Chromosomen hin oder her
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- Lisa Hofmeister
- vor 7 Jahren
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Transkript
1 Chromosomen hin oder her Neben dem blauen Platz in Lustenau steht das Post-Gebäude. Darin sind 3 Klassen der Volksschule Kirchdorf untergebracht. In diesen Klassen sind Kinder mit verschiedenem Alter. Das nennt man jahrgangs-übergreifend. Valentin Fürnschuß geht dort in die Schule. Es ist sein letztes Jahr in der Volksschule. Valentin hat das Down-Syndrom. Im Spatzoneascht geht Valentin 3 Jahre in den Kindergarten. Danach suchen seine Eltern eine Schule für ihn. Die Direktorin vom SPZ wünscht sich Inklusion. Sie finden auch eine Lehrerin, Birgit Sieber-Mayer, die mit ihnen überlegt, wie es weitergehen kann. Sie wollen eine Privat-Schule gründen. Sie gründen den Verein Gemeinsam Zukunft Lernen. Simone, Valentins Mama wird Obfrau im Verein. Dann findet die Schulabteilung des Landes doch eine schnelle Lösung. Der Leiter der Volksschule Kirchdorf, Christoph Wundt, richtet im Postgebäude eine reform-pädagogische Klasse ein. Jedes Jahr kommt eine Klasse dazu. Und jedes Kind aus Lustenau kann in diese Klasse gehen. Valentins jüngere Geschwister, Marie und Josua, werden später auch in diese Schule gehen. Onur wartet schon in der Garderobe auf Valentin. Was soll ma machen, Vali?
2 Eine Geschichte schreiben? Valentin setzt sich an den Computer und beginnt zu tippen. EIN MOSNTER Nein, das schreibt man so EIN MONSTER! Onur hat schnell Fußballbilder getauscht. Jetzt kommt er mit Ronaldo im Hosensack zurück und korrigiert das Wort. Einige Kinder laufen vorbei. Schreibst du eine Geschichte, Vali?, fragen sie. Onur und Valentin schreiben jetzt gemeinsam. Unter einigen Wörtern erscheint eine rote Wellenlinie. Das bedeutet, dass sie falsch geschrieben sind. Onur und Valentin bessern die Worte aus. Das ist nicht immer leicht. Oft müssen sie lange probieren und Buchstaben tauschen, bis das Wort richtig geschrieben ist. Wenn sie nicht weiterwissen, hilft ihnen Quentin. Der rechnet gerade Eine Stunde später ist die Geschichte fertig. Birgit Sieber-Mayr heißt die Lehrerin von Valentin. Er liest ihr die Geschichte vor. Sie sagt ihnen, was sie noch verbessern können. Dann druckt Valentin die Geschichte aus und legt sie in die Mitte des Zimmers auf den Teppich. Jetzt soll er rechnen. Er würde gerne mit Onur spielen. Spielen könnt ihr später, sagt Birgit. Valentin setzt sich an seinen Platz.
3 Der ist hinter einer großen Zimmerpflanze. Er rechnet mit den Fingern von 1 bis 100. Die Methode heißt: Yes we can, was so viel heißt wie Ja, wir können. Er schickt Birgit weg. Er will alleine rechnen. Als er fertig ist, geht er mit den Aufgaben zu ihr. Geduldig wartet er, bis sie Zeit hat. Alle Aufgaben sind richtig. Er freut sich. Birgit auch. Valentin ist das erste Kind mit Down-Syndrom, das Birgit Sieber-Mayr unterrichtet. Sie hat sich viel mit den Eltern unterhalten. Sie hat auch viel Fach-Literatur gelesen. Ein bisschen Angst hatte sie schon. Sie lernt Valentin kennen. Er ist so liebevoll, freundlich und lebensfroh. Da merkt sie, wie leicht es ist. Er ist ein beliebtes Kind. Alle arbeiten gerne mit ihm. Manchmal ist er stur, aber damit kann Birgit umgehen. Die Eltern haben mir gezeigt, wie Inklusion geht, sagt sie. Sie wollen nicht, dass ich Valentin anders behandle. Er muss Regeln beachten, genau wie die anderen Kinder. Wenn er sich nicht richtig verhalten hat, sagt sie ihm das auch. Es ist wie bei allen Kindern, wenn man sie ernst nimmt, geht es ihnen gut. Sie wird traurig, wenn sie daran denkt, dass fast alle ungeborenen Babies mit Down-Syndrom abgetrieben werden.
4 Valentin ist nur noch ein paar Wochen bei ihr. Danach wechselt er in die Mittelschule. Auch das macht sie traurig. Valentin hat inzwischen mit Amelie Merten auf Englisch von 1 bis 20 gezählt. Amelie ist die zweite Lehrerin. Er verspricht ihr, morgen bis 30 zu zählen. Aber jetzt muss er dringend etwas bauen. In einem kleinen Raum neben der Klasse baut er mit Holzklötzen ein Haus. Das ist das Hasenfeld, sagt er. Das ist seine neue Schule. Im Herbst beginnt er in dieser Neuen Mittelschule. Später im Sitzkreis liest er die Geschichte von Onur und ihm vor. Die Kinder klatschen in die Hände. Dann ist große Pause und sie gehen hinaus. Als Valentin noch nicht auf der Welt ist, wird festgestellt, dass er einen Herzfehler hat. Das kann sich seine Mama Simone Fürnschuß-Hofer noch vorstellen. Damit kann sie umgehen. Aber dann stellt sich heraus, dass er vielleicht das Down-Syndrom hat. Das macht ihr große Angst. Aber seine Eltern wollen keine Fruchtwasser-Untersuchung. Sie wollen auch eine natürliche Geburt. Es ist ein Bub, und alles ist gut!, sind die ersten Worte, die Valentin hört.
5 Das sagt sein Papa nach der Geburt. Mit einem halben Jahr wird Valentin am Herzen operiert. Valentin erholt sich und wird gesund. Manchmal zeigt er am Schulhof seine Narbe. Die Familie Fürnschuß beschäftigt sich stark mit dem Thema Inklusion. Sie möchten, dass Valentin überall selbstverständlich dazu gehört. Simone Fürnschuß-Hofer schreibt beruflich Texte. Sie schreibt ihre Gedanken auf. Im Heft Leben Lachen Lernen beschreibt sie ihre Erlebnisse mit Valentin schreibt sie ein Buch. Es heißt Das Leben ist schön. Darin beschreiben 9 Familien mit einem Kind mit Down-Syndrom ihr Leben mit einem besonderen Kind. Zur Präsentation des Buches kommen 700 Menschen ins Festspielhaus. Simone liest aus dem Buch vor. Eine Klavierspielerin, eine Theatergruppe und eine Geschichtenschreiberin gestalten die Präsentation mit. Sie alle haben das Down-Syndrom. Dann hält ein Mann mit Down-Syndrom eine Rede. Es ist Pablo Pineda aus Spanien. Er hat sogar studiert. Valentin wird langsam selbständig. Er und seine Klassenkolleginnen und Klassenkollegen kommen in die Pubertät. Sie treffen sich in ihren Gruppen. Valentin ist immer öfter nicht dabei. Das stimmt ihn und seine Familie traurig.
6 Er fragt oft zu Mittag: Wen laden wir ein? Wo darf ich heute hin? Auch er wünscht sich Freundschaften wie sie seine jüngere Schwester Marie ganz selbstverständlich hat. Mit seine allerbesten Freund Timo aus Göfis kann er diese Freundschaft leben. Timo hat auch das Down-Syndrom. Und wenn sie gemeinsam spielen, unterscheidet sie gar nichts von anderen Kindern. Chromosomen hin oder her. Das ist das Buch von Simone Fürnschuß-Hofer: Das Leben ist schön: Besondere Kinder, besondere Familien G & S Verlag 2007, Edition 21, ISBN
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