ERASMUS Erfahrungsbericht
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- Helmuth Zimmermann
- vor 8 Jahren
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1 ERASMUS Erfahrungsbericht PERSÖNLICHE DATEN Name des/der Studierenden (freiwillige Angabe) David Fischer (freiwillige Angabe) Gasthochschule Oxford University Aufenthaltsdauer von bis vorbreitender Sprachkurs EILC von bis Ich habe das 11. Semester im Ausland absolviert. ALLGEMEINES Wo haben Sie Informationen über die Gastuniversität gefunden? Kontakte direkt vor Ort ueber Diplomarbeitsbetreuer Welche Unterstützung bei der Organisation wird im Gastland vom International Office geboten und wer ist der Ansprechpartner? keine Unterstuetzung, selbst organisiert Wo findet man Informationen zum Studium (Kursplan, etc.)? vor Ort Welche Kurse wurden besucht? -- Welche Kurse sind empfehlenswert? -- Ist die Organisation von Famulaturen einfach? nein KOSTEN Wie hoch waren die monatlichen Kosten? Unterbringung 650 Verpflegung 500 An-/Abreise (Flug, Zug, Auto) 60 Kosten für Unterlagen, Bücher, etc. 100 Sonstiges : Fahrrad gekauft 100
2 SPRACHKURS (FALLS ZUTREFFEND) Haben Sie im Jahr vor dem Aufenthalt einen vorbereitenden Sprachkurs absolviert? Wenn ja, wo/bei welcher Einrichtung (z.b. MUI-Sprachkurs, etc.): Wie zufrieden waren Sie? Ja Nein x Kosten des Sprachkurses: UNTERKUNFT Wie haben Sie Ihre Unterkunft im Gastland gefunden? Wie zufrieden waren Sie? Tipps für andere Studierende (z.b. Homepages, Zeitungen, Preis, ) selbst gesucht Gasthochschule hat Wohnungs-/Zimmersuche übernommen/war behilflich Freunde andere: sehr zufrieden NARRATIVER ERFAHRUNGSBERICHT (MINDESTENS 1-2 SEITEN): Reisevorbereitungen, Versicherung, Vorbereitung auf die Gastuniversität Abreise und Ankunft am Studienort Betreuung an der Gasthochschule (International Office, Lehrende, Veranstaltungen für Erasmus-StudentInnen) Unileben am Studienort Studium (fachlicher Nutzen, welche Kurse haben Sie belegt, Niveau der Kurse, ) Tipps für zukünftige Erasmus-Outgoings Oxford, England, the United Kingdom. Dass diese, wohl eine der bekanntesten und gefragtesten Universitätsstädte, einmal Teil meiner Ausbildung werden sollte, hätte ich nie gedacht. Doch dann haben sich einige Zufälle und Gelegenheiten aufgetan und nach langwieriger und aufwendiger Planung hat es schließlich dann doch geklappt und zur Zeit befinde ich mich in der letzten Woche meines 3-monatigen Aufenthalts...und die Mühe hat sich gelohnt! Aller Anfang ist schwer... Die ursprüngliche Idee einen Teil meines KPJ im Ausland zu verbringen war alt. Zuerst wollte ich "normales" ERASMUS im 4. Studienjahr machen. Doch dann kam die Diplomarbeit und viele andere Sachen dazwischen, sodass das leider nie geklappt hat. Deswegen dann die Entscheidung, zumindest einen Teil des KPJ im Ausland zu verbringen. Meine Ansprüche: Ein Land, in dem ich die Sprache verstehe und in welchem ein westlicher Standard der medizinischen Versorgung herrscht. Es kamen also für mich zumindest nur Nordamerika und die ehemaligen Länder des Commonwealth in Frage. Die Gelegenheit ergriff ich während Arbeiten im Labor an meiner Diplomarbeit. Wir waren dabei, unter Zusammenarbeit mit der Universität Oxford, ein Paper 2 / 5
3 zu schreiben. Ich sprach mit meinem Betreuer und fragte, ob er nicht auch einen Kontakt zu einer klinischen Abteilung für mich herstellen könnte. Glücklicherweise wurde ich von ihm von da an mit nicht zu übertreffendem Engagement unterstützt. Die Auflagen von ERASMUS und die Vorgaben des KPJ mussten unter einen Hut gebracht: mindestens 3 Monate - heißt mindestens 2 Blöcke (Innere Medizin und eine Wahlfach). Demnach 2 Consultants in der Universitätsklinik in Oxford finden, die mich für diesen Zeitraum als zusätzlichen Studenten akzeptieren würden. Nach 7 Monaten -verkehr und langem Warten, dann endlich die Erlösung: Dr. Simon Travis, Consultant im Bereich Gastroenterologie und Prof. Peter Brown, Consultant Neurologie hatten Ihre Zusagen geschickt. Dank der freundlichen Unterstützung der Abteilung für Internationale Beziehungen konnten die restlichen bürokratischen Hürden ohne besondere Komplikationen überwunden werden. Der Flug war schnell gebucht und eine Unterkunft wurde mir glücklicherweise über eine Kollegin aus dem Labor vermittelt. Es musste also nur noch die SIP bestanden werden... Am Donnerstag verabschiedete ich mich von meinen Kollegen in Schwaz, wo ich meinen Chirurgischen Teil absolvierte. Dann schnell mein Zimmer in Innsbruck der Zwischenmieterin übergeben, nach Deutschland fahren, Sachen packen und Freitag früh ging es auch schon los. In Oxford wurde ich herzlich von einer anderen Bewohnerin des Hauses begrüßt und ich nutzte das erste Wochenende um mir ein Fahrrad anzuschaffen, Einkäufe zu tätigen und mich mit der Gegend vertraut zu machen. Am Montag in der Klinik erwartet mich das bürokratische Chaos, das ich erahnt hatte. 2 Stunden bis mir gesagt wurde, meine Unterlagen sind irgendwo in den letzten Wochen verloren gegangen. Demnach wurde mit für die ersten 2 Wochen nur ein Observer Status zugesprochen, bis alles erneut nachgereicht und kontrolliert war. Weitere 3 Stunden bis ich eine Mitarbeiterkarte hatte. Doch dann war alles soweit erledigt und 2 Wochen später wurde ich auch offiziell in den Status eines Medizinstudenten erhoben, um auch kleinere invasive Tätigkeiten am Patientenbett vornehmen zu können. (Die verschollenen Dokumente sind dann natürlich wieder aufgetaucht..beim Betriebsarzt, nachdem ich alles nochmal eingereicht hatte) Simon Travis führte mich am ersten Tag durch die Räumlichkeiten der Gastroenterologie und machte mich mit dem Team bekannt. Geplant wurde dann, dass ich 4 Wochen mich auf der "liverside" bewege und dann die anderen 4 Wochen von Gastro auf der "luminal-side" verbringe. Das eigentliche KPJ begann dann am nächsten Tag. 8:30. Jeden Morgen Morgenbesprechung und Handover von der Nacht. Danach Ward-round - die Morgenvisite. Diese war immer sehr ausführlich: Jeden Morgen wurde eine gute DinA4 Seite gefüllt über den Zustand des Patienten, und seine täglichen "to-do"s. Die Visite dauerte meistens bis in die Mittagszeit hinein. Dann Lunch und danach wurden die Jobs erledigt: Kurven auf Vordermann gebraucht, neue Patienten aufgenommen, Leitungen gelegt, Drug-charts erneuert. Als die Ärzte am späten Nachmittag nur noch Briefe schrieben und organisatorische Arbeiten zu erledigen hatten, bin ich ins Labor gegangen. Dort verbrachte ich die späten Nachmittage und einige Abende um eine wenig neuroanatomisches zu der elektrophysiologischen Arbeit beizutragen. Die Zeit auf der Gastroenterologie war allgemein gesehen eine hervorragende Erfahrung. Wenn ich manchmal von Oberärzten gefragt wurde, was denn der Unterschied zwischen Österreich und England ist, konnte ich wirklich sagen: Es ist komplett unterschiedlich: Alles was bei uns im Krankenhaus gut funktioniert, funktioniert hier schlecht und umgekehrt: pro Oxford: Die Lehre ist hervorragend - jeden Tag finden irgendwo Schulungen statt, Ärzte, die einem interessante Patienten zeigen und mit einem zusammen untersuchen und einem die Fehler und Routineunregelmäßigkeiten in Untersuchungstechniken aufzeigen. Des Weiteren gibt es eigentlich jeden Tag eine "Chefarztvisite" und einmal die Woche eine, die einen ganzen Morgen dauert. Ansonsten fast jeden Tag MDT-meetings in welchen interessante Röntgenbilder, Histologische Befunde oder Pläne für Patienten mit noch unbekannten Diagnosen auf allen Ebenen diskutiert werden. Überhaupt sind hierarchische Strukturen viel verwaschener, als man das vielleicht von deutschsprachigen Kliniken kennt. Da kommt es dann schon mal vor, dass man von Chefärzten zum Kaffee eingeladen wird, und diese mit einem einen Fall besprechen, oder einem Tipps geben für die Präsentation, die ich als Abschluss meines Innere-Medizin Aufenthaltes halten durfte. Im Allgemeinen muss man sagen, dass mehr miteinander gesprochen wird. Sowohl unter den Ärzten, als auch zwischen den unterschiedlichen Mitarbeitern des Klinikalltags: Pharmazeuten sind ständig 3 / 5
4 auf Station anwesend, und kontrollieren die Verschreibungen der Ärzte, Radiologen wollen deutlich mehr über die Patienten wissen, bevor sie eine Untersuchung machen um evtl. auch Verbesserungsvorschläge für geeignetere bildgebende Verfahren geben zu können. Man muss aber auch die negativen Seiten erwähnen, die mich um ehrlich zu sein auch ziemlich überrascht haben: 1. Chaos: Es herrscht eine wahnsinnige Unruhe auf den Stationen. Da es kaum Zimmer gibt, sondern nur "bays" - mit einzelnen Wänden abgetrennte 4-Bett-Bereiche die zum Gang hin komplett offen sind. Um Privatsphäre zu schaffen, wird dann ein dem Aussehen nach Jahre alter Papiervorhang um das Patientenbett herumgezogen, wie man es von schlechten amerikanischen Krankenhaus Serien kennt. Man hört zwar alles durch und delikate Gespräche sind quasi unmöglich, aber wehe, man zieht den Vorhang nicht zu - Das würde die Privatsphäre verletzen... Patientenakten gibt es quasi nicht. Es wird alles mehr oder weniger systemlos in einem Leitz-Ordner abgeheftet, oder die zerrissenen, ellendicken Pappakten direkt aus dem Archiv ans Patientenbett getragen. 2. Hygiene: Alle sind sehr auf Hygiene und infection-control bedacht, aber richtig funktionieren kann das nicht: weiße Mäntel und Dienstkleidung an sich gibt es nicht. Ärzte gehen von Patient zu Patient, setzen sich auf jedes Bett und wechseln auch nicht jeden Tag die Hose (was ursprünglich mal der Vorwand war, weiße Mäntel abzuschaffen, weil so selten gewechselt würden). Man bringt also die Keime von Bett zu Bett und schließlich auch in und vom Bus direkt nach Hause. Nurses haben Dienstkleidung, die sie aber daheim anziehen und auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln damit kommen und auch daheim waschen müssen und Chirurgen sieht man täglich in der Kantine in Bereichskleidung noch mit OP Schuhen und Kopfhaube. Nur der Mundschutz wird zum Essen abgenommen- unglaublich für mich! 3. EFFIZIENZ: Die Effizienz ist wohl das, was mich am Meisten geärgert hat. Arbeit aufteilen, Dinge einmal, aber dafür richtig machen sind für die meisten ein Fremdwort. Da kommt es schon mal vor, dass 3 Anforderungen für zum Beispiel ein Lungenröntgen in die Radiologie müssen. Von Innsbruck kenne ich das als 3 Klicks am PC - erledigt. In Oxford wird eine DinA4 Seite mit der Krankengeschichte des Patienten und den Daten des Patienten handschriftlich ausgefüllt, diese dann zur Radiologie zu Fuß vom Stationsarzt heruntergebracht, dort diskutiert um dann zurück auf Station das Ganze zu wiederholen für die nächsten 2 Patienten. Was bei und also 30 Sekunden dauert, kann hier schon mal eine Stunde in Anspruch nehmen. Nach 2 Monaten Innere Medizin wechselte ich dann auf die Neurologie unter Prof. Peter Brown. Da Prof. Brown außer einer Ambulanz in der Woche sich auf die Forschung konzentriert, wurde ich von ihm seinem Team vorgestellt, insbesondere den Assistenzärzten, die sich auf der neurologischen Station befinden. Generell sind fast alle Oberärzte der Neurologie zu 80% mit Forschung beschäftigt. Demnach sind auf der Neurologie kleine Teams mit einem Consultant, einem Registrar (Facharztausbildung) und einem SHO (Turnus/früher Assistenzarzt) üblich, die dann eine Gruppe von ca. 3-5 Patienten betreuen, welche aufgrund ihrer Diagnose in eine ähnliche neurologische Schublade zu stecken sind. (Epilepsie, Vaskulaer, Bewegungsstörung,...). Morgens gibt es eine ward round mit allen 3 hierarchischen Stufen, danach kümmert sich der SHO um die Stationsarbeit, die hauptsächlich aus administrativen Arbeiten besteht, während der Consultant und der Registrar auf der Ambulanz ihre Spezialambulanz-Patienten untersuchen. Diesen habe ich mich fast täglich angeschlossen, da sie diagnostisch am interessantesten waren, und man die gesamte Vielfalt der Neurologie zu Gesicht bekommen hat. Was mich besonders erstaunte, war die hohe Dichte an deutschsprachigen Ärzten in der Neurologie und Neuro-Radiologie. Von diesen konnte man immer wieder die Vor- und Nachteile gegenüber dem System in Deutschland und Österreich erfahren: Insgesamt eine bessere und ausführlichere medizinische Lehre auf deutlich niedrigeren hierarchischen Stufen, bei ähnlicher Bezahlung und einer chaotischen, bürokratischen Struktur herum: NHS Trotz aller Krankenhaus und Laborarbeit darf man natürlich nie vergessen, dass man sich in Oxford befindet. So wird man hier schnell einen Pub als seinen Lieblingspub bezeichnen und die Harry- Potter-Atmosphäre der Innenstadt genießen. Da ansonsten Oxford natürlich keine Metropole und London nur 1 1/2 Stunden und 5,50 mit dem Bus entfernt ist, sollte man an Wochenenden doch immer wieder die Gelegenheit nutzen nach London zu fahren. Ich habe das Wochenende fast immer in einen London- und einen Oxford-Tag aufgeteilt. Die perfekte Mischung aus Entspannung und Erlebnis. 4 / 5
5 Insgesamt kann ich sagen, dass die Zeit in Oxford eine großartige Erfahrung war. Ich hoffe in Zukunft, die guten Aspekte der Klinik hier mit nach Kontinentaleuropa mitnehmen zu können und so die guten Seiten beider medizinischen Welten miteinander kombinieren zu können. Ich werde Oxford jedenfalls sehr vermissen und möchte meinen Betreuern in Oxford Dr. Marco Capogna, Dr. Simon Travis und Prof. Peter Brown von ganzem Herzen für diese großartige Zeit danken. Mein ganz besonderer Dank allerdings gilt Prof. Francesco Ferraguti, der das Ganze erst möglich gemacht, in die Wege geleitet und die Kontakte vermittelt hat. Vielen Dank! 5 / 5
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