ERP IN DER DRUCK- UND VERPACKUNGSINDUSTRIE. Warum Branchenlösungen nicht gleich Branchenlösungen sind
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- Benjamin Otto
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1 ERP IN DER DRUCK- UND VERPACKUNGSINDUSTRIE Warum Branchenlösungen nicht gleich Branchenlösungen sind
2 3 Ansätze im Vergleich 1 Fazit: Technologie, branchenspezifische Prozessabdeckung und allgemeingültige Prozesse bilden ein Spannungsfeld, das nur mit einem Weg optimal gegangen werden kann. Was heißt dabei optimal? Innerhalb eines Budgetrahmens, einer bestimmten Zeit und bei bestmöglicher Prozessabdeckung. Branchenlösungen sind in der Software-Branche oft mit vielen Titeln behaftet: Unternehmenssoftware, All-in-One-Lösungen, ERP-Plus, kaufmännische Unternehmenssoftware oder eben einfach ERP-System. Egal wie Sie es nennen am Ende sollen diese Systeme fünf wesentlichen Anforderungen im Geschäftsalltag Stand halten: 1. Standardgeschäftsprozesse 2. Branchenprozesse 3. Unternehmensspezifische Prozesse 4. Abhängigkeit 5. Technologie Wie so oft im Leben führen mehrere Wege zum Ziel. Die Frage, der wir nachgegangen sind, lautet: Ist es relevant von wo man startet und welche Türen sich durch diesen jeweiligen Startpunkt verschließen bzw. geöffnet bleiben? Anhand der obigen Kriterien haben wir drei wesentliche Wege zur ERP- Branchenlösung in der Druck- und Verpackungsindustrie verglichen. 1 2
3 WEG 1: BRANCHENLÖSUNGEN/ PROPRIETÄRES SYSTEM Die umfassenden Branchenlösungen bestechen meist durch hohe Prozessabdeckung und durch eine Vielzahl an Funktionalität. Die Hersteller fokussieren sich meist auf eine Branche und sind dementsprechend nah an den Prozessen. Aufgrund der Nähe gibt es häufig eine klare Produkt Roadmap, die Features und Weiterentwicklungen liefert. Was könnte jetzt noch gegen solche Lösungen sprechen? Auf den ersten Blick nichts. Wenn man genauer hinschaut, schlummern einige Risiken (einige davon je nach Hersteller mehr oder weniger). RISIKO 1: TECHNOLOGISCHE PLATTFORM Spezialisierte Hersteller setzen meist den Fokus auf die Prozessabdeckung und damit auf Funktionalität. Deshalb steht die technologische Weiterentwicklung oft hinten an. Das kann bedeuten, dass solche Systeme evtl. nicht multimandantenfähig oder mehrsprachig sind. Das wiederum führt dazu, dass gewisse Möglichkeiten erst später oder gar nicht genutzt werden können. So verschließt ein solches System am Ende doch wichtige Türen. Trotz der hohen Prozessabdeckung. RISIKO 2: ABHÄNGIGKEIT Das Thema Abhängigkeit ist in den letzten Jahren ein immer wichtigerer Aspekt bei der Wahl der Partner geworden. Die Abhängigkeit von Herstellern und Implementierungspartnern in einem ist zwar ein vielfach funktionierendes - aber eben auch anfälliges Konstrukt. Wieso anfällig? Fallen gewisse Know-how-Träger aus, so leidet die Basis-Software darunter. RISIKO 3: STANDARDGESCHÄFTSPROZESSE Der Fokus auf die Branche zieht nicht selten eine höhere Gewichtung auf die Branchenprozesse mit sich. Das wiederum geht zu Lasten einer laufenden Optimierung der branchen- und unternehmensübergreifenden Standardprozesse wie bspw. der Finanzbuchhaltung. RISIKO 4: UNTERNEHMENSSPEZIFISCHE PROZESSE Die Produktnähe bei diesem Weg ist nicht zu verharmlosen. Nicht selten ist man abhängig von der Produkt Roadmap. Das bringt häufig Wartezeiten und eine gewisse Statik mit sich. Statik verhindert oft die agile Abbildung von freien Prozessen, die nicht selten zu echten Wettbewerbsvorteilen führen können. Was bedeutet frei? Das sind die Prozesse in der Produktion, in der Materialbeschaffung oder im Angebotsprozess, die nicht gesetzlich reguliert sind, sondern zur Attraktivität in der Kundenwahrnehmung führen. Gerade bei den nicht freien Prozessen wie beispielsweise der Finanzbuchhaltung oder Teilen der Personalwirtschaft ist es eben wichtig, allgemeingültige, gesetzliche Vorschriften einzuhalten. Um das zu gewährleisten, zieht der Einsatz von proprietären Systemen meist den Einsatz von Insellösungen mit sich. Das führt wiederum zu mehr Schnittstellen und höherem Wartungsaufwand. 2 3
4 WEG 2: FIRMENEIGENE LÖSUNGEN/ EIGENENTWICKLUNGEN Die wesentlichen Vorteile dieses Weges liegen vor allem in der User-Akzeptanz und in der optimalen Abbildung von Branchen- und Individualprozessen. Diese Vorteile sind aber oft teuer erkauft: Die Abhängigkeit von internen Ressourcen führen häufig zu drei wesentlichen Phänomenen: die Abhängigkeit von Mitarbeitern, die zähe technologische Weiterentwicklung des Systems und Insellösungen für die Prozesse mit gesetzlichen Vorschriften wie Finanzbuchhaltung. Hier also die Risiken im Überblick: RISIKO 1: BRANCHENSPEZIFISCHE PROZESSE Die branchenspezifischen Prozesse machen auf den ersten Blick nur in etwa 20% aus. Um diese 20% aber abzubilden, bedarf es, wie es eben so oft im Leben ist, einem enormen Aufwand, der eben nicht der ersten Einschätzung entspricht. Um eine hohe Standardprozessabdeckung im Sinne der Branche herzustellen bedarf es oft unzumutbarer Mengen an Zeit und damit Geld, um den angestrebten Zustand herzustellen. Dieser wird durch den Einsatz von internen Ressourcen oft kolossal unterschätzt und führt zur endlosen Abbildung von Funktionalitäten. RISIKO 2: UNTERNEHMENSSPEZIFISCHE PROZESSE Die unternehmensspezifischen Prozesse finden oft erst ab Phase 3 von ERP-Projekten dieser Art Beachtung. Nicht weil man sie unterschätzt sondern vielmehr, weil man vorher mehr damit beschäftigt ist, die oben beschriebenen Prozesse abzubilden. Warum kommt es denn überhaupt zu einer Phase 3? Meist ist der Grund ebenso banal wie traurig: Man ist jetzt schon so eine lange Strecke gegangen, dass es keinen Sinn mehr macht, umzudrehen. RISIKO 3: TECHNOLOGISCHE PLATTFORM Eigenentwicklungen setzen meist den Fokus auf die Prozessabdeckung und damit auf Funktionalität. Deshalb steht die technologische Weiterentwicklung ebenfalls oft hinten an. Das kann bedeuten, dass solche Systeme evtl. nicht multimandantenfähig oder mehrsprachig sind. Das wiederum führt dazu, dass gewisse Möglichkeiten erst später oder gar nicht genutzt werden können. So verschließt ein solches System am Ende doch wichtige Türen. Trotz der hohen Prozessabdeckung. Skalierbarkeit, Internationalität und Multi-Mandantenfähigkeit der Basisplattformen, auf der solche Eigenentwicklungen entstehen, leiden oft unter der Prozessfokussierung. Oder: Oft sind solche Basis-Systeme so umgebaut, dass solche Szenarien, wenn sie vorher nicht bedacht wurden, nicht mehr ohne Weiteres möglich sind. 3 4
5 WEG 3: AUF NAMHAFTEM ERP-SYSTEM AUFBAUENDE BRANCHENLÖSUNG Dieser Weg weist zwar nicht die hohe Prozessabdeckung auf, wie man sie auf Weg 1 vorfindet, ist aber technologisch meist deutlich fortschrittlicher und lässt dem Kunden mehr Möglichkeiten, was die Abbildung individueller Prozesse angeht. Demnach ist hier oft der Aufwand für Implementierung ein erster abschreckender Fakt. In Abgrenzung zum zweiten Weg sind die Basisprozesse der Druck- und Verpackungsindustrie mit einem hohen Deckungsgrad abgebildet. So wird der Gang nach Canossa, wie man ihn auf Weg 2 oft fühlt vermieden und man startet tatsächlich bei einer Lösung, die sowohl Branchenspezifika als auch Standardprozesse in einem vertretbaren und schnell lebbaren Umfang bietet. Die technologische Weiterentwicklung und die laufende Optimierung von Standard-ERP- Prozessen sind durch die stabile Basis-ERP-Anwendung gewährleistet. Stabile ERP-Anwendungen stabiler Hersteller bestechen durch Skalierbarkeit, Internationalität sowie Multimandanten-Fähigkeit trotz Anpassungen. Die Abhängigkeit ist durch die oft belebte und internationale Partnerlandschaft (Beratung und Implementierung) um namhafte Hersteller herum verringert. Es bleiben zwei Restrisiken, die der Kunde aber oft selbst beeinflussen kann. RISIKO 1: UNTERNEHMENSSPEZIFISCHE PROZESSE Durch die offene Basis-Applikation muss man immer hinterfragen, was man in welchem Zeithorizont in welcher Tiefe zusätzlich abbilden will. Hier besteht oft die Gefahr, am Anfang gleich alles, was man zwar will, aber nach kritischem Hinterfragen oft nicht braucht oder zumindest noch nicht braucht, abzubilden. RISIKO 2: BRANCHENSPEZIFISCHE PROZESSE Ein ehrlicher Blick über die Basisprozesse ist oft schwieriger als man denkt. Den Standard zu bestimmen und den branchenunabhängigen Standard zu akzeptieren, sind meist größere Stolpersteine als vorab angenommen. Hier gilt es, die Branchenlösung erst einmal einzuführen und lediglich mit den sogenannten Must-Haves zu ergänzen. Danach haben Sie bereits eine Branchenlösung Plus. Von dort an gilt es, Stück für Stück weiterzugehen. Verzetteln Sie sich nicht. 4 5
6 UNSER FAZIT: Wägen Sie gut ab, von wo Sie starten wollen und wie lange Sie für Ihre Reise brauchen werden. Außerdem können wir nur dazu raten, nach Ausgewogenheit zu streben. Und das kann aus unserer Sicht nur der dritte Weg sein. Die Gründe dafür noch einmal zusammengefasst: 1. Basis-Branchenprozessabdeckung 2. Standard ERP-Prozesse werden fortlaufend weiterentwickelt und zwar vom Hersteller 3. Technologisch werden ERP-Systeme ebenfalls vom Hersteller weiterentwickelt 4. Der Fokus liegt dann partnerseitig auf der Weiterentwicklung der Branchenprozesse und den unternehmensspezifischen Prozessen, die dann zu Wettbewerbsvorteilen werden können 5 6
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