Praxisintegrierte Erzieherausbildung

Transkript

1 Praxisintegrierte Erzieherausbildung Verdeutlicht am Beispiel des LVR-Berufskollegs

2 Das LVR-Berufskolleg (Bis 1997 "Rheinische Sozialpflegerische Fachschulen") Hauptsitz in Düsseldorf Dependance in Bedburg-Hau Folie 2

3 in den Fachrichtungen Sozialpädagogik Heilerziehungspflege Heilpädagogik Aufbaubildungsgänge Folie 3

4 Sozialpädagogik 3-zügig: Schwerpunkt "Jugend- und Heimerziehung" (in Vollzeit und praxisintegriert) "Bildung und Erziehung in der Kindheit" (praxisintegriert) Kinderpflegerinnen-Qualifizierung (praxisintegriert) Folie 4

5 Heilerziehungspflege 3-zügig: Vollzeit in Düsseldorf und Bedburg-Hau praxisintegriert in Düsseldorf Folie 5

6 Heilpädagogik (1-zügig) Folie 6

7 Aufbaubildungsgänge "Bewegung und Gesundheit" "Offene Ganztagsschule" "Fachkraft für inklusive Bildung und Erziehung Folie 7

8 Derzeit in Düsseldorf und Bedburg-Hau 527 Studierende 30 hauptamtliche Lehrerinnen und Lehrer Folie 8

9 Zur Geschichte der praxisintegrierten Ausbildung im LVR-Berufskolleg Folie 9

10 Die Fachschule wurde 1974 gegründet, um für die Landesjugendheime des Landschaftsverbandes Rheinland pädagogische Mitarbeiter/-innen auszubilden. Zahlreiche schon langjährig beschäftigte Erziehungshelfer/-innen mussten qualifiziert werden. Lebenserfahrene und männliche Bewerber mit pädagogischer Ausbildung und Eignung für die Arbeit im Bereich der Heimerziehung waren nur schwer zu finden. Folie 10

11 Konsequenz: Qualifizierung der vorhandenen Mitarbeiter/ -innen und Anstellung geeigneter Bewerber/-innen als Erziehungshelfer und Freistellung für den Unterricht in der Fachschule unter Fortzahlung der Bezüge Organisationsform: Blockmodell 6 Wochen Schule - 6 Wochen Praxis, im Wechsel Folie 11

12 Anfang der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurden im Rahmen der Psychiatrie-Reform die geistig behinderten Bewohner/-innen der Landeskrankenhäuser des Landschaftsverbandes in die "Rheinischen Heilpädagogischen Heime" ausgegliedert. Folie 12

13 Die langjährig beschäftigen Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger der Landeskrankenhäuser wurden in der Fachschule für Heilpädagogik zu Heilpädagoginnen und Heilpädagogen qualifiziert und die hierfür geeigneten Helferinnen/Helfer zu Erzieherinnen/Erziehern mit dem Schwerpunkt Heilerziehungspflege und nach der Regelung des neuen Bildungsganges zu Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspflegern. In allen Fällen wurde das vorgenannte Blockmodell gewählt. Folie 13

14 Anfang des neuen Jahrhunderts wurde auf Wunsch des Landesjugendamtes und der "Rheinischen Wohngruppen" des Landschaftsverbandes Rheinland die mehrere Jahre nicht mehr angebotene praxisintegrierte Ausbildung für Erzieherinnen mit dem Schwerpunkt "Jugend- und Heimerziehung" wieder aufgenommen. In diesem Schuljahr hat der 15. Kurs (Klasse E15) begonnen. Folie 14

15 Neue Organisationsform auf Wunsch der Mehrzahl der Einrichtungen: 2 Tage Schule pro Woche (exklusiv der Schulferien) 3 Kompaktwochen pro Jahr 3 Tage Praxis in der Woche Folie 15

16 In der Fachrichtung Heilerziehungspflege und in der Fachrichtung Heilpädagogik wurde ebenfalls zur selben Zeit das neue Modell eingeführt. In diesem Schuljahr hat die Klasse B23 in der Heilerziehungspflege und die Klasse H32 in der Heilpädagogik begonnen. Folie 16

17 Organisatorische Rahmenbedingungen Folie 17

18 Theoretischer Unterricht: 2 Tage a 9 Unterrichtsstunden Präsenzunterricht 2 Stunden Selbstlernphasen pro Schulwoche 3 Kompaktwochen pro Jahr 3 Jahre a 40 Wochen x 20 Std. = 2400 Stunden 9 KW a 27 Stunden = 243 Stunden Gesamt = 2643 Stunden jährliche Versetzung gleiche Unterrichtsinhalte und gleiches Fachschulexamen wie in der Vollzeitausbildung Folie 18

19 Fachpraxis Nachweis einer Praxisstelle in einer anerkannten Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe im Umfang von einer halben Stelle unter Anleitung einer berufserfahrenen pädagogischen Fachkraft 3 bis 4 Besuche pro Jahr durch die praxisbetreuende Lehrkraft, 3 Jahre a 46 Wochen x 20 Std. = 2760 Std. Folie 19

20 LVR-Dienststelle / -Einrichtung Dienststellen bzw. Einrichtungsunterzeile Status und finanzielle Rahmenbedingungen aus Sicht der Studierenden Folie 20

21 Schule darf Verträge der Studierenden nur schulrechtlich bewerten - bisher keine tariflichen Regelungen für diese Ausbildungsform in NRW Varianten: Anstellung als Erziehungshelferin/Erziehungshelfer mit voller tariflicher Bezahlung und Freistellung für den Unterricht (äußerst selten!) Anstellung als Erziehungshelfer/-in mit tariflicher Bezahlung der tatsächlich geleisteten halben Stelle (z.b. beim LVR nach TVÖD S4) Dualer Ausbildungsvertrag mit gestaffelter Bezahlung (z. B. 700 im ersten, 800 im zweiten und 900 im dritten Ausbildungsjahr) Folie 21

22 LVR-Dienststelle / -Einrichtung Dienststellen bzw. Einrichtungsunterzeile Vergütungsbeispiele In Baden-Württemberg ist die Bezahlung staatlich geregelt und orientiert sich an der Vergütung der "Verwaltungsfachangestellten in Ausbildung" Stand Juli 2013 Verwaltungsfachangestellter i. A. (1. Ausbildungsjahr) Verwaltungsfachangestellter i. A. (2. Ausbildungsjahr) Verwaltungsfachangestellter i. A. (3. Ausbildungsjahr) 793 brutto 843 brutto 889 brutto Diese Regelung wurde von der Stadt Düsseldorf übernommen und einzelne Einrichtungen im Bereich der Caritas und des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes lehnen sich an diese Regelung auf etwas niedrigerem Niveau an Folie 22

23 weitere Varianten: Anstellung als Honorarmitarbeiter/-in mit Bezahlung der geleisteten Stunden (vorwiegend im OGS-Bereich) Praktikantenvertrag mit Entlohnung zwischen 0 und 401 Euro Verteilung des tariflich geregelten Gehaltes für das einjährige Berufspraktikum auf 3 Jahre (pro Jahr ca.500 Euro) Folie 23

24 Vorteile der praxisintegrierten Ausbildungsform a) aus Sicht der Schule b) aus Sicht der Studierenden c) aus Sicht der Einrichtungen Folie 24

25 Vorteile der praxisintegrierten Ausbildungsform a) aus Sicht der Schule hoch motivierte, interessierte und engagierte Studierende Viele lebens- und berufserfahrene Menschen, die viele der anzustrebenden berufsrelevanten personalen und sozialen Kompetenzen schon mitbringen Folie 25

26 Vorteile der praxisintegrierten Ausbildungsform a) aus Sicht der Schule die unterschiedlichen Lebens- und Berufserfahrungen ermöglichen eine vielschichtige Sicht auf unterrichtsrelevante Fragestellungen und die vielfältigen individuellen Kompetenzen befähigen die Studierenden, sich gegenseitig zu "belehren" Folie 26

27 Studierende der Klasse E13 Praxisstellen der Studierenden Pflegefamilie 1 Offene Türen 2 Kindertagesstätten 3 Offene Ganztagsschulen 6 Stationäre Jugendhilfe 10 Geschlecht Alter Schule Berufsausbildung weiblich 27 FOR Hotelfachfrau weiblich 21 FHR weiblich 35 FHR Bürokauffrau weiblich 36 FOR Kinderpflegerin männlich 43 FOR Elektromeister weiblich 29 AHR männlich 37 AHR Tischlermeister männlich 43 FOR Koch, Bürokaufmann männlich 25 FOR Oberflächenbeschichter männlich 40 FOR Industriemechaniker, Krankenpfleger weiblich 20 FOR Sozialhelferin weiblich 38 FOR Kinderpflegerin weiblich 38 FHR Friedhofsgärtnerin weiblich 22 AHR weiblich 30 FHR IT-System-Elektronikerin weiblich 29 FHR männlich 29 FHR Hotelfachmann männlich 36 FHR Eventmanager weiblich 46 FOR Bürokauffrau weiblich 20 FOR Sozialhelferin männlich 39 FOR Elektro-Installateur männlich 48 FOR Tischlermeister Folie 27

28 Vorteile der praxisintegrierten Ausbildungsform a) aus Sicht der Schule aufgrund der dauerhaften Praxiserfahrung können im Rahmen kollegialer Beratung schwierige Teamsituationen, Probleme mit einzelnen Kindern und Jugendlichen real und nicht nur "virtuell" bearbeitet werden berufsfeldbezogene Handlungssituationen müssen nicht konstruiert werden, sondern sind gegeben. Dadurch ist die "Lernfeldorientierte Didaktik" ideal umsetzbar Folie 28

29 Vorteile der praxisintegrierten Ausbildungsform a) aus Sicht der Schule theoretisches Wissen und neu erworbene Kompetenzen können durch die Studierenden in der Praxis direkt umgesetzt werden und die Rückmeldungen im Unterricht verarbeitet werden der Zugang zur Praxis für Projekte, Exkursionen, Biographiearbeiten etc. ist stets gegeben Folie 29

30 Vorteile der praxisintegrierten Ausbildungsform a) aus Sicht der Schule Die enge Zusammenarbeit zwischen Praxisanleiterinnen/ Praxisanleitern und praxisbetreuenden Lehrerinnen/ Lehrern über drei Jahre ermöglicht es, die Leitgedanken der Richtlinien (kompetenzund entwicklungsorientierte Didaktik) ideal umzusetzen Folie 30

31 Vorteile der praxisintegrierten Ausbildungsform a) aus Sicht der Schule Reflexionen des eigenen Handelns, der Position im Team und der Entwicklung der Schlüsselqualifikationen sind durchgängig möglich, werden als sinnvoll erlebt und durch die Rückmeldungen der Praxisanleitung und der Lehrkräfte begleitet geringerer Raumbedarf Folie 31

32 Vorteile der praxisintegrierten Ausbildungsform b) aus Sicht der Studierenden finanzielle Absicherung Austausch mit den Mitstudierenden bezüglich persönlicher und beruflicher Sorgen und Nöte Spaß und Freude am Lernen - Schule wird neu und überwiegend positiv erlebt steter Wechsel von Theorie und Praxis Folie 32

33 Vorteile der praxisintegrierten Ausbildungsform b) aus Sicht der Studierenden Gestaltungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten in der Praxis (werden in der Regel als vollwertige Mitarbeiter gesehen) und in der Schule (gestalten "Lehrplan" fleißig mit, sind in Gremien durchsetzungsfähig) Möglichkeit zur Distanzierung und zur Reflexion des jeweiligen Arbeitsfeldes (in der Schule Abstand zur Praxis, in der Praxis Abstand zur Schule) Folie 33

34 Vorteile der praxisintegrierten Ausbildungsform c) aus Sicht der Einrichtungen geeignete "Persönlichkeiten" können selbst ausgewählt werden Auszubildende können im Rahmen der Ausbildung auf die Bedarfe der Einrichtung hin orientiert werden Auszubildende identifizieren sich in der Regel stark mit der Einrichtung Folie 34

35 Vorteile der praxisintegrierten Ausbildungsform c) aus Sicht der Einrichtungen erfahrungsgemäß verbleiben die Mitarbeiter langfristig in der Einrichtung faktisch eine dreijährige Probezeit (Verträge in der Regel nur für die Dauer der Ausbildung) Auszubildende sind nach 1,5 Jahren im Status einer/eines Berufspraktikanten voll einsetzbar und als Fachkraft zur Hälfte anzurechnen Folie 35

36 Nachteile der praxisintegrierten Ausbildungsform a) aus Sicht der Schule b) aus Sicht der Studierenden c) aus Sicht der Einrichtungen Folie 36

37 Nachteile der praxisintegrierten Ausbildungsform a) aus Sicht der Schule häufig große Heterogenität bezüglich des theoretischen Wissens und der Lerntechniken Lehrkräfte müssen flexibel auf die Bedarfe der Lerngruppe reagieren Bei Verbleib in einer Einrichtung ggf. geringere Erfahrung in anderen Praxisfeldern Folie 37

38 Nachteile der praxisintegrierten Ausbildungsform a) aus Sicht der Schule Belastung der Lehrkräfte durch lange Anfahrtswege bei den Praxisbesuchen komplexe Organisation (parallel verschiedene Praxisaufgaben, schulische Aufgaben aus Fachunterricht und Lernsituationen, Projekte) Folie 38

39 Nachteile der praxisintegrierten Ausbildungsform b) aus Sicht der Studierenden starke Belastung durch gleichzeitige Anforderungen durch Familie, Arbeitsstelle und Schule lange Anfahrtswege zur Schule Folie 39

40 Nachteile der praxisintegrierten Ausbildungsform b) aus Sicht der Studierenden die jeweiligen Ausbildungsstellen "Schule" und "Praxis" nehmen nicht immer die Belastungen und Anforderungen der anderen Seite genügend ernst Folie 40

41 Nachteile der praxisintegrierten Ausbildungsform c) aus Sicht der Einrichtungen Mitarbeiter/-innen an Schultagen nicht für Vertretung einsetzbar Termine (Teamsitzungen, Supervisionen, HPGs) müssen wegen der Auszubildenden verlegt werden bzw. lassen sich nicht verlegen Folie 41

42 Nachteile der praxisintegrierten Ausbildungsform c) aus Sicht der Einrichtungen Gruppenprozesse werden in der Praxis teilweise durch die Schultage/Kompaktwochen unterbrochen. Bei einer halben Stelle sind die Auszubildenden häufig längere Zeit nicht im Dienst Folie 42

43 Meine ganz persönliche Einschätzung: Die praxisintegrierte Form der Erzieherinnen-/ Erzieherausbildung ist der bisherigen Form der schulischen Vollzeitausbildung in jeder Hinsicht überlegen und sollte - wenn immer möglich - zur Regelform der Ausbildung werden. Folie 43

44 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Folie 44