Auswertung der Krebshäufigkeit in Wewelsfleth und Umgebung 1998 bis 2007
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1 Auswertung der Krebshäufigkeit in Wewelsfleth und Umgebung 1998 bis 2007 Krebsregister Schleswig-Holstein und Institut für Krebsepidemiologie e.v. an der Universität zu Lübeck Lübeck, November 2009
2 Auswertung der Krebshäufigkeit in Wewelsfleth und Umgebung 1998 bis 2007 Stand: Oktober 2009 Institut für Krebsepidemiologie e.v., Registerstelle des Krebsregisters Schleswig-Holstein Autoren: Dr. rer. nat. Ron Pritzkuleit Prof. Dr. med. Alexander Katalinic Institut für Krebsepidemiologie e.v. Ratzeburger Allee Lübeck Tel Internet:
3 Inhaltsverzeichnis 0. ZUSAMMENFASSUNG EINLEITUNG METHODIK BEVÖLKERUNG ALLGEMEINES KENNZAHLEN UND BEGRIFFSERKLÄRUNGEN KARTOGRAPHISCHE DARSTELLUNGEN ERGEBNISSE KREBSNEUERKRANKUNGEN Krebs insgesamt (ohne sonstige Tumoren der Haut) Referenz Land Schleswig-Holstein Referenz Kreis Steinburg Diagnosespektrum Zeitlicher Verlauf (Referenz Schleswig-Holstein) Altersverteilung KREBSSTERBLICHKEIT MÖGLICHE URSACHEN DER ERHÖHUNG DER KREBSNEUERKRANKUNGSRATE INANSPRUCHNAHME VON FRÜHERKENNUNGSMAßNAHMEN KERNKRAFTWERK BROKDORF Krebs insgesamt ohne sonstige Tumoren der Haut Krebs insgesamt ohne screeningrelevante Tumoren Leukämien und Lymphome Tumoren des Magens Tumoren der Lunge Tumoren der Niere Tumoren der Harnblase WEWELSFLETH ALS WERFTENSTANDORT LEBENSSTIL UND SOZIALE SCHICHT FAZIT
4 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Durchschnittliche jährliche Bevölkerung der Jahre 1998 bis Tabelle 2: Krebsneuerkrankungen insgesamt für die Diagnosejahre 1998 bis 2007 (Referenz Land Schleswig-Holstein)...13 Tabelle 3: Krebsneuerkrankungen insgesamt für die Diagnosejahre 1998 bis 2007 (Referenz Kreis Steinburg)...14 Tabelle 4: Diagnosespektrum der Krebserkrankungen für die Gemeinde Wewelsfleth...15 Tabelle 5: Sterblichkeit in der Gemeinde Wewelsfleth 1998 bis Tabelle 6: Krebsneuerkrankungen insgesamt für die Diagnosejahre 1998 bis 2007 ohne die Tumorarten, die von Screeningmaßnahmen beeinflusst sind...23 Tabelle 7: Tabakassoziierte Tumoren...34 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Altersstandardisierte Neuerkrankungsrate im zeitlichen Verlauf...17 Abbildung 2: Altersstandardisierte Neuerkrankungsrate der Männer im zeitlichen Verlauf mit Angabe des Vertrauensbereiches...18 Abbildung 3: Altersstandardisierte Neuerkrankungsrate der Frauen im zeitlichen Verlauf mit Angabe des Vertrauensbereiches...19 Abbildung 4: Altersverteilung der Erkrankungsfälle
5 0. Zusammenfassung Die Krebshäufigkeit der Gemeinde Wewelsfleth steht seit Jahren unter der Beobachtung des Krebsregisters Schleswig-Holstein. Es zeigten sich regelmäßig hohe, wenn auch nicht statistisch signifikant erhöhte Krebsraten. Mit der vorliegenden Untersuchung wurde auf der Basis der Krebsregisterdaten erneut eine umfangreiche Untersuchung der Gemeinde Wewelsfleth durchgeführt. Zusätzlich wurden Sterbedaten des Gesundheitsamtes untersucht. Des Weiteren wurden auf der Basis der Daten des Krebsregisters Schleswig-Holstein Plausibilitätsbetrachtungen durchgeführt, die Hinweise auf mögliche Ursachen für die erhöhte Krebshäufigkeit liefern sollten. In der vorliegenden Auswertung für die Jahre 1998 bis 2007 übersteigt die registrierte Zahl der Krebsneuerkrankungen insgesamt in der Gemeinde Wewelsfleth die Zahl der erwarteten Krebsneuerkrankungen erstmals in einem statistisch auffälligen Maß (128 statt erwarteter 87,7 Erkrankungsfälle). Die Untersuchungen zum zeitlichen Verlauf und zur Altersverteilung ergaben keine auffälligen Ergebnisse. Die zusätzlich untersuchte Krebssterblichkeit zeigt keinerlei Auffälligkeiten und liegt im Landesniveau. Zur differenzierten Beurteilung bzw. Identifikation eines möglichen Umwelteinflusses auf Krebserkrankungen wurden die einzelnen Tumorarten separat betrachtet. Für Leukämien und Lymphome, für die u.a. radioaktive Strahlung ursächlich verantwortlich gemacht wird, zeigen sich unauffällige Erkrankungsraten für Wewelsfleth. Eine statistisch signifikante Erhöhung zeigt sich insbesondere für Prostatakrebs. Außerdem sind Darm- und Harnblasenkrebs statistisch signifikant erhöht. Gerade an der Grenze zu einer Erhöhung gegenüber dem Landesdurchschnitt sind Lungenkrebs und das maligne Melanom der Haut. In dem vorliegenden Bericht wurden vier Hypothesen formuliert und untersucht, die Hinweise auf Ursachen für die Erhöhung der Krebshäufigkeit liefern können: 1) Es zeigte sich, dass eine Erhöhung derjenigen Tumorarten (Prostatakrebs, Darmkrebs, Hautkrebs) vorliegt, die zurzeit im Fokus öffentlicher Berichterstattung und gesundheitspolitischer Anstrengungen stehen (Krebsfrüherkennung). Das könnte auf eine gegenüber dem Landesdurchschnitt vermehrte Inanspruchnahme solcher Maßnahmen durch die Wewelsflether Bevölkerung hindeuten. Die gesamte Erhöhung lässt sich aber durch diesen Effekt nicht erklären. 2) Schlüssige Hinweise für das Kernkraftwerk Brokdorf als Ursache lassen sich aus den Daten nicht ableiten. Zum einen zeigten sich keine Auffälligkeiten für die eher strahlungssensible Tumorgruppe der Leukämien und Lymphome und zum zweiten zeigten sich keine erkennbaren räumlichen Muster, die eine erwartete Dosis-Wirkungs-Beziehung erkennen lassen würden. Dieses Ergebnis steht in Übereinstimmung mit den Ergebnissen der Norddeutschen Leukämie- und Lymphom- Studie aus dem Jahr 2003, in der Wewelsfleth als Nachbargemeinde zu Brokdorf zum Untersu- 5
6 chungsgebiet gehörte. Es fand sich kein Hinweis für eine erhöhte Krebsinzidenz im Nahbereich der untersuchten Kernkraftwerke. 3) Hinweise dafür, dass die in Wewelsfleth ansässigen (bzw. ehemaligen) Werften mit der erhöhten Krebshäufigkeit ursächlich in Verbindung stehen könnten, konnten bevölkerungsbezogen nicht gezeigt werden. Aus der internationalen Fachliteratur sind solche Zusammenhänge aber bekannt. 4) Indikatoren für einen Einfluss individueller Lebensstile und sozialer Deprivation am Beispiel tabakassoziierter Tumorarten konnten nicht bzw. nur in geringem Maße gezeigt werden. Damit konnten auf Basis der vorliegenden Daten und Angaben keine eindeutigen Hinweise auf eine einzelne Ursache für die Erhöhung der Krebsneuerkrankungen identifiziert werden. Es ist anzunehmen, dass eher eine Kombination mehrerer Ursachen wie Lebensstil, genetische Ursachen usw. zu der beobachteten unspezifischen Erhöhung geführt hat. In welchem Maße einzelne Faktoren eine Rolle spielen könnten, lässt sich anhand der Daten des Krebsregisters nicht ermitteln, diese Angaben sind nicht Bestandteil der Datenerhebung des Krebsregisters und können daher auch nicht ausgewertet werden. Aus Sicht des Krebsregisters Schleswig-Holstein erscheinen weiterführende eigenständige Studien aus methodischen Überlegungen (geringe Erkrankungszahlen insgesamt und damit verbundene starke zufällige Schwankungen nicht zielführend zu sein. Interessant bleibt der Umstand, dass trotz der erhöhten Krebshäufigkeit in Wewelsfleth die Krebssterblichkeit nicht vom Landesdurchschnitt abweicht, denn eigentlich wäre bei erhöhter Neuerkrankungsrate auch eine erhöhte Sterblichkeit zu erwarten gewesen. Das Krebsregister Schleswig-Holstein wird die Gemeinde Wewelsfleth weiterhin unter Beobachtung halten. Sollte die Hypothese der hohen Inanspruchnahme der Krebsfrüherkennung mit folgendem Anstieg zutreffen, müsste zumindest für die genannten Tumoren ein Rückgang in den nächsten Jahren zu beobachten sein. 6
7 1. Einleitung Erste Anfragen der Gemeinde Wewelsfleth liegen dem Krebsregister Schleswig-Holstein aus dem Jahre 2002 vor. Seitdem steht die Gemeinde Wewelsfleth unter ständiger Beobachtung. Am fand ein Treffen zwischen Bürgermeister, Amtsarzt sowie dem Leiter der Registerstelle des Krebsregisters Schleswig-Holstein statt. Dort wurde umfangreich über vorliegende Daten bis einschließlich des Diagnosejahres 2006 berichtet. Aufgrund einer erneuten Anfrage zur Krebshäufigkeit seitens des Bürgermeisters der Gemeinde Wewelsfleth werden nachfolgend die Daten der Diagnosejahre 1998 bis 2007 berichtet. Der Bericht gliedert sich in mehrere Abschnitte: Nach einem Abschnitt, in dem die methodische Vorgehensweise dargelegt ist, wird zunächst eine Auswertung der Zahl der Krebsneuerkrankungen in der Gemeinde Wewelsfleth und im umgebenden Amt Wilstermarsch vorgenommen. Dabei werden sowohl Krebs insgesamt als auch die Einzelkrebsarten aufgeführt. Aufgrund der bereits langen Beobachtungszeit der Gemeinde werden in diesem Abschnitt auch die Analysen dokumentiert, die gewöhnlich bei Anfragen zur Krebshäufigkeit vom Krebsregister nicht mit an den Fragesteller übermittelt werden, um die Analyseergebnisse auch für eine breite Öffentlichkeit verständlich zu halten. Ein weiterer Abschnitt beschäftigt sich mit der Analyse und Dokumentation der Krebssterblichkeit in Wewelsfleth. Im dann folgenden Abschnitt wird der Frage nachgegangen, welche Ursachen für die zuvor dargestellten Ergebnisse verantwortlich sein könnten. In diesem Teil wird auch dem Kernkraftwerk Brokdorf als möglichem Verursacher nachgegangen. Dieser Verdacht wurde seitens der Gemeinde geäußert. Dazu werden räumliche Analysen vorgelegt. Im letzten Abschnitt wird ein Fazit gezogen und auf mögliche weiterführende Untersuchungen eingegangen. 7
8 2. Methodik 2.1. Bevölkerung Die nachfolgende Tabelle gibt die durchschnittlichen jährlichen Bevölkerungszahlen der Gemeinde Wewelsfleth und des Amtes Wilstermarsch sowie der Gemeinden, die für die räumlichen Analysen berücksichtigt wurden, wieder. Tabelle 1: Durchschnittliche jährliche Bevölkerung der Jahre 1998 bis 2007 Männer Frauen Gesamtbevölkerung Gemeinde Wewelsfleth Amt Wilstermarsch Büttel Kudensee Sankt Margarethen Brokdorf Landscheide Ecklak Nortorf Neuendorf-Sachsenbande Dammfleth Beidenfleth Borsfleth Bahrenfleth Wilster (Stadt) Landrecht Bekdorf Hodorf Stördorf (eigene Berechnungen des Krebsregisters Schleswig-Holstein nach Angaben des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein) Für die Berechnungen der erwarteten Fallzahlen wurde jeweils die mittlere Bevölkerung eines jeden Jahres verwendet. 8
9 2.2. Allgemeines Das Krebsregister Schleswig-Holstein erfasst Krebsneuerkrankungen flächendeckend seit dem Jahr In diesem Bericht sind die Daten für die Diagnosejahre 1998 bis 2007 dargestellt. Die Erfassung für die Diagnosejahre 2008 und 2009 ist noch nicht abgeschlossen und kann somit für diese Auswertung nicht verwendet werden. In die Analyse sind auch die Fälle aufgenommen, die dem Krebsregister nur aufgrund einer Todesbescheinigung bekannt sind (DCO-Fälle, Death Certificate Only). Nach internationalen Vereinbarungen wird dabei das Sterbedatum als Erkrankungsdatum gewertet. Gerade für die ersten Jahre der Untersuchung ist davon auszugehen, dass dadurch Fälle in die Analyse eingeschlossen wurden, deren Erkrankungszeitpunkt bereits vor dem Untersuchungszeitraum liegt. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Anteil von DCO-Fällen an allen registrierten Tumoren in der Gemeinde Wewelsfleth deutlich niedriger ist als in Schleswig-Holstein insgesamt. Während er für den Analysezeitraum 1998 bis 2007 in Wewelsfleth 8,6% beträgt, liegen die entsprechenden schleswig-holsteinischen Werte bei 22,4%. Das deutet auf eine sehr umfangreiche und gewissenhafte Meldungstätigkeit der Ärzte in und um Wewelsfleth hin. Eine Person oder eine Bevölkerung, die in besonderer Weise gegenüber Krebserkrankungen sensibilisiert ist, sei es durch persönlich erlebte Erkrankungsfälle im eigenen Umfeld oder durch Risiken in der Umwelt, neigt verständlicherweise dazu, verstärkt medizinische Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen (z.b. Gesundheits-Check up, Screeningprogramme) wahrzunehmen. Die Personen stehen damit unter einer stärkeren medizinischen Beobachtung als die allgemeine Bevölkerung. Aufgrund der intensiveren Diagnostik kommt es in der Folge zu einer höheren Zahl an entdeckten Krankheiten als in der Allgemeinbevölkerung (Screening-Effekt auf die Neuerkrankungsrate). Für Wewelsfleth kann wegen der jahrelang andauernden Diskussion um Krebserkrankungen von einer solchen Situation ausgegangen werden. In diesem Bericht werden daher nachrichtlich auch die üblichen Kennzahlen (s.u.) für Krebs insgesamt unter Ausschluss der Tumorarten, die zurzeit im Fokus von systematischer und unsystematischer Früherkennung (Screening) stehen, berichtet. Herausgenommen wurden Hautkrebs (sowohl die malignen Melanome als auch die sonstigen Hauttumoren) (Hautkrebsscreening), Darmkrebs (Koloskopiescreening), Brustkrebs (QuaMaDi, Vorbereitung Mammographiescreening) und Prostatakrebs (unsystematisches Screening mittels PSA-Test = Prostata-spezifisches Antigen). Für Krebs insgesamt wurden die altersstandardisierten Neuerkrankungsraten (Europastandard) in einem Zeitdiagramm dargestellt. Aufgeführt sind dort geschlechtergetrennt die altersstandardisierten Raten für die Gemeinde Wewelsfleth, das Amt Wilstermarsch und Schleswig-Holstein. Aufgrund der kleinen Fallzahlen kommt es zu starken Schwankungen der einzelnen Kurven. Zur Stabilisierung der Analysen werden die Daten von Männern und Frauen zusammengefasst aufgeführt, wobei die Berechnungen der erwarteten Fallzahlen geschlechtsspezifisch erfolgten und erst anschließend addiert wurden. 9
10 2.3. Kennzahlen und Begriffserklärungen Nachfolgend werden für das Verständnis des Berichtes wesentliche Begriffe und Kennzahlen erläutert: Registrierte Fallzahl: Zahl der Krebsneuerkrankungen, die im Krebsregister Schleswig-Holstein gespeichert sind Erwartete Fallzahl: Zahl der Krebsneuerkrankungen in einem Untersuchungsgebiet, die man aufgrund der dort vorliegenden Alters- und Geschlechtsverteilung erwarten würde, wenn dort dieselbe Krebshäufigkeit wie im Referenzgebiet vorliegt. Referenzgebiete in dieser Untersuchung sind zum einen das Land Schleswig- Holstein als auch der Kreis Steinburg. Bei der Ermittlung der erwarteten Fallzahl wird in 18 Altersgruppen (0 bis 5 Jahre, 5 bis 10 Jahre, 85 Jahre und älter) und getrennt nach Geschlecht die Wahrscheinlichkeit errechnet, in der ein beliebiger Einwohner Schleswig- Holsteins (bzw. des Kreises Steinburg) an Krebs erkrankt. Anschließend wird diese Wahrscheinlichkeit auf die Einwohner der Gemeinde Wewelsfleth (bzw. der übrigen Untersuchungsgebiete) übertragen und über alle Einwohner dieses Gebietes aufsummiert. Die Berechnung der erwarteten Fallzahl erfolgte für Männer und Frauen getrennt. Anschließend wurden die Fallzahlen zur Fallzahl insgesamt addiert. Toleranzbereich: Konfidenzintervall: SIR Der Toleranzbereich gibt an, wie viele Fälle als statistisch unauffällig angesehen werden können (iteratives Verfahren über das 95%-Konfidenzintervall der erwarteten Fallzahl). Je kleiner die erwartete Fallzahl ist, desto größer wird der Toleranzbereich, da zufällige Schwankungen stärker ins Gewicht fallen. Das Konfidenzintervall ist eine statistische Größe, die auch Vertrauensbereich genannt wird. Das Konfidenzintervall stellt, vereinfacht ausgedrückt, den Bereich dar, in dem der tatsächliche Wert mit einer zuvor festgelegten Wahrscheinlichkeit liegt. Standardisiertes Inzidenzverhältnis: Das SIR ist das Verhältnis aus registrierter und erwarteter Fallzahl. Sind gerade so viele Fälle im Register gespeichert wie man nach Alters- und Geschlechtsaufbau des Untersuchungsgebietes erwarten würde, wenn dort der Landesdurchschnitt vorliegt (s.a. erwartete Fallzahl), dann ergibt sich ein SIR von 1. Ist das SIR kleiner 1 sind weniger, ist es größer 1 sind mehr Fälle registriert. 10
11 Statistisch signifikant: Als statistisch signifikant bezeichnet man den Unterschied zwischen zwei Variablen, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Unterschied auf Zufall beruht, sehr gering ist. In den vorliegenden Untersuchungen heißt das, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die registrierte Fallzahl vom Landesdurchschnitt abweicht, kleiner als 5% ist. Auch ein statistisch signifikantes Ergebnis kann also mit einer Wahrscheinlichkeit von bis zu 5% auf Zufall beruhen Kartographische Darstellungen Dieser Bericht enthält thematische Landkarten, die die prozentualen Abweichungen vom Landesdurchschnitt abbilden. Die Abweichungen wurden mit Hilfe standardisierter Erkrankungsverhältnisse (SIR), bei denen die beobachteten und erwarteten Krankheitsfälle ins Verhältnis gesetzt werden, dargestellt. Mit diesen Karten soll der Frage nachgegangen werden, ob rund um das KKW Brokdorf vermehrt Krebserkrankungen auftreten. Dabei würde man zunächst davon ausgehen, dass die Erkrankungshäufigkeit im Zentrum der Punktquelle (also Brokdorf) am höchsten ist. Mit zunehmender Entfernung vom Kraftwerk und damit abnehmender Gefährdung (Dosis-Wirkungs-Beziehung) sollte die Krebshäufigkeit gleichmäßig absinken. Regionale Abweichungen, die statistisch auffällig (signifikant) vom Landesdurchschnitt abweichen, sind in der Karte mit einem Sternchen markiert. In die geographischen Analysen wurden die Gemeinden eingeschlossen, deren Ortsmittelpunkt maximal 10 km vom Ortsmittelpunkt der Gemeinde Brokdorf entfernt liegt. Das sind die Gemeinden Büttel, Kudensee, Sankt Margarethen, Brokdorf, Landscheide, Ecklak, Nortorf, Neuendorf-Sachsenbande, Wewelsfleth, Dammfleth, Beidenfleth, Borsfleth, Bahrenfleth, Stadt Wilster, Landrecht, Bekdorf, Hodorf und Stördorf. In die kartographische Analyse wurden die Tumorarten eingeschlossen, bei denen ein Zusammenhang zwischen radioaktiver Gefährdung oder anderen Umweltbelastungen und Erkrankungshäufigkeit bekannt ist. Das ist die Gruppe der Leukämien und Lymphome, Magenkarzinome, Tumoren der Luftröhre, Bronchien und Lunge, Nieren- und Harnblasentumoren sowie Krebs insgesamt (ohne die sonstigen Hauttumoren) und Krebs insgesamt ohne die screeningrelevanten Tumorarten (Haut-, Darm-, Brustund Prostatakrebs). Es muss darauf hingewiesen werden, dass Landkarten wegen ihrer vermeintlich großen Übersichtlichkeit und einfachen Erfassung leicht fehlinterpretiert werden können. Zum Beispiel werden große Flächen als bedeutsamer wahrgenommen als kleine. Das bedeutet, die Fläche von Büttel wird als relevanter wahrgenommen als die Fläche der Stadt Wilster, obwohl in Büttel mit einer durchschnittlichen jährlichen Bevölkerung von 46 Einwohnern zufällig auftretende Schwankungen sehr viel wahrscheinlicher und als unproblematischer einzustufen sind als Abweichungen in der Stadt Wilster mit
12 Einwohnern. Die starken Schwankungen bei kleinen Bevölkerungen lassen sich mit der geringen erwarteten Zahl von Krebsneuerkrankungen begründen. Bei wenigen Einwohnern wird teilweise weniger als eine Erkrankung erwartet (in Bekdorf werden z.b. 0,13 Nierenkrebserkrankungen erwartet), tritt nun eine Erkrankung auf (teilweise Erkrankungen gibt es nicht), ist die Abweichung bereits sehr hoch (in Bekdorf wurde eine Nierenkrebserkrankung registriert, damit liegt eine Abweichung von der Erwartung von etwa 700% vor). Bei der Interpretation der Landkarten weiter hinten im Bericht ist unbedingt darauf zu achten, dass nur statistisch signifikante Ergebnisse (Gebiete mit *) berücksichtigt werden. 12
13 3. Ergebnisse 3.1. Krebsneuerkrankungen Krebs insgesamt (ohne sonstige Tumoren der Haut) Referenz Land Schleswig-Holstein Für diesen Abschnitt wurde als Referenz, also als Normwert, die Erkrankungsrate des Landes Schleswig-Holstein verwendet. Tabelle 2: Krebsneuerkrankungen insgesamt (ohne sonstige Tumoren der Haut C44) für die Diagnosejahre 1998 bis 2007 Referenz Land Schleswig-Holstein (Krebsregister Schleswig-Holstein, Stand: ) Männer registrierte Fallzahl erwartete Fallzahl (Referenz Schleswig- Holstein) Toleranzbereich Gemeinde Wewelsfleth 79 51, Amt Wilstermarsch , Frauen Gemeinde Wewelsfleth 49 35, Amt Wilstermarsch , Während für das Amt Wilstermarsch die registrierten sehr nahe bei den erwarteten Erkrankungszahlen liegen und somit als unauffällig einzuschätzen sind, liegen die Erkrankungszahlen bei Männern in der Gemeinde Wewelsfleth deutlich über der erwarteten Fallzahl (79 registrierte bei 51,8 erwarteten Erkrankungen) und außerhalb des Toleranzbereiches. Damit sind diese Werte als statistisch auffällig zu beurteilen, die Erhöhung beträgt etwa 52%. Auch bei Frauen liegt die registrierte Erkrankungszahl außerhalb des Toleranzbereiches (49 registrierte bei 35,9 erwarteten Erkrankungen, Erhöhung um 36%). Referenz Kreis Steinburg Wenn nichts anderes angegeben ist, wird für die erwarteten Fallzahlen der Landesdurchschnitt Schleswig-Holsteins verwendet. Aber auch innerhalb Schleswig-Holsteins gibt es regionale Unterschiede in der Krebshäufigkeit von bis zu 25% auf Ebene der Kreise. Auf der Internetseite des Krebsregisters ( können die Kreisvergleiche für Krebs insgesamt und für Einzeltumoren bzw. Tumorgruppen eingesehen werden. 13
14 Aufgrund dieser bekannten regionalen Unterschiede wurde für die Analyse auch der Kreis Steinburg als Referenz herangezogen. Die Krebshäufigkeit der Gemeinde Wewelsfleth würde anders interpretiert, wenn es große Abweichungen zwischen den erwarteten Werten der beiden Referenzen gäbe. Deutliche Abweichungen vom Landesdurchschnitt bei gleichzeitig geringer Abweichung vom Kreisdurchschnitt legen eher einen regionalen als einen lokalen Einfluss nahe. Tabelle 3: Krebsneuerkrankungen insgesamt (ohne sonstige Tumoren der Haut C44) für die Diagnosejahre 1998 bis 2007 Referenz Kreis Steinburg (Krebsregister Schleswig-Holstein, Stand: ) Männer registrierte Fallzahl erwartete Fallzahl (Referenz Kreis Steinburg) Toleranz- Bereich Gemeinde Wewelsfleth 79 55, Amt Wilstermarsch , Frauen Gemeinde Wewelsfleth 49 37, Amt Wilstermarsch , Der Tabelle 2 ist zu entnehmen, dass auch bei Verwendung des Kreises Steinburg als Referenz die Erkrankungszahlen der Gemeinde Wewelsfleth über den erwarteten Erkrankungszahlen liegen. Zwar verringert sich die Abweichung etwas die Erkrankungszahl bei Frauen bleibt sogar gerade noch innerhalb des Toleranzbereiches, da die erwarteten Fallzahlen höher gelegen sind als mit dem gesamten Land Schleswig-Holstein als Referenz, dennoch ist von einer erhöhten Krebshäufigkeit in der Gemeinde Wewelsfleth auszugehen. Die höheren erwarteten Erkrankungszahlen lassen sich mit einer im Vergleich zum Landesdurchschnitt höheren Krebshäufigkeit des Kreises Steinburg, bezogen auf den gesamten Untersuchungszeitraum, erklären Diagnosespektrum Neben den Untersuchungen zu Krebs insgesamt ist für die Beurteilung einer umweltbedingten Gefährdung der Bevölkerung vor allem die Analyse einzelner relevanter Tumorarten von entscheidender Bedeutung. Die nachfolgende Tabelle 4 zeigt die registrierte Fallzahl und die erwartete Fallzahl mit dem zugehörigen Toleranzbereich jeweils basierend auf den Werten für Schleswig-Holstein insgesamt und dem Kreis Steinburg. 14
15 Tabelle 4: Diagnosespektrum der Krebserkrankungen für die Gemeinde Wewelsfleth (Krebsregister Schleswig-Holstein, Stand: ) Organ (ICD-10) registrierte Fallzahl Referenz Schleswig-Holstein insgesamt erwartete Fallzahl Toleranzbereich Referenz Kreis Steinburg insgesamt erwartete Fallzahl Toleranzbereich Mund und Rachen (C00-C14) 4 2, ,2 2 6 Speiseröhre (C15) 3 1, ,1 1 4 Magen (C16) 6 3, ,4 3 7 Darm (C18-C21) 20 11, , Bauchspeicheldrüse (C25) 1 2, ,3 2 6 Kehlkopf (C32) 0 0, ,9 0 3 Lunge (C33-C34) 16 9, , Malig. Melanom der Haut (C43) 7 3, ,7 2 6 Brust (C50) 11 14, , Gebärmutterhals (C53) 1 1, ,4 1 4 Gebärmutterkörper (C54-C55) 3 2, ,2 2 6 Eierstock (C56) 0 2, ,1 2 5 Prostata (C61) 25 11, , Hoden (C62) 2 0, ,8 0 3 Niere / Harnwege (C64-C66, C68) 5 2, ,2 2 5 Harnblase (C67) 9 3, ,6 3 8 Gehirn (C71) 2 1, ,1 1 4 Hodgkin-Lymphom (C81) 0 0, ,4 0 2 Non-Hodgkin-Lymphome (C82-C85, C96) 2 2, ,7 2 6 Immunprolif. und plasmazell. Krankh. 1 1, ,2 1 4 (C88, C90) Leukämien (C91-C95) 3 2, ,
16 Für zwei der untersuchten 21 Tumorarten bzw. Tumorgruppen sind statistisch signifikant weniger Tumoren registriert als nach beiden Referenzen zu erwarten wäre (Bauchspeicheldrüse, Eierstock). Für 13 Tumorarten/-gruppen liegen die registrierten Erkrankungszahlen im Toleranzbereich beider Referenzen. Einen besonderen Indikator für umweltrelevante Einflüsse (Strahlung, Toxine) stellt die Gruppe der Leukämien und Lymphome dar. Für diese Gruppe liegt die registrierte Erkrankungszahl (6 Erkrankungen) knapp unter der erwarteten Zahl von 6,7 (Referenz Schleswig-Holstein) bzw. 6,3 (Referenz Kreis Steinburg). Für zwei der untersuchten Tumorarten liegt die registrierte Erkrankungszahl bei beiden Referenzen oberhalb der erwarteten Fallzahl und oberhalb des Toleranzbereiches. Die Zahl der registrierten Prostatakrebsfälle ist etwa doppelt so hoch wie zu erwarten wäre. Ohne einer Bewertung an dieser Stelle vorzugreifen, ist die Zahl von Prostatakrebserkrankungen sehr stark von einer Inanspruchnahme unsystematischer Screeningmaßnahmen abhängig (Test auf das Prostata-spezifische Antigen PSA- Test). Zu erwähnen ist außerdem, dass von den 25 Prostatakrebsneuerkrankungen alleine 7 (=28%) im Jahr 2007 diagnostiziert wurden. In diesem Jahr wurden die ausführlichen Analysen des Krebsregisters für Wewelsfleth veröffentlicht, was möglicherweise zu einem Anstieg der PSA-Testung mit vermehrter Entdeckung von Prostatakarzinomen geführt hat. Außerhalb beider Toleranzbereiche liegen auch die registrierten Erkrankungszahlen für das Harnblasenkarzinom. Auch hier ist eine zweieinhalb Mal höhere Zahl registriert (9) als erwartet (3,7 bzw. 3,6). Als Hauptrisikofaktoren für den Harnblasenkrebs gelten Rauchen und eine Exposition gegenüber bestimmten Chemikalien (z.b. aromatische Amine). Dabei liegt zwischen Exposition und Auftreten der Krankheit eine sehr lange Latenzzeit. Erhöht sind auch die Erkrankungszahlen für Darmkrebs. Es sind fast doppelt so viele Erkrankungsfälle registriert als man erwarten würde. Diese Erhöhung ist gegenüber dem Landesdurchschnitt statistisch signifikant. Verglichen mit dem Kreis Steinburg als Referenz ist Darmkrebs immer noch erhöht, die Zahl liegt aber gerade noch innerhalb des Toleranzbereiches und wäre damit statistisch nicht signifikant. Insgesamt ist die Darmkrebsrate im Kreis Steinburg höher als im Landesdurchschnitt, bei Frauen ist es die höchste Erkrankungsrate im Kreisvergleich. Das zeigt sich auch in den Zahlen für die Gemeinde Wewelsfleth die Erhöhung bei Frauen ist größer (ca. 100%) als die bei den Männern (ca. 50%). Als Risikofaktoren für Darmkrebs gelten eine ballaststoffarme, fettreiche Ernährung mit hohem Fleisch- und geringem Gemüseanteil, regelmäßiger Alkoholkonsum, Übergewicht und Bewegungsmangel sowie erbliche Faktoren. Auffällig, wenn auch nicht statistisch signifikant, sind weiterhin die Erkrankungszahlen bei Lungenkrebs (16 statt etwa 10 erwartete Erkrankungsfälle). Gegenüber dem Land Schleswig-Holstein bildet die Zahl gerade die Grenze des Toleranzbereiches, bei Anwendung der Referenz des Kreises Steinburg ist die obere Grenze des Toleranzbereiches um einen Erkrankungsfall höher. Hauptrisikofaktor für den 16
17 Lungenkrebs ist das Rauchen. Hierauf werden zurzeit etwa 90% der Erkrankungsfälle bei Männern und etwa 60% der Erkrankungsfälle bei Frauen zurückgeführt. Ein vergleichsweise geringer Teil von Lungenkrebsfällen wird auf berufliche Exposition (Asbest, ionisierende Strahlung/Radon, Quarzstäube) zurückgeführt. Auch beim malignen Melanom der Haut liegt die registrierte Erkrankungszahl deutlich über der erwarteten. Die Zahl ist gegenüber der Referenz des Kreises Steinburg statistisch signifikant erhöht. Bezogen auf das Land als Referenz stellt die registrierte Fallzahl gerade die obere Grenze des Toleranzbereiches dar. Als Risikofaktoren gelten eine große Anzahl an Pigmentmalen (Nävi), ein heller Hauttyp, intensive Sonneneinstrahlung mit Sonnenbränden (insbesondere in der Kindheit) und künstliche UV- Strahlung (Solarium). Bei Niere und ableitenden Harnwegen (ohne Harnblase) liegen die Erkrankungszahlen innerhalb des Toleranzbereiches (Referenz Land SH) bzw. bilden die obere Grenze des Toleranzbereiches (Referenz Kreis Steinburg). Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die bei Krebs insgesamt aufgezeigte Erhöhung nicht auf eine spezielle Tumorart zurückzuführen ist, sondern dass für mehrere Tumorarten erhöhte Werte registriert wurden Zeitlicher Verlauf (Referenz Schleswig-Holstein) Erkrankungsfälle pro Einwohner (altersstandardisiert [Europa]) Wewelsfleth Männer Schleswig-Holstein Männer Amt Wilstermarsch Männer Wewelsfleth Frauen Schleswig-Holstein Frauen Amt Wistermarsch Frauen Abbildung 1: Altersstandardisierte Neuerkrankungsrate (Europastandard) pro Einwohner für die Gemeinde Wewelsfleth, das Amt Wilstermarsch und das Land Schleswig-Holstein im zeitlichen Verlauf 17
18 In der oben stehenden Abbildung 1 ist die (altersstandardisierte) Neuerkrankungsrate pro Einwohner dargestellt. Die Werte für Schleswig-Holstein (fette durchgezogene Linie) sind relativ konstant mit leicht abfallender Tendenz seit Die Werte für das Amt Wilstermarsch insgesamt (dünne durchgezogene Linie) entsprechen in etwa, bei deutlichen jährlichen Schwankungen, der Landestendenz. Für die Gemeinde Wewelsfleth (dicke durchgezogene Linie) ergeben sich aufgrund der geringen Bevölkerungs- und damit verbunden der Erkrankungszahlen sehr starke jährliche Schwankungen. Bei Männern liegt die Neuerkrankungsrate ab dem Diagnosejahr 2000 über der Landesrate. Bei Frauen ist die Kurve schwerer zu interpretieren. Zwar liegt die Rate in den Jahren 1999, 2001, 2004 bis 2006 über dem Landeswert, in den Jahren 2000, 2003 und 2007 aber darunter. Hier von einer deutlich abweichenden Rate oder einem unterschiedlichen Trend zu sprechen, ist gerade aufgrund der starken Schwankungen nicht gerechtfertigt. In den beiden nachfolgenden Diagrammen sind die Daten für Wewelsfleth und Schleswig-Holstein insgesamt noch einmal nach Geschlechtern getrennt aufgeführt. Zusätzlich wurden um die Raten für die Gemeinde Wewelsfleth noch die Vertrauensbereiche angegeben (senkrechte Antennen). Dieser Bereich stellt die Spanne dar, in der mit 95-prozentiger Sicherheit die tatsächliche Erkrankungsrate liegt. Es ist zu erkennen, dass dieser Bereich die Rate für Schleswig-Holstein bis auf zwei Ausnahmen mit einschließt. Diese zwei Ausnahmen sind die Diagnosejahre 1999 und Im Jahr 1999 lag die Rate in Wewelsfleth unter der Landesrate, 2007 darüber. Das bedeutet, dass nur für diese beiden Jahre eine statistisch signifikante Abweichung vom Landesdurchschnitt vorliegt Erkrankungsfälle pro Einwohner (altersstandardisiert [Europa]) Wewelsfleth Schleswig-Holstein Abbildung 2: Altersstandardisierte Neuerkrankungsrate der Männer (Europastandard) pro männliche Einwohner für die Gemeinde Wewelsfleth und das Land Schleswig-Holstein im zeitlichen Verlauf mit Angabe des Vertrauensbereiches 18
19 Erkrankungsfälle pro Einwohner (altersstandardisiert [Europa]) Schleswig-Holstein Wewelsfleth Abbildung 3: Altersstandardisierte Neuerkrankungsrate der Frauen (Europastandard) pro weibliche Einwohner für die Gemeinde Wewelsfleth und das Land Schleswig-Holstein im zeitlichen Verlauf mit Angabe des Vertrauensbereiches Trotz des starken Anstiegs der Neuerkrankungsrate bei Männern im Diagnosejahr 2007 zumal die Rate bei Frauen im gleichen Zeitraum gegenüber dem Vorjahr absinkt ist ein eindeutiger zeitlicher, ggf. steigender Trend für die Gemeinde Wewelsfleth nicht zu erkennen. Es sind auch keine substantiellen Unterschiede zum zeitlichen Verlauf der Landeswerte zu beobachten Altersverteilung Zur Beurteilung von Krebshäufigkeiten kann es hilfreich sein, die Altersverteilung der Erkrankten näher zu betrachten. Hohe Erkrankungsraten bei jüngeren Menschen und damit in der Regel einhergehend ein niedrigeres Erkrankungsalter könnten auf eine Umweltursache mit früherem Erkrankungsbeginn hinweisen. Andererseits kann ein vorgezogenes Erkrankungsalter auch bei vermehrter Krebsfrüherkennung auftreten. Ziel ist es, Tumoren frühzeitig und damit im vorgezogenen Alter zu entdecken. In Abbildung 4 ist für Krebs insgesamt (ohne sonstige Tumoren der Haut) die Altersverteilung für die Gemeinde Wewelsfleth und für Schleswig-Holstein (ohne die Gemeinde Wewelsfleth) abgebildet. Dargestellt wird in der Abbildung der Anteil jeder Altersgruppe an allen Altersgruppen zusammen. 19
20 25 20 Gemeinde Wewelsfleth Schleswig-Holstein ohne Wewelsfleth unter 5-Jährige 5- bis 9- Jährige 10- bis 14-Jährige 15- bis 19-Jährige 20- bis 24-Jährige 25- bis 29-Jährige 30- bis 34-Jährige 35- bis 39-Jährige 40- bis 44-Jährige 45- bis 49-Jährige 50- bis 54-Jährige 55- bis 59-Jährige 60- bis 64-Jährige 65- bis 69-Jährige 70- bis 74-Jährige 75- bis 79-Jährige 80- bis 84-Jährige 85 Jahre und älter Prozent Abbildung 4: Altersverteilung der Erkrankungsfälle in der Gemeinde Wewelsfleth und in Schleswig- Holstein für Krebs insgesamt (ohne sonstige Tumoren der Haut) der Diagnosejahre 1998 bis 2007 Das mittlere Erkrankungsalter (Median) liegt in Schleswig-Holstein bei 68 Jahren, in der Gemeinde Wewelsfleth bei 66 Jahren. Der Abbildung ist zu entnehmen, dass es nur geringe Unterschiede der beiden Altersverteilungen gibt. Die jüngeren Altersklassen sind in Wewelsfleth etwas stärker vertreten. In derselben Weise wurden noch Auswertungen für Darm-, Lungen-, Brust- und Prostatakrebs vorgenommen, die alle zu einem ähnlichen Ergebnis kommen. Das mittlere Erkrankungsalter liegt jeweils etwas unter dem des Landes, die Altersverteilung entspricht mit geringen Abweichungen der im Land (medianes Alter Darmkrebs: Wewelsfleth 68,5 Jahre, Schleswig-Holstein 72 Jahre; Lungenkrebs: 66 Jahre versus 67 Jahre; Brustkrebs: 58 Jahre versus 63 Jahre; Prostatakrebs: 68 Jahre versus 70 Jahre). Eine Darstellung für die einzelnen Tumorarten erfolgt hier nicht, da in einer solchen Auflösung (eine Gemeinde 18 Altersgruppen) Rückschlüsse auf Einzelpersonen möglich wären. Dieses ist aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zulässig. Eine Interpretation der vorliegenden Altersverteilung ist sehr schwierig. Schleswig-Holstein und Wewelsfleth unterscheiden sich auch im Altersaufbau der Gesamtbevölkerung etwas voneinander. In Wewelsfleth sind jüngere Altersgruppen etwas stärker vertreten als im Land. Damit erklärt sich zumindest zum Teil das jüngere Erkrankungsalter in Wewelsfleth. Interessant ist aber, dass bei den früherkennungsrelevanten Tumoren wie Darmkrebs oder Brustkrebs das Erkrankungsalter um 3 bis 5 Jahre niedriger liegt als in Schleswig-Holstein. Dies könnte ein weiterer Hinweis auf vermehrte Früherkennungsaktivitäten in Wewelsfleth sein. 20
21 3.2. Krebssterblichkeit Für die Beurteilung, ob in einem Gebiet eine Häufung von Krebserkrankungen vorliegt, sollten in der Regel die Krebsneuerkrankungen analysiert werden. Da der Zeitraum zwischen Ursache und Entstehung bzw. Diagnose einer Krebserkrankung häufig sehr lang ist für einige Krebsarten kann dieser Zeitraum Jahre oder sogar Jahrzehnte betragen und sich in dieser Zeit zusätzlich die Bevölkerung des betreffenden Gebietes verändert (durch Zu- und Fortzüge), ist die Krebssterblichkeit ein nur eingeschränkt belastbarer Indikator für aktuelle Umweltbelastungen. Für lang andauernde oder weit zurückreichende Ursachen ist die Krebssterblichkeit hinreichend geeignet. Daher soll in dieser Analyse, wie schon in der Auswertung im Jahre 2007, eine kurze Darstellung der Krebsmortalität für die Gemeinde Wewelsfleth erfolgen. Dazu wurden vom Krebsregister Schleswig-Holstein die anonymisierten Todesbescheinigungen vom zuständigen Gesundheitsamt angefordert, kodiert und analysiert. Tabelle 5: Sterblichkeit in der Gemeinde Wewelsfleth 1998 bis 2007 (Quelle: Todesbescheinigungen Gesundheitsamt des Kreises Steinburg, Datenaufbereitung Krebsregister Schleswig-Holstein) Alle Todesursachen registrierte Sterbefälle erwartete Sterbefälle (Referenz Schleswig- Holstein) Toleranzbereich Männer Frauen Krebs als Todesursache Männer Frauen Der Tabelle 5 ist zu entnehmen, dass es keine statistisch signifikanten Abweichungen von der Erwartung gibt. Die Zahl der registrierten Todesfälle liegt sowohl für alle Todesursachen als auch gesondert für Krebs als Todesursache bei beiden Geschlechtern innerhalb des Toleranzbereiches. Dabei sind bei Frauen etwas weniger Todesfälle aufgetreten als man nach dem Landesdurchschnitt erwarten würde, bei Männern geringfügig mehr. Diese Abweichungen liegen im Bereich der normalen zufälligen Schwankungen. Die Krebssterblichkeit der Gemeinde Wewelsfleth legt eine Häufung von Krebs in dieser Gemeinde nicht nahe. 21
22 4. Mögliche Ursachen der Erhöhung der Krebsneuerkrankungsrate In diesem Abschnitt soll mit weiteren Analysen der Frage nachgegangen werden, ob sich mit Hilfe der Daten, die dem Krebsregister Schleswig-Holstein zur Verfügung stehen Hinweise auf Ursachen für die registrierte Erhöhung der Krebsneuerkrankungen finden lassen. Es handelt sich nicht um eigenständige Studien, sondern um Plausibilitätsbetrachtungen, also Überlegungen, was dafür oder dagegen spricht, dass ein bestimmter Faktor für die Erhöhung ursächlich sein könnte oder nicht. Dazu wird nachfolgend verschiedenen Hypothesen nachgegangen: 4.1. Inanspruchnahme von Früherkennungsmaßnahmen Derzeit stehen vier Tumorarten im Fokus von Früherkennungsmaßnahmen. Beim weiblichen Brustkrebs ist seit 2007 das landesweite zentrale Mammographiescreening eingeführt worden. Bereits im Vorfeld gab es dazu intensive Berichterstattungen in den Medien. Eine solche Berichterstattung führt häufig bereits zu einer vermehrten Inanspruchnahme von Leistungen. Auch die Ausweitung des Modellvorhabens Qualitätsgesicherte Mammadiagnostik (Qua- MaDi) im Jahre 2005 mit Informationen durch die Krankenkassen an ihre Versicherten dürfte zu einer vermehrten Inanspruchnahme von Früherkennung beigetragen haben. Das Koloskopiescreening ist eine Präventionsmaßnahme der gesetzlichen Krankenversicherung für alle Personen ab dem 55. Lebensjahr zur Früherkennung von Darmkrebs. Das Hautkrebsscreening ist eine gesetzliche Leistung seit dem Jahr Bereits davor aber war Schleswig-Holstein Modellregion für das Hautkrebsscreening. Das Modellprojekt lief, mit Unterbrechungen, in der Zeit von 2001 bis 2004, was zu einem deutlichen Anstieg der Neuerkrankungsrate geführt hat. Anders als bei den drei vorgenannten Tumorarten gibt es beim Prostatakrebs kein systematisches Screening. Es ist aber bekannt, dass die Testung auf das Prostata-spezifische Antigen (PSA) unsystematisch durchgeführt wird und quasi als Screening betrachtet werden kann. Durch den vermehrten Einsatz dieses Testes werden auch vermehrt Tumoren gefunden, die zu Lebzeiten des Patienten normalerweise nicht entdeckt worden wären. In ganz Schleswig-Holstein konnte ein Anstieg der Neuerkrankungsrate festgestellt werden. Grundsätzlich gilt: dort wo vermehrt nach Krebserkrankungen gesucht wird, werden zunächst auch vermehrt Tumorerkrankungen entdeckt. Gerade in der Anfangsphase von Screeningmaßnahmen kommt es zu einer vermehrten Entdeckung mit der Folge eines deutlichen Anstiegs der Neuerkrankungsrate. Nach einigen Jahren ist ein Absinken der Fallzahlen zu erwarten. 22
23 Um mit der Inanspruchnahme von Früherkennungsmaßnahmen lokale Häufungen von Krebserkrankungen erklären zu können, müssten Angaben zur Beteiligung an Früherkennungsmaßnahmen auf regionaler, kleinräumiger Ebene vorliegen. Solche Daten liegen routinemäßig nicht vor. Beteiligungsraten an Früherkennungsmaßnahmen liegen, wenn überhaupt, dann nur in einer sehr hohen räumlichen Auflösung vor. Für die Früherkennung des Prostatakarzinoms mittels PSA-Testung liegen keine Beteiligungsraten vor. Allerdings ist bekannt, dass dort wo eine Bevölkerung in besonderer Weise gegenüber Krebserkrankungen sensibilisiert ist sei es durch persönlich erlebte Erkrankungsfälle im eigenen Umfeld oder durch Risiken in der Umwelt, diese verständlicherweise dazu neigt, verstärkt medizinische Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen (z.b. Gesundheits-Check up, Screeningprogramme) wahrzunehmen. Die Personen stehen damit unter einer stärkeren medizinischen Beobachtung als die allgemeine Bevölkerung. Aufgrund der intensiveren Diagnostik kommt es in der Folge zu einer höheren Zahl an entdeckten Krankheiten als in der Allgemeinbevölkerung (Screening-Effekt auf die Neuerkrankungsrate). Für Wewelsfleth kann wegen der jahrelang andauernden Diskussion um Krebserkrankungen von einer solchen Situation ausgegangen werden. Um eine solche Situation zu berücksichtigen, wird die Analyse in Abschnitt Krebs insgesamt (ohne sonstige Tumoren der Haut) wiederholt, und dabei werden die vier beschriebenen Zieltumorarten für die Krebsfrüherkennung von der Analyse ausgeschlossen. Tabelle 6: Krebsneuerkrankungen insgesamt (ohne sonstige Tumoren der Haut C44) für die Diagnosejahre 1998 bis 2007 mit und ohne die Tumorarten, die von Screeningmaßnahmen beeinflusst sind (Krebsregister Schleswig-Holstein, Stand: ) Männer Krebs insgesamt ohne sonstige Tumoren der Haut Krebs insgesamt ohne Darm-, Haut-, Brust- und Prostatakrebs registrierte Fallzahl erwartete Fallzahl (Referenz Schleswig- Holstein) Toleranzbereich 79 51, , Frauen Krebs insgesamt ohne sonstige Tumoren der Haut Krebs insgesamt ohne Darm-, Haut-, Brust- und Prostatakrebs 49 35, , Schließt man die Tumoren aus, die stark von Screeningmaßnahmen beeinflusst sind, so liegen die registrierten Fallzahlen für Männer und Frauen innerhalb des Toleranzbereiches (bei Männern auf der oberen Grenze) und wären als statistisch unauffällig einzuordnen. Die registrierten Erkrankungszahlen 23
24 liegen aber auch nach Ausschluss der Früherkennungs-Tumoren deutlich über den erwarteten Erkrankungszahlen. Fasst man Frauen und Männer zusammen, ergibt sich weiterhin eine signifikante Erhöhung (65 registrierte Erkrankungen, 47,5 erwartete Erkrankungen, Toleranzbereich: 34 61). Eine Berechnung der erwarteten Erkrankungszahlen mit dem Kreis Steinburg als Referenz hat keine Änderungen ergeben. Da das Ausmaß der Erhöhung durch Ausschluss der vier Tumorarten die Zieltumoren der Krebsfrüherkennung sind und für die man überwiegend keine umweltbedingte Exposition verantwortlich macht geringer wird, ist davon auszugehen, dass die Inanspruchnahme von Früherkennung einen Teil der erhöhten Krebshäufigkeit in Wewelsfleth erklären kann. Unabhängig davon liegt weiterhin eine erhöhte Krebshäufigkeit in Wewelsfleth vor Kernkraftwerk Brokdorf Als mögliche Ursache für Krebserkrankungen werden immer wieder Emissionen von Atomkraftwerken diskutiert. Als Nachbargemeinde von Brokdorf mit dem dort ansässigen Kernkraftwerk wird dieser Hypothese mit Hilfe der Daten des Krebsregisters nachgegangen. Dabei muss davon ausgegangen werden, dass sich bei ursächlicher Beziehung von Kernkraftwerk und Krebserkrankungen konzentrisch um Brokdorf herum gehäuft Krebserkrankungen finden lassen müssten. Dabei würde man zunächst davon ausgehen, dass die Erkrankungshäufigkeit im Zentrum der Punktquelle (also Brokdorf) am höchsten ist. Mit zunehmender Entfernung vom Kraftwerk und damit abnehmender Gefährdung (Dosis-Wirkungs-Beziehung) sollte die Krebshäufigkeit stetig absinken. Wir haben daher eine räumliche Aufbereitung der Daten vorgenommen. In die Auswertungen kamen die Gemeinden, die ihren Ortsmittelpunkt innerhalb eines 10 km-radiuses um den Ortsmittelpunkt Brokdorf haben. Statistisch auffällige (signifikante) Gebiete sind mit einem Stern gekennzeichnet. Ausgewertet und kartographisch dargestellt wurden die Tumorarten, bei denen ein Zusammenhang zwischen radioaktiver Gefährdung oder anderen Umweltbelastungen und Erkrankungshäufigkeit bekannt ist. Das ist die Gruppe der Leukämien und Lymphome, Magenkarzinome, Tumoren der Luftröhre, Bronchien und Lunge, Nieren- und Harnblasentumoren sowie zur allgemeinen Übersicht zunächst Krebs insgesamt (ohne die sonstigen Hauttumoren) und Krebs insgesamt ohne die screeningrelevanten Tumorarten (Haut-, Darm-, Brust- und Prostatakrebs). Zur Interpretation ist unbedingt das unter 2.4 Kartographische Darstellungen Beschriebene zu beachten. 24
25 4.2.1 Krebs insgesamt ohne sonstige Tumoren der Haut Neuendorf-Sachsenbande Ecklak Bekdorf Kudensee Landscheide Nortorf Landrecht Wilster, Stadt Stördorf Stördorf Büttel Sankt Margarethen Dammfleth Hodorf Beidenfleth Brokdorf Bahrenfleth Abweichung vom Landesdurchschnitt mehr als 50 % niedriger 25 bis 50% niedriger 10 bis 25% niedriger Landesdurchschnitt (+/- 10%) 10 bis 25 % höher 25 bis 50% höher mehr als 50% höher * Abweichung ist statistisch signifikant Brokdorf Wewelsfleth Borsfleth Kartographie: R. Pritzkuleit, Krebsregister Schleswig-Holstein Räumliche Verteilung der Erkrankungshäufigkeit für Krebs insgesamt ohne sonstige Tumoren der Haut (C00 bis C96 ohne C44) für die Diagnosejahre 1998 bis 2007 für Gemeinden, deren Ortsmittelpunkt maximal 10 km vom Ortsmittelpunkt der Gemeinde Brokdorf entfernt liegt Statistisch auffällig sind die Erhöhungen der Gemeinde Wewelsfleth und der Stadt Wilster. Die Gemeinde Hodorf hingegen weist statistisch auffällig niedrigere Werte auf. Die Abweichungen in allen anderen Gemeinden sind als zufällig zu bewerten. Ein räumlicher Zusammenhang entsprechend der Hypothese mit einer hohen Erkrankungshäufigkeit im Zentrum (Brokdorf) und abnehmender Erkrankungshäufigkeit mit zunehmender Entfernung von Brokdorf ist nicht zu erkennen. 25
26 4.2.2 Krebs insgesamt ohne screeningrelevante Tumoren Neuendorf-Sachsenbande Ecklak Bekdorf Kudensee Landscheide Nortorf Landrecht Wilster, Stadt Stördorf Stördorf Büttel Sankt Margarethen Dammfleth Hodorf Beidenfleth Brokdorf Bahrenfleth Abweichung vom Landesdurchschnitt mehr als 50 % niedriger 25 bis 50% niedriger 10 bis 25% niedriger Landesdurchschnitt (+/- 10%) 10 bis 25 % höher 25 bis 50% höher mehr als 50% höher * Abweichung ist statistisch signifikant Brokdorf Wewelsfleth Borsfleth Kartographie: R. Pritzkuleit, Krebsregister Schleswig-Holstein Räumliche Verteilung der Erkrankungshäufigkeit für Krebs insgesamt ohne Haut-, Darm-, Brust- und Prostatakrebs (C00 bis C96 ohne C43, C44, C18-C21, C50 und C61) für die Diagnosejahre 1998 bis 2007 für Gemeinden, deren Ortsmittelpunkt maximal 10 km vom Ortsmittelpunkt der Gemeinde Brokdorf entfernt liegt Auch ohne die screeningrelevanten Tumoren (Brust-, Haut-, Darm- und Prostatakrebs) verändert sich das Bild nur marginal. Die Gemeinde Brokdorf und zwei Nachbargemeinden weisen (statistisch zufällige) Erkrankungshäufigkeiten unter dem Landesdurchschnitt auf. Die statistisch signifikanten Abweichungen finden sich auch ohne die screeningrelevanten Tumoren in den Gemeinden Wewelsfleth, Wilster (Erhöhung) und Hodorf (unter Landesdurchschnitt). 26
27 4.2.3 Leukämien und Lymphome Neuendorf-Sachsenbande Ecklak Bekdorf Kudensee Landscheide Nortorf Landrecht Wilster, Stadt Stördorf Stördorf Büttel Sankt Margarethen Dammfleth Hodorf Beidenfleth Brokdorf Bahrenfleth Abweichung vom Landesdurchschnitt mehr als 50 % niedriger 25 bis 50% niedriger 10 bis 25% niedriger Landesdurchschnitt (+/- 10%) 10 bis 25 % höher 25 bis 50% höher mehr als 50% höher * Abweichung ist statistisch signifikant Brokdorf Wewelsfleth Borsfleth Kartographie: R. Pritzkuleit, Krebsregister Schleswig-Holstein Räumliche Verteilung der Erkrankungshäufigkeit an Leukämien und Lymphomen (C81 bis C96) für die Diagnosejahre 1998 bis 2007 für Gemeinden, deren Ortsmittelpunkt maximal 10 km vom Ortsmittelpunkt der Gemeinde Brokdorf entfernt liegt Bei den Leukämien und Lymphomen, der Tumorgruppe, bei der ein Zusammenhang mit radioaktiver Strahlung nachgewiesen ist, lässt sich ebenfalls kein räumlicher Zusammenhang erkennen. Die Erhöhung in Brokdorf selbst ist statistisch nicht signifikant und daher als zufällig zu bewerten. Die (scheinbar) starke Erhöhung in der Gemeinde Stördorf (dunkelrot) beruht auf lediglich einem Erkrankungsfall bei etwa 0,6 erwarteten Erkrankungen, ist statistisch nicht signifikant und somit im Bereich normaler zufälliger Schwankungen. Ein statistisch auffälliges Ergebnis liegt für die Stadt Wilster vor. Hier kann man zwischen 14 und 32 Erkrankungsfälle erwarten. Registriert sind für die zehn Untersuchungsjahre hingegen 33 Erkrankungen. 27
28 4.2.4 Tumoren des Magens Neuendorf-Sachsenbande Ecklak Bekdorf Kudensee Landscheide Nortorf Landrecht Wilster, Stadt Stördorf Stördorf Büttel Sankt Margarethen Dammfleth Hodorf Beidenfleth Brokdorf Bahrenfleth Abweichung vom Landesdurchschnitt mehr als 50 % niedriger 25 bis 50% niedriger 10 bis 25% niedriger Landesdurchschnitt (+/- 10%) 10 bis 25 % höher 25 bis 50% höher mehr als 50% höher * Abweichung ist statistisch signifikant Brokdorf Wewelsfleth Borsfleth Kartographie: R. Pritzkuleit, Krebsregister Schleswig-Holstein Räumliche Verteilung der Erkrankungshäufigkeit an Magenkrebs (C16) für die Diagnosejahre 1998 bis 2007 für Gemeinden, deren Ortsmittelpunkt maximal 10 km vom Ortsmittelpunkt der Gemeinde Brokdorf entfernt liegt Beim Magenkrebs scheint auf den ersten Blick ein räumliches Muster mit hohen Erkrankungsraten in den Nachbargemeinden zu Brokdorf und niedrigeren Raten mit zunehmender Entfernung vorzuliegen. Die Zahlen in der Gemeinde Brokdorf selbst entsprechen den Landeswerten. Es ist aber zu beachten, dass es aufgrund der geringen Erkrankungszahlen (für alle Gemeinden zusammen in zehn Jahren sind 37 Magenkrebserkrankungen registriert) zu starken zufälligen Schwankungen kommt. Alle Abweichungen vom Landesdurchschnitt sind auf diese zufälligen Schwankungen zurückzuführen, für keine Gemeinde liegt ein statistisch signifikantes Ergebnis vor. 28
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