Johann Friedrich Carl Ludwig (Louis) Thiele

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1 Vorwort Johann Friedrih Carl Ludwig (Louis) Thiele 1, geboren am 18. November 1816 in Quedlinburg (oder Harzgerode 2 ), gestorben am 17. September 1848 in Berlin, wuhs bis zu seinem 14. Lebensjahr im Harz auf 3. In jungen Jahren erhielt er Klavierunterriht bei seinem Vater, lernte Orgel, Musiktheorie und Kontrapunkt und begann shon früh, kleine Kompositionen zu verfassen. Die Familie übersiedelte 1930 nah Berlin, wo Thieles Vater eine Lehrerstelle antrat. Ludwig Thiele konnte somit von 1831 bis 1833 am dortigen, 1822 von Carl Friedrih Zelter ( ) gegründeten Kgl. Musik-Institut, dem heutigen Institut für Kirhenmusik, studieren, u. a. Orgel in der renommierten Orgelklasse August Wilhelm Bahs ( ) 4, seinerseits Zelter-Shüler und Vertreter der Bah-Tradition. Zwishen 1833 und 1839 wirkte Thiele als Privatlehrer und Pianist, u. a. als Musiker in zwei Quartettvereinen. Aus dieser Zeit stammen drei Kompositionen für Klaviertrio und eine fragmentarishe Sonate für Violine und Klavier shließlih wurde Thiele Nahfolger des im gleihen Jahr verstorbenen August Wilhelm Grell ( ) als Organist an der Berliner Parohialkirhe, in der eine niht mehr erhaltene Orgel des bedeutenden Orgelbauers Joahim Wagner ( ) stand 5. Thiele bekleidete dieses Amt bis zu seinem frühen Tod durh die Cholera. Seine Orgelwerke wurden posthum durh August Haupt ( ), selbst namhafter Konzertorganist aus der Shule August Wilhelm Bahs und Freund Thieles, erstmals der Öffentlihkeit zugänglih gemaht. Die Ausgabe ershien in drei Bänden zwishen 1865 und 1870 im Verlag Robert Lienau, Shlesinger she Buh- und Musikhandlung in Berlin. Nah dem Tod Johann Sebastian Bahs verlor die Orgelmusik, namentlih die kirhlihe, zunehmend an künstlerisher Bedeutung. Wenngleih die Wertshätzung für das Instrument ungebrohen war, wurden von den großen Komponisten der nahfolgenden Generation nur wenige Werke für Orgel, und dann solhe von eher marginaler Bedeutung komponiert, während die Entwiklung der Klaviermusik auh im Hinblik auf die spiel- und instrumentenbautehnishe Erneuerung unvermindert rash voranshritt. Die Rolle der liturgishen Musik war zu jener Zeit eine begleitende, die künstlerishe Entfaltung, wenn überhaupt, in nur sehr engen Grenzen zuließ. Infolgedessen trat auh die Bedeutung des Organistenberufs in den Hintergrund, weshalb ein Großteil der Organistenstellen im Nebenamt bedient wurde. Die Gründung des Kgl. Musik-Instituts ist aus dieser Siht als positive Maßnahme zu werten, der Organistenausbildung einerseits durh die Vermittlung von tradierten theoretishen Grundlagen, andererseits durh künstlerish anspruhsvollen Orgelunterriht zu neuer Qualität zu verhelfen. Zelter und August Wilhelm Bah waren beide Vertreter der sogenannten Bah-Tradition, die versuhten, durh ihre Lehre, in deren Zentrum das Orgelwerk Johann Sebastian Bahs stand, wieder an die Blüte der Orgelmusik des 18. Jahrhunderts anzuknüpfen. Aus der zeitbedingten Situation heraus sind diese Bestrebungen keineswegs als bloßer Konservativismus zu werten; vielmehr ging es um die Shaffung einer Grundlage, dem voranshreitenden Verfall der Kirhenmusik Einhalt zu gebieten und die Basis für eine neue Einheit zwishen Kunst und liturgishem Orgelspiel zu shaffen. 1 Die hier wiedergegebenen spärlihen Details, die über das Leben Thieles bekannt sind, basieren falls niht anders angegeben auf den Vorworten zu den Erstausgaben der Orgelwerke Thieles von August Haupt. 2 nah Mihael Heinemann, Die Emanzipation des Orgelvirtuosen. Zur Orgelmusik Ludwig Thieles; in: Zur deutshen Orgelmusik des 19. Jahrhunderts (Studien zur Orgelmusik Bd. 1), Bonn: Butz-Verlag 2006, S Eugen Thiele, Das Glokenspiel der Parohialkirhe zu Berlin, Gedenkshrift, Berlin 1915, S ebenda, S Die Disposition dieser Orgel ist im Anhang wiedergegeben.

2 Von Ludwig Thiele sind keine Werke für den liturgishen Gebrauh bekannt, sein Interesse galt der freien, konzertanten Orgelmusik. Seine Kompositionen sind einerseits deutlih in der Bah-Tradition zu verorten, wovon sowohl die formalen baroken Anleihen in den Konzertsätzen als auh die kontrapunktishe Strenge und bemerkenswerte handwerklihe Qualität in den Fugen Zeugnis ablegen. Auf der anderen Seite briht sih, insbesondere in Variationswerken, deutlih der neuzeitlihe, auf Liszt hinweisende Geist Bahn, gerade auh im Hinblik auf die teilweise shon improvisatorish anmutende vorübergehende Auflösung der Form sowie die passagenweise, für die damalige Zeit unerhörte Virtuosität, sowohl im Pedal- als auh im Manualspiel. Somit kann man Thiele als einen der ersten Vertreter des modernen Orgelvirtuosentums betrahten, dessen Bedeutung nah August Haupt im Übergang von der bisherigen Polyphonie zur freien symphonishen Shreibart 6 liegt. Das Orgelshaffen Thieles beinhaltet außer den im vorliegenden Band ershienenen Werken noh folgende weitere Kompostionen: Chromatishe Fantasie und Fuge a-moll, Fuga a 4 voi d-moll, Conertsatz -Moll (Bearbeitung des gleihnamigen vierhändigen Werkes von August Haupt), Thema mit Variationen As-Dur 7, Conertsatz es-moll, Variationen C-Dur (mit einem Finale von Eduard Stehle) sowie die beiden vierhändigen Werke Adagio As-Dur und Conzertsatz -Moll. Den Werken dieser Ausgabe liegen vershiedene Quellen zugrunde. Ungeahtet dessen wurden für den gesamten Band einheitlih folgende editorishe Rihtlinien angewandt: Die Ergänzung von Hilfsvorzeihen und das Ersetzen alter Shlüssel wurden stillshweigend vorgenommen, Bogenergänzungen wurden durh Strihelung und weitere Ergänzungen durh Setzen von Winkelklammern markiert. Die in der Erstausgabe eingetragenen Pedalapplikaturen wurden gestrihen. Weitere Änderungen, auh die Vereinfahung der Notation betreffend, können dem ausführlihen Beriht am Shluss dieses Bandes entnommen werden. Abshließend sei Andreas Kitshke, Potsdam, freundliher Dank ausgesprohen für die Überlassung von Materialien aus eigener Forshungsarbeit zur Wagner-Orgel, denen die im Anhang wiedergegebene Disposition der Orgel entnommen ist. Köln, im Januar 2019 Tobias Zuleger 6 August Haupt, L. Thieles nahgelassene Orgelkompositionen, in: Eho. Berliner Musikzeitung 15 (1865), S. 209, zitiert nah Mihael Heinemann, S. 186 (siehe Anm. 2). 7 Alle ershienen im Butz-Verlag (Ludwig Thiele, Orgelwerke Band 1, Verl.-Nr. BU 2846).

3 [Maestoso] Seiner Exellenz, dem Staatsminister a. D. Freiherrn A. von der Heydt, ehrerbietigst gewidmet Conertsatz (No. 1) in -Moll 3 Ludwig Thiele Man. [H.M. f Ped Eigentum des Verlegers für alle Länder: Dr. J. Butz, Bonn ( 70 UrhG), 2019

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6 40 Manual I: Prinzipal 8', Rohrflöte 4' Manual II: Prinzipal 8', Spitzflöte 4' Pedal: Subbass 16', Violon 16', Prinzipal 8' Trio für zwei Manuale und Pedal Letztes Werk des Verfassers Ludwig Thiele I 3 3 Man. Ped. 4 7 II 10 Eigentum des Verlegers für alle Länder: Dr. J. Butz, Bonn, 2019

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8 Disposition der Orgel der Parohialkirhe zu Berlin1 erbaut 1731 von Joahim Wagner ( ) Zustand von I. Hauptwerk 1. Prinzipal 8' 2. Bordun 16' 3. Rohrflöte 8' 4. Quintadena 8' 5. Traversa 4' 6. Oktave 4' 7. Quinte 3' (entspr. 2 2/3') 8. Oktave 2' 9. Cornet 5-fah 10. Sharf aus 1 1/2', 5-fah 11. Zimbel aus 1', 3-fah 12. Trompete 8' II. Oberwerk 1. Prinzipal 8' 2. Quintadena 16' 3. Gedakt 8' 4. Fugara 4' 1 5. Oktave 4' 6. Rohrflöte 4' 7. Nasat 3' (entspr. 2 2/3') 8. Oktave 2' 9. Quinte 1 1/2' 10. Salizional 8' (vorher Terz 1 3/5') 11. Mixtur aus 1', 4-fah 12. Oboe 8' (vorher Vox humana 8') Pedal 1. Prinzipal 16' 2. Subbass 16' 3. Gemshorn 8' 4. Nasat 10 2/3' (vorher Quinte 6') 5. Oktave 4' 6. Mixtur aus 2', 6-fah 7. Posaune 16' 8. Trompete 8' Tremulant, 3 Windventile, Kalkantengloke Disposition nah dem Orgelbaukontrakt mit Joahim Wagner vom 18. Januar Reherhe A. Kitshke. Die Registernamen wurden vom Herausgeber in moderner Shreibweise wiedergegeben. 2 Die Register Nr. 10 und 12 im Oberwerk sowie Nr. 4 im Pedal wurden 1838 im Rahmen von Reparaturarbeiten durh Carl August Buhholz ausgetausht. Quelle: WOLF BERGELT: Joahim Wagner ( ). Orgelmaher, Regensburg Reherhe A. Kitshke.