* Predigt zum Thema Noch zu retten? * Jesaja 58,7-12 * WH-Konfi-Vorstellungsgottesdienst & Erntedankfest * * * Becci John *

Transkript

1 1. Sind wir eigentlich noch zu retten?! Sind wir eigentlich noch zu retten? Junge, wirklich beeindruckenden Menschen sind das, die ich in den letzten Wochen hier im Weigle- Haus kennen gelernt habe und die ziemlich bald mit dieser großen Frage rausgerückt sind. Kira, Anna-Lena, Sarah, Rea, Amelie, Caro, Hannah, Philipp. Die nach Rettung fragen, wenn sie in die große weite Welt schauen, in die Welt, die zum größten Teil noch vor ihnen liegt und von der sie noch viel entdecken und erleben wollen. Die nach Rettung fragen, wenn sie sich ihr eigenes Leben anschauen, mit all den Kleinigkeiten und Großigkeiten, die da so los sind und sie tagtäglich umgeben. Noch zu retten? Gibt es da etwas oder jemanden, der sich um all das kümmert, was hier in dieser Welt und in und um uns los ist? Lebt Superman vielleicht nicht nur im Fernsehen oder gibt es eine neue Mutter Teresa? Und was macht Gott eigentlich so den ganzen Tag lang während Tim Bendzko davon singt, dass er nur noch kurz die Welt rettet? Als Mutter Teresa als junge Frau in Kalkutta in Indien ankommt und sich in den Slums zwischen Müllbergen und hungernden Kinderbäuchen bewegt, kann sie nicht anders als völlig verzweifelt zu rufen: Gott, warum tust du nichts? Und Jahre später erzählt sie, dass Gott ihr an diesem Tag geantwortet hat: Teresa, das gleiche wollte ich dich gerade auch fragen! Warum tust du nichts?! 1

2 2. Nur noch kurz die Welt retten...?! Jesaja 58,7-12: 7 Gib den Hungrigen zu essen, nimm Obdachlose bei dir auf, und wenn du einem begegnest, der in Lumpen herumläuft, gib ihm Kleider! Hilf, wo du kannst, und verschließ deine Augen nicht vor den Nöten deiner Mitmenschen! 8 Dann wird dein Licht wie die Morgenröte hervorbrechen, eilends wächst deine Wunde zu. Dann wird deine Gerechtigkeit vor dir her gehen und Gottes Herrlichkeit hinter dir her gehen. 9 Dann wirst du rufen und Gott wird dir antworten. Du schreist um Hilfe und Gott wird sagen: Sieh, ich bin hier! Wenn du in deiner Mitte niemanden unterdrückst und nicht verächtlich mit den Finger auf andere zeigst und übel redest, 10 sondern den Hungrigen dein Herz finden lässt und den Elenden sättigst. Dann wird dein Licht in der Finsternis aufstrahlen, deine Dunkelheit wird wie der Mittag sein. 11 Und Gott wird dich beständig leiten, selbst in der Wüste wird er dich versorgen und deine müden Knochen wieder munter machen. Und du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, der es nie an Wasser fehlt. 12 Und es soll durch dich wieder aufgebaut werden, was lange wüst gelegen hat, und du wirst wieder aufrichten, was vorzeiten gegründet wurde und du sollst heißen: Der die Lücken schließt und die Wege ausbessert, dass man da wohnen könne. Eben so sehr wie Gottes Antwort Mutter Teresa überrascht hat, überrascht auch dieser Bibeltext, der heute zum Erntedankfest als Predigttext vorgeschlagen ist, in dem Moment, wo er auf die Frage der Konfis trifft: Sind wir eigentlich noch zu retten? Sind andere Menschen noch zu retten, die hungern und arm sind und in Schwierigkeiten stecken? Kann Gott retten? 7 Hilf, wo du kannst, und verschließ deine Augen nicht vor den Nöten deiner Mitmenschen! Wir sind selbst aufgefordert einzugreifen, uns einzumischen und einzubringen. Gott traut uns ganz schön viel zu! Aber keineswegs so, wie Tim Bendzko davon leicht ironisch singt: Nur noch kurz die Welt retten... Ne ganz besondere Mission, lass mich dich mit Details verschonen... Nein, hier geht es um Details. Um einzelne Menschen, denen man zu Essen geben soll, statt sie beim Essen sitzen und warten zu lassen, wie Tim Bendzko es stattdessen macht. 2

3 Ich weiß, ich bin spät dran, fang ruhig schon mal mit dem Essen an... Ich hab derweil noch so furchtbar viele und unglaublich ehrenvolle, wichtige Dinge zu tun, dass es mir einfach nicht möglich ist für Einzelne da zu sein - noch nicht mal für Freunde in meinem Leben... Es geht nicht darum nur noch kurz die Welt zu retten. Sondern darum, dass unser Herz berührt wird von dem, was wir wahrnehmen, wenn wir die Augen aufmachen. Dass wir im Innersten bewegt werden: Lass den Hungrigen dein Herz finden. Es geht um Details, darum die Augen aufzumachen, genau hinzuschauen, dem Einzelnen, dem Mitmenschen aus unserem Umfeld persönlich zu begegnen, statt einfach drüber hinweg in die große weite Welt zu sehen und sich ein Superman-oder Superwoman-Kostüm überzustreifen und heldenhaft den Abflug zu machen. Es geht um Details, darum die Augen aufzumachen, genau hinzuschauen, der konkreten Not der Menschen in fernen Ländern zu begegnen. Warum hungern sie? Was ist da genau los? Und was hat das mit mir hier in Deutschland zu tun? Gibt es da irgendeinen Zusammenhang? Was kann ich, als 9-, 13-, 18-, 28-, 40- oder 61-jähriger Mensch hier in Deutschland machen, was den Hunger von Menschen in fernen Ländern mindert? Kann ich etwas an meinem Konsumverhalten ändern? Kann ich mich besser informieren? Kann ich auf Demos gehen? Oder Politikerinnen und Politikern Briefe schreiben? Oder einen Artikel für die Schulzeitung, für den Gemeindebrief oder auf meinem Blog zu diesem Thema? Oder kann ich mich nach der Schule ein Jahr vielleicht sogar im Ausland direkt engagieren? Oder in Deutschland an irgendeiner sinnvollen Stelle? Oder kann ich Lieder zu diesem Thema singen oder schreiben und Menschen unterstützen, die schon gute Ideen haben? 3

4 Wir selbst haben mit dieser Welt etwas zu tun. Und mit der Not in dieser Welt. Und darum können wir auch etwas tun. Das Erntedankfest ist ein ganz wunderbarer Zeitpunkt sich das bewusst zu machen, dass man etwas zum Abgeben, zum Teilen hat, etwas einsetzen und einbringen kann in dieser Welt. Und damit fange ich jetzt auch direkt mal an. Ich hab euch etwas mitgebracht... [Buch] Einfach die Welt verändern. 50 kleine Ideen mit großer Wirkung. Dieses Buch begeistert mich immer wieder. Und darum möchte ich es heute verschenken. Also, ihr kleinen und großen Menschen in diesem Raum aufgepasst - hier kommt eine Quizfrage für euch und wer mit seiner Antwort an der Lösung am nächsten dranliegt bekommt dieses Buch geschenkt. Es ist eine Schätzfrage, da kann also jede und jeder mitmachen! Man muss sich einfach nur trauen aufzustehen und die Zahl, die man schätzt laut in den Saal zu rufen... Eine kleine Wachwerd-Aktion für alle, die beim Anblick all der kleinen und großen Problemen in dieser Welt oder vom Zuhören dieser Predigt schon ganz müde geworden sind... Alles klar? - Dann hier die Frage: Auf der Erde leben derzeit knapp 7 Milliarden Menschen - wie viele Menschen dieser Erde müssen täglich mit nur einer Schale Reis auskommen? (1/3tel von 6,93 Milliarden = 2,31 Milliarden Menschen) Wir sollen etwas tun und wir können etwas tun. Vielleicht müssen wir nicht gleich wie Mutter Teresa nach Kalkutta in s ferne Indien auswandern und dort unter den Ärmsten der Armen leben. Wer glaubt, nur solche Extreme wären sinn- und wirkungsvoll und darum erst gar nicht anfängt etwas zu unternehmen, macht es sich etwas zu leicht. Wir können etwas tun. Jede und jeder von uns. An dem Ort, wo wir gerade sind. Mit dem was wir eben können. Mit der Zeit und dem Geld und den Beziehungen und Ideen und Begabungen die wir haben. Und wem jetzt wirklich überhaupt gar nichts einfällt, der kann gerne nach der Predigt auf den jungen Mann/ die junge Frau, der/ die das Buch soeben gewonnen hat zukommen und da mal reinschauen oder gerne auch nochmal mit mir darüber in s Gespräch kommen. Wir können an dieser Welt etwas ändern. Philipp, Hannah, Caro, Amelie, Rea, Sarah und Kira können die Welt verändern. Und Deffi und Susanne und Susi Polutta und Timo Gayk und seine Mama und junge Damen und alte Herren und alte Damen und junge Herren dieser Gemeinde können das auch, der kleine Markus Hoffert genau so wie der große Tobi Klug, und ein Leiter des Weigle-Hauses namens Rolf Zwick 4

5 eben so wie eine gerade mal 17-Jährige Leonie Henke, die sich entschieden hat, als Teil des Weigle- Haus-Jahresteams ein Jahr ihres Lebens dieser Arbeit hier zu schenken. 3. Und was ist Gottes Job? Und was ist Gottes Job? Langweilt der sich den ganzen Tag? Oder ist er so weit weg, dass er noch nicht mal mitkriegt, was hier passiert? Nein! Gott, Gott ist für s Retten zuständig. Für das, was wir nicht können. Wir können verbessern und verändern. Aber nicht retten. Nicht machen, dass Dinge ganz heil werden. Nicht mehr weh tun. Gott ist für s Retten zuständig. Aber dabei trägt er kein Supermankostüm und düst hoch am Himmel zwischen Wolkenkratzern umher. Sondern er ist in dieser Welt unterwegs. In unserem Alltag. An den Orten, wo wir uns aufhalten. Und kriegt mit was uns quält. Ob es Hunger ist, oder Ärger mit den Eltern, oder Stress und Druck in der Schule, oder Einsamkeit, Traurigkeit, Selbstunzufriedenheit, Sorgen. Gott kriegt mit was uns quält und kümmert sich darum. Dein Licht wird wie die Morgenröte hervorbrechen, eilends wächst deine Wunde zu. Du schreist um Hilfe und Gott wird sagen: Sieh, ich bin hier! Gott kümmert sich um die Wunden, um unsere wunden Punkte im Leben. Dass sie wieder zuwachsen. Und wir nicht bitter an dem werden, was uns verletzt hat. Dass sie aufhören weh zu tun. Gott kümmert sich. Und da gibt es nichts, was ihm zu klein sein könnte. Gott schaut genauer hin, als wir es überhaupt können, er übersieht Details nicht und hat keine Leidskala nach der er bewertet, was uns quält und erst ab einer bestimmen Leidstufe greift er dann ein. Du rufst und Gott wird dir antworten. - So funktioniert das! Du schreist um Hilfe und Gott wird sagen: Sieh, ich bin hier! So stellt Gott sich den Menschen vor: Als einer, der für die Menschen da ist! Ich bin der Ich-bin-da, sagt Gott Mose, der als erster Mensch Gott mal nach seinem Namen gefragt hat. Gott ist ein Retter. Dein Retter. Das ist sein Wesen. Damit ist er beschäftigt. Immerzu. Davon wird er nie ablassen. Dazu ist er als Jesus in die Welt gekommen. In Jesus zeigt sich Gott den Menschen. In einem, der Retter genannt wird! Jesus, dieser Name kommt von dem hebräischen Wort [vy (Jeschua) - Hilfe, Rettung, Heil. In einem, der Retter genannt wird, zeigt Gott sich den Menschen und ist unter den Menschen unterwegs. Macht gesund, hört zu, besucht, isst mit ihnen, diskutiert, umarmt, erzählt, teilt, schenkt. 5

6 In Jesus zeigt Gott sich den Menschen. Sein Wesen als Retter. Der sich nicht einfach um die große weite Welt kümmert, sondern um jeden einzelnen Menschen. Du kannst zu Gott rufen. Du kannst sogar schreien. Ihn anschreien. Deine Wut oder Traurigkeit, Verzweiflung und Zweifel, deinen Ärger und deinen Stress. Rausschreien. Gott entgegen. Und er wird antworten: Siehe, ich bin da! Hier bin ich. Für dich da. Und weil ich für dich da bin und mich um dich kümmere, kannst du für andere da sein. Brauchst du dich nicht den ganzen Tag lang um dich selbst sorgen. Sondern kannst deine Augen aufmachen für die Nöte deiner Mitmenschen! Denn Gott hat dich im Blick. Und kümmert sich um dich. Und rettet auf diesem Weg die Welt - nicht noch eben kurz, nicht als Superheld mit verblüffenden Tricks und coolen Stunts sondern mit uns. Gott rettet die Welt, vielleicht nicht so, wie wir uns das vorstellen oder wünschen. Aber mit großer Fürsorge und Zuneigung und Aufmerksamkeit für jeden Einzelnen und jede Einzelne von uns! Liebe Konfis, ihr stellt gute Fragen! Und ich bin mir sehr sicher, dass ich davon viele auch nicht beantworten kann und wir uns da gemeinsam auf die Suche machen müssen. Für eure heutige Frage habe ich allerdings eine Antwort: Ja, wir sind noch zu retten! Gott kann retten. Das glaube ich. Das erlebe ich. Und das wünsche ich euch, dass das in eurem Leben erfahrbar wird! Amen. 6