Erzieherausbildung und dann? Aufbaubildungsgänge als Möglichkeit der Weiterqualifizierung Katrin Kogel

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1 Erstveröffentlichung in: klein & groß 4/2007, Jg. 60, S Erzieherausbildung und dann? Aufbaubildungsgänge als Möglichkeit der Weiterqualifizierung Katrin Kogel Die momentane Ist-Situation keine beruhigende Zukunftsprognose? Die Lage auf dem Arbeitsmarkt gestaltet sich für Absolventinnen von Fachschulen des Sozialwesens, insbesondere für Erzieherinnen momentan als äußerst schwierig. Regelmäßig entscheiden sich angehende Studierende für die Fachschule für Sozialpädagogik; das Interesse an der Erzieherausbildung ist durchaus vorhanden. Leider lässt sich mittlerweile bereits für das Berufspraktikum, das letzte Ausbildungsjahr, eine (wenn auch geringe) Stellenknappheit beobachten. So konnten bereits im vergangenen Schuljahr 2006/07 nicht alle Studierende meiner Klasse eine Stelle bekommen, um ihre Ausbildung lückenlos abzuschließen. Darüber hinaus sind Einrichtungen des Elementarbereiches wie auch Horte von Schließungen betroffen; die Offene Ganztagsgrundschule als potenziell neues Arbeitsfeld für Erzieherinnen arbeitet oftmals nur auf Honorarbasis bzw. stellt keine vollen Stellen zur Verfügung, was finanzielle Schwierigkeiten darstellt, ist man nicht gerade an einen gut situierten Ehemann geraten... Trägerintern wird momentan zum Teil auf Neuanstellungen verzichtet; stattdessen werden Fachkräfte und deren Stellen umstrukturiert. Ausweg Weiterqualifizierung? So können wir klagen, uns beschweren, die Politik verantwortlich machen, nach Schuldigen suchen usw., doch es wird nichts nützen. Meiner Meinung nach ist es stets nach dem Motto Das Glas ist halb voll der bessere Weg, nach Alternativen zu suchen und sich weiter zu qualifizieren; einfach, um sich von der breiten Masse abzuheben. Wenn Sie besondere Kompetenzen nachweisen können, werden Sie für Ihren Träger interessant(er) sein. Entsprechend meiner Erfahrungen ist es oftmals eine Frage der Kommunikation. Insgesamt gibt es sicherlich viele unterschiedliche Möglichkeiten der Fort- und Weiterbildung, wobei ich Ihnen hier einen Überblick über verschiedene Aufbaubildungsgänge vermitteln möchte, die an Fachschulen/Berufskollegs in NRW angeboten werden (können). Aufbaubildungsgänge in NRW die didaktische Konzeption Alle Aufbaubildungsgänge weisen dieselbe didaktische Konzeption auf, die sich wie folgt darstellt und bereits auf fachliche Anforderungen schließen lässt: 1. Berufliche Handlungskompetenz: Eigenständige Übernahme von Verantwortung für den persönlichen und beruflichen Lernund Entwicklungsprozess 2. Handlungsfelder: Bewältigung zusammengehöriger Aufgabenkomplexe mit bedeutsamen Handlungssituationen 3. Lernfelder: Aufbereitete Handlungsfelder; Konkretisierung durch Lernsituationen 4. Lernsituationen: Praxisrelevante Aufgaben auf Basis handlungsorientiertem Lernen

2 5. Fächer: Konkretisierung der Lernfelder 6. Projektarbeit: Teamorientierte Abschlussprüfung (vgl. Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes NRW, Völklinger Str. 49, Düsseldorf 7624/2004, S. 10f) Aufbaubildungsgänge in NRW ein Überblick Laut Ministerium für Schule, Jugend und Kinder (MSJK) des Landes NRW können Fachschulen des Sozialwesens (Fachschule für Sozialpädagogik, Heilpädagogik, Heilerziehungspflege, Motopädie) momentan folgende Aufbaubildungsgänge anbieten: 1. Bildung und Schulvorbereitung in Tageseinrichtungen für Kinder (MSJK, 7622/2005) 2. Naturwissenschaftlich-technische Früherziehung (MSJK, 7625/2005) 3. Musikalische Förderung im sozialpädagogischen Arbeitsfeld (MSJK, 7624/2004) 4. Sprachförderung (MSJK, 7628/2004) 5. Medienkompetenz in der Kinder- und Jugendhilfe (MSJK, 7623/2004) 6. Praxisanleitung (MSJK, 7626/2005) 7. Sozialmanagement (MSJK, 7627/2004) Einen weiteren Bildungsgang Offene Ganztagsschule bieten die Landschaftsverbände Westfalen-Lippe (LWL) sowie Rheinland (LVR) an. Alle Aufbaubildungsgänge setzen den erfolgreichen Besuch einer der o. a. Fachschulen voraus und bieten in Vollzeit- oder berufsbegleitender Teilzeitform organisierte berufliche Weiterbildung. Ihre Intention ist es, berufliche Fähigkeiten und Kenntnisse zu ergänzen, zu vertiefen und zu erweitern. Je nach Schwerpunkt des Aufbaubildungsganges steht der Erwerb der Leitungskompetenz, die Entwicklung eines authentischen Leitungsstils und die Fähigkeit, die Leitungsrolle verantwortlich und reflektiert wahrzunehmen im Vordergrund. (MSJK, Düsseldorf 7624/2004, S. 8) Die grundlegende Intention von Aufbaubildungsgängen besteht in der Vermittlung beruflicher Handlungskompetenz, die in die Dimensionen Fachkompetenz (Übernahme beruflicher Leitungsaufgaben), Human- und Selbstkompetenz (Verantwortungsvolles Handeln, insbesondere in Kommunikationsprozessen) sowie Methoden- und Lernkompetenz (Selbstständige Anwendung von Planungsverfahren und Arbeitstechniken; aktive und eigenständige Teilnahme an beruflichen Veränderungen, aktive Entwicklung von Lerntechniken, -strategien) aufgeschlüsselt wird. Im Rahmen eines Pflichtunterrichts von 600 Unterrichtsstunden, die die Fachschulen je nach Entscheidung für Vollzeit- bzw. Teilzeitform eigenständig koordinieren können, umfasst die Stundentafel jeweils den sogenannten fachrichtungsbezogenen Bereich, die Projektarbeit sowie den Differenzierungsbereich. Im Folgenden finden Sie einen Überblick über die Verteilung des fachrichtungsbezogenen Bereiches.

3 Aufbaubildungsgang Bildung und Schulvorbereitung in Tageseinrichtungen für Kinder Naturwissenschaftlich-technische Früherziehung Musikalische Förderung im sozialpädagogischen Arbeitsfeld Sprachförderung Medienkompetenz in der Kinderund Jugendhilfe Praxisanleitung Sozialmanagement Inhalte des fachrichtungsbezogenen Bereiches Theorie und Praxis der Bildungsarbeit in TEK s Recht, Organisation und Verwaltung Netzwerkarbeit Sozialwissenschaftliche Grundlagen Naturwissenschaftlich-technische Bildung Naturwissenschaftlich-technische Grundlagen Musikpädagogische Grundlagen Methodisch-konzeptionelles Arbeiten Interkulturelle Erziehung Sprachliche Sozialisation und soziales Handeln Sprachförderung Theorie und Praxis der medienpädagogischen Arbeit Mediengestaltung Informations- und Kommunikationslösungen Public Relations Theorie und Praxis der Praktikantenanleitung Kommunikation und Gesprächsführung Personalführung Recht, Organisation und Verwaltung Organisationsentwicklung Personalentwicklung Betriebswirtschaft Leistungsmanagement Für den erfolgreichen Abschluss anstelle einer schriftlichen Abschlussprüfung haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Projektarbeit durchzuführen, die im Rahmen eines Kolloquiums präsentiert wird. Inhaltliche Vorgaben gibt es nicht. Stattdessen liefert die Projektarbeit [...] den lernorganisatorischen Rahmen, in dem, losgelöst von Zuordnungen zu Fächern oder Lernfeldern, erworbene Kompetenzen bei der Durchführung eines umfassenden berufsrelevanten Projektes angewandt und weiterentwickelt werden können. (MSJK, Düsseldorf 7624/2004, S. 11) Der Differenzierungsbereich ist im Gegensatz zum o. a. fachrichtungsbezogenen Bereich inhaltlich nicht festgelegt bzw. vorgegeben, sondern kann je nach Beschlüssen der Fachschule, personellen Kapazitäten etc. individuell gefüllt werden. Sollten Sie sich intensiver mit den Richtlinien einzelner Aufbaubildungsgänge beschäftigen wollen, können Sie diese downloaden unter Aufbaubildungsgänge in NRW ihr Zielsetzungen Die jeweilige Zielrichtung der einzelnen fachlichen Richtungen zu erkennen, dürfte nicht schwierig sein. Insgesamt geht es vorrangig um die Ausbildung beruflicher Handlungskompetenz auf Basis des jeweils dargestellten Schwerpunktes, sei es nun die Musik, die Sprache, das Management, oder die Bildung, um nur einige zu nennen. Entsprechend der o. a. inhaltlichen Vorgaben entsprechend des fachrichtungsbezogenen Bereiches bilden sich schnell persönliche Vorlieben oder auch Abneigungen heraus. Sicherlich können Sie adäquat für sich persönlich einschätzen, inwiefern Sie der ein oder andere Aufbaubildungsgang interessieren könnte. Ebenso ist es meiner Ansicht nach völlig legitim, eine bestimmte Zielrichtung für sich auszuschließen, einfach aufgrund der Tatsache, dass jeder von uns bestimmte Stärken, aber auch Schwächen besitzt.

4 Ganz bewusst sage ich Schwäche, denn meiner Erfahrung nach kann sich die Auseinandersetzung mit dem, was ich am wenigsten mag, im Nachhinein als besonders interessant erweisen. Dennoch die Entscheidung für Ihre Weiterqualifizierung obliegt Ihnen, und sicherlich spielt hier auch die persönliche Lebenssituation eine nicht zu unterschätzende Rolle. Entscheiden Sie sich für eine berufsbegleitende Maßnahme, sollte Ihnen im Vorfeld bewusst sein, dass ca. zwei Abende pro Woche, evtl. einige Samstage geopfert werden müssen. Nach einem ohnehin langen und stressigen Arbeitstag noch aufnahmefähig zu sein für fachliche Inhalte, aktive Mitarbeit, neue Lernstrategien usw. ist nicht selbstverständlich. Sind Sie familiär eingebunden, fordert sicherlich auch Ihre Familie ihr Recht; diese Dinge gilt es im Vorfeld zu thematisieren, zu diskutieren, für sich zu entscheiden usw. Darüber hinaus erheben manche Fachschulen Gebühren für Exkursionen, Fremdreferenten, Kopien, Material etc., wobei es möglicherweise in Kooperation mit Ihrem Träger oder dem Arbeitsamt auch hier Möglichkeiten zur Finanzierung gibt. So falls Sie entgegen der ein oder anderen Schwierigkeit nach wie vor der Ansicht sind, sich beruflich verändern zu wollen, Sie erkannt haben, dass der berufliche Alltag noch lang nicht alles ist, Sie für Neuerungen in Ihrer Einrichtung offen sind und Sie als Moderatoren für Ihr Team gelten möchten, gratulieren wir Ihnen und erinnern Sie: Das Glas ist halb voll... So ermutigen wir Sie für die Arbeit mit dem folgenden Fragebogen, mit dessen Hilfe Sie persönliche Neigungen/Vorlieben für einen bestimmten Aufbaubildungsgang herausfinden können. Ich möchte mehr als Erziehung und Betreuung; die Bildung von Kindern spielt für mich eine besondere Rolle. Ich erkenne das Interesse an naturwissenschaftlich-technischen Phänomenen bei Kindern. Ich spiele ein Instrument bzw. wollte es schon immer lernen. Die sprachliche Entwicklung von Kindern fasziniert mich. Ich interessiere mich, auch privat, für den Umgang mit neuen Medien. Ich habe schon oft Praktikantinnen betreut. Sie suchen gerne meine Unterstützung. Ich bin ein Leitungstyp. Gerne übernehme ich in Diskussionen die Führung. Meiner Meinung nach müssen wir das Niveau unserer pädagogischen Arbeit erhöhen, insbesondere nach den Ergebnissen der PISA-Studie. Ich habe Respekt vor naturwissenschaftlichen Zusammenhängen, bin aber selbst neugierig. Auch wenn ich selbst kein Instrument spiele, liebe ich das Singen, den Rhythmus mit Kindern. Ich liebe es, mit Kindern zu reimen, gemeinsame Geschichten zu erfinden und sie erzählen zu lassen. Ich bin fasziniert davon, wie eigenständig Kinder Medien einsetzen. Ich setze mich gerne für Praktikantinnen ein, denn sie sind unsere Zukunft. Ihre Ideen finde ich durchaus ertragreich. Meine Kolleginnen fragen mich oft um Rat und schätzen meine Unterstützung.

5 Ich möchte die Zusammenarbeit zwischen Kita und Grundschule intensivieren im Sinne unserer Kinder. Unsere Kinder fragen mich oft nach naturwissenschaftlichen Zusammenhängen, deren Fragen ich leider nicht beantworten kann. Ich erkenne die Freude von Kindern an der Musik als kreativer Ausdrucksform, habe jedoch keine Ideen sie auszubilden. Ich erkenne die Notwendigkeit mehrsprachlicher Erziehung, jedoch fehlen mir die Mittel zur adäquaten Förderung. Es macht mir Sorge, dass Kinder mittlerweile wesentlich sicherer mit Videokamera, PC etc. umgehen als ich selbst. Ich nehme an allen Praxisanleitertreffen der auszubildenden Schule teil, weil ich die Kooperation zwischen Schule und Praxis verstärken möchte. Ich habe bereits einige Leitungsstrukturen erlebt, die ich intern und extern zum Positiven verändern möchte. Erläuterung: Im Rahmen des Fragebogens wurde die Struktur der o. a. Aufbaubildungsgänge (Aufzählung 1 bis 7) beibehalten. Selbstverständlich sind Sie ernsthaft mit den einzelnen Fragen und Ihrer entsprechenden Einschätzung umgegangen, so dass sich nun besondere Vorlieben ausbilden konnten. Ist Ihr Interesse für ein besonderes Aufgabenfeld geweckt? Dann ermutige ich Sie an dieser Stelle, Ihren Weg zu gehen, sich über Fachschulen und deren Angebote in Ihrer Nähe zu informieren, mit Ihrem Team sowie Ihrem Träger über die mögliche Umsetzung, Finanzierung etc. zu sprechen. Nicht zuletzt wünsche ich Ihnen viel Erfolg in der Umsetzung Ihrer beruflichen Weiterentwicklung. Noch einmal erinnere ich: Das Glas ist halb voll... Ausgewählte Aufbaubildungsgänge persönliche Erfahrungen An meiner Schule werden momentan drei Aufbaubildungsgänge angeboten: Sozialmanagement, Musikalische Förderung und seit Neuestem die Naturwissenschaftlichtechnische Früherziehung, wobei ich die Teilnehmerinnen des letztgenannten Bildungsganges selbst unterrichte. Und ich kann aus tiefster Seele behaupten: Ich bin sehr froh und nicht zuletzt stolz, die Absolventinnen auf ihrem Weg der Weiterqualifizierung begleiten zu dürfen, was sich durchaus mit den Erfahrungen meiner Kolleginnen und Kollegen deckt. Unermüdlich zeigen sich die Teilnehmerinnen lern- und wissbegierig, berichten frank und frei aus ihrer täglichen Praxis mit allen Höhen und Tiefen, und erfreuen sich regelmäßig neuer Erkenntnisse. Katrin Kogel, Studienrätin für die berufliche Fachrichtung Sozialpädagogik, Deutsch am Alice-Salomon- Berufskolleg, Bochum