsche Firmen die aufgeführten Täinternen Kunden (2 Prozent). Während deutsche Unternehmen externe Dienstleister vorwiegend aufgrund fehlender Länderabdeckung beauftragten, war der dominierende Grund bei ausländischen Firmen der Mangel an quantitativen Ressourcen. Sicherlich wird eine Patentabteilung, welche sämtliche Aufgaben ohne jegliche externe Unterstützung ausführt, kaum anzutreffen sein. Vor dem Hintergrund der vielschichtigen Herausforderungen ist es unwirtschaftlich, ständig jede mögliche Fachkompetenz bereitzuhalten, vor allem für kleinere Patentabteilungen. Es ist wahrscheinlicher, dass sich die Führung der Abteilung für einen anderen Ansatz entscheidet, bei dem die Aufgaben mit der höchsten Wertschöpfung intern erledigt werden. Die Teilnehmer der Studie gaben an, welche Prozesse sie extern vergeben und in welchem Umfang (siehe Graphik 2). Die Bearbeitung der Erfindervergütung wird von 96 Prozent der Teilnehmer rein intern durchgeführt, gefolgt von Portfolio-Management (86 Prozent) und der Bearbeitung von Erfindungsmeldungen (81 Prozent). An vierter Stelle folgt die Beratung der Geschäftseinheiten mit 79 Prozent interner Bearbeitung. Je höher die Wertschöpfung einer Tätigkeit, desto größer der Anteil interner Bearbeitung 2 OUTSOURCING-QUOTE VON PATENT-TÄTIGKEITEN Bearbeitung der Erfindervergütung 96 4 Portfolio-Management Bearbeitung von Erfindungsmeldungen Beratung des Business/F&E 79 4 Beurteilung der Patentsituation (FTO, Litigation) Bearbeitung von Nachanmeldungen Durchführung von Patentrecherchen Durchführung von Office Actions/Research Reports 34 8 Bearbeitung von Erstanmeldungen Interne Bearbeitung 0 % Interne Bearbeitung 75 % 50/50 Externe Bearbeitung 75 % Externe Bearbeitung 0 % 30 Ausgabe 2/2015

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5 tigkeiten im Schnitt zu 62 Prozent vollständig intern durchführen, gilt dies nur für deutlich weniger als die Hälfte der ausländischen Teilnehmer. Im Ausland ist die Outsourcing-Quote höher als in Deutschland Dies wirkt sich natürlich auch auf die Verteilung der Gesamtkosten der Patentabteilung aus (siehe Graphik 3). Während deutsche Unternehmen eine Verteilung interner zu externer Kosten von 48 Prozent zu 52 Prozent aufweisen, liegt die externe Quote im Ausland mit 64 Prozent wesentlich höher. Der Umfang der externen Vergabe hat wie erwartet einen sehr großen Einfluss auf die Gesamtkosten der Leistungserbringung der Patentabteilung (siehe Graphik 4). Die durchschnittlichen internen Kosten pro Patent liegen bei 4 Euro (Median 344 Euro) und zeigen keine relevanten Unterschiede zwischen den teilnehmenden Ländern. Die externen Kosten belaufen sich jedoch auf durchschnittlich 622 Euro und zeigen die finanziellen Auswirkungen der oben erwähnten Outsourcing-Praxis deutlich auf: Die externen Kosten deutscher Unternehmen liegen im Schnitt bei 4 Euro. Unternehmen in der Schweiz und dem United Kingdom weisen mit etwa 700 Euro pro Patent die höchsten externen Kosten auf, gefolgt von Benelux und Frankreich mit etwa 660 Euro pro Patent. Damit sind auch die Gesamtkosten pro Patent in Deutschland im Schnitt geringer. Die Gesamtkosten liegen bei inländischen Unternehmen nicht bei den ausgewiesenen durchschnittlichen Euro, sondern bis zu 20 Prozent darunter, während die anderen Teilnehmer bis zu 18 Prozent darüber liegen. Insourcing hilft bei Reduktion der Kosten, wird aber nicht mit Nachdruck betrachtet Ein Zusammenhang zwischen einer umfangreichen externen Vergabe und vergleichbar hohen Gesamtkosten pro Patent kann somit nicht bestritten werden. Natürlich beeinflussen auch die unterschiedlichen Kanzlei-Stundensätze je Land und eventuell bestehende Rahmenverträge die Höhe der externen Kosten. Dieser Hebel wurde auch bereits von den Teilnehmern erkannt. Nicht zuletzt deshalb nennen 48 Prozent der ausländischen Teilnehmer der Studie die Reduktion von Stundensätzen von Kanzleien als Top-Priorität für Verstärktes Insourcing als größerer Hebel zur Gesamtkostenreduktion wird nicht mit Nachdruck betrachtet oder ist durch die Konzernrichtlinien nicht umfassend durchführbar. Dabei weisen vor allem Unternehmen mit einem großen und diversifizierten Portfolio sowie einer großen Mitarbeiterzahl in der IP-Abteilung deutliches Optimierungspotenzial auf. Denn der Anteil der externen Kosten am Gesamtbudget steigt mit zunehmender Portfoliogröße und Mitarbeiterzahl deutlich an, zeigt also negative Skaleneffekte. Während ver- 3 KOSTENALLOKATION der Patentabteilungen Median Deutschland Median Ausland Interne Kosten 4 KOSTEN PRO PATENT Externe Kosten (o.jahresgebühren) Interne Kosten Externe Kosten Gesamtkosten Median Durchschnitt Angaben in Euro Remarks: Median, Durchschnitt Bestehende Patente und anhängige Schutzrechte Externe Kosten inkl. Anmeldungskosten, o. Litigation und o. Jahresgebühren gleichbar kleine Abteilungen die geringsten anteiligen externen Kosten aufweisen, zeigen Abteilungen mit mehr als 75 IP-Mitarbeitern mit 67 Prozent den höchsten Anteil an externen Kosten. Die Gründe hierfür sind sicherlich vielschichtig und könnten in der Komplexität und Internationalität des Portfolios liegen. Zudem kann aber auch vermutet werden, dass es zunehmend schwerer ist, einen Ausbau des Mitarbeiterstamms bei bereits ohnehin großen IP-Abteilungen vor dem Management des Konzerns zu vertreten auch wenn hierdurch externe Kosten und somit die Gesamtkosten pro Patent gesenkt werden könnten. Schwierigkeiten bei dem Aufwuchs sollten die Unternehmen zumindest keine haben, denn der War for Talents stellt die Teilnehmer nach eigenen Angaben 2015 vor keine Herausforderung. Andreas Bong 32 Ausgabe 2/2015