Cannabis, Crystal & Co. Illegalität als Grenze der Suchtprävention?
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- Nicolas Schulze
- vor 7 Jahren
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1 Cannabis, Crystal & Co. Illegalität als Grenze der Suchtprävention? Vortrag am beim Fachtag des Landesfachausschusses Suchtprävention zu Wirksame Suchtprävention im Kindes und Jugendalter Referent: Dipl. Soz.-Päd. Daniel Graubaum [Drug Scouts]
2 Jugendschutz & Suchtprävention Jugendschutz dient der Abwehr von Gefahren und Gefährdungen für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen in der Öffentlichkeit und in den Medien. Suchtprävention beinhaltet Maßnahmen zur Verhinderung des Konsums sowie Maßnahmen, die Gesundheitsschäden durch den Konsum legaler und illegalisierter Drogen. Wir halten jugendschützerische und suchtpräventive Arbeit auch im Zusammenhang mit illegalisierten Substanzen für möglich. Ein Illegalistätsstatus von psychoaktiven Substanzen schränkt z.t jedoch die Umsetzungsfähigkeit risikominimierender Maßnahmen im Umgang mit diesen Substanzen ein.
3 Drogenkonsum in der Jugendphase Prävalenz des Konsums illegalisierter Drogen: Jährige Lebenszeit = 7,2% Jährige letzte 12 Monate = 4,9% Jährige letzte 30 Tage = 2,0% Jährige letzte 12 Monate = 26,7% Jährige letzte 12 Monate (außer Cannabis) = 2,8% [Quelle: Drogenaffinitätsstudie BzGA, 2011] Prävalenz Cannabiskonsum (junge Menschen): Cannabis konsumierte 2013 in Deutschland jeder dreizehnte Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren (7,8 %) Cannabiskonsum bis knapp nach Jahrtausendwende steigend, dann fallend, jetzt wieder leicht steigend, derzeit jedoch noch unter Niveau der 90er Jahre. Regelmäßiger Konsum wieder auf Niveau der 90er Jahre. [beides Quelle: Reitoxbericht der DBDD, 2014]
4 Drogenkonsum in der Jugendphase Psychoaktive Substanzen werden also hauptsächlich konsumiert: von jungen Menschen, meist im Alter von 18 Jahren aufwärts, meist nur über einen gewissen Zeitraum und meist ohne dabei eine Abhängigkeit zu entwickeln (Probierverhalten). Die Bandbreite an Konsumformen, -dauer und -häufigkeiten ist dabei sehr groß. Konsum erfüllt im Jugendalter sehr unterschiedliche Funktionen, die mit den Entwicklungsaufgaben von Heranwachsenden stark in Beziehung stehen, bspw: Symbol für das Erwachsen Sein Neugier auf Wirkung / um Neues, Aufregendes zu erleben Ausprobieren von Lebensstilen (EA: Lebensgestaltung) Experimentieren mit Grenzerfahrungen (EA: Identität finden) Abbau von Hemmungen (EA: Kontaktaufnahme mit Anderen) absichtliche Normverletzungen (EA: eigene Werte entwickeln)
5 Drogenkonsum in der Jugendphase Wenn junge Menschen während ihrer Probierphase in ein funktionierendes soziales Umfeld eingebunden sind und keine schwerwiegenden psychischen oder sozialen Defizite haben, ist es wenig wahrscheinlich, dass sie problematische Konsummuster entwickeln. Wenn Entwicklungsprobleme auftreten, kann der Konsum auch (temporär) als Kompensation, Ersatzziel und zur Stress- und Gefühlsbewältigung dienen. Faktoren, die das Risiko einer Abhängigkeitsentwicklung im Jugendalter fördern, können dabei u.a. sein: früher Einstieg in den Konsum problematische Familienverhältnisse psychische Störungen soziale Mängellage Scheitern im Bildungsprozess Peergruppe mit überwiegend deviantem Verhaltenspotenzial
6 Illegalität und das Ideal vom Konsumverzicht Viele Substanzen sind illegalisiert, andere nicht: für legale Substanzen bestehen Gesetze des Jugend- und Verbraucherschutzes für illegalisierte Substanzen bestehen diese Schutzgesetze nicht Herstellung, Verkauf und Weitergabe erfolgen auf unkontroll. Schwarzmarkt Junge Menschen haben jedoch: genug weitergehende Möglichkeiten an legale Substanzen unter Umgehung des Jugendschutzes zu kommen und (mehr oder weniger) ausreichende Möglichkeiten, um an illegalisierte Substanzen zu kommen (mit regionalen und persönlichen Einschränkungen). Wer Interesse hat und sich aktiv damit beschäftigt, hat mit dem Erwerb heutzutage jedoch kein größeres Problem. (Freunde, Bekannte, Internet-, Straßenhandel etc.)
7 Illegalität und das Ideal vom Konsumverzicht Probleme der Jugendphase VS. dem Ideal der Abstinenz von illegalisierten Substanzen und dem Maßhalten bei legalen Substanzen sind auch bedingt durch, die Entwicklungsphase Jugend und ihre Entwicklungsaufgaben, bspw.: sich von dem persönlichen Umfeld abzuheben und in diesem zu behaupten einen eigenen Lebensentwurf zu entwickeln, der nicht den vorgelebten Werten des Umfeldes und der Familie entsprechen muss Lebens- und Gesellschaftsregeln zu hinterfragen eigene Verhaltensmuster und Gefühlszustände auszutesten Dabei hilft die Proklamation von Abstinenz, Maßhalten und Warten nur bedingt, bzw. nur bei einem Teil der jungen Menschen, denn viele junge Menschen kennen auch gleichaltrige oder ältere Peers, denen es real oder scheinbar gut geht, auch während intensiverer Konsumphasen oder mit weitergehendem Umherprobieren
8 Suchtprävention in der Jugendphase Unter Berücksichtigung dessen beschäftigt sich die Jugendhilfe in einem Spannungsfeld, in dem sie jungen Menschen eigentlich vermitteln soll, dass sie: illegalisierte Substanzen besser gar nicht und legale Substanzen frühestens ab dem 16./18. Lebensjahr und in Maßen konsumieren sollten. Gegenteiliges Verhalten kann sie jedoch nicht wirklich verhindern und muss dort dann risiko- und schadensminimierend arbeiten. Es besteht also in der Jugendphase eine besondere Gefährdungslage und die jungen Menschen sind in ihrer Probierphase besser erreichbar. Der (Il)Legalitätsstatus kann aber vieles schwieriger machen.
9 Suchtprävention in der Jugendphase einige Beispiele von Schwierigkeiten im Umgang mit illegalisierten Substanzen: bestimmte Maßnahmen der Risikominimierung sind nicht / schwer möglich (Unsicherheit in Bezug auf Wirkstoffe, Dosierung und Streckmittel) Rechtsfolgen (teilweise) schwer abschätzbar und inkohärent angewendet (Führerscheinentzug bei Besitz, unterschiedliche Strafmaße) Schwierigkeiten mit Drogennotfällen und persönlichen Problemlagen umzugehen, da niemand was davon erfahren soll (v.a. Eltern, Angehörige) u.u. persönlicher Kontakt mit weitergehend kriminellem Milieu
10 Suchtprävention in der Jugendphase Anliegen der Suchtprävention mit jungen Menschen sollten sein: ehrliche, angstfreie, offene, vertrauensvolle Atmosphäre schaffen Informationen über Substanzen und Safer-Use-Regeln bereitstellen Bewusstsein schaffen für Konsumrisiken und -reflexion, damit aktuelle und potentielle Konsument_innen: sich mit den Risiken des Konsums auseinandersetzen Risiken beim eigenen Konsum minimieren können Risikokompetenz entwickeln / erweitern Problemlagen vorbeugen oder (frühzeitig) erkennen können allgemein besser über eigene Bedürfnislagen Bescheid wissen ihr Wissen an andere (Peers/Familie) weitertragen können
11 Partyprojekte als Teil der Prävention Partyprojekte wie Drug Scouts (Leipzig), Chill Out (Potsdam), Mindzone (München) und Odyssee (Kiel) u.a. sind wichtige Schnittstellen im Suchthilfesystem, die: junge Menschen über Substanzkonsum und Risikominimierung aufklären, bei Bedarf an weiterführende Hilfen vermitteln, in ihrer Tätigkeit in den Partyszenen sensibilisieren sowie akuten Notfällen und problematischen Konsummustern vorbeugen können. Jedoch sind derartige Projekte in der Präventionslandschaft der BRD bisher: noch dünn vertreten, z.t. unterfinanziert, enorm auf ehrenamtliche Arbeit angewiesen und werden in ihrer Arbeit (teilweise) fehleingeschätzt oder gar abgelehnt. Sie sind jedoch auch kein Ersatz für einige notwendige Maßnahmen.
12 Wo muss Prävention noch ansetzen? Partyprojekte erreichen sicherlich immer mehr junge Menschen und machen im Zusammenspiel mit anderen Präventionsprojekten, Beratungsstellen und Therapieeinrichtungen des Hilfesystems eine gute Arbeit. Um möglichen Problemlagen der Entwicklung junger Menschen vorzubeugen, sind suchtpräventive und risikothematisierende Angebote jedoch umfassender in das gesamte Bildungssystem zu integrieren, bspw. durch (mehr) Aufklärung sowie bessere Früherkennung und mehr Hilfestellungen z.b. in den Bereichen: Substanzkunde / Wechselwirkungen / Droge-Set-Setting / Safer Use Konsumreflexion (Was ist wann und für wen okay, was nicht...) Entwicklungsaufgaben des Jugendalters (Konsum- / Risikobewusstsein etc.) Umgang mit Konsument_innen (bspw. Angehörige, Freund_innen, Multis) rechtliche Aspekte (Besitz, Führerschein, mögliche Rechtsfolgen usw.) Angebote und Funktionsweisen des Hilfesystems
13 Wo muss Prävention noch ansetzen? Generell: unaufgeregter und sachlicher gesellschaftlicher Diskurs über Drogenkonsum ohne Bagatellisierung oder Verharmlosung und ohne Übertreibungen und Panikmache Tabuisierung erschwert Kommunikation und somit Zugang zu Usern und evtl. auch die Inanspruchnahme von Unterstützungsangeboten
14 Internetseite: Info-Laden: Drug Store Eutritzscher Straße Leipzig Telefon: Drogentelefon: (di + do, 13-17h) drugscouts@drugscouts.de Herzlichen Dank!
15 Quellen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Drogenaffinitätsstudie, 2011 Bericht 2014 des nationalen REITOX-Knotenpunktes an die EBDD. DBDD, München Dr. W. Settertobulte: Rausch als Risiko und Herausforderung für Jugendliche, 2011 FOKUS-Institut Halle: Moderne Drogen- und Suchtprävention (MODRUS IV), 2009
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