Unlautere Werbung gegenüber Kindern und Jugendlichen

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1 Europäische Hochschulschriften / European University Studies / Publications Universitaires Européennes 5483 Unlautere Werbung gegenüber Kindern und Jugendlichen Bearbeitet von Dr. Alexander Stief 1. Auflage Taschenbuch. 202 S. Paperback ISBN Format (B x L): 14,8 x 21 cm Gewicht: 275 g Recht > Handelsrecht, Wirtschaftsrecht > Wettbewerbsrecht, Kartellrecht schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, ebooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.

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3 A. Einführung I. Zweck der Untersuchung Anlass dieser Arbeit ist insbesondere die RL 2005/29 EG 1, mit deren Umsetzung der deutsche Gesetzgeber das bisherige Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), in der Fassung vom 3. Juli (zuletzt geändert durch Art. 5 Gesetz vom ) neu gestaltet und am im Bundesgesetzblatt verkündet hat. 4 In dieser Arbeit wird der Schutz von Kindern und Jugendlichen unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten in Hinblick auf die Werbung untersucht. Es soll eine Abgrenzung von lauteren zu unlauteren Werbemaßnahmen aufgezeigt werden, um den Kinder und Jugendschutz in der Werbung handhabbar zu machen und Grenzfälle darzulegen. Dazu werden auch die Entwicklungen der verschiedenen Regelungen und des Schutzes von Kindern und Jugendlichen im Wettbewerbsrecht untersucht. Die auffälligste Neuregelung in Bezug auf die Werbung gegenüber Kindern und Jugendlichen im Lauterkeitsrecht ist die Regelung der Nr. 28 des Anhangs zu 3 Abs. 3 UWG. Unzulässig ist danach, die in einer Werbung einbezogene unmittelbare Aufforderung an Kinder, selbst die beworbene Ware zu erwerben oder die beworbene Dienstleistung in Anspruch zu nehmen oder ihre Eltern oder andere Erwachsene dazu zu veranlassen. Die Auslegung dieser Regelung wird Kern der Arbeit sein. Es gilt eine Definition herauszuarbeiten, um zu einer einheitlichen Auslegung der in das UWG aufgenommenen Regelung zu gelangen. Weiter soll mit dieser Arbeit eine Lösung gefunden werden, welches Verhältnis von Kindern zu Jugendlichen unter dem Schutz des UWG unter besonderer Berücksichtigung der Nr. 28 des Anhangs zu 3 Abs. 3 UWG besteht und wie sich die Gruppen voneinander abgrenzen. 1 Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken), ABl. L 149/22 vom BGBl Teil I Nr. 32, vom , S BGBl Teil I Nr. 65, vom , S BGBl Teil I Nr. 64, vom , S

4 Dabei werden nicht nur die, durch die Umsetzung der RL 2005/29/EG entstandenen neuen Regelungen des UWG behandelt, sondern auch Normen, die dem Schutz von Kindern und Jugendlichen als Verbraucher vor unlauteren Werbemaßnahmen mit wirtschaftlichen Auswirkungen dienen. Diese Werbemaßnahmen werden anhand ihrer Erscheinungsform und ihres medialen Ansatzes untersucht. Bei unterschiedlichen medialen Ansätzen wird auch das Verhältnis der Schutznormen zueinander zu untersuchen sein. Nicht zum Untersuchungsbereich gehören indizierte Werbungen und solche, die strafbaren Handlungen gleichstehen. 5 II. Kinder und Jugendliche als Wirtschaftsfaktor Kinder und Jugendliche stellen in der Wirtschaft einen erheblichen Einnahmefaktor als spezielle Zielgruppe dar 6 und sind folglich eine relevante Verbrauchergruppe. 7 Dies ergibt sich aus der Verwendung von unterschiedlichen Medien durch Kinder und Jugendliche sowie ihrem Vermögen. 1. Verwendung von Medien Kinder und Jugendliche bedienen sich aller zur Verfügung stehenden Medien. Sei es das Fernsehen, eine Zeitschrift oder ein Computer. Ohne eine Angabe der täglichen Nutzungsdauer, ergab die KidsVerbraucheranalyse 2010, eine Fernsehnutzung von 76 % der Mädchen und 85 % der Jungen, wobei von 6,2 Mio. Kindern im Alter zwischen 6 und 13 Jahren ausgegangen wird sahen Kinder am Tag durchschnittlich 104 Minuten (1972 ca Min. 9 ; 1991 ca. 110 Min. 10 ), als beliebtestes Medium, fern. 11 Bereits im Jahr 2000 besaßen 34 % 5 Siehe hierzu weiterführend: Benz, Diss.; Pooth, Diss.; Vural, Diss. 6 Mankowski, in WRP 2008, 421; ders., in WRP 2007, 1389; Köhler, in WRP 2008, 700; Heermann, in MüKo-UWG, Bd. 1, 4 Nr. 2, Rn. 18; Eisenhardt, in WRP 1997, 283, Scherer, in Pahlow/Eisfeld, S. 157; Neumann-Braun/Erichsen, in Charlton/Neumann- Braun/Aufenanger/Hofmann-Riem, Bd. 1, S. 28 ff.; Wagner, S. 19, 50; Böhler, in WRP 2011, Präsentation der KidsVerbraucheranalyse 2010 des Egmont Ehapa Verlags, S Siereck/Wiedner, S Baacke/Sander/Vollbrecht, S Neumann-Braun/Erichsen, in Charlton/Neumann-Braun/Aufen-anger/Hofmann-Riem, Bd. 1, S. 28, (m.w.n.); Baacke/Sander/Vollbrecht, S

5 der Kinder im Alter von sechs bis dreizehn Jahren einen eigenen Fernseher lag die Auflage von Kinderzeitschriften bei ca. 130 Mio. 13 Im Jahr 2010 hatten bereits die Top 10 der Kinderzeitschriften ca. 4,12 Mio. Leser. 14 Auch die neueren Medien wie das Internet und Computerspiele werden von Kindern sehr stark genutzt. 15 Die KidsVerbraucheranalyse 2010 hat insofern ergeben, dass 75 % regelmäßig einen Computer und 67 % das Internet nutzen. 16 Dabei wird von einer steten Zunahme der Nutzung ausgegangen 17 wobei das Interesse an Computern und Computer- Onlinespielen eher bei Jungs zu finden ist. 18 Auch ist die Computernutzung stark mit dem Alter der Kinder verbunden, wobei die Nutzung mit dem Alter steigt Kaufkraft Im Jahr 2010 verfügten Kinder und Jugendliche im Alter von Jahren über eine Kaufkraft von rund 22 Mrd. Euro. 20 Im Vergleich 21 zu den Jahren 2001 mit 16,44 Mrd. und 2003 mit 20,43 Mrd. ist somit ein weitergehender Anstieg wahrzunehmen in der Gruppe der jährigen. Der Gruppe der 6 13 Jahre alten Kinder stand im Jahr 2007 ein Betrag von 1,53 Mrd. regelmäßig zur Verfügung, wozu sich noch der Betrag der unregelmäßigen Geldgeschenke von 970 Mio. addiert Hopf, Diss., S. 3, m.w.n. 13 Neumann-Braun/Erichsen, in Charlton/Neumann-Braun/Aufen-anger/Hofmann-Riem, Bd. 1, S. 31; Zur Mediennutzung in den 70er Jahren s. Böckelmann/Huber/Middelmann, S. 12 ff. 14 Präsentation der KidsVerbraucheranalyse 2010 des Egmont Ehapa Verlags, S Dörr, in Schiwy/Schütz/Dörr, S Präsentation der KidsVerbraucheranalyse 2010 des Egmont Ehapa Verlags, S. 10 ff. 17 Präsentation der KidsVerbraucheranalyse 2010 des Egmont Ehapa Verlags, S KIM Studie 2010, S KIM Studie 2010, S Arbeitsgemeinschaft Jugend und Bildung e.v. - Generation Konsum Jugendliche als Wirtschaftsfaktor, abrufbar unter F Startseite/Service/Downloads/Arbeitsblaetter/Arbeitsblatt November 2010 Wir tschaftsfaktor-jugendliche,templateid=raw,property=publicationfile.pdf (zuletzt besucht am ). 21 Heermann, in MüKo-UWG, Bd. 1, 4 Nr. 2, Rn. 18 Heermann verweist auf die KidsVerbraucheranalyse 2003 des BauerMedia-Verlags. 22 Mankowski, in WRP 2008, 421 Mankowski bezieht sich dabei auf die Zahlen der KidsVerbraucheranalyse 2007 des Egmont Ehapa Verlags. 47

6 Für das Jahr 2010 wurde ermittelt, dass Kindern im Alter von 6 13 Jahren insgesamt 1,58 Mrd. an Taschengeld zur Verfügung stand. 23 Dieser Betrag gliedert sich in die monatlichen Geldzuwendungen insofern auf, dass Kinder im Alter von 6 9 Jahren durchschnittlich 17,45 und Kinder im Alter von Jahren durchschnittlich 27,76 zur Verfügung haben. Der Unterschied zwischen Jungen und Mädchen ist nur geringfügig. Jungen haben 23,67 und Mädchen 22,37 monatlich zur Verfügung, sodass bei einer Gesamtbetrachtung von einem festen monatlichen Verfügungsbetrag in Höhe von 23,04 bei Kindern in der Altersgruppe von 6 13 Jahren auszugehen ist. 24 Dazu kann noch ein Betrag, der sich aus Geldzuwendungen für Geburtstag, Ostern und Weihnachten zusammensetzt, in Höhe von 186 addiert werden. 25 Auf dem vom Bundesfinanzministerium veröffentlichten Arbeitsblatt des Vereins Arbeitsgemeinschaft Jugend und Bildung e.v. für Schulklassen ab Klasse ist die Bedeutung der Kinder und Jugendlichen für Wirtschaft und Werbung wie folgt beschrieben: Kinder und Jugendliche sind eine besonders attraktive Zielgruppe für Werbeplaner und Marketingstrategen, für den Handel und die Wirtschaft. Der Grund ist einfach: Sie besitzen Geld, haben den Willen es auszugeben und Bedürfnisse, die sie befriedigen wollen sei es das neueste Handy, die noch wirksamere Anti-Pickel-Creme oder die gleichen Jeans wie ihr Fernsehidol zu besitzen. Diese treffende Formulierung zeigt deutlich auf, dass Kinder und Jugendliche als am Wirtschaftsleben teilnehmende Verbraucher eines wirksamen gesetzlichen Schutzes vor unzulässigen Beeinflussungen der Wirtschaft bedürfen. Bei unlauteren Handlungen gegenüber Kindern und Jugendlichen sind nicht primär die Interessen der lauteren Konkurrenten sondern die Interessen der Kinder und Jugendlichen zu schützen. 23 KidsVerbraucheranalyse 2010 des Egmont Ehapa Verlags Finanzen. 24 KidsVerbraucheranalyse 2010 des Egmont Ehapa Verlags Finanzen. 25 Pressepräsentation zur KidsVerbraucheranalyse 2010 des Egmont Ehapa Verlags. 26 Arbeitsgemeinschaft Jugend und Bildung e.v. - Generation Konsum Jugendliche als Wirtschaftsfaktor, abrufbar unter F Startseite/Service/Downloads/Arbeitsblaetter/Arbeitsblatt November 2010 Wir tschaftsfaktor-jugendliche,templateid=raw,property=publicationfile.pdf (zuletzt besucht am ). 48

7 III. Grundgesetzliche Grundlage Das Recht der Kinder und Jugendlichen auf freie Entfaltung der Persönlichkeit wird dabei aus Art. 1 Abs. 1 i.v.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitet. 27 Kinder und Jugendlichen sind noch keine gereiften Persönlichkeiten. 28 Sie haben einen grundgesetzlichen Schutzanspruch auf eine freie und unbelastete Entwicklung ihrer Persönlichkeit 29 hin zum Person-Sein. 30 Diese Entwicklung wird auch als Menschwerdungsrecht / Persönlichkeitswerdungsrecht 31 oder als das Recht auf Person-Werden 32 bezeichnet. Daraus ergibt sich, dass der Staat in der Verpflichtung steht, die Kinder und Jugendlichen zu schützen 33 und demzufolge gesetzliche Regelungen zum Schutze der Persönlichkeitsentfaltung der Kinder und Jugendlichen zu erlassen BVerfGE 83, 130, 140; Engels, in AöR 1997, 212, 231; Hofmann, in Schmidt- Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Art. 2, Rn. 3; Engels, Diss., S Vgl. Engels, Diss., S. 67 f.; Rinsche, Diss., S. 23; Scherer, in WRP 2006, 401, Engels, Diss., S Engels, in AöR 1997, 212, Dreier, in Dreier, Art. 2 I, Rn Engels, Diss., S. 70; Rinsche, Diss., S BVerfGE 83, 130, 140; 24, 119, 144; 72, 155, 172; 75, 201, Fechner, S. 157, Rn. 1 f.; Hoffman-Riem/Engels, in RdJB 1996, 48, 52; Engels, Diss., S. 72, 74; ders., in AöR 1997, 212, 230; Benz, Diss., S. 54 f. 49