Wirtschaftlichkeitsgebot - was ist das? Dienstag, den 16. August 2011 um 09:12 Uhr - Aktualisiert Donnerstag, den 12. Januar 2012 um 14:19 Uhr

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1 Gerade in Zeiten ständig steigender Energiepreise wird immer häufiger vom Wirtschaftlichkeitsgebot des Vermieters gesprochen. Für den Mieter ist das ganz einfach: Sie sind verpflichtet, das günstigste Angebot für ihn zu nutzen. Doch hier irrt der Mieter. Nur weil Sie nicht die preiswerteste Offerte genutzt haben, heißt das noch lange nicht, dass Sie gegen das Wirtschaftlichkeitsverbot verstoßen haben. Die gesetzliche Grundlage Nach 556 Abs. 3 BGB muss bei der Abrechnung der Betriebskosten der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit beachtet werden. Dieser Grundsatz wird auch noch einmal im 560 Abs. 3 BGB bei der Änderung von Betriebskosten angemahnt. Als Definition des Wirtschaftlichkeitsgebotes wird dabei die Aussage im 20 Absatz 1 der Neubaumietverordnung (NMV) zugrunde gelegt. Dort heißt es Es dürfen nur solche Kosten umgelegt werden, die bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt sind. Diese gesetzliche Grundlage soll den Mieter davor schützen, Kosten tragen zu müssen, auf die er keinen Einfluss hat. Sie haben quasi im Sinne Ihres Mieters zu handeln. Dieser Verpflichtung können Sie sich nicht entziehen. Auch eine entsprechende Klausel im Mietvertrag, die Sie vom Wirtschaftlichkeitsgebot freistellt, ist nicht zulässig. Entscheidend ist eine Kosten-Nutzen-Analyse Der Mieter schaut bei der Betriebskostenabrechnung natürlich nur auf die einzelnen Kostenposten. Entscheidend ist aber letztlich die Kosten-Nutzen-Analyse. Beauftragen Sie beispielsweise ein Unternehmen mit der Reinigung des Treppenhauses und ein anderes Unternehmen würde für einen nur geringen Aufschlag auch die Reinigung der Wege auf Ihrem Gelände und der Bürgersteige am Gelände unternehmen, kann dies nach der Kosten-Nutzen-Analyse die preiswertere Variante sein. Grundsätzlich sind drei Faktoren zu berücksichtigen, damit man nicht in die Wirtschatlichkeitsgebot-Falle gerät: Die Kosten müssen gerechtfertigt sein. Es muss sich also um Kosten handeln, die wirklich erforderlich sind. So können beispielsweise Wartungsverträge nur dann anerkannt werden, wenn diese wirklich sinnvoll sind. Die Kosten müssen erforderlich sein. Hier ist die Bewertung häufig von der Größe des Mietobjektes ab. Bei einer großen Anlage könnte beispielsweise ein Pförtner durchaus erforderlich sein was man bei einem Haus mit zwei Wohnungen wohl kaum sagen kann. Die Kosten müssen angemessen sein. Das heißt, dass die entstehenden Kosten marktüblich sein müssen. Wenn Sie mehrere Angebote einholen, müssen Sie das nach der Kosten-Nutzen-Analyse günstigste Angebot wählen, auch wenn ein anderer Anbieter mit Ihnen eng befreundet ist. 1 / 6

2 Versetzen Sie sich in die Lage Ihres Mieters und fragen Sie sich, ob Sie die Maßnahme auch so vergeben würden, wenn Sie an seiner Stelle wären. Einige Experten gehen davon aus, dass die Frage nach der Wirtschaftlichkeit erst dann stellen würde, wenn sich die Kosten einer Position der Betriebskosten gegenüber dem Vorjahr um mehr als 20 % erhöhen würden. Diese Grenze war dem Kammergericht Berlin aber bereits 2006 zu hoch. In einem Verfahren, in dem es allerdings um einen Extremfall ging (69 % gestiegene Hausmeisterkosten, die nicht ausreichend begründet wurden) stellten die Richter in der Urteilsbegründung klar: Sind einzelne Positionen der Betriebskosten gegenüber dem Vorjahr stark gestiegen, obliegt es dem Vermieter, hierfür nachvollziehbare Gründe anzugeben. Dazu bedarf es regelmäßig detaillierter Ausführungen, wodurch die Preissteigerung hervorgerufen wurde und warum er diese Preissteigerung nicht z. B. durch Beauftragung eines anderen Unternehmens vermeiden konnte. Legt der Vermieter dies nicht dar, verstößt er in Bezug auf diese Betriebskosten gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit. Von einem starken Anstieg ist in der Regel auszugehen, wenn wie vorliegend der Anstieg binnen eines Jahres mehr als 10% beträgt. (Urteil des Kammergerichts Berlin vom , Aktenzeichen 12 U 216/04) Tipp: Vergleichen Sie die einzelnen Positionen der Betriebskostenabrechnung mit den Vorjahreszahlen. Liegen die Ergebnisse um mehr als 10 % höher, erläutern Sie die Erhöhungen gegenüber Ihren Mietern. So ersparen Sie sich eine Menge Unannehmlichkeiten. Preiswert heißt nicht billig Wer wirtschaftlich handelt, sollte sich nicht nur auf die Kosten achten. Wichtig ist, auch, dass die Qualität stimmt. Mit diesem Qualitätsanspruch können Sie auch Abschlüsse mit Lieferanten oder Dienstleistern begründen, die etwas teurer sind, als andere Anbieter. So können Sie beispielsweise darauf verweisen, dass der gewählte Anbieter in dem Ruf steht, besonders zuverlässig zu sein. Ein gutes Argument ist auch, dass eine langfristige Pauschale vereinbart wurde. Bei steigenden Kosten kann dies langfristig günstiger sein, als eine Vereinbarung, bei der die Preise den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden kann. Häufig ist ein Anbieter auch nur auf den ersten Blick günstiger. Günstige Zahlungsbedingungen und Rabatte können bei genauem Hinsehen dazu führen, dass die entstehenden Kosten letztlich doch geringer sind, als bei dem Anbieter, der zunächst günstiger erscheint. 2 / 6

3 Beweispflicht liegt beim Mieter Der Mieter kann aber nicht einfach behaupten, dass der Vermieter gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat. Er muss dies auch beweisen. Das hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom noch einmal klargestellt (Aktenzeichen: VIII ZR 340/10). In dem Urteil ging es um gestiegene Kosten für die Müllabfuhr, die ein Mieter nicht akzeptieren wollte. Die höheren Kosten waren entstanden, weil die Mieter den Müll nicht getrennt hatten und deshalb die kostenlosen Tonnen von der Kommune eingezogen wurden. Der BGH entschied, dass der Mieter nicht nachweisen konnte, dass gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen wurde (dieser berief sich auf einen Betriebskostenspiegel für Deutschland, den er in der Presse gefunden hatte). Darum musste der Mieter seinen Anteil an den höheren Müllgebühren bezahlen. Lesen Sie hierzu auch unseren Blog-Beitrag. Die Strompreise steigen und steigen. Sie können sich dagegen eigentlich gar nicht richtig wehren. Ihre einzige Chance: Auf dem freien Markt nach einem neuen, günstigeren Anbieter suchen. Das ist einfacher, als Sie vielleicht gedacht haben. Geringe Energiekosten = zufriedenere Mieter Natürlich können Sie die Energiekosten einer vermieteten Immobilie auf die Mieter umlegen. Bedenken Sie aber, dass Ihre Mieter keinen Unterschied zwischen der eigentlichen Miete und den Vorauszahlungen machen. Sie sehen das als Einheit. Geringere Vorauszahlungen werden deshalb vom Mieter meist als eine Mietsenkung gesehen. Können Sie wegen eines Wechsel des Energieversorgers die Nebenkostenvorauszahlungen senken ist dies ein günstiger Zeitpunkt, um andererseits die Miete anzuheben. Der Mieter kann allerdings nicht von Ihnen verlangen, dass Sie den Anbieter wechseln. Sie sind jedoch an das Gebot der Wirtschaftlichkeit ( 556 Abs. 3 S. 1 BGB) gebunden. Aber auch vor diesem Hintergrund kann niemand von Ihnen verlangen, dass Sie täglich den Strompreismarkt im Auge behalten und ständig zum günstigsten Anbieter wechseln. Stellt allerdings ein Mieter fest, dass durch einen Stromanbieterwechsel ein hoher Kostenanteil eingespart werden kann, ist es durchaus möglich dass er vor Gericht Erfolg hat, wenn er Ihnen einen Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit vorwirft. Erster Schritt: den Bedarf ermitteln 3 / 6

4 Bevor Sie sich auf die Suche nach einem neuen Stromanbieter begeben, sollten Sie zunächst einmal ermitteln, wie hoch der Verbrauch Ihrer Immobilie eigentlich ist. Dabei müssen Sie natürlich auch eventuelle Leerstände berücksichtigen. Zur Orientierung können Sie sich an folgende Werte halten: Jährlicher Verbrauch Einpersonenhaushalt ca kwh Zweipersonenhaushalt circa 4000 kwh Für jeden weiteren Erwachsenen rechnen sie circa 800 kwh und für jedes weitere Kind noch einmal circa 500 kwh hinzu. Zweiter Schritt: Erstmal mit dem jetzigen Anbieter sprechen Klären Sie jetzt, ob Sie bei Ihrem jetzigen Anbieter nicht bessere Konditionen aushandeln können. Dazu sollten Sie offen mitteilen, dass Sie einen Wechsel des Anbieters planen und fragen, ob er ihnen ein besseres Angebot machen kann. Das ist relativ häufig sogar der Fall, weil fast alle Energielieferanten unterschiedliche Konditionen anbieten können. Wenn Ihnen Ihr Lieferant ein neues Angebot unterbreitet, überprüfen Sie dieses sehr genau. Er wird wahrscheinlich versuchen, Sie mit seiner Offerte langfristig zu binden. Außerdem können sich im Kleingedruckten einige Fallstricke verbergen. Prüfen Sie das Angebot am besten anhand der Fragen, die Sie auch einem neuen Lieferanten stellen sollten (siehe Vierter Schritt ). Dritter Schritt: Einen neuen Anbieter auswählen Bevor Sie einen neuen Vertrag mit Ihrem derzeitigen Stromlieferanten abschließen, sollten Sie auch nach einem neuen Anbieter Ausschau halten, um einen wirklichen Vergleich anstellen zu können. Hier hilft Ihnen das Internet weiter. Verschiedene Portale (beispielsweise verivox.de oder Tarifvergleich.de) helfen Ihnen, den für Sie richtigen Anbieter zu finden. Hierzu müssen nur einige wenige Angaben in die Suchmasken eingegeben werden und schnell finden Sie den gewünschten Anbieter beziehungsweise interessante Vergleichsdaten. Vierter Schritt: der Vergleich Lassen Sie sich nun von den in der engeren Wahl befindlichen Stromanbietern die Tarifunterlagen nach Hause schicken. In vielen Fällen können die entsprechenden Unterlagen auch direkt von den Internetseiten der Anbieter heruntergeladen werden. Prüfen Sie nun die Unterlagen und achten Sie dabei auf folgende Punkte: Sind in den Angeboten alle Bestandteile enthalten? Neben dem Grundpreis und dem 4 / 6

5 Verbrauchspreis dürften auch die Angaben zu Netzentgelten, Stromsteuern, Mehrwertsteuer und sonstige Abgaben nicht fehlen. Klären Sie auch, ob der Lieferant neben dem angebotenen Tarif noch Alternativen anbietet. Falls ja, prüfen Sie, ob eine andere Variante für Sie kostengünstiger ist. Vorsicht, wenn der Lieferant Vorkasse verlangt. Häufig wird eine Vorauszahlung bis zu einem ganzen Jahr gefordert. Gerade bei kleineren und unbekannten Lieferanten gehen Sie hier ein Risiko ein. Kommt es nämlich zum Insolvenzverfahren werden Sie wahrscheinlich Ihr Geld nie mehr wiedersehen. Wenn Sie nicht nur auf den Preis achten sondern auch umweltpolitische Gesichtspunkte in Ihre Entscheidung einfließen lassen wollen, achten Sie auf die Herkunft und die Zusammensetzung des Stroms. Stammt die Energie aus Kohle- oder Kernkraftwerken oder werden Wind- und Solaranlagen für die Produktion eingesetzt? Sogenannte Ökostromanbieter gibt es viele, doch nicht immer wird gehalten, was der Name verspricht. Prüfen Sie deshalb, ob der Anbieter mit dem Label ok-power oder Gründer Strom ausgezeichnet wurde. Dann können Sie ziemlich sicher sein, dass es sich um echten Öko-Strom handelt. Die Laufzeit der Verträge darf nicht zu lang sein. Denn sollte in der Zwischenzeit ein anderer Anbieter günstiger werden, können Sie nicht wechseln. Eine Laufzeit von über einem Jahr sollten Sie deshalb nicht akzeptieren. Aus den gleichen Gründen sollten Sie auch darauf achten, dass Sie eine kurze Kündigungsfrist auf keinen Fall länger als ein Jahr auswählen. Optimal sind drei Monate und weniger. Achten Sie auch auf Preisgarantien. Hier gilt die Faustregel, dass die Preisgarantie entsprechend der Vertragsbindung geregelt sein sollte. Das heißt, dass bei einer langen Vertragslaufzeit auch eine lange Preisgarantie gegeben werden sollte. Bei Preisgarantien sollten Sie sehr genau im Kleingedruckten nachschauen. Denn die Garantie kann so formuliert sein, dass eine Erhöhung der Preise dadurch nicht ganz ausgeschlossen werden kann. Handelt es sich um eine Preisgarantie, die trotz Preisänderung durch Steuererhöhungen einen festen Preis garantiert, oder besteht eine Preisfixierung? Diese gilt nur für die reinen Energiekosten und Netznutzungsentgelte. Geänderte Steuern und Abgaben wie die EEG-Abgabe (EEG = Erneuerbare Energien Gesetz) können dann trotzdem aufgeschlagen werden. Ein Sonderkündigungsrecht bei Preiserhöhungen wird nur selten angeboten. Aber auch das sollte ein Kriterium für Ihre Entscheidung sein. Außerdem sollten Sie auch Mindestanforderungen an den Service des Unternehmens stellen. So sollte eine kostenlose Hotline selbstverständlich sein. Sollten Sie in größerem Umfang Nachtstrom nutzen, sollten Sie auch nach einem Angebotssplitting fragen. Nachtstrom wird meist nur von den regionalen Gesellschaften angeboten. Sollten Sie eine Splitting-Variante wählen, benötigen Sie beim Bezug des Stroms getrennte Zähler. 5 / 6

6 Fünfter Schritt: der eigentliche Wechsel Um einen neuen Vertrag abschließen zu können, muss normalerweise der alte Vertrag gekündigt werden. Beim Wechsel des Stromanbieters läuft es ein wenig anders. Hier gilt folgende Regel: Wichtig Kündigen Sie niemals den alten Vertrag vor Abschluss eines neuen. Am besten ist es, wenn der neue Lieferant die Sache in die Hand nimmt und die Kündigung für Sie durchführt. Meist ist der Wechsel problemlos: Sie fordern die Vertragsunterlagen bei dem neuen Lieferanten an und senden diese ausgefüllt wieder zurück. In vielen Fällen können Sie eine Anmeldung auch online vornehmen. Alles weitere auch die Kündigung des bisherigen Lieferanten übernimmt dann der neue Stromversorger. Sie werden von dem Wechsel so gut wie nichts mitbekommen. Keine Angst vor dem Wechsel Wie Sie in unserem fünften Schritt gesehen haben, ist der eigentliche Wechsel wirklich kein Problem. Lassen Sie sich auch nichts ins Bockshorn jagen, wenn Ihr derzeitiger Anbieter behauptet, bei einem Wechsel könnten Sie eventuell einige Stunden oder gar Tage ohne Strom sein. Das ist schlichtweg falsch. Nach dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) darf Ihnen niemand so ohne weiteres den Strom abdrehen. In 36 EnWG heißt es hierzu: Energieversorgungsunternehmen haben für Netzgebiete, in denen sie die Grundversorgung von Haushaltskunden durchführen, ( ) jeden Haushaltskunden zu versorgen. Damit ist der lokale Stromlieferant verpflichtet, Sie zu versorgen. Das gilt auch dann, wenn Ihr Lieferant beispielsweise Insolvenz anmelden muss. In Ihren Wohnungen wird dann das Licht nicht ausgehen. 6 / 6