PAPA 2020: Personalangebot für Pflege im Oberallgäu und Kempten

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1 PAPA 2020: Personalangebot für Pflege im Oberallgäu und Kempten Eine Studie der Hochschule Kempten Im Auftrag des Landratsamtes Oberallgäu mit Beteiligung der Kreisfreien Stadt Kempten Forschungsbericht Forschungsgruppe Demographischer Wandel der Hochschule Kempten

2 Impressum PAPA 2020: Personalangebot für Pflege im Oberallgäu und in Kempten. Studie im Auftrag des Landratsamtes Oberallgäu mit Beteiligung der Kreisfreien Stadt Kempten Ersteller: Forschungsgruppe Demografischer Wandel an der Hochschule Kempten Kempten, 2012 Kontaktadresse: Hochschule Kempten Forschungsgruppe Demografischer Wandel Prof. Dr. Johannes Zacher Bahnhofstraße Kempten 2

3 Inhalt Vorwort... 8 Autorenliste Einleitung Altersstruktur der Bevölkerung im Oberallgäu und Kempten Quote der Pflegebedürftigkeit Quellen Zahlen der Bundesrepublik Deutschland Zahlen des Freistaats Bayern Zahlen des Landkreis Oberallgäu Zahlen der Kreisfreien Stadt Kempten Zusammengefasste Zahlen Oberallgäu und Kempten Regionale Unterschiede und starke Disparität Zunahme Pflegebedürftige Herleitung der Berechnungen zur Pflegeprävalenz Theoretische Ansätze Status Quo Hypothese Medikalisierungsthese Kompressionsthese Eintrittswahrscheinlichkeit Pflegebedarf Zukünftige Zahl der Pflegebedürftigen in der Stadt Kempten Konsequenzen für die Stadt Kempen Konsequenzen Zugänge zu Lösungsstrategien Wohnberatungsstellen und Unterstützungsangebote Bürgerschaftliches Engagement und Vernetzung Fazit Versorgungsarten in Bayern, Oberallgäu und Kempten Bayern: Versorgungsarten im Oberallgäu Kempten: Trends

4 4. Personalsituation in der Pflege Stationärer Bereich Angestellte Pflegefachkräfte stationär Vollzeitkräfte in stationären Betriebe Offene Stellen stationär Austritte aus dem Dienst in stationären Einrichtungen Wanderung im stationären Bereich Ambulanter Bereich Angestellte Pflegefachkräfte ambulant Vollzeitäquivalente in ambulanten Pflegediensten Durchschnittsalter der einzelnen Pflegedienste Offene Stellen ambulant Austritte aus dem Dienst in ambulanten Pflegediensten Zu- und Abwanderungen im ambulanten Bereich Weitere Erkenntnisse zur Zukunft von Pflegepersonal Relevanz von Verbleibentscheidungen Vorhandenes Arbeitskräftepotenzial in Pflegeberufen Nachwuchsrekrutierung und Ausbildung Altersstrukturen Zukünftige Anforderungen an das Pflegepersonal Die Arbeitszufriedenheit in Pflegeberufen Die Rolle der Vereinbarkeit von Beruf und Familie Bindung an den (Pflege-) Beruf Organisationale und berufliche Bindung in Pflegeberufen Bezahlung Arbeitnehmerverdienste des Statistischen Bundesamtes Ergebnisse des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts Ausbildungszahlen Personalsituation der Pflege im Oberallgäu insgesamt Schulabgänger Ausbildungsbeginne in Deutschland Altenpflegeausbildung in Deutschland und einzelnen Ländern Altenpflegeausbildung in Bayern Schulen im Einzugsgebiet Ausbildungsbetriebe in Deutschland und den Ländern

5 5.8. Ausbildungsbetriebe im Einzugsgebiet Auszubildende in stationären Einrichtungen Auszubildende in ambulanten Pflegediensten Ausland Haushaltshilfen aus Osteuropa Statistische Anhaltspunkte für Deutschland Rechnung für Kempten und Oberallgäu Lohnvergleich Deutschland- Österreich- Schweiz Entgelte in Deutschland und Bayern Verdienst Krankenschwester in der Schweiz Entlohnung examinierter Pflegekräfte in Österreich Zuwanderung aus dem Ausland Zuwanderung aus Nicht-EU-Ländern Pflegefachkräfte aus EU-Ländern Kommunale Seniorenpolitik im Oberallgäu Seit wann gibt es Seniorenbeauftragte in den Gemeinden? Aufgaben der Seniorenbeauftragten in den Gemeinden Maßnahmen und Projekte der Gemeinden Zusammenarbeit mit Pflegediensten vor Ort Seniorenpolitische Schwerpunkte in den Gemeinden Wohlbefinden der Senioren in den Gemeinden Best Practice Seniorenversorgung SONG Soziales neu gestalten Netzwerkpartner Leitbild des Netzwerks Finanzierung Realisierte Projekte Haus im Viertel Bremer Heimstiftung Stiftung Liebenau: Lebensräume für Jung und Alt Fazit der SONG- Netzwerke Urbanes Wohnen München e.v Organisation und Aufbau Beispiele und Angebote des Vereins Fazit des Urbanen Wohnens e.v MehrGenerationen- Wohnen im Herrenbach Geisberghof

6 Konkrete Angebote im Geisberghof Fazit zum Projekt Geisberghof KDA/ Werkstatt Pflegestützpunkt Notwendigkeit von Pflegestützpunkt Vorgehensweise im Modellprojekt Fazit der Werkstatt Pflegestützpunkt Modellprojekt aus Vorarlberg Bezug zum Oberallgäu Bezug zum Allgäu Zusammenfassung der Ergebnisse und Entwicklung der Handlungsempfehlungen Ergebnisse zur Nachfrage nach Pflege und zum Angebot an Pflegekräften Zunahme Pflegebedürftige Art der Versorgung Exkurs: Bedarf an Heimplätzen Bedarf an zusätzlichen Pflegekräften Bedarf durch Zunahme der Pflegebedürftigen Bedarf an Pflegekräften wegen bestehenden Lücken und wegen Ausscheidens Prognose und Abgleich Ergebnisse zu Chancen auf steigende Ausbildungszahlen Zuwanderung von Fachkräften Entwicklung der Ausbildungszahlen Ergebnisse zu Chancen auf Senkung der Nachfrage nach professioneller Pflege Handlungsempfehlungen Politische Lösungsalternativen Tendenzen in der Weiterentwicklung des Pflegeversicherungsgesetzes Anwerbung von ausländischen Pflegekräften Erste Handlungsempfehlung: Ausbildungspakt Herausforderungen bei der Anwerbung von Azubis Gemeinsame Stärkung der regionalen Ausbildung Zweite Handlungsempfehlung Seniorenfreundliche Strukturen Finanzierung und Effekte der Handlungsempfehlungen Quellenverzeichnis

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8 Vorwort Diese Studie wurde auf Kreistagsbeschluss hin von der Verwaltung des Landkreises Oberallgäu beauftragt und finanziert. Sie ist kofinanziert von der Stadt Kempten. Die Durchführung lag beim Forschungszentrum Allgäu der Hochschule Kempten im Zeitraum von Oktober 2012 bis März 2013 Ausführende waren Prof. Dr. Zacher, Bernhard Magg (B.A. Sozialwirtschaft) und Studierende der Studiengänge Sozial- und Gesundheitswirtschaft. Die Fragestellung der Studie war, mit welchen Engpässen in der pflegerischen Versorgung der Bevölkerung im Oberallgäu und in Kempten zu rechnen sei und welche Maßnahmen ergriffen werden können, um einer Unterversorgung zuvorzukommen bzw. um einen vorhandenen Engpass zu beheben. Die Studie wurde mit Studierenden des Studiengangs Gesundheitswirtschaft durchgeführt. Diese waren als Befrager tätig und haben an der Auswertung mitgewirkt. Sie entwarfen auch Beiträge, die teilweise in diesen Forschungsbericht Eingang gefunden haben. Bewusst und vereinbarungsgemäß haben daher nicht alle Ausführungen höchstes wissenschaftliches Niveau. Auf der anderen Seite war es mit Hilfe der Studierenden möglich, auf alle Einrichtungen und auf alle Gemeinden und ihre Seniorenberatungen sowie auf die Schulen im Einzugsgebiet zuzugehen. Auch der Blick auf zahlreiche Modellprojekte außerhalb des Beobachtungsgebietes war dadurch möglich. Dennoch sind natürlich alle die Aussagen, die am Schluss zu Handlungsempfehlungen führen, gründlich geprüft und durch ausführliches Material der statistischen Ämter abgesichert. Als Leiter der Untersuchung darf ich mich an dieser Stelle bei vielen Menschen bedanken. Ich beginne bei allen Gesprächspartnern in Institutionen, Gemeinden, Schulen und Einrichtungen, die uns für Auskünfte und Befragungen zur Verfügung standen. Dem folgt der Dank an die Studierenden, die sich mit Eifer an diesem nicht alltäglichen Projekt der Gesundheitswirtschaft beteiligt haben. Einige haben herausragende Forschungen und Beiträge eingebracht. Der größte Arbeitsaufwand lag beim wissenschaftlichen Mitarbeiter des Projektes, Herrn Bernhard Magg, der mit viel Geduld und Umsicht alle Einsätze koordiniert hat, die Datenbeschaffung und Aufbereitung übernahm und den Forschungsbericht mitschrieb und gestaltete. Bei der Arbeit an Daten und Berichten wurden wir auch unterstützt von Frau Monika Schmid, die hierzu ein Praxisprojekt (für den Verband Europäischer Heimleiter) durchführte. Besonderer Dank geht auch an die Autoren der Gastbeiträge, Herrn Knud Hendricks (M.A.) und Herrn Jörg Mielewski (B.A.). Sie haben zu den Themen Prognose der Pflegenachfrage und Verbleibensentscheidungen von Pflegemitarbeitern einschlägige und ausgezeichnete Studien durchgeführt. Beide Beiträge, die wir in den Forschungsbericht aufnehmen durften, helfen hervorragend, um die eigenen Ergebnisse abzusichern und die Handlungsempfehlungen zu fundieren. 8

9 Wir freuen uns, wenn durch die Ergebnisse die Diskussion über die Zukunft der Pflege in der Region befruchtet wird. Bereits in den Befragungen wurde deutlich, dass dabei natürlich auch widersprüchliche Ansichten und Interessen eine Rolle spielen. Oft entsprechen unsere statistisch gewonnenen Erkenntnisse nicht den aus den Medien gewohnten Darstellungen von der Lage der Pflege. Für Diskussionen zu den Ergebnissen stehen wir nach Möglichkeit zur Verfügung. März 2013 Johannes Zacher 9

10 Autorenliste Forschungsgruppe Demographischer Wandel : Prof. Dr. Johannes Zacher Bernhard Magg (B.A.) Gastautoren: Knud Hendricks (M.A.) Jörg Mielewski (B.A.) Mit Unterstützung durch: Monika Schmid (B.A.) Studierende des dritten Semesters Gesundheitswirtschaft, Jahrgang 2011: Ascherl Katharina Geiger Marina Ayub Kinan Glück Ramona Baedeker Tobias Greißel Sandra Baur Daniel Günther Anja Bleichner Anna Hansch Jessica Bodenmüller Anja Härle Liane Bröll Maike Hauf Dana Burger Claudia Haug Julia Deisenhofer Kathrin Herold Marcel Deufel Anna Hirschbeck Sonja Dorn Gabriela Hohenögger Daniela Dufner Denise Hördler Nadine Eckersperger Natalie Humrich Jana Egger Tim Karg Svenja Epp Alexandra Käser Michael Erhart Christina Kiesel Carina Etterer Stefan Kindermann Patrick Fickler Manuela Kirchner Fabian Finkenzeller Angelika Klein Barbara Fitzer Pascal Kliem Philipp Franke Katharina Leonhardt Carolin Ganglbauer Tobias Lueg Pia 10

11 Mager Brigitte Malsch Lena Mansiz-Sagir Nilüfer Möslang Nadine Mügge Judith Nowacki Antonia Obermeier Anja Pleier Monika Rasch Anabel Rettinger Lisa Rückl Ilona Schedel Karolin Schermak Kerstin Schindele Melissa Schreck Jasmin Schütte Saskia Schwinghammer Amelie Stadler Niklas Steffen Andrea Terre Irene Titz Sophie Vogel Marina Wagner Simon Weber Rebecca Wocher Jasmin 11

12 Einleitung Die Studie PAPA 2020: (Der Name entstand aus: Personalangebot für Pflege im Oberallgäu ) geht der Frage nach, ob dem Oberallgäu und Kempten in naher Zukunft ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften in der Pflegebranche droht und mit welchen Maßnahmen sich dieser Mangel vermeiden oder zumindest abschwächen lässt. Zwar sind Mängel in der Pflege und mithin auch der Fachkräftemangel in der Branche ein weit diskutiertes, national und international relevantes Thema. Die Tatsache, dass die Problematik sich in unterschiedlichen Regionen in sehr unterschiedlichen Ausprägungen und Schweregraden darstellt, wird im öffentlichen Diskurs jedoch meist nicht ausreichend gewürdigt. Hier setzt PAPA 2020 an. Die Studie reiht sich damit in eine Reihe anderer wissenschaftlicher Studien ein (vgl. Bertelsmann Stiftung 2012 a, BMWi 2012), die ebenfalls erkannt haben, dass die regionale Diversität des Themas regionale Lösungsansätze erfordert. Folglich wurden alle Pflegeanbieter im Oberallgäu und Kempten gebeten, sich im Rahmen der Datenerhebung für die Studie PAPA 2020 zu ihrer Personalsituation befragen zu lassen. Um ein umfassendes Bild der Arbeitsmarktentwicklung zu erhalten, wurden des Weiteren fünf regionale Berufsfachschulen für Altenpflege aufgesucht und zu ihren Schüler- und Absolventenzahlen befragt. Diese Daten wurden mit Zahlen der Statistischen Bundes- und Landesämter zu Schüler- und Auszubildendenzahlen auf regionaler und nationaler Ebene, sowie diversen anderen wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema, abgeglichen. Auf diesem Wege konnten verlässliche Prognosen zur Entwicklung des Angebots an Pflegedienstleistungen in der Region erstellt werden. Ob in Zukunft ein Mangel an Pflegemöglichkeiten für die Senioren der Region entsteht, hängt aber ebenso entscheidend von der Frage ab, wie viele Menschen überhaupt Pflege benötigen werden. Dies ist zuerst einmal von der Altersstruktur der Bevölkerung abhängig. Darüber hinaus musste untersucht werden, wie sich die Pflegequote, also der Anteil derer, die innerhalb einer Altersgruppe tatsächlich pflegebedürftig werden, im Oberallgäu und in Kempten darstellt. Dieser Anteil kann beeinflusst werden: Es ist möglich, durch Prävention, Nachbarschaftshilfe, Ehrenamtliche, alternative Wohnformen und geeignete Versorgungsstrukturen Senioren länger aktiv und gesund zu erhalten. Außerdem tragen solche Maßnahmen dazu bei, Unterstützungsbedarfe zu befriedigen, ohne auf professionelle Pflege angewiesen zu sein. Daher wurden auch Vertreterinnen und Vertreter aller Kommunen im Oberallgäu, Bürgermeisterinnen, Bürgermeister und Seniorenbeauftragte zu Ideen, 12

13 Projekten und Maßnahmen der Pflegeprävention vor Ort in den Gemeinden befragt. Zum Vergleich und zur Ideengewinnung wird auch eine Auswahl innovativer Projekte, die innerhalb und außerhalb der Region erprobt werden, in dieser Arbeit vorgestellt. Zum Schluss werden aus all den gewonnenen, ausgewerteten und überprüften Daten heraus Handlungsempfehlungen entwickelt. Auch hier lag der Fokus auf Regionalität und Praktikabilität der Vorschläge und der Beachtung beider Seiten des Problems: Sicherung eines zuverlässigen Angebots an professioneller Pflege und gleichzeitig Dämpfung der Nachfrage nach entsprechenden Dienstleistungen. Der Wunsch der Senioren, möglichst lange gesund und aktiv im vertrauten Wohnumfeld verbleiben zu können, soll unterstützt und gefördert werden. 13

14 1. Altersstruktur der Bevölkerung im Oberallgäu und Kempten Die derzeitige Altersstruktur in Deutschland ist gekennzeichnet durch eine niedrige Geburtenrate und den Rückgang der Bevölkerungszahl. Hinzu kommen der Anstieg der Lebenserwartung und die damit verbundene Alterung der Bevölkerung. Die BRD verzeichnet seit 2003 einen Rückgang der Bevölkerungszahl, weil die Zahl der Sterbefälle die Zahl der Geburten immer mehr übersteigt. Auch in ländlichen Regionen sind die Auswirkungen des demografischen Wandels erkennbar. Im Landkreis Oberallgäu hält sich der Bevölkerungsrückgang nach Daten des Demografiespiegels für bayerische Gemeinden (LfStaD 2012a, S. 5) in Grenzen, so dass bis zum Jahre 2030 die Bevölkerung um etwa 1,6% abnehmen wird. Für Kempten liegt dieser Wert bei ca. 0,5 %. Der Rückgang kann jedoch nicht allgemeinverbindlich auf alle Gemeinden des Oberallgäus übertragen werden. Die einzelnen Gemeinden weisen unterschiedliche Vorausberechnungen auf und sind auch in ihrer detaillierten Altersstruktur teilweise ungleich. Prognosezahlen des Landesamts für Statistik und Datenverarbeitung (2012b) ergeben bis zum Jahr 2020 einen Anstieg der Bevölkerungszahl in 13 Gemeinden des Oberallgäu, während im Jahre 2030 ein Rückgang der Einwohnerzahl auf nahezu alle Gemeinden zutrifft. Einzig den Kommunen Oberstdorf und Durach wird bis zum Jahr 2030 ein Zuwachs prognostiziert. Die Bevölkerungszahl in Bayern bleibt mit 0,1% Wachstum nahezu gleich (im Vergleich der Jahre 2031 und 2011). Die Veränderung der Altersstruktur wird insbesondere aufgrund der Hochaltrigen (über 80 Jahre) zur Herausforderung in den ländlichen Regionen des Oberallgäus. So verdoppelt sich der Anteil dieser Bevölkerungsgruppe von 4,6% auf 9% bis zum Jahre In gesamt Deutschland wird er auf 8,3% ansteigen (Bertelsmann Stiftung 2011, S. 5). Für Kempten wird ein Anteil von 9,5% prognostiziert (LfStaD 2012 c). Dramatisch scheint dagegen der Anstieg der Menschen, die über 75 Jahre alt sind, in Bayern. Im Vergleich 2010 bis 2030 steigt ihre Zahl um ca. 43 % (ebd.). Die reine Altersstruktur lässt noch keine verbindlichen Schlüsse über die Anzahl der Pflegebedürftigen zu. Deshalb werden in den folgenden Abschnitten zunächst Erkenntnisse zur Quote der Pflegebedürftigkeit diskutiert. 14

15 2. Quote der Pflegebedürftigkeit Die regionale Pflegequote ist ein wichtiges Indiz für die Intensität eines potentiellen zukünftigen Fachkräftemangels in der Pflege. Warum entwickelt sie sich jedoch von Region zu Region so unterschiedlich? Nachfolgend soll auf die derzeitige Entwicklung der Pflegequote in verschiedenen Regionen eingegangen werden. Des Weiteren werden Hypothesen über die wahrscheinlichsten Einflussfaktoren der Entwicklung der Pflegebedürftigkeit aufgestellt Quellen Die nachfolgenden Daten wurden den Pflegestatistiken des Statistischen Bundesamtes und des Bayerischen Statistischen Landesamtes entnommen. Diese Daten werden nach 109 Abs. 1 SGB XI im Rhythmus von zwei Jahren erhoben und mit einigem zeitlichen Abstand veröffentlicht. Für Bayern und die beobachteten Landkreise lagen zum Zeitpunkt der Berichterstellung auch die Zahlen aus dem Jahr 2011 vor. Als die studentischen Erhebungen stattfanden war nur Zugriff auf die 2009er Zahlen möglich. An einigen Stellen wurden die aktuellen Zahlen ergänzt. In der Zusammenfassung am Ende des Berichts wurden natürlich nur die aktuellsten verfügbaren Zahlen verwendet. Dazu wurden spezielle Auswertungen beim Statistischen Landes- und Bundesamt angefordert und verwendet. Wir möchten uns bei Jan Kurzidim und Christoph Striedelmeyer im Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung für die Bereitstellung der Daten bedanken Zahlen der Bundesrepublik Deutschland Nach der Pflegestatistik 2009 des Statistischen Bundesamtes (2011, S. 8) sind ca. 2,9 % der deutschen Bevölkerung pflegebedürftig. Das entspricht, in absoluten Zahlen, 2,3 Millionen Einwohnern der Bundesrepublik Deutschland. Insbesondere Menschen im hohen Alter haben ein größeres Risiko pflegebedürftig zu werden. Während Deutsche im Alter zwischen 70 und 75 Jahren eine Pflegequote von 4,7 % aufweisen, sind es bei denen, die 90 Jahre und älter sind, bereits 59,1 %. 15

16 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Pflegequoten BRD (2009) Pflegebedürftige insgesamt in BRD Pflegebedürftige zwischen 70 und 75 Jahren Pflegebedürftige zwischen 90 Jahren und älter Abb.: Eigene Abbildung, Quelle: Statistisches Bundesamt (2011a, S. 8) Zahlen des Freistaats Bayern Laut Pflegestatistik des statistischen Bundesamtes (2012, S. 50 ff.) liegt die Pflegequote im Freistaat Bayern bei 2,5 % und somit 0,4 Prozentpunkte unter der bundesweiten Pflegequote. 0,87% der bayerischen Bevölkerung werden dabei stationär gepflegt. Interessant ist, dass Frauen daran einen Anteil von 0,65 Prozentpunkten haben, also circa dreimal häufiger stationär gepflegt werden als Männer. Dies ist allerdings nicht nur im Freistaat Bayern, sondern auch bundesweit in variierenden Anteilen der Fall. Zu den geschilderten Fakten haben wir mit den Zahlen für Bayern folgende Diagramme erstellt: Einwohner in Mio 0-15 Jahre Jahre Jahre 75 + Jahre Abb.: Altersstruktur Bayern, Quelle: LfStaD 2012d, S.5 16

17 Pflegebedürftige männlich Pflegebedürftige weiblich Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre 90 + Jahre Abb.: Pflegebedürftige nach Alter und Geschlecht, Quelle: LfStaD 2010, S.16 5,0% 4,5% 4,0% 3,5% 3,0% 2,5% 2,0% 1,5% 1,0% 0,5% 0,0% Pflegequote 0-15 Jahre Jahre 60 + Jahre gesamt männlich weiblich Abb.: Pflegequote Bayern, Quelle: Destatis 2012a, S. 50 ff Zahlen des Landkreis Oberallgäu Im Jahr 2009 waren 1,8 % der Bevölkerung des Landkreises Oberallgäu pflegebedürftig. Diese Zahl hat sich in den letzten Jahren kaum verändert. Damit wies das Oberallgäu im Jahr 2009 die viertgeringste Pflegequote in der gesamten Bundesrepublik auf. Nur in den Landkreisen Freising (1,5 %), Erding (1,6 %) und Tübingen (1,7 %) sind noch geringere Anteile der Bevölkerung auf Pflege angewiesen. 17

18 60% 50% 0-15 Jahre 40% Jahre 30% Jahre 20% 75 Jahre und älter 10% 0% Bevölkerung Pflegequote Pflegebedürftige (OA insg.) Abb.: Pflegequote Oberallgäu, Quelle: LfStaD 2012a, S. 5; Destatis 2012a, S Zahlen der Kreisfreien Stadt Kempten Auch die Kreisfreie Stadt Kempten weist seit mehreren Jahren eine konstante Pflegequote auf, die bei zirka 2,4 % liegt. 60% 50% 0-15 Jahre 40% Jahre 30% Jahre 20% 75 Jahre und älter 10% 0% Bevölkerung Pflegequote Pflegebedürftige (KE insg.) Abb: Eigene Abbildung, Quelle: LfStaD (2012c, S. 5), Destatis 2012a, S Zusammengefasste Zahlen Oberallgäu und Kempten Die nachfolgende Grafik stellt eine zusammengefasste Pflegequote und Bevölkerungsstruktur dar. Zum einen wurde diese Zusammenfassung vorgenommen, da die kreisfreie Stadt Kempten und der Landkreis Oberallgäu sehr oft zusammengefasst werden, um eine gemeinsame Raumbezugseinheit zu generieren, zum anderen, um mögliche Unterschiede aufzuzeigen und um eine Grundlage zur Bedarfsplanung von Pflegeleistungen in diesen beiden Gebieten zu haben. 18

19 Es ist festzustellen, dass die Daten in zusammengefasster Form sich nur geringfügig von den einzelnen Datensätzen unterscheiden. In aggregierter Form liegt die Pflegequote bei zirka 1,96 %. 60% 50% 0-15 Jahre 40% Jahre 30% Jahre 20% 75 Jahre und älter 10% 0% Bevölkerung Pflegequote Pflegebedürftige (OA und KE insg.) Abb.: Pflegequote Oberallgäu und Kempten, Quelle: Eigene Berechnung Regionale Unterschiede und starke Disparität Die Pflegequote im Landkreis Oberallgäu und der Kreisfreien Stadt Kempten liegt weit unter dem bundesweiten Durchschnitt. Wie man in nachfolgender Grafik erkennen kann, ist die Verteilung der Pflegebedürftigen in einzelnen Regionen sehr unterschiedlich. Dabei bezieht sich diese Grafik auf die Bevölkerungsgruppe, die älter als 75 Jahre ist. Hierbei ist auffällig, dass im Norden Deutschlands und in den neuen Bundesländern die Pflegebedürftigkeit tendenziell höher ist, als im Süden der Bundesrepublik. Abb.: Prävalenz der Pflegebedürftigkeit, Quelle: Rothgang et al. (2009, S. 180) 19

20 Belegbare Einflussfaktoren für das Risiko pflegebedürftig zu werden sind unter anderem das Geschlecht, der Beruf und die vorhergehende Krankheitsgeschichte (Anamnese). Wie bereits bei der Grafik Aktuelle Zahlen des Freistaats Bayern erwähnt, sind Frauen häufiger von Pflegebedürftigkeit betroffen. Dies liegt einerseits daran, dass Frauen im Schnitt älter werden als Männer. Andererseits liegt es auch daran, dass viele Frauen häufig ihre Männer zuhause pflegen und diese pflegebedürftigen Männer demzufolge oftmals nicht erfasst werden. Zu beobachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass Frauen mit einer niedrigeren Pflegestufe in die Pflegebedürftigkeit eintreten. 80% 60% 40% 20% Frauen Männer 0% Pflegestufe I Pflegestufe II Pflegestufe III Abb.: Pflegebedürftigkeit nach Geschlechtern, Quelle: Rothgang et al. (2009, S. 16) Die Berufsgruppen unterscheiden sich in Angestellte und Arbeiter. Es wird deutlich, dass ehemals angestellte Männer ein um 23,1 % niedrigeres Pflegerisiko und ehemals angestellte Frauen ein um 17,6 % niedrigeres Pflegerisiko haben als ehemalige Arbeiter und Arbeiterinnen. Gründe hierfür sind vermutlich die geringere körperliche Belastung der ehemals Angestellten und die früher oftmals gesundheitsschädlichen Arbeitsbedingungen der Arbeiter. Neben diesen soziodemographischen Merkmalen ist auch die vorhergehende Krankheitsgeschichte des Einzelnen und dessen Familie ein Einflussfaktor auf die Pflegebedürftigkeit. Erfasst werden die Krankheiten in dem Jahr, in dem zum ersten Mal Leistungen über die Pflegeversicherung bezogen worden sind. Dabei sind vor allem bösartige Neubildungen, psychische Erkrankungen, neurologische Erkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Muskel-Skelett-Erkrankungen zu beobachten. Zum Großteil sind diese Krankheiten degenerativ und haben eine hohe Multimorbiditätsrate, was eine Vielzahl von unterschiedlichen Behandlungen zur Folge hat. 20

21 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Männer Frauen bösartige Neubildungen psychische Erkrankungen neurologische Erkrankungen Muskel-Skelett- Erkrankungen Abb.: Multimorbiditätsrate, Quelle: Rothgang et al. (2009, S ) Diese mit Zahlen belegbaren Einflussfaktoren erklären jedoch nicht, wie es zu den erheblichen regionalen Unterschieden kommt. Weitere zuverlässige Erklärungsmodelle liegen hierzu aber noch nicht vor Zunahme Pflegebedürftige Es konnte gezeigt werden, dass die Prognose der Zahl der Pflegebedürftigen von vielen Einflussfaktoren abhängt. Eine vorsichtige und gewissenhafte Prognose für das Beobachtungsgebiet muss auf diese eingehen. Für die Studie haben wir uns auf verschiedene Quellen gestützt, die differenzierte Berechnungen vornehmen, wir haben diese miteinander verglichen und mit eigenen Hochrechnungen gegengeprüft. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Die Zahl der Pflegebedürftigen lässt sich auf diese Weise prognostizieren mit allen Vorbehalten und Risiken, die bei jeder Prognose immer noch zu beachten sind. Im Oberallgäu wird die Zahl von heute ca um ca auf ca im Jahr 2030 steigen. In Kempten kommen zu den heute Pflegebedürftigen noch etwa 650 dazu. Dabei ist eben schon berücksichtigt, dass das Beobachtungsgebiet zu den gesünderen Regionen innerhalb Bayerns gehört und weniger Personen des jeweiligen Altersjahrgangs pflegebedürftig werden, als überregional durchschnittlich zu erwarten wäre. 21

22 Prognostizierte Entwicklung der Pflegebedürftigen Oberallgäu Kempten Abb.: Zunahme Pflegebedürftige OA + KE, Eigene Berechnungen mit Daten aus Destatis 2012a, Bertelsmann 2012b und Hendricks 2010, S.27 Die Steigerung kommt nicht plötzlich und auch nicht erst sehr spät, sondern findet kontinuierlich statt. Allerdings muss man mit erheblichen Schwankungen in den einzelnen Jahren rechnen: So stieg in Kempten die Zahl der Pflegebedürftigen zwischen 2005 und 2007 überdurchschnittlich um 80 Personen, blieb dann aber konstant. Im Oberallgäu gab es zwischen 2007 und 2009 eine Abnahme um 150 Pflegebedürftige und zwischen 2009 und 2011 eine Zunahme um 350. So tut man gut daran, sich an Durchschnittszahlen zu orientieren. Diese liegen bei etwa 60 zusätzlichen Pflegebedürftigen pro Jahr im Oberallgäu und 30 in Kempten. Quellen: Die beste Hochrechnung für lokale Wahrscheinlichkeiten gibt es derzeit über das Berechnungsmodell der Bertelsmannstiftung (Bertelsmann 2012b). Im folgenden Kapitel fügen wir auch noch die Berechnungen von Hendricks ein. Diese geben vor allem Einblick in die Methodik und erläutern die verschiedenen Thesen, die herangezogen werden. Insbesondere wird über den Zusammenhang zwischen medizinischem Fortschritt und seiner Auswirkung auf Pflegebedürftigkeit informiert. Hendricks berechnet dann mit den zukünftigen jahrgangsbezogenen Bevölkerungs- Zahlen von Kempten (bayrisches Statistisches Landesamt 2010) die voraussichtlichen Pflegefälle. Diese stimmen mit der Berechnung von Bertelsmann in hohem Maße überein. I 22

23 2.2. Herleitung der Berechnungen zur Pflegeprävalenz [Die Kapitel 2.2 bis einschließlich 2.4 sind von Knud Hendricks verfasst. Sie geben einen tiefen Einblick in die Berechnungsmodalitäten von Prävalenzraten und wendet diese auf lokale Zahlen für Kempten an.] Im Folgenden werden die verschiedenen, allgemein anerkannten und gebräuchlichen theoretischen Ansätzen beschrieben, mit deren Hilfe aus dem dargelegten Datenmaterial Rückschlüsse auf die Prävalenz, im Alter pflegebedürftig zu sein, gezogen werden können. Dabei werden zunächst die theoretischen Erklärungsansätze beschrieben, um anschließend deren Eintrittswahrscheinlichkeiten zu analysieren. [...] Theoretische Ansätze Um die Frage nach der Prävalenz, im Alter pflegebedürftig zu werden, beantworten zu können, muss der Zusammenhang zwischen einem Mehr an Lebenszeit und der damit verbundenen Wahrscheinlichkeit, pflegebedürftig zu sein, geklärt werden. Von entscheidender Bedeutung ist die Frage, wie sich der Zugewinn an Lebenserwartung auf die altersspezifische Prävalenz der Pflegebedürftigkeit auswirkt. 1 Zur Auflösung dieses Zusammenhangs lassen sich verschiedene Erklärungsmodelle finden. Dabei lässt sich feststellen, dass neben der Status quo Hypothese die Medikalisierungsthese (Expansion of Morbidity) und die Kompressionsthese (Compression of Morbidity) im Zentrum des wissenschaftlichen Diskurses stehen. 2 Nachfolgend werden die drei genannten Theorien näher dargestellt und erläutert Status Quo Hypothese Die Status Quo Hypothese beschreibt den Zusammenhang zwischen der steigenden Lebenserwartung und der daraus resultierenden Prävalenz, im Alter pflegebedürftig zu werden, in der Art, dass vereinfacht davon ausgegangen wird, dass durch den Zugewinn an Lebenszeit die Prävalenz der Pflegebedürftigkeit nicht ansteigt oder durch andere, auf die Prävalenz einwirkende Effekte sogar sinkt, bzw. dass die verschiedenen gegensätzlichen Effekte sich gegenseitig aufheben. Es wird bei der Status Quo Hypothese davon ausgegangen, dass die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit pflegebedürftig zu werden, also die Prävalenz, sowie deren Verlauf sowohl quantitativ als auch qualitativ der heutigen entsprechen werden. Es 1 Hackmann/Moog, Die Auswirkung der steigenden Lebenserwartung, S Kroll/Ziese, Kompression oder Expansion der Morbidität?, S

24 kommt also nur deshalb zu mehr Pflegebedürftigen, weil die Anzahl der Menschen in den höheren Alterskohorten, [...], zunimmt. 3 [...] Unterstellt man also die Status Quo Hypothese dann führt der [...] Anstieg der höheren Altersklassen auch zu einem proportionalen Anstieg der zu erwartenden pflegebedürftigen Menschen Medikalisierungsthese Bei der Medikalisierungsthese, die von Gurenberg (1977) und Verbrugge (1984) entwickelt wurde, wird von der sogenannten Expansion of Morbidity ausgegangen. Dieses Szenario beschreibt, dass die Zunahme der Lebenserwartung nicht mit einer Zunahme an gesunder, sondern an kranker bzw. beeinträchtigter Lebenszeit verbunden ist. Diese Entwicklung, die in der Medizin als failures of success bezeichnet wird, stellt den Kern der Argumentation der Vertreter der Medikalisierungsthese dar. 4 Dabei wird davon ausgegangen, dass bedingt durch den medizinisch-technischen Fortschritt Menschen, die unter letztendlich tödlichen Krankheiten leiden, länger am Leben bleiben können. Auch wird argumentiert, dass Therapien entwickelt werden konnten und noch entwickelt werden können, die vor allem die Überlebenswahrscheinlichkeit von Personen mit chronischen Krankheiten erhöhen. Hier wäre als Beispiel etwa Diabetes zu nennen. Ein weiteres Argument besteht darin, dass vor allem in der letzten Lebensphase, bedingt durch den medizinisch-technischen Fortschritt der Todeszeitpunkt heraus gezögert werden kann, was eine deutliche Verlängerung der Lebenszeit zur Folge hat. Dieses Heraus zögern führt zu einer stetigen Verschlechterung des durchschnittlichen Gesundheitszustandes. Daraus resultierend ergeben sich ein Anstieg der altersbedingten Prävalenz zur Pflegebedürftigkeit und ein Anstieg der Morbidität in der letzten Lebensphase. 5 [...] In der nachfolgenden Abb. 6 wird dies grafisch verdeutlicht: 3 Vgl. Hackmann/Moog, Die Auswirkung der steigenden Lebenserwartung, S. 74 f. 4 Vgl. Kroll/Ziese, Kompression oder Expansion der Morbidität?, S Vgl. Kroll/Ziese, Kompression oder Expansion der Morbidität?, S. 105; Hackmann/Moog, Die Auswirkung der steigenden Lebenserwartung, S

25 Abb.: Schematische Darstellung der Medikalisierungsthese (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Niehaus, 2006) [...] Abschließend kann festgestellt werden, dass durch die [...]Umstände unter der Annahme eines Zutreffens der Medikalisierungsthese und [...] steigenden Lebenserwartung, insgesamt mit einer noch deutlich größeren Anzahl an pflegebedürftigen Menschen und vor allem auch mit einem Anstieg der schwerstpflegebedürftigen Personen zu rechnen ist, als dies unter Annahme der Status Quo Hypothese zu erwarten wäre Kompressionsthese Die der Medikalisierungsthese diametral gegenüberstehende Kompressionsthese beschreibt die sogenannte Compression of Morbidity. Diese auf James F. Fries (1980) zurückzuführende These geht davon aus, dass Menschen bei einem Anstieg ihrer Lebenserwartung in der zusätzlichen Lebenszeit weitestgehend gesund bleiben und es erst im letzten Lebensabschnitt zu einem Anstieg der altersbedingten Prävalenz zur Pflegebedürftigkeit kommt. Dabei wird neben der Verschiebung der krankheits- und pflegeintensiven Phase auch von einer durch verschiedene Faktoren bedingten Kompression, also Verkürzung, der absoluten Zeit der 25

26 Pflegebedürftigkeit ausgegangen. 6 In der nachfolgenden Abb. 7 wird dies grafisch verdeutlicht: Abb.: Schematische Darstellung der Kompressionsthese (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Niehaus, 2006) [...] Grundlage der Argumentation von Fries und den Anhängern der Kompressionsthese bilden dabei die Annahmen, dass die Lebensspanne des Menschen nicht beliebig ausgedehnt werden kann, und dass Präventionsmaßnahmen Erfolge zeigen. Fries Argumente sind dabei, dass aufgrund biologisch bedingter Gesetzmäßigkeiten die Lebenspanne des Menschen auch durch den medizinisch-technischen Fortschritt nicht beliebig ausgedehnt werden kann. Dabei ging Fries zunächst von einer im Mittel erreichbaren maximalen Lebensdauer von ca. 85 Jahren aus, revidierte diese Aussage aber aufgrund der konstant ansteigenden Lebenserwartung später wieder. [...] Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Kompressionsthese davon ausgeht, dass der [...] Anstieg der Lebenserwartung nicht zwangsläufig einen Anstieg der altersbedingten Prävalenz zur Pflegebedürftigkeit nach sich zieht. Es wird vielmehr davon ausgegangen, dass der medizinisch-technische Fortschritt dazu führt, dass es durch bessere primäre und sekundäre Präventionsmaßnahmen zu einer Kompression des Zeitraums kommen wird, der in gesundheitlicher Einschränkung bzw. Pflegebedürftigkeit verbracht wird. Auch wenn die Zahl der alten und hochaltrigen Personen in Zukunft deutlich steigen wird, kommt es unter 6 Vgl. Niehaus, Alter und steigende Lebenserwartung, S. 14; Hackmann/Moog, Die Auswirkung der steigenden Lebenserwartung, S

27 Annahme der Kompressionsthese, zu einem geringeren Anstieg der altersbedingten Pflegebedürftigkeit, als dies unter der Annahme der Status Quo Hypothese oder der Medikalisierungsthese der Fall wäre Eintrittswahrscheinlichkeit Nachdem die zu diesem Thema relevanten theoretischen Ansätze dargelegt und erläutert wurden, soll nun geklärt werden, was für und gegen ein Zutreffen der einzelnen Theorien spricht und welches Szenario insgesamt am wahrscheinlichsten die zukünftigen Entwicklungen widerspiegelt. [...] Von entscheidender Bedeutung ist dabei die Frage, wie groß der Beitrag ist, den der medizinisch-technische Vorschritt bei der Verlängerung der Lebenserwartung leistet. Dabei muss analysiert werden, inwieweit dieser Fortschritt effektiv genutzt wird und welche Reichweite er entwickeln kann, ob er also allen in einer Gesellschaft leben Personen zugutekommt. Allgemein wird dabei die Auffassung vertreten, dass der medizinisch-technische Fortschritt nur im geringen Maße Auswirkungen auf die Lebenserwartung hat. [...] Als Ursache für die verlängerte Lebenserwartung kann also nicht in erster Linie der medizinisch-technische Vorschritt gesehen werden, sondern die geänderten (verbesserten) Lebensbedingungen. 7 Diese Erkenntnis [...] unterstützt somit die Argumentation der Kompressionsthese. [...] Die verschiedensten Untersuchungen, die meist auf Daten des SOEP, sowie des Mikrozensus oder Lebenserwartungssurveys zurückgehen, bestätigen den in der nachfolgenden Abb. 8 dargestellten Anstieg der Personen, die sich in der Kohorte der 60 bis 69 jährigen in einem guten oder sehr guten Gesundheitszustand befinden. So ist sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern ein Anstieg von ca. zehn Prozentpunkten im untersuchten Zeitraum festzustellen. Langfristige Untersuchungen [...] zeigen, dass die später geborenen Jahrgänge länger gesund bleiben, als dies bei den älteren Geburtenjahrgängen beobachtet werden konnte. [...] 7 Vgl. Enquête Kommission Demographischer Wandel, Schlussbericht, S

28 Abb.: Anteil der Personen mit einem guten oder sehr guten Gesundheitszustand im Alter von 60 bis 69 Jahren (Quelle: Kroll/Ziese, Kompression oder Expansion der Morbidität?, S. 109) Auch diese empirischen Untersuchungen weisen auf ein Zutreffen der Kompressionsthese hin. Demgegenüber stehen verschiedene Studien, die die Medikalisierungsthese oder die Status Quo Hypothese stützen. So haben etwa Werblow et al. (2007) auf Grundlage von Daten einer Schweizer Krankenversicherung herausgefunden, dass für einen Großteil der Ausgaben und Leistungen im Gesundheitsbereich die Nähe zum Tod und nicht das Alter entscheidend ist. Die Studie zeigte aber trotz dieser Beobachtungen auch einen direkten Zusammenhang zwischen dem Alter und dem daraus resultierenden Ausgaben und Leistungen für Pflege auf. Diese Erkenntnisse, die im Gesundheitssektor die Kompressionsthese untermauern, lassen im Pflegebereich auf ein Zutreffen der Medikalisierungsthese oder der Status Quo Hypothese schließen. 8 Diese Erkenntnisse werden auch durch eine von Spillman und Lubitz (2000) durchgeführte Studie belegt. 9 [...] [...], gibt es auch Untersuchungen, die zu nicht einheitlichen Ergebnis kommen. So haben Sauvaget et al. (1999) bei der Untersuchung von amerikanischen Demenzkranken herausgefunden, dass der Krankheitsverlauf bei männlichen 8 Vgl. Werblow et al., Population ageing and health care expenditure, S Vgl. Spillman/Lubitz, The effect of longevity on spending for acute and long-term, S

29 Patienten eher durch die Medikalisierungsthese beschrieben wird, wohingegen bei den weiblichen Erkrankten eher die Kompressionsthese zuzutreffen scheint. [...] Die Ergebnisse dieser Untersuchungen weisen für den stationären Bereich eher auf ein Zutreffen der Medikalisierungsthese hin, wohingegen im ambulanten Bereich vieles für die Kompressionsthese spricht. 10 Festzuhalten ist, dass insgesamt mehr Belege für ein Zutreffen der Kompressionsthese zu finden sind, als dies für die Medikalisierungsthese der Fall ist. Unklar bleibt, wie stark die Kompressionsthese die Medikalisierungsthese überwiegt. Es bestehen darüber hinaus auch Anzeichen, die auf ein Zutreffen der Status Quo Hypothese hinweisen. Daraus lässt sich schließen, dass es zu einer leichten Kompression der Prävalenz, pflegebedürftig zu werden, kommt. Gegen eine stärkere Wirkung der Kompression spricht der Umstand, dass, wie beschrieben, ein erkennbarer Zusammenhang zwischen Alter und der Prävalenz pflegebedürftig zu werden besteht, so wie die genannten Argumente in Richtung Status Quo Hypothese. 11 [...] 2.3. Pflegebedarf Nachfolgend soll nun dargelegt werden, wie sich auf Grundlage des [...] prospektiven Datenmaterials zur Bevölkerungsentwicklung von 2009 bis 2028, unter Beachtung der in Gliederungspunkt 2. Zukünftige Pflege Prävalenz beschriebenen Theorieansätze die Zahl der Pflegebedürftigen in der Stadt Kempten bis 2028 entwickeln wird. [...] Zukünftige Zahl der Pflegebedürftigen in der Stadt Kempten Auf Grundlage des [...] mathematischen Modells, haben Hackmann und Moog (2009) Berechnungen, für alle [...] dargestellten Szenarien, zu der Entwicklung der Prävalenzrate angestellt. 12 [...] In der nachfolgenden Abb. 10 wird der Verlauf die Prävalenzraten von 65 bis 100 Jahren im Jahr 2028 für Frauen und Männer grafisch dargestellt: 10 Vgl. Nocera, Alterung und Gesellschaft, S. 64 ff.; Hof, Auswirkungen und Konsequenzen der demographischen Entwicklung, S. 253 f. 11 Vgl. Hackmann/Moog, Die Auswirkung der steigenden Lebenserwartung, S. 85 f. 12 Die Prävalenzraten wurden direkt von Hackmann und Moog auf Nachfrage zur Verfügung gestellt. 29

30 Prävalenzrate Prävalenzrate 0,700 Prävalenzrate 2028 (Männer) 0,600 0,500 0,400 0,300 0,200 0,100 0, Alter in Jahren 0,900 Prävalenzrate 2028 (Frauen) 0,800 0,700 0,600 0,500 0,400 0,300 0,200 0,100 0, Alter in Jahren Kompressionsthese Szenario 3 Medikalisierungsthese Szenario 4 Status quo Hypothese Medikalisierungsthese Szenario 5 Kompressionsthese Szenario 2 Abb.: Prävalenzraten im Alter von 65 bis 100 Jahren im Jahr 2028 (Quelle: Eignen Darstellung nach Daten von Hachmann/Moog (2009)) Wie in Abb. 10 zu erkennen ist, sagen die verschiedenen Szenarien voneinander abweichende Prävalenzraten für das Jahr 2028 voraus. Dabei kann festgestellt werden, dass die Abweichungen mit dem steigenden Lebensalter größer werden. [...] Unter Zuhilfenahme dieser Prävalenzraten und der [...] Bevölkerungszahlen, 30

31 Pflegebedürftige kann nun berechnet werden, wie groß der Anteil der Pflegebedürftigen in den einzelnen Altersstufen von 2009 bis 2028 sein wird. 13 Es ist dabei zu beachten, dass es sich auch bei den Daten von 2009, obwohl sie in der Vergangenheit liegen, nur um vom Basisjahr 2005 hochgerechnete Zahlen handelt. [...] Entwicklung der Pflegefälle in der Stadt Kempten von 2009 bis Kompression Status quo Medikalisierung Jahr Kompression Status quo Medikalisierung Abb.: Entwicklung der Pflegefälle in der Stadt Kempten von 2009 bis 2028 (Quelle: Eigne Berechnungen anhand von Daten des Bayrischen LfStaD (2009) und Hachmann/Moog (2009)) Wie Abb. 11 verdeutlicht, kommt es in den drei Szenarien zu unterschiedlichen Voraussagen über die zukünftigen Entwicklungen. Es kommt dabei schon im Jahr 2009 zu unterschiedlichen Zahlen, [...]. Auch wenn die absoluten Zahlen durch die nicht klar zu bestimmenden Ausgangslage im Jahr 2009 nur eine beschränkte Aussagekraft haben, so verdeutlichen die unterschiedlichen vorausgesagten prozentualen Veränderungen doch umso besser, dass die verschiedenen Theorien sehr unterschiedliche Prognosen in Bezug auf den Anstieg der Pflegebedürftigen geben. Dies soll nachfolgend in Abb. 12 grafisch verdeutlicht werden: 13 Da, wie beschrieben, keine Einzeldaten für die Jahrgangsstärken der über 90 Jährigen zur Verfügung stehen, wurde anhand der Prävalenzraten der einzelnen Jahrgänge eine durchschnittliche Prävalenzrate der über 90 Jährigen errechnet und angewendet. 31

32 Prozentuale Veränderung der Pflegebedürftigen von 2009 bis % 65% 60% 50% 40% 40% 30% 25% 20% 10% Kompression Medikalisierung Status quo Abb.: Prozentuale Veränderung der Pflegebedürftigen von 2009 bis 2028 (Quelle: Eigene Berechnungen anhand von Daten des Bayrischen LfStaD (2009) und Hachmann/Moog, (2009)) [...] Abb.: Korridor der zu erwartenden Zahl der Pflegebedürftigen (Quelle: Eigene Berechnungen anhand von Daten des Bayrischen LfStaD (2009) und Hachmann/Moog (2009)) Als Mittelwert ergeben sich für die Stadt Kempten im Zeitraum von 2009 bis 2028 folgende Werte in Bezug auf die Zahl der Pflegebedürftigen: 32

33 Gemittelte Zahlen der Pflegebedürftigen von 2009 bis Jahr: Pflegebedürftige: Jahr: Pflegebedürftige: Abb.: Gemittelte Zahlen der Pflegebedürftigen von 2009 bis 2028 (Quelle: Eigene Berechnungen anhand von Daten des Bayrischen LfStaD (2009) und Hachmann/Moog (2009)) [...] Konsequenzen für die Stadt Kempen Nachdem nun in den vorangegangenen Gliederungspunkten geklärt wurde, in wie weit sich die Zahl der Pflegebedürftigen [...] von 2009 bis 2028 in der Stadt Kempten entwickeln wird, soll nun geklärt werden, welche Konsequenzen die dargestellten Entwicklungen für die Kommune Kempten haben. Des Weiteren sollen mögliche Lösungsstrategien skizziert werden, mit denen die Stadt Kempten den sich aus diesen Entwicklungen ergebenden Herausforderungen begegnen kann. Abschließend wird noch ein Überblick über die Entwicklungen gegeben, die nach dem im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Zeitraum von 2009 bis 2028 liegen Konsequenzen [...] Welche konkreten Konsequenzen ergeben sich nun aus dem demographischen Wandel, für [...] die Entwicklung der Zahl alten und hochaltrigen pflegebedürftigen Menschen und deren Versorgung in der Stadt Kempten bis 2028? Wie [...] berechnet wurde, ist bis 2028 mit einem Anstieg der alten und hochaltrigen 33

34 pflegebedürftigen Menschen von ungefähr 528 Personen oder 33 Prozent zu rechnen. Aus diesen Zahlen ergibt sich, dass im Vergleich zum Jahr 2009 bei der Versorgung dieser Personengruppe eine Versorgungslücke entstehen wird. [...] Zunächst kann festgestellt werden, dass es zur Zeit in der Stadt Kempten etwa vollstationäre Pflegeplätzen in sieben Alten- und Pflegeheimen gibt. Die Auslastung dieser Einrichtungen liegt dabei im Schnitt zwischen ca. 84 und 88 Prozent. 15 Diese derzeitige relativ geringe Auslastung der stationären Pflegeplätze macht deutlich, dass es in diesem Bereich noch freie Kapazitäten für die Versorgung von Pflegebedürftigen in der Zukunft gibt. Allgemein sollte es aber Ziel einer jeden prospektiven kommunalen Altenhilfeplanung sein, die Versorgung von pflegebedürftigen Menschen in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen und zu fördern. Dieses Grundprinzip der gesetzlichen Pflegeversicherung, nämlich des Vorrangs der ambulanten vor der stationären Versorgung, ist wie folgt normiert: [...] Neben diesen finanziellen Aspekten müssen auch die Bedürfnisse der heutigen und zukünftigen Pflegebedürftigen in die Überlegungen mit einbezogen werden. So zeigen repräsentative Umfragen, dass die Mehrheit der Menschen in der Altersgruppe der über 50 Jährigen möglichst lange ein selbst bestimmtes Leben in der eigenen Wohnung leben möchten. Nur 45 Prozent können sich die Unterbringung in einer vollstationären Pflegeeinrichtung für sich grundsätzlich vorstellen und nur 13 Prozent würden sich im Fall der Pflegebedürftigkeit auch dafür entscheiden. Demgegenüber würden sich 43 Prozent für die Versorgung zu Hause durch einen Pflegedienst und 40 Prozent durch Angehörige oder Kinder entscheiden (Mehrfachnennungen möglich). 16 [...] Ziel der Seniorenpolitik der Stadt Kempten muss es also sein, diese häusliche Versorgungsinfrastruktur zu stärken und weiter zu entwickeln. Dabei müssen die sich aus dem demographischen Wandel ergebenden Veränderungen der Alterstruktur berücksichtigt werden. [...] dass zwar mit einem relativ gleich bleibenden häuslichen Pflegepotenzial bis 2028 in der Stadt Kempten zu rechnen ist, dass aber das durchschnittliche Alter von pflegenden Angehörigen deutlich ansteigen wird. Aus diesem Anstieg erwächst ein zusätzlicher Unterstützungsbedarf für diese Personengruppe. [...] 14 Die Zahl der Pflegeplätze wurde über die Internetseiten der Alten- und Pflegeheime ermittelt oder direkt telefonisch bei den Einrichtungen erfragt. 15 Vgl. Rohtgang, GEK-Pflegereport 2009, S Vgl. Vinzentz Network, Deutscher Altenpflege-Monitor 2005, S.23 ff. 34

35 Zugänge zu Lösungsstrategien Wie im vorangegangen Gliederungspunkt beschrieben, sollte es Ziel der prospektiven kommunalen Altenhilfeplanung sein, die durch den beschriebenen Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen entstehende Versorgungslücke durch eine Stärkung der häuslichen Versorgungsinfrastruktur zu schließen. Des Weiteren muss die Aktivierung des Leistungspotenzials der im Durchschnitt gesünderen Altersgruppen im Fokus des Handelns der Kommune stehen. Im Folgenden sollen nun Zugänge zu möglichen Lösungsstrategien aufgezeigt werden mit denen die Stadt Kempten diesen Herausforderungen begegnen kann Wohnberatungsstellen und Unterstützungsangebote Als entscheidender Faktor zur Erreichung des Zieles, pflegebedürftigen Menschen möglichst lange ein selbständiges und selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen, kann die Anpassung ihrer Umgebung an die besonderen Bedürfnisse dieser Personengruppe angesehen werden. Dies gilt ebenso für die Nutzbarkeit des öffentlichen Personennahverkehrs, Einkaufsmöglichkeiten sowie sonstige Dienstleistungs- und Unterstützungsangebote im Wohnumfeld, vor allem aber für den Bereich der eigenen Wohnung. 17 Die Anpassung der Wohnung an die Bedürfnisse von pflegebedürftigen Menschen kann mit Unterstützungs- bzw. Beratungsangeboten für Betroffene und deren Angehörige gefördert werden. [...] Im Fall der Stadt Kempten würde sich hier z.b. eine Kooperation mit dem kommunalen Wohnungsunternehmen Sozialbau anbieten. [...] [...] Neben der Anpassung der Wohnung pflegebedürftiger Menschen sind Unterstützungsangebote im hauswirtschaftlichen Bereich von großer Bedeutung für den Verbleib in den eigenen vier Wänden. Die Sicherstellung solcher unterstützenden Dienstleistungen ist in vielen Fällen der ausschlaggebende Faktor um den Verbleib in der eigenen Häuslichkeit zu ermöglichen. 18 Zur Sicherstellung solcher Dienstleistungen müssen neue Angebotsstrukturen geschaffen werden, die als Ergänzung zu Leistungen der ambulanten Pflegedienste und von pflegenden Angehörigen einen Beitrag zum Verbleib von Pflegebedürftigen in der eigenen Häuslichkeit bieten können. [...] Ein weiterer Aspekt der diesbezüglich zu untersuchen wäre ist der Beitrag, den Tagespflegeeinrichtungen, nach 41 SBG XI zum Verbleib im eigenen Haushalt leisten können. zur Zeit existiert in der Stadt Kempten nur eine 17 Vgl. Bröcker et al., Empfehlungen zur Gestaltung der sozialen Infrastruktur, S. 531 f. 18 Vgl. Pfützenreuter, Die alternde Gesellschaft vor Ort gestalten, S

36 Tagespflegeeinrichtung mit 14 bis 16 Plätzen 19, gegebenenfalls wäre ein Ausbau dieser Kapazitäten sinnvoll. Auch der Ausbau und die Förderung alternativer, ins Quartier eingebetteter Wohnkonzepte bieten gegebenenfalls Chancen, die in Zukunft auftretenden Versorgungslücken zu füllen und würde auch dem Bedürfnis vieler ältere Menschen, nach einem selbstbestimmten Leben Rechnung tragen. 20 Inwieweit und in welcher Form solche Wohnkonzepte in der Stadt Kempten umgesetzt werden können, muss dabei weiterführend untersucht werden. [...] Bürgerschaftliches Engagement und Vernetzung [...] Nun stellt sich die Frage, welche Maßnahmen getroffen werden müssen, um dieses Potenzial zu ehrenamtlichem Engagement für das Gemeinwesen zu motivieren. Allgemein kann festgestellt werden, dass für viele Menschen ein solches Engagement ein persönliches Bedürfnis darstellt, weil es ihnen ermöglicht, ihre im Laufe des Lebens erworbenen Kompetenzen zu nutzen und ihnen somit eine Aufgabe für ihren neuen Lebensabschnitt gibt. [...] Es bietet aber die Möglichkeit, ergänzende Unterstützungsmöglichkeiten bereitzustellen. Diese müssen sich nicht auf den Bereich der hilfebedürftigen alten und hochaltrigen Menschen beschränken, sondern können bzw. sollen auch andere Personengruppen wie etwa Menschen mit einer Behinderung oder Jugendliche (z.b. Nachhilfeangebote) mit einbeziehen. Ein weiterer wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang stellt die Einbindung von ehrenamtlichem Engagement in die Nachbarschaft bzw. das Quartier da. Eine solche Einbindung vergrößert einerseits die Chance, dass Unterstützungsbedarf erkannt wird und andererseits auch die Bereitschaft entsteht, diesen zu leisten. Dabei ist die quartiersbezogene Vernetzung zwischen allen Akteuren der Altenarbeit im professionellen als auch im ehrenamtlichen Bereich von großer Bedeutung. 21 Die Kommune sollte dabei die Koordinierungsfunktion zwischen den verschiedenen Unterstützungsangeboten übernehmen und sicherstellen, dass eine Vernetzung zwischen diesen stattfindet. Des Weiteren obliegt es der Kommune, die Informationen über die Unterstützungsmöglichkeiten offensiv zu verbreiten. [...] Die Kommune muss dabei aber nicht unbedingt selbst als Anbieter solcher Leistungen auftreten, wohl aber diese initiieren und begleiten. 22 Dabei müssen diese Angebote, sowohl im Bereich der Unterstützungsangebote, also auch bei der Möglichkeiten 19 Vgl , 19:26 Uhr; Die Platzzahl wurde direkt beim Betreiber der Tagespflegeeinrichtung, der Seniorenbetreuung Altstadt, erfragt. 20 Netzwerk: Soziales neu gestalten, Zukunft Quartier, S. 20 ff. 21 Vgl. Pfützenreuter, Die alternde Gesellschaft vor Ort gestalten, S Vgl. Pfützenreuter, Die alternde Gesellschaft vor Ort gestalten, S

37 sich ehrenamtlich zu engagieren, so gestaltet werden, dass sie die Menschen in einem Lebensabschnitt erreichen, in dem sie sich neu orientieren und Möglichkeiten zur aktive Lebensgestaltung suchen und nicht erst im Fall der eintretenden Hilfebedürftigkeit. 23 [...] Die Initiative für eine solche Vernetzung kann sinnvoll auf vorhandene Institutionen aufbauen, wie z.b. das Haus der Senioren oder die 27 in Kempten existierenden Altenclubs. Gerade die Altenclubs, die überwiegend an Kirchengemeinden oder Wohlfahrtsverbände angeschlossen sind, bieten dabei die wichtige Einbindung in die Nachbarschaft bzw. das Quartier. 24 Es wäre etwa denkbar, in den einzelnen Quartieren z.b. Runde Tische zu initiieren, an denen alle relevanten Akteure zusammenkommen. Durch einen solchen Informationsaustausch und die Abstimmung der Unterstützungsangebote ist es möglich, Bedarf und Versorgungslücken frühzeitig aufzudecken und gemeinsame Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Der Kommune würde dabei neben ihrer Rolle als Akteur auch die Koordinierungs- bzw. Moderationsfunktion zukommen. 25 [...] Sinnvoll in diesem Zusammenhang wäre auch die Schaffung von Pflegestützpunkten nach 92c SGB XI. Sie bieten als Anlaufstelle und Ansprechpartner Betroffenen und deren Angehörigen Unterstützung bei Fragestellungen im Bezug auf Rechte und Pflichten, die sich aus dem Sozialgesetzbuch ergeben. Sie leisten unter anderem, Hilfe bei der Suche von geeigneten Unterstützungsleistungen wie etwa einer Haushaltshilfe und bieten Beratungs- und Unterstützungsangebote für pflegende Angehörige an Vgl. Pfützenreuter, Die alternde Gesellschaft vor Ort gestalten, S Vgl. Stadt Kempten (Allgäu), Älter werden in Kempten, S. 6 ff. 25 Vgl. Rüßler, Die Zukunft des Alter(n)s, S. 325 f. 26 Vgl. 92c Abs. 2 SGB XI. 37

38 2.4. Fazit [...] Trotz aller ausgeführten Unwägbarkeiten kann festgestellt werden, dass es in Kempten bis 2028 zu einem Anstieg der Pflegebedürftigen um etwa 33% kommen wird. Die damit verbundenen Herausforderungen sind grundsätzlich lösbar. Zum einen sind stationäre Pflegeeinrichtungen bereits jetzt auf eine größere Zahl von Pflegebedürftigen eingestellt, zum anderen sind Entwicklungen zu erwarten, die zur Lösung des Problems beitragen können. Hier ist insbesondere der erwartungsgemäß bessere Gesundheitszustand der älteren Bevölkerung zu nennen, woraus sich ein wachsendes Potential an ehrenamtlich Tätigen ableiten lässt. Zusammen mit einer voraussichtlich nahezu unveränderten Bereitschaft, Pflegebedürftige zu Hause im Familienzusammenhang zu pflegen, ergibt sich die Empfehlung, die kommunale Altenplanung vor allem auf die Förderung des Verbleibs in der eigenen Wohnung auszurichten. Damit verknüpft müssen Maßnahmen zur Anpassung der Infrastruktur ergriffen werden. Vorausgesetzt, dass die vorhandenen rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen sich nicht wesentlich verändern, verfügt die Stadt Kempten über die erforderlichen planerischen und politischen Möglichkeiten, eine zukunftsfähige Altenplanung umzusetzen. Trotz dieser relativ optimistischen Einschätzung müssen die aufgezeigten Lösungsansätze ohne Verzug angegangen werden, denn ihre Etablierung im kommunalen Gemeinwesen ist nicht kurzfristig zu erreichen und ihre Wirkungen sind eher langfristig angelegt. Zudem könnte für die Zeit nach 2028 mit einer deutlichen Verschärfung der Situation zu rechnen sein. Diese Herausforderung wird die Stadt Kempten nur bewältigen können, wenn für die Zeit bis 2028 tragfähige Lösungen als Basis vorhanden sind. 38

39 3. Versorgungsarten in Bayern, Oberallgäu und Kempten Der Bedarf an Pflegekräften bestimmt sich aber nicht nur aus der Anzahl der Pflegebedürftigen, sondern ganz wesentlich auch aus der Art der Versorgung. So werden für Pflegebedürftige in stationärer Versorgung mehr professionelle Pflegekräfte benötigt als bei der Versorgung durch Angehörige in der eigenen Häuslichkeit Bayern: Pflegestufe Bayern Ambulant Stationär Pflegegeld Gesamt I II III Darunter Härtefälle Keiner Stufe zugeordnet Abb.: Versorgungsarten in Bayern, Quelle: LfStaD 2010, S.12f In Bayern gibt es insgesamt Menschen die pflegebedürftig sind. Davon nehmen ca. 23 % ambulante Versorgung in Anspruch, während sich ca. 32,6% stationär betreuen lassen, hierbei wird aber nur die vollstationäre Betreuung betrachtet. Die meisten pflegebedürftigen Menschen werden jedoch mit Hilfe des Pflegegelds versorgt, hier sind es immerhin ca. 44,4%. 39

40 50,0% 40,0% 30,0% 20,0% 10,0% 0,0% 23,0% 32,6% 44,4% Bayern ambulant stationär Pflegegeld Abb.: Versorgungsarten in Bayern (Säulen), Quelle: Destatis 2012, S. 30 Beim Pflegegeld gibt es aber eine Unterscheidung zwischen dem reinen Pflegegeld und der Kombination aus Pflegegeld und Sachleistung Personen nehmen ausschließlich Pflegegeld in Anspruch während Personen die Kombination aus Pflegegeld und Sachleistung wählen. 18% reines Plegegeld 82% Kombination Pflegegeld und Sachleistung Abb.: Pflegegeld, Quelle: Destatis 2012, S. 30 Bei den Pflegeheimen sieht die Situation so aus: Es gibt in Bayern Pflegeheime, diese halten Plätze für vollstationäre Pflege bereit. In stationären Einrichtungen lassen sich Menschen vollstationär betreuen. Wenn man diese beiden Zahlen vergleicht, kommt eine verfügbare Platzanzahl von heraus. Dies entspricht einer Auslastung von 85,15 Prozent. 40

41 3.2. Versorgungsarten im Oberallgäu Im Landkreis Oberallgäu gab es Ende 2009 insgesamt Pflegebedürftige, davon wurden 571 ambulant und stationär betreut pflegebedürftige Menschen wurden mit Hilfe des Pflegegelds versorgt. 40,0% 35,0% 30,0% 25,0% 20,0% 15,0% 10,0% 5,0% 0,0% 21,6% 39,8% 38,6% Oberallgäu Ambulant Stationär Pflegegeld Abb.: Versorgungsarten im Oberallgäu, Quelle: Destatis 2012, S. 32 Im Oberallgäu wurden 571 Personen von insgesamt 20 Pflegediensten ambulant versorgt, über die Hälfte von ihnen, nämlich 310, hatten die Pflegestufe I.191 Personen hatten die Pflegestufe II, 68 waren in die Pflegestufe III eingruppiert. Darüber hinaus gab es im Oberallgäu zwei sogenannte Härtefälle. 68; 11,91% Ambulante Versorgung 2; 0,35% Pflegestufe I Pflegestufe II Pflegestufe III Härtefälle 191; 33,45% 310; 54,29% Abb.: Versorgung im Oberallgäu (Kreisdiagramm), Quelle: Destatis 2012, S. 32 Auf einen Pflegedienst kamen hier im Landkreis Oberallgäu 29 pflegebedürftige Menschen, das entsprach insgesamt 580 Pflegebedürftigen. Im Oberallgäu gab es des Weiteren 24 Pflegeheime mit Plätzen für vollstationäre Pflege. Die Anzahl an stationär betreuten Menschen lag bei 1.052, es standen also noch 277 Plätze zur Verfügung. 41

42 3.3. Kempten: In Kempten gibt es Einwohner, davon sind pflegebedürftig. 363 von ihnen werden ambulant betreut, fast die Hälfte, nämlich 639 Personen, werden stationär betreut. 513 Personen werden mit Hilfe des Pflegegelds versorgt. 50,0% 40,0% 30,0% 20,0% 10,0% 0,0% 24,0% 45,7% 33,9% Kempten ambulant stationär Pflegegeld Abb.: Versorgungsarten in Kempten, Quelle: Destatis 2012, S. 32 In Kempten gibt es 14 ambulante Pflegedienste. Mehr als die Hälfte der von ihnen betreuten Personen haben die Pflegestufe I. Mit 112 Pflegebedürftigen folgt Pflegestufe II, danach kommt Pflegestufe III mit 30 Personen. Des Weiteren gibt es vier Pflegehärtefälle. 112; 30,85% 30; 8,26% Ambulante Versorgung 4; 1,10% 217; 59,78% Pflegestufe I Pflegestufe II Pflegestufe III Härtefälle Abb.: Versorgung in Kempten (Kreisdiagramm), Quelle: Destatis 2012, S. 32 Auf einen Pflegedienst in Kempten kommen 26 Pflegebedürftige, das entspricht einer Kapazität von 364. Die sieben stationären Pflegeheime in Kempten halten 756 Plätze für vollstationäre Pflege bereit. Vergleicht man die verfügbaren Plätze mit der Zahl der stationär betreuten Menschen, ergibt sich eine Differenz von 117 Plätzen, die noch zur Verfügung stehen. 42

43 Trends Die Auswirkung der Zunahme an Pflegebedürftigen auf den Personalbedarf hängt natürlich auch von der Art der Pflege ab, also ob Angehörige, ambulante oder stationäre Pflegeanbieter die Versorgung durchführen. Die Pflegebedürftigen im Einzugsgebiet nehmen bisher überdurchschnittlich oft die Pflege in Heimen in Anspruch, während die Pflege durch Angehörige deutlich unterrepräsentiert ist. Von 2009 auf 2011 könnte sich in dieser Hinsicht jedoch eine kleine Trendwende angezeigt haben. Es gilt zu beobachten ob sich der positive Trend fortsetzt. 29,90% 31,70% 34,80% 40,00% Deutschland Bayern Schwaben OA + KE Abb.: Anteile stationärer Versorgung, Quelle: Destatis 2012a, S. 17f, S.20, Eigene Berechnung Bayern 700 Kempten 1400 Oberallgäu Abb.: Entwicklung der Versorgungsarten, Quelle: Eigene Auswertung, LfStaD

44 Die in diesen Schaubildern erkennbare Tendenz zu ambulanter Versorgung ist deutschlandweit Programm und im Pflegeversicherungsgesetz so vorgesehen. Damit tatsächlich viele Menschen zu Hause oder am Wohnort in geeigneten Wohnungen bleiben können, wurden insbesondere in der Reform des Pflegeversicherungsrechts aus dem Jahre 2008 wichtige Akzente gesetzt. Die Pflege in neuen Wohnformen wurde erleichtert und vor allem wurden die Pflegeberatungsaktivitäten deutlich verstärkt. Ehrenamtliche Arbeit und Betreuung für dementiell Erkrankte wurden in den Leistungskatalog aufgenommen. Diese Verbesserungen könnten ursächlich sein für eine Zunahme der häuslichen Versorgungen und eine Stabilisierung im stationären Sektor. 44

45 4. Personalsituation in der Pflege 4.1. Stationärer Bereich Angestellte Pflegefachkräfte stationär Der Ist- Stand in den von uns befragten stationären Pflegeeinrichtungen wird in diesem ersten Diagramm dargestellt. Insgesamt sind bei ihnen 578 Pflegefachkräfte angestellt. Davon sind 111 unter 30, 267 zwischen 30 und 50, 165 zwischen 50 und 60 und 35 Mitarbeiter über 60 Jahre alt. Es ist zu erkennen, dass der Großteil der Pflegefachkräfte zwischen 30 und 50 Jahre ist. Deutlich ist, dass die über 60 Jährigen die kleinste Altersgruppe darstellen. Unter 30 Jahre Jahre Jahre Über 60 Jahre Abb.: Angestellte Pflegefachkräfte stationär, Quelle: Eigene Erhebung Vollzeitkräfte in stationären Betriebe Die Auswertung der Altersstruktur von Vollzeitäquivalente in stationären Betrieben gestaltet sich sehr schwierig, da nur zwei Drittel aller Betriebe in der Lage waren, eine genaue Auskunft über deren Altersstruktur zu geben. Jedoch zeigen sich in den untersuchten Einrichtungen erstaunliche Unterschiede. Der älteste Betrieb, der ausgewertet wurde, hat ein Durchschnittsalter von 53,4 Jahren. Der jüngste Betrieb hat dagegen nur ein Durchschnittsalter von 30,0 Jahren. Im Durchschnitt sind die Oberallgäuer Pflegeheime 43,3 Jahre alt. Hier wäre ein Vergleich der Altersstruktur mit anderen Branchen sehr interessant um die berechneten Durchschnittswerte besser einordnen zu können. Die Gesamtheit aller Vollzeitäquivalente zeigt, dass die zwischen 30- und 50- Jährigen den größten Anteil (ca. 47%) ausmachen, gefolgt von den

46 Jährigen mit ca. 25%. Die unter 30 Jährigen ergeben einen Anteil von ca. 18%, die über 60 Jahre alten Vollzeitäquivalente machen noch ca. 10% aus. Sucht man nach einem Zusammenhang zwischen geografischer Lage und Alter der Betriebe wird klar, dass Pflegeeinrichtungen, die sich in Kempten und nördlich davon befinden im Schnitt deutlich jünger sind, nämlich 41,2 Jahre, als die südlicheren Betriebe mit 43,9 Jahren. Aufgrund der geringen Größe des betrachteten Raums kann es sich hierbei jedoch um einen Zufall handeln. Abb.: Vollzeitäquivalente stationär, Quelle: Eigene Erhebung Offene Stellen stationär Generell finden sich im Oberallgäu und in Kempten fast keine offenen Stellen für Pflegefachkräfte in der stationären Pflege. In der Rangliste der Standorte mit den wenigsten offenen Stellen belegt Kempten den Spitzenplatz vor Blaichach, Altusried und Sonthofen. Sehr gut besetzt ist auch der Standort Immenstadt, dort sind bei 80 vorhandenen Stellen insgesamt nur 3 unbesetzt. Dieses sehr positive Bild muss jedoch eingeschränkt werden: Zwar haben die befragten Pflegeeinrichtungen im ganzen Oberallgäu nur 19 offene Stellen genannt. Bei mindestens 10 der 29 stationären Einrichtungen liegen uns aber keine verwertbaren Daten zu offenen Stellen vor. Daher ergibt sich nur eine beschränkte Aussagekraft in Bezug auf die Besetzungsquote der Pflegeheime, auch können wir keine genauere Prognose in Bezug auf zukünftige offene Stellen oder den zukünftigen Arbeitsmarkt machen. 46

47 Anteil der unbesetzten Stellen 3% MA Gesamt zu besetzen 97% Abb.: Anteil der unbesetzten Stellen, Quelle: Eigene Daten Austritte aus dem Dienst in stationären Einrichtungen Laut den Befragungen der stationären Einrichtungen im Oberallgäu werden in den nächsten fünf Jahren voraussichtlich 79 von 583 Pflegefachkräften ausscheiden, 71 davon altersbedingt altersbedingt schlechte Arbeitsbedingungen krankheitsbedingt körperliche Probleme 71 familiäre Gründe Abb.: Austritte stationär, Quelle: Eigene Erhebung Nicht alle Pflegefachkräfte, die aus dem Dienst ausscheiden, tun dies aus Altersgründen. Die genannten sonstigen Austrittsgründe lassen sich in Kategorien zusammenzufassen. Als sinnvoll erscheinen uns folgende Oberpunkte: 47

48 1.) schlechte Arbeitsbedingungen 2.) familiäre Gründe 3.) krankheitsbedingt 4.) körperliche Probleme. Aufgrund schlechter Arbeitsbedingungen werden nach Aussage der befragten Einrichtungsleitungen vier Personen aus dem Dienst ausscheiden. 2 Personen geben familiäre Gründe an. Je eine Pflegefachkraft scheidet krankheitsbedingt oder aufgrund anderer körperlicher Probleme aus. Zunächst erscheint die Quote derer, die nicht aufgrund ihres Alters aussteigen, recht gering. Es lässt sich durchaus belegen, dass Pflegefachkräfte im Vergleich zu den Beschäftigten anderer Berufsgruppen überdurchschnittlich selten die Branche wechseln. Dazu seien im Folgenden die Untersuchungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (Hall 2012) vorgestellt. Dort werden das Wechselverhalten, die Verbleibensentscheidung und die Arbeitsbedingungen sowie deren Wahrnehmung zueinander in Beziehung gesetzt. Dazu werden die Pflegeberufe mit anderen typischen Frauen- und Mischberufen verglichen. Die erste Grafik zeigt objektive Zahlen zum Verbleiben sowie zu entscheidenden Einflussfaktoren auf die Berufstreue, nämlich den Aufstiegsmöglichkeiten und der Wertigkeit der Tätigkeiten. 100% 80% 60% 40% Altenpflege andere Frauenberufe andere Mischberufe 20% 0% Verbleib Aufstieg Hilfsarbeiten Abb.: Arbeitsbedingungen im Vergleich, Quelle: Hall (2012, S. 18), eigene Darstellung 48

49 Anja Hall (2012, S. 18) berechnet, dass 62 % der weiblichen Pflegekräfte tatsächlich in der Pflege arbeiten, während in anderen Branchen, die als Frauenberufe definiert werden, nur 32 % der Mitarbeiterinnen ihren erlernten Beruf ausüben. Des Weiteren zeigt sie auf, dass Frauen in der Pflege objektiv betrachtet gute Aufstiegschancen haben: 13% gelingt in dieser Branche ein beruflicher Aufstieg, während in anderen Frauen- und Mischberufen nur 6% der Frauen tatsächlich befördert werden. Dies korreliert mit der Beobachtung, dass in der Pflege Frauen meist eine ihrer Ausbildung entsprechenden, qualifizierte Tätigkeit verrichten. Nur 26 Prozent verrichten einfache Tätigkeiten, während es in anderen Frauenberufen 43 Prozent und in Männer- und Mischberufen 35 Prozent sind. Hall (2012, S, 19) zeigt jedoch auch, dass subjektiv andere Verhältnisse gegeben sind: Trotz dieser positiven Aspekte zeigte sich aber auch, dass Kranken- und Altenpflegerinnen mit ihrem Einkommen wie auch mit der Arbeitszeit und den körperlichen Arbeitsbedingungen deutlich häufiger unzufrieden sind als Frauen aus anderen Berufen. Auch Stress und Arbeitsdruck haben bei Kranken- und Altenpflegerinnen in den letzten zwei Jahren deutlich häufiger zugenommen (59% bzw. 53%) als bei Frauen, die einen anderen Frauenberuf oder einen Misch- /Männerberuf erlernt haben (40% bzw. 41%). Neben diesen Faktoren ist es erstaunlich, dass Frauen in anderen Branchen ihre objektiv geringeren Aufstiegschancen ebenso gut einschätzen wie Beschäftigte in der Altenpflege. 100% 80% 60% 40% 20% Altenpflege andere Frauenberufe andere Mischberufe 0% 49

50 Abb.: Subjektive Arbeitsbedingungen. Quelle: Hall (2012, S. 19), eigene Darstellung Diese Erkenntnisse zeigen, dass einerseits Aufklärungsarbeit zu leisten ist, um die Aufmerksamkeit des Pflegepersonals auf die vorhandenen positiven Aspekt ihrer Arbeit zu lenken. Andererseits muss eine weitere Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Anerkennung des Pflegeberufs erfolgen, um Stress und Unzufriedenheit weiter zu reduzieren Wanderung im stationären Bereich Zuwanderung Abwanderung 0 Abb.: Wanderung stationär, Quelle: Eigene Erhebung In dem oben stehenden Diagramm sind die Regionen dargestellt, aus denen Pflegefachkräfte in das Oberallgäu zu- oder in die sie aus dem Oberallgäu auswandern. Im Detail zeigt es, wie oft die einzelnen Regionen von Vertreterinnen und Vertretern oberallgäuer Pflegeheime in der Befragung zum Forschungsprojekt PAPA 2020: Personal für Pflege im Oberallgäu als Ursprung oder Ziel der Migration von Pflegefachkräften genannt wurden. Aus dem Befragungsergebnis kann man ableiten, dass die Zu- und Abwanderung von oder in das Oberallgäu sehr gering ist und sich diese größtenteils innerhalb von Deutschland abspielt. Wirtschaftlich schwächere Regionen, wie beispielsweise Ostdeutschland oder auch Osteuropa, weisen daran einen hohen Anteil auf. Auffällig ist auch, dass das Wanderungssaldo für die Region Allgäu annähernd 50

51 ausgeglichen ist, ebenso für Mitteldeutschland. Allgemein ist die Zuwanderung in das Oberallgäu größer als die Abwanderung. Wie man in der obigen Darstellung erkennen kann, fanden auch einige ausländische Pflegefachkräfte den Weg ins Oberallgäu, die überwiegende Zahl kommt aber aus dem Inland Ambulanter Bereich Der Pflegenotstand ist ein Thema, welches sich nicht nur auf den stationären Bereich begrenzt. Auch die ambulante Pflege wird aufgrund des steigenden Pflegebedarfs kranker und alter Menschen in Zukunft mehr Pflegepersonal benötigen. Auch im Alter möchten die Menschen solange wie möglich in den eigenen vier Wänden leben, auch wenn sie sich nicht mehr komplett selber versorgen oder einige Aufgaben im Haushalt nicht mehr so einfach erledigen können. Hierbei ist ein ambulanter Pflegedienst eine gute Lösung. Jedoch wird es immer schwieriger diese Pflegedienste mit ausreichend Pflegepersonal zu besetzen, auch weil die Ausbildungszahlen im ambulanten Bereich deutlich niedriger sind als in stationären Einrichtungen. Im Folgenden wollen wir einen Überblick über die Personalsituation ambulanter Pflegedienste im Oberallgäu geben Angestellte Pflegefachkräfte ambulant In den Befragungen, die in Kempten und im Landkreis Oberallgäu durchgeführt wurden, ist festgestellt worden, dass sich die Gesamtzahl der examinierten Pflegekräfte bei ambulanten Pflegediensten auf 192 angestellte Personen im Jahr 2012 beläuft. Mit einbezogen in die Berechnung wurden nur diejenigen Pflegekräfte, die eindeutig dem ambulanten Bereich zugeordnet werden konnten. Das Personal von Einrichtungen, die sowohl stationäre als auch ambulante Pflege anbieten, wurde mangels Unterscheidbarkeit dem stationären Bereich zugeordnet. 51

52 Mitarbeiter ambulant MA U- 30 MA MA MA Ü - 60 Abb.: Angestellte Personen ambulant, Quelle: Eigene Erhebung Die Gesamtzahl lässt sich wie folgt aufteilen. 16 Pflegefachkräfte sind unter 30 Jahre alt, der Hauptteil ist zwischen 30 und 50 Jahren alt, dies sind 97 Mitarbeiter. Zwischen 50 und 60 Jahren alt sind 56 Angestellte und über 60 Jahre alt sind derzeit nur 11 Pflegefachkräfte. 12 Angestellte des ambulanten Bereichs sind mangels exakter Angaben nicht auf die einzelnen Altersgruppen aufgeteilt worden. Die beiden größten ambulanten Pflegedienste im Oberallgäu beschäftigen derzeit jeweils 35 examinierte Pflegekräfte. Dies ergibt bezogen auf die Gesamtzahl der Beschäftigten gut 18 %. Somit ist festzuhalten, dass fast ein Fünftel der Beschäftigten von nur zwei der insgesamt 16 Pflegedienste beschäftigt werden. Die vier kleinsten ambulanten Pflegedienste beschäftigen insgesamt 15 Pflegefachkräfte. Dies entspricht einem Anteil von knapp 8 % an den im ambulanten Bereich beschäftigten Fachkräften. 52

53 Vollzeitäquivalente in ambulanten Pflegediensten VZK U- 30 VZK VZK VZK Ü- 60 VZK ambulant Abb.: Vollzeitäquivalente ambulant, Quelle: Eigene Erhebung In der Grafik wird deutlich, dass der Anteil der Jährigen an den Vollzeitäquivalenten der ambulanten Pflegedienste am größten ist. Laut den Aussagen der Pflegedienste in den Interviews ist dies darauf zurückzuführen, dass viele jüngere Leute diesem Beruf weniger gewachsen seien, es fehle an Lebenserfahrung, Verantwortungsbewusstsein und anderen Eigenschaften, die im Umgang mit Pflegebedürftigen wichtig seien. Auch wurde berichtet, dass die Senioren sich bei Pflegekräften wohler fühlen, die etwas reifer und älter sind. Mit einigem Abstand folgt die Gruppe der Jährigen Vollzeitäquivalente. Es zeigt sich, dass die Pflegekräfte, die jünger als 20 oder älter als 60 Jahre alt sind, einen sehr geringen Anteil haben. Vergleicht man diese Zahlen mit den Daten über die Kopfanzahl der Mitarbeiter, wird deutlich, dass in ambulanten Pflegediensten sehr häufig in Teilzeit gearbeitet wird: In allen Altersgruppen sind doppelt so viele Personen angestellt wie Vollzeitäquivalente vorhanden sind. Bundesweit arbeiten nur 25 % der in der ambulanten Pflege angestellten Personen in einer Vollzeitbeschäftigung. Dies bedeutet ein großes Potential für die Pflegewirtschaft: Wenn die Arbeitszeit der Teilzeitbeschäftigten erhöht werden kann, hilft dies den Bedarf an zusätzlichen Pflegefachkräften zu verringern (BMWi 2012, S. 15). 53

54 Durchschnittsalter der einzelnen Pflegedienste ,9 48,8 44,5 45,2 42,9 54,4 40,0 39,5 41,9 44, Abb.: Durchschnittsalter ambulant, Quelle: Eigene Erhebung In dieser Grafik wird das Durchschnittsalter der Vollzeitäquivalente einzelner Pflegedienste in der Region deutlich. Zwar wurden 16 ambulante Pflegedienste zur Altersstruktur ihrer Vollzeitäquivalente befragt, doch nur die neun hier betrachteten Anbieter konnten diesbezüglich konkrete Angaben machen. Es ist zu erkennen, dass die Mitarbeitenden in den befragten Pflegediensten durchschnittlich 40 Jahre oder älter sind. Die Ausnahme ist Pflegedienst H, dessen Durchschnitt knapp darunter, bei 39,5 Jahren liegt. Am höchsten ist das Durchschnittsalter bei Pflegedienst F, wo es bei 54,4 Jahren liegt Offene Stellen ambulant 4 Offene Stellen Besetzte Stellen

55 Abb.: Offene Stellen ambulant, Quelle: Eigene Erhebung Betrachtet man den Anteil der offenen Stellen an der Gesamtheit aller Stellen in ambulanten Pflegediensten im Landkreis Oberallgäu, so fällt auf, dass dieser nur sehr gering ist. Insgesamt gibt es 192 angestellte Pflegefachkräfte, während circa vier aktuell noch gesucht werden (gesamt: 196 Stellen). Diese vier Fachkräfte könnten in drei verschiedenen Pflegediensten, die nahezu über das gesamte Oberallgäu verteilt liegen, eingestellt werden. Es gibt keine Betriebe mit auffallend vielen offenen Stellen, da jeweils nur eine beziehungsweise zwei Mitarbeitende gesucht werden. Unter den suchenden Pflegediensten sind sowohl kleinere als auch größere Betriebe. Auch die Lage spielt keine große Rolle, da in ländlichen Regionen als auch in einer Stadt noch Arbeitsplätze zu vergeben sind. Es sind also auch hier keine besonderen Trends festzustellen. Aus der studentischen Erhebungsarbeit: Angesichts dieser Zahlen muss der Eindruck entstehen, der Personalbedarf in der ambulanten Pflege sei gedeckt. Dies ist erstaunlich, denn es widerspricht den oft gehörten Klagen über den Personalengpass. Auch die Autoren dieses Absatzes haben im Rahmen des Projekts PAPA 2020 einen ambulanten Pflegedienst, der noch eine 75 Prozent Stelle zu vergeben hat, persönlich befragt. Der dort tätige Pflegedienstleiter berichtete, dass es sehr schwierig beziehungsweise fast unmöglich sei, Arbeitskräfte zu finden. Der sogenannte Pflegemarkt sei nahezu leer und die gut ausgebildeten Kräfte meist schon beschäftigt. Auch auf Jobanzeigen in Zeitungen oder im Internet habe sich niemand gemeldet. Dies sei vor allem im Sommer ein Problem, da in dieser Zeit das Arbeitsaufkommen sehr hoch sei und erst im Herbst beziehungsweise zu Beginn des Winters wieder abnehme. Der Befragte bemängelte außerdem, dass seiner Einrichtung die personelle Ressource zum Wachsen schlichtweg fehle. Seiner Meinung nach ist es auch dringend erforderlich, Pflegeberufe in erster Linie auch für junge Menschen attraktiver zu machen. Hierbei sei auch der Staat gefordert Austritte aus dem Dienst in ambulanten Pflegediensten Der größte Teil der Austritte von Pflegefachkräften aus dem Dienst in ambulanten Pflegediensten in den nächsten fünf Jahren wird altersbedingt erfolgen. Weitere von den Pflegediensten genannte Gründe waren psychische und körperliche Probleme, wirtschaftlicher Druck am Arbeitsplatz und vor allem bei Frauen die Familienplanung. 55

56 4,30% 4,30% 8,60% 17,20% 65,59% Altersbedingt Familie Körperliche Probleme Psyche Wirtschaftl. Druck Abb.: Austritte ambulant. Quelle: Eigene Erhebung In Zahlen ausgedrückt bedeutet das: Der Hauptfaktor für die Austritte in den nächsten 5 Jahren aus dem Dienst in ambulanten Pflegeeinrichtungen im Oberallgäu wird mit 65,6% (15 Personen) das Alter sein. Mit 17,2% (4 Personen) folgt die Familienplanung als Grund für die Austritte, gefolgt von körperlichen Problemen mit 8,6% (2 Personen). Psychische Probleme und wirtschaftlicher Druck fallen mit je 4,3% (je 1 Person) laut Befragung kaum ins Gewicht. Aus unseren Recherchen ergibt sich, dass im ambulanten Bereich der Pflege keine regionalen Unterschiede bei den Austritten erkennbar sind. Insgesamt wurden 43 Pflegeeinrichtungen befragt, von denen 13 (30%) aus dem ambulanten und 30 (70%) aus dem stationären Bereich sind. Die Austritte aus beiden Bereichen betragen in den nächsten 5 Jahren 108 Pflegefachkräfte, wobei den ambulanten Bereich 23 Personen verlassen und den stationären die restlichen 85 Personen. Prozentual gesehen scheiden also 27% aus dem ambulanten Dienst und 73% aus dem Dienst im stationären Bereich aus. Dies passt gut zu den oben dargestellten Altersstrukturen in den beiden Bereichen: Es wurde gezeigt, dass im ambulanten Bereich deutlich weniger Pflegekräfte im Alter über 60 Jahren arbeiten, als dies im stationären Bereich der Fall ist. Somit kommen auch nur weniger Mitarbeiter innerhalb der nächsten fünf Jahre ins Rentenalter Zu- und Abwanderungen im ambulanten Bereich Bei unserer Befragung der ambulanten Einrichtungen im Landkreis Oberallgäu hat sich ergeben, dass die zuwandernden Fachkräfte größtenteils aus den neuen Bundesländern und nur vereinzelt aus anderen Regionen, z.b. Nordrhein-Westfalen 56

57 oder Polen, kamen. Genaue Zahlen wurden jedoch nicht erfasst. Zu Abwanderungen konnten die einzelnen Einrichtungen vor Ort meistens keine Angaben machen. Teilweise wurde von regionalen Umzügen, wie z. B. nach München, Ulm oder Ravensburg berichtet Weitere Erkenntnisse zur Zukunft von Pflegepersonal Im folgenden Gastbeitrag von Jörg Milewski (Kapitel 4.3) werden Forschungsergebnisse zur Situation von Pflegeberufen zusammengetragen. Auf der Suche nach Lösungen zur Vermeidung eines Pflegenotstandes können sie wertvolle Hinweise geben Relevanz von Verbleibentscheidungen Fachkräftemangel. Nur wenige andere Themen finden in der medialen Berichterstattung so viel Platz, wie das von vielen Wirtschaftssektoren befürchtete schwindende Arbeitskräftepotenzial. Doch werden oftmals regionale, strukturelle und branchenspezifische Daten miteinander vermischt und daraus volkswirtschaftliche Voraussagen getroffen, so der Kommentar vom Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Joachim Möller. Er empfiehlt der Diskussion weniger dramatisch zu sein, weist jedoch ausdrücklich auf sich abzeichnende Engpässe hin, sowohl in den sogenannten MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik), als auch im Bereich Gesundheit und Pflege. (vgl. Möller, 2011) So gibt das Statistische Bundesamt an, dass bis 2025 ca Pflegekräfte (bzw Vollzeitäquivalente) fehlen werden. (vgl. Statistisches Bundesamt 2010a) Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) geht davon aus, dass im Jahr 2025 sogar bis zu Pflegefachkräfte fehlen werden. (vgl. IW o.j.) Vorhandenes Arbeitskräftepotenzial in Pflegeberufen Tabelle 1 soll einen Überblick über das in stationären Pflegeeinrichtungen beschäftigte Pflegepersonal im Jahr 2009 geben. Die für diese Arbeit relevanten Berufsgruppen sind farblich markiert. Tabelle 1: Entwicklung der Beschäftigtenstruktur in stationären Pflegeeinrichtungen im Zeitraum von 1999 bis Änderung in % Beschäftigte insg ,9 Pflegepersonal insgesamt ,4 57

58 davon mit ,6 akademischer Ausbildung Beschäftigte mit ,6 dreijähriger Ausbildung davon Gesundheits ,8 und Krankenpfleger davon Altenpfleger ,8 davon Gesundheits ,3 und Kinderkrankenpfleger Beschäftigte mit ,4 einjähriger Ausbildung davon ,1 Krankenpflegehelfer davon ,9 Altenpflegehelfer Sonstige Beschäftigte ohne Ausbildung in der Pflege und Betreuung ,7 Quelle: Simon 2012, S.42, In Deutschland arbeiteten 2009 insgesamt 1.21 Millionen Menschen in Pflegeberufen. Ungefähr ein Drittel davon ( ) waren in stationären Pflegeheimen beschäftigt. Im Bereich der stationären Pflegeeinrichtungen ist dies seit 1997 ein Anstieg von über 45%, welcher jedoch auf die Ausweitung von Teilzeitarbeitsverhältnissen zurückzuführen ist. Von 1999 bis 2009 nahm die Anzahl der Teilzeitarbeitsverhältnisse um ca. 96% zu ( ), womit im gleichen Zeitraum die Teilzeitquote von Pflegekräften in Pflegeeinrichtungen von 40,6% auf 54,8% stieg. Die größte Zuwachsrate hat der Bereich der akademisch ausgebildeten Mitarbeiter zu verzeichnen, der Anteil der Akademiker beim Pflegepersonal verharrt hier aber bei nur 0,6%. (vgl. Simon 2012, S.41-43) Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Trend ein generell positiver ist. Aus dem hohen Anteil von sonstigen Beschäftigten mit dem Arbeitsschwerpunkt in der Pflege und Betreuung (~40%) resultiert ein hohes Maß an Qualifizierungspotenzial innerhalb der Unternehmen, welches es im Bedarfsfall zu aktivieren gilt. Als weitere Erkenntnis kann festgehalten werden, dass durch die hohe Teilzeitquote von knapp 55% der Beschäftigten verborgenes Arbeitskräftepotenzial als stille Reserve zu vermuten ist Nachwuchsrekrutierung und Ausbildung Es lassen sich mehrere Hinweise darauf finden, dass der Personalbedarf in Pflegeberufen sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich zukünftig 58

59 steigen wird. Gleichzeitig steigt jedoch auch die Anzahl der Pflegekräfte, die das 50. Lebensjahr bereits überschritten haben. Dieser Entwicklung geschuldet wird die Schere von Pflegeangebot und -bedarf bis zum Jahr 2050 weiter auseinandergehen, wenn es Unternehmen nicht gelingt, sowohl ihr bisheriges Personal wenn möglich bis zum Renteneintritt zu binden, als auch für die Ausbildung von neuen Pflegekräften zu sorgen. (vgl. Gröning/ Kromark u.a. 2012, S. 9-10) Nicht nur das bereits vorhandene Fachkräftepotenzial in Pflegeberufen ist in das Blickfeld von Wirtschaft und Politik geraten. Auch der zukünftige Mangel steht im Zentrum der Diskussion. Durch vielfältige Informationskampagnen versucht die Bundesregierung die Ausbildungsplätze in der Pflege für Schulabgänger attraktiv zu gestalten. So ist die Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive in der Altenpflege ein Bestandteil der Demografiestrategie der Bundesregierung. Diese Anstrengungen zeigen auch schon erste Erfolge. So nahmen im Herbst Menschen eine Ausbildung in der Pflege auf. Dies entspricht einem Anstieg um 32% im Vergleich zum Jahr Bei den Männern betrug der Zuwachs im gleichen Zeitraum sogar 74%. Jedoch entschieden sich mit einem Anteil von 80% (42.900) noch immer deutlich mehr Frauen als Männer für eine Ausbildung in Pflegeberufen. (vgl. o.v. 2012, S.5) Unter den Auszubildenden befinden sich auch die Kinderkrankenpfleger und die Pflegehelfer. (vgl. Destatis 2012 c) Insgesamt nahmen Personen eine dreijährige Ausbildung in der Altenpflege auf, was ein Wachstum von 12,5% im Vergleich zum Vorjahr darstellt Personen werden seit Herbst 2010 zum Gesundheits- und Krankenpfleger ausgebildet. (vgl. bmfsfj 2012) Die restlichen Ausbildungsanfänger entschieden sich für eine einjährige Ausbildung zum Pflegehelfer oder zu einer Ausbildung zum Kinderkrankenpfleger. Insgesamt befanden sich im Jahr 2010 laut dem Statistischen Bundesamt Personen in einer Ausbildung zum Altenpfleger sowie weitere zum Altenpflegehelfer. (vgl. Statistisches Bundesamt 2011b, S. 14) Dass die Bedeutung der Altenpflegeausbildung im Vergleich zu anderen Pflegeberufen stark an Bedeutung gewonnen hat beweist Michael Simon. Würden die beiden Ausbildungsberufe Altenpfleger und Altenpflegehelfer zusammengeführt, so Simon, ist die gemeinsame Zahl an Auszubildenden von 1999/2000 bis 2010/2011 um ca. 60 % gestiegen, während die Schülerzahlen der restlichen Pflegeberufe im gleichen Zeitraum um ca. 5% abgenommen haben. (vgl. Simon 2012, S.46) So bleibt festzuhalten, dass die Ausbildung von Pflegekräften ein wichtiger Baustein ist und bleibt, um die drohende Angebotslücke im Bereich der stationären Altenhilfe möglichst gering zu halten. Eine personalpolitische Antwort 59

60 auf die demographische Herausforderung in Bezug auf einen drohenden Fachkräftemangel könnte sein, die Ausbildung in einem Pflegeberuf so zu gestalten, dass sie für Schulabgänger aller Schulformen in vielerlei Hinsicht attraktiv ist. Solche Anreize könnten sowohl in der Ausbildungsvergütung liegen, als auch im Herstellen von beruflichen Perspektiven, Aufstiegsmöglichkeiten und der Möglichkeit der außerberuflichen Persönlichkeitsentwicklung. Ein weiterer Aspekt könnte die Besserung von Reputation und Prestige der Pflegeberufe sein. Interessante Studienergebnisse veröffentlichte das Institut für public health und Pflegeforschung (ipp) der Universität Bremen. Hier waren die empirisch gewonnen Daten über das schlechte Image von Pflegeberufen bei Schülern und deren Eltern der Startschuss einer Imagekampagne. (vgl. Görres 2010, S.3 ff) Ob die vermehrt geforderte Akademisierung der Pflegeausbildung für eine Prestigesteigerung notwendig ist, soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden Altersstrukturen Dass der demographische Wandel auch vor Altenpflegekräften keinen Halt macht, ist bereits im obigen Absatz angeklungen. Wie jedoch die genaue Altersstruktur von Mitarbeitern in der Pflege aussieht, lässt sich nur anhand der Erhebungen der Gesundheitspersonalrechnung ableiten. Diese Erhebung basiert auf den Ergebnissen und Hochrechnungen des Mikrozensus und ist deshalb auch nur bedingt gültig. (vgl. Simon 2012, S. 50) Abbildung 1 stellt die Altersentwicklung von Mitarbeitern in Pflegeberufen in drei Altersklassen in absoluten Zahlen dar. Abbildung1: Verlauf der Altersentwicklung von Mitarbeitern in der Altenpflege von 2000 bis <35 Jahre Jahre >50 Jahre Quelle: Statistisches Bundesamt 2010b, eigene Darstellung, Angaben in Tausend 60

61 Abbildung 1 erfasst das Altenpflegepersonal und macht keinen Unterschied in Bezug auf die Qualifikation und die Art der Wohnform der zu Pflegenden (Stationär/Ambulant). Deshalb sind Rückschlüsse auf die stationäre Pflege nur schwer zulässig. In Abbildung 1 wird ein genereller Anstieg von im Jahr 2000 bis Altenpflegern im Jahr 2010 beschrieben. Dies entspricht einem Wachstum von 68%. Jedoch sollte auch hier nochmals wiederholt werden, dass dieser Anstieg größtenteils durch die Ausweitung von Teilzeitarbeitsverhältnissen verursacht wurde. Die Gruppe der unter 35-jährigen schloss sich im gleichen Zeitraum diesem Wachstum beinahe identisch an und lag mit Pflegkräften (2010) ca. 66% über ihrem Ausgangswert von 2000 (74.000). Das Pflegepersonal im Alter von 35 bis 50 kann hingegen nur ein Wachstum von ca. 37% (2000: ; 2010: ) nachweisen. Diese Gruppe stellt jedoch die größte Anzahl im Verhältnis zu den anderen beiden. Auffallend ist die Wachstumsrate bei den über 50-Jährigen. Waren 2000 nur Personen im Alter von über 50 Jahren in der Altenpflege tätig, so waren es 10 Jahre später bereits Pflegkräfte. Dies entspricht einem Wachstum von 145%. Doch nicht nur der absolute Anteil einer Altersgruppe ist von Bedeutung, sondern auch der relative. Wie Tabelle 2 zeigt, lag der Anteil der über 50-Jährigen im Jahr 2000 noch bei 20%, so lag er 2010 bereits bei 30%, während der Anteil der unter 35-jährigen Altenpfleger relativ konstant bei ungefähr 30% verharrt. Dementsprechend ist die Gruppe der 35 bis 50-jährigen deutlich zurückgegangen. Tabelle 2: Relativer Anteil einer Altersgruppe von Pflegepersonal Altersgruppe Jahr <35 Jahre Jahre >50 Jahre % 49% 20% % 47% 25% % 40% 30% Quelle: Statistisches Bundesamt 2010b, eigene Darstellung Es lässt sich somit festhalten, dass der Trend des relativen Anteils einer Altersgruppe dahingeht, dass die Träger mit einer zunehmenden Veralterung ihrer Belegschaft rechnen müssen. Ein hohes Alter bei Pflegekräften soll an dieser Stelle nicht als Nachteil oder Makel verstanden werden. So bringen ältere Pflegekräfte ein hohes Maß an Berufs- und Lebenserfahrung, betriebsspezifisches Know-how, Souveränität, Geduld und Besonnenheit mit in den Betrieb und unterstützen so den 61

62 Qualitätsprozess und letztendlich auch die Kundenbindung. Zudem macht ein fortgeschrittenes Alter von Pflegekräften einen Unterschied dahingehend, ob jemand empathisch und glaubwürdig mit der Biographie eines Heimbewohners umgehen kann oder nicht. Jedoch sollte aus ressourcenorientierter Sicht ein ausgeglichenes Maß an Alters-Diversität angestrebt werden, da so die älteren Mitarbeiter von den zunehmenden körperlichen und psychischen Anforderungen durch die jüngeren entlastet werden können. Umgekehrt profitieren Nachwuchskräfte unter anderem von der Berufserfahrung der älteren Belegschaft Zukünftige Anforderungen an das Pflegepersonal Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) erarbeitete im Auftrag der Hans-Böckler Stiftung und der Gewerkschaft ver.di im Projekt Pflege 2015 aktuelle Trends und zukünftige Anforderungen an professionell Pflegende. Das Institut identifizierte neben den demographischen Herausforderungen für den Pflegemarkt auch einen Handlungsdruck in den Bereichen innovativer Versorgungskonzepte, Entwicklung neuer Wohnformen, Veränderungen der Personalstruktur sowie dem technologischen Fortschritt im Gesundheitswesen. Ziel war das Identifizieren konkreter Handlungsempfehlungen um zukünftige Kompetenz- und Qualifizierungsbedarfe festzulegen. (vgl. Klein u. a. 2008, S.6) So entwickelte das Institut vier Dimensionen, in denen sich Anpassungs- und Qualifizierungsbedarfe ergeben. Diese vier Dimensionen sollen mit den dazugehörigen Anforderungen in den Abbildungen 2 bis 4 dargestellt werden. Abbildung 2: Entwicklungstrends bezüglich der Bewohner Soziale Kompetenz: Beratung, Kultursensible Pflege, Kommunikation Fachkompetenz: Palliative Care, Gerontopsychiatrie, aktivierende Pflege Personale Kompetenz: Selbstreflexion, ethisch-moralische Kompetenzen Methodenkompetenz: Pflegediagnostik, Assessmentverfahren Quelle: ebd., S. 20 Abbildung 3: Entwicklungstrends bezüglich der Personalstruktur Soziale Kompetenz: Delegieren, Konfliktmanagement, Anleitung / Beratung Fachkompetenz: Fachgespräche für Pflegende mit Migrationshintergrund Personale Kompetenz: Work-Life-Balance, Stressbewältigung, Kooperation Methodenkompetenz: Zeitmanagement, Organisations- und Prozesswissen,... Quelle: ebd., S

63 Abbildung 4: Entwicklungstrends bei Wohn- und Versorgungsformen Soziale Kompetenz: Kunden-/Serviceorientierung, Interdisziplinäre Arbeit Fachkompetenz: Angehörigenarbeit, Behandlungspflege, gesetzl. Kenntnisse Personale Kompetenz: Dienstleistungsorientierung, Flexibilität Methodenkompetenz: Schnittstellenmanagement, Innovationsmanagement Quelle: ebd., S. 36 Abbildung 5: Entwicklungstrends im Bereich Technologie in der Pflege Soziale Kompetenz: Mediale Kompetenz Fachkompetenz: Datenschutz/Datensicherheit, Beratung, Telecare Personale Kompetenz: Ethische Fragestellung bzgl. Telecare/ -monitoring Methodenkompetenz: PC-Kenntnissee, epflegedokumentation/ earztbrief Quelle: ebd., S.44 Die aus verschiedenen Workshops und Interviewreihen abgeleiteten Anforderungsprofile und Qualifizierungsbedarfe zeigen deutlich, dass das schon derzeitig hohe Niveau einer pflegerischen Arbeit und Ausbildung in Zukunft um vielerlei Aspekte erweitert wird. So endet die berufliche Bildung nicht mit der bestandenen Examensprüfung, sondern verlangt von den Pflegefachkräften eine lebenslange Lernbereitschaft und die Bereitschaft sich zu spezialisieren. Es ist anzunehmen, dass Pflegefachkräfte zukünftig als Manager in ihren zugewiesenen Organisationseinheiten mit entsprechenden Führungs- und Dispositionsfunktionen agieren. Schwierig ist hier die Forderung vom Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit (BA) Raimund Becker nachzuvollziehen, wenn er eine kürzere Ausbildungszeit für erfahrene Hilfskräfte fordert. (vgl. die Welt 2012) Erfahrung im Umgang in der Grundpflege rechtfertigt nicht, sich den oben geforderten Kompetenzen zu verweigern bzw. sie nur in verkürzter Version zu erlernen. So läuft eine verkürzte Ausbildung Gefahr, zwar kurzfristig einen quantitativen Bedarf zu decken, jedoch nicht, den zukünftigen professionellen Anforderungen einer Pflegefachkraft gerecht zu werden Die Arbeitszufriedenheit in Pflegeberufen Ein solches Abschneiden im internationalen Vergleich rechtfertigt einen genaueren Blick auf die Arbeitszufriedenheit von Pflegepersonal in Deutschland. Der Verlauf der Mitarbeiterzufriedenheit in einem Erwerbsleben nimmt eine kurvilineare (Deller u.a. 2008, S.99) bzw. U-förmige Entwicklung an. Solch ein Verlauf besagt, dass die Arbeitszufriedenheit in den ersten und in den letzten Arbeitsjahren einer 63

64 Erwerbsbiographie am höchsten ist. (vgl. ebd.) Diese Entwicklung beansprucht zwei Annahmen für Mitarbeiter in Pflegeberufen. So wird bei jüngeren Mitarbeitern vermutet, dass sie u.a. weniger Druck verspüren da sie weniger in der Verantwortung stehen und sie von anderen Berufsgruppen wie Ärzten oder Pflegeleitungen weniger gefordert werden. Zudem sind bei jüngeren Pflegekräften geringere Vereinbarkeitskonflikte anzunehmen. Bei den älteren Pflegekräften könnte die höhere Zufriedenheit auf der größeren Berufserfahrung, Routine und niedrigeren externen Anforderungen basieren. Die NEXT-Studie (siehe Kapitel 2.5) untersuchte im Zuge der Frage nach den Gründen für ein frühzeitiges Ausscheiden von europäischen Pflegekräften deren Arbeitszufriedenheit. Wie beim oben bereits genannte IAQ- Report enttäuscht Deutschland bei der Arbeitszufriedenheit auf einem geteilten vorletzten Platz mit Frankreich vor Italien. Die zufriedensten Pflegekräfte arbeiten hier in Norwegen, Belgien und den Niederlanden. Die Untersuchung brachte zum Vorschein, dass Frauen zufriedener sind mit ihrem Beruf als Männer, und das die Arbeitszufriedenheit parallel zum beruflichen Aufstieg verläuft. (vgl. Stordeur u.a. 2005, S ) Die Ergebnisse des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) untermauern dies. Im Sommer 2012 veröffentlichte das WSI der Hans Böckler Stiftung ein Arbeitspapier über die Einkommens- und Arbeitssituation in Pflegeberufen. So stellen die Stationsleiter in der Altenhilfe die zufriedenste Berufsgruppe im Vergleich zu anderen Pflegeberufen, obwohl ihr Gehalt im Vergleich zu anderen im Pflegesektor Beschäftigten nicht das höchste ist. Über 3550 Datensätze aus dem Zeitraum von 2006 bis 2012 bilden die Datengrundlage der Analyse. Folgende Tabelle stellt die Arbeitszufriedenheit von Pflegepersonal in verschiedenen Ebenen dar. Das Pflegepersonal wurde gebeten, diese von 1 (überhaupt nicht zufrieden) bis 5 (in jeder Hinsicht zufrieden) zu bewerten. (vgl. Bispinck u.a. 2012, S. 25f) Tabelle 3: Arbeitszufriedenheit von Pflegepersonal in Deutschland Wie zufrieden sind sie mit Durchschnitt aller erfassten Berufe Beschäftigte in Pflegeberufen ihrer Arbeit? 3,44 3,25 0,19 Ihrer Bezahlung? 2,69 2,38 0,31 der Vereinbarkeit von Beruf und Familie? 3,39 3,05 0,34 der Menge an Freizeit? 2,97 2,84 0,13 Quelle: ebd., eigene Darstellung Abweichung 64

65 So ist, wie erwartet, die Zufriedenheit mit der monetären Anerkennung unterdurchschnittlich. Darauf soll in Kapitel 3.4 noch näher eingegangen werden. Am zufriedensten sind die Pflegekräfte mit ihrer Arbeit an sich. Am unzufriedensten sind die Beschäftigten in den Pflegeberufen mit der Menge an Freizeit. Den größten Unterschied zeigt Tabelle 4 im Bereich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. EXKURS Ein ähnliches Bild zeigt sich in Österreich. Hier lag der Wert des Arbeitsklimaindexes für die Beschäftigen in der Altenpflege (96) deutlich unter den Werten aller Beschäftigten in Österreich (107), sowie allen Beschäftigen im Gesundheits- und Sozialwesen (109). Auch in den Bereichen psychischer Stress, Einkommen und Zeiteinteilung sind Beschäftigte in der Altenpflege unzufriedener als die Referenzgruppen. (vgl. Simsa 2004, S ) Die Rolle der Vereinbarkeit von Beruf und Familie Die Zufriedenheit mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf lag in Tabelle 4 am deutlichsten unter den Durchschnittswerten aller erfassten Berufe. Und dies obwohl das Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik (FFP), welches sich seit 2005 mit den Potenzialen und Effekten einer familienfreundlichen Personalpolitik beschäftigt, deutlich darstellen konnte, dass familienfreundliche Unternehmen ihre betriebswirtschaftlichen Ziele wesentlich besser erreichen als nicht familienbewusste Unternehmen. So ist die Mitarbeiterzufriedenheit bei familienfreundlichen Unternehmen um 13% höher als in nicht familienfreundlichen Unternehmen. (vgl. Schneider u.a. 2008, S. 61) Das Ergebnis macht deutlich, welches Potenzial die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat. Durch sie wird die Mitarbeiterbindung gestärkt, welche besonders für den sozialwirtschaftlichen Bereich oftmals auch in Kundenbindung münden kann Bindung an den (Pflege-) Beruf Neben der Bindung an den Arbeitgeber, ist auch die Bindung an den ausgeübten Beruf von Pflegekräften ein wichtiger Bestandteil der Mitarbeiterbindung. So wird u. a. die berufliche Bildung besonders hervorgehoben, da sie im Zusammenhang zum Berufsethos und der eigenen beruflichen Entwicklung steht. Ähnlich wie beim organisationalen Commitment, kann auch hier von einer affektiven und einer fortsetzungsbezogenen Berufsbindung gesprochen werden. Affektiv gebundene Mitarbeiter fördern eher ihre berufliche Weiterentwicklung, zum Beispiel durch Projektarbeit oder Fortbildungen, als fortsetzungsbezogene Pflegekräfte. Diese entwickeln erst dann Eigeninitiative, wenn es dem Fortbestand der Zugehörigkeit dient. Insgesamt wird der Bindung an den Beruf ein höherer Einfluss in Bezug auf 65

66 einen Arbeitsplatzwechsel eingeräumt als der Bindung an die Organisation. So steht eine mangelnde Bindung an den Beruf im Kausalzusammenhang zum Verlassen der Organisation. (vgl. Stordeur u.a. 2005, S.32f) So ist, wie auch die Mitarbeiterzufriedenheit, die Mitarbeiterbindung ein mehrdimensionales Konstrukt, welches von verschiedenen ex- und intrinsischen Faktoren abhängig ist. Für eine familienfreundliche Personalpolitik bedeutet dies, dass die organisatorischen Grundlagen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelegt sein müssen. Der nächste Schritt wäre dann, die betrieblich geförderte Vereinbarkeit so zu steuern, dass sie der Berufsbindung nicht im Wege steht. So könnte ein Betrieb eine ausgedehnte Elternzeit fördern, jedoch gleichzeitig, für zum Beispiel affektiv an den Beruf gebundenes Personal, ein breites Spektrum an Fortbildungs- und Kontakthaltemaßnahmen parat halten. Für die Gruppe, der eher pragmatisch an ihren Beruf gebundenen Pflegekräfte würde es dann wohl reichen, ihnen bspw. ihre alte Arbeitsstelle nach der Rückkehr aus der Elternzeit oder der Familienpflegezeit zu garantieren Organisationale und berufliche Bindung in Pflegeberufen In der bereits zitierten NEXT-Studie wurde auch die organisationale und berufliche Bindung in Pflegeberufen untersucht. Auffällig war, dass in jedem untersuchten Land die Bindung zum Beruf höher ist als die Bindung an den Arbeitgeber. Die Konsequenz für die Träger der Altenhilfe ist, dass ihre Mitarbeiter den Arbeitgeber wechseln können, ohne dabei den Pflegeberuf verlassen zu müssen. Die berufliche Bindung an den Pflegeberuf ist nur in Großbritannien weniger ausgeprägt als in Deutschland, so das Ergebnis der Studie. Im Vergleich zu den Krankenhäusern und Ambulanten Diensten ist sie jedoch höher ausgeprägt. Frauen fühlen sich sowohl zu ihrem Beruf als auch zu ihrem Arbeitgeber hin mehr verbunden als ihre männlichen Kollegen (vgl Stordeur u.a S ). Hier wird vermutet, dass Männer dem beruflichen und gesellschaftlichen Erfolgt größere Bedeutung beimessen, auch wenn dieser Erfolg ein Ausscheiden aus der Organisation oder dem Beruf erfordert (ebd., S. 43) Bezahlung Die Forderung nach einer besseren Bezahlung ist keine, die ausschließlich aus dem Bereich der Altenhilfe vernommen wird. Doch treten oftmals Gewerkschaften und Sozialverbände medial in Erscheinung, wenn es um die Frage geht, warum die Arbeit von Mitarbeitern in der Pflege nicht gleich viel wert ist, wie die eines Handwerkers. So fordert der Sozialverband VdK Deutschland e.v. (VdK) einen 66

67 Rettungsschirm Pflege, der neben besseren Arbeitsbedingungen und einer besseren Ausbildung auch eine bessere Vergütung für beruflich Pflegende gewährleistet. Um diesen Ruf zu untermauern bzw. zu widerlegen, sollen im Folgenden zwei Wege ausgeschöpft werden. Zum einen werden die monatlichen Bruttogehälter der Mitarbeiter über die vierteljährige Erhebung des Statistischen Bundesamtes (Wiesbaden) herangezogen, zum anderen die veröffentlichte Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans Böckler Stiftung näher betrachtet. Die Bezahlung dient an dieser Stelle als Gradmesser für die Höhe der Opportunitätskosten. Diese werden für diese Arbeit als Nutzen von alternativen Arbeitsmöglichkeiten, auf die eine Person zu Gunsten des derzeitigen Arbeitgebers verzichtet hat (Stock-Homburg 2008, S.54) verstanden. Es handelt sich also um einen entgangenen Gewinn, den ein Mitarbeiter in der stationären Pflege in Kauf nimmt, um in seinem bisherigen Beruf zu verbleiben. Ob es einen solchen entgangenen Gewinn überhaupt gibt und wenn ja, wie hoch dieser im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen ist, soll in Kapitel untersucht und im anschließenden Zwischenfazit interpretiert werden Arbeitnehmerverdienste des Statistischen Bundesamtes In einem ersten Schritt sollen die Verdienste aus dem zweiten Quartal des Jahres 2012 von Mitarbeitern in Altenheimen sowie von Alten- und Behindertenwohnheimen in fünf verschiedenen Leistungsgruppen (Qualifizierungsstufen) dargestellt (vgl. Tabelle 5) werden. In der Leistungsgruppe 1 befinden sich Arbeitnehmer in leitender Stellung, welche meist durch ein Hochschulstudium Dispositions- und/oder Führungsaufgaben in einem Betrieb übernehmen. Die Leistungsgruppe 2 besteht aus Herausgehobenen Führungskräften welche über mehrjährige Berufserfahrung und Fachkenntnisse verfügen, welche Sie für die Bewältigung von komplexen, schwierigen und vielseitigen Tätigkeitsbereichen benötigen. Sie unterscheiden sich von den Fachkräften der dritten Leistungsgruppe auch durch Ihre Führungsverantwortung gegenüber anderen Mitarbeitern. Die angelernten Arbeitnehmer der vierten Leistungsgruppe üben in der Regel eher einfache Tätigkeiten aus, für die Sie sie keine spezifische Ausbildung benötigen bzw. abgeschlossen haben. Die Leistungsgruppe 5 Ungelernte Arbeitnehmer verrichtet hingegen einfache, schematische Tätigkeiten. Das Erlernen dieser Tätigkeiten kann innerhalb von drei Monaten erfolgen. (vgl. Statistisches Bundesamt 2012 d, S. 188) 67

68 Die dargestellten Beträge beinhalten jedoch noch nicht die Jahressonderzahlungen wie zum Beispiel das Weihnachts- und/oder Urlaubsgeld, Schichtzulagen, Abfindungen oder Gewinnbeteiligungen. Tabelle 4: Monatsverdienst von Mitarbeitern in Altenheimen, Alten- und Behindertenwohnheimen Gehalt Brutto/ Monat Quelle: ebd., S.125 Leistungsgruppe1 Leistungsgruppe 2 Leistungsgruppe 3 Leistungsgruppe 4 Leistungsgruppe Im nächsten Schritt (Tabelle 6) wird der prozentuale Anteil von Mitarbeitern innerhalb der Leistungsgruppe aufgezeigt. Tabelle 5: Prozentualer Anteil an Mitarbeitern in Altenheimen, Alten- und Behindertenwohnheimen in einer Leistungsgruppe Anteil der Leistungsgruppe Quelle: ebd., S. 56 Leistungsgruppe1 Leistungsgruppe 2 Leistungsgruppe 3 Leistungsgruppe 4 6% 25% 45% 20% 4% Leistungsgruppe 5 Um die oben beschriebenen Ergebnisse besser einordnen zu können, und um sie für die Ergebnisse des WSI besser vergleichbar zu machen, werden die leistungsgruppenspezifischen Entgelte mit dem entsprechenden Vorkommen gewichtet. Da davon ausgegangen wird, dass die relevanten Berufsgruppen (Altenpfleger und Altenpflegehelfer) gehaltsmäßig in den Leistungsgruppen eins und zwei unterrepräsentiert sind, werden diese in einer zweiten Rechnung nicht berücksichtigt. Durch die Gewichtung der leistungsgruppenspezifischen Verdienste mit deren Anteil an der Gesamtbeschäftigung ergibt sich ein gewichtetes Mittel von Werden 68

69 die ersten beiden Leistungsgruppen weggelassen, so ergibt sich ein Mittel von Tabelle 7 soll dies noch einmal übersichtlich darstellen. Tabelle 6: Gewichtete Verdienste im Bereich Altenheime, Alten- und Behindertenwohnheime lt. Statistischem Bundesamt Gehaltshöhe aller Leistungsgruppen (Brutto/Monat) Gehaltshöhe ohne Leistungsgruppen 1 und 2 (Brutto/Monat) Quelle: ebd., Eigene Berechnung Gewichtetes Mittel Ergebnisse des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts Die bereits unter zitierte Studie des WSI untersuchte neben den Arbeitsbedingungen auch die Einkommenssituation des Pflegepersonals. In der Datenbank des WSI befinden sich bereits die Gehaltsstrukturen mehrerer Berufszweige. Diese werden im sogenannten LohnSpiegel [sic] zusammengefasst und miteinander verglichen. In der Studie wird ein durchschnittlicher Monatslohn für alle Pflegeberufe von angegeben, wobei die Spannbreite vom Gehalt einer Operationsschwester (3.066 ) und dem eines Helfers in der Krankenpflege (1.828 ) eine sehr große ist. Zum anderen beschreibt die Studie Variablen, von denen das Gehalt einer Pflegekraft abhängt. Hierunter fallen zum Beispiel die Betriebsgröße, die Tarifbindung, die Berufserfahrung oder die geographische Lage (West-Ost). Auffallend ist, dass mit Ausnahme der Stationsleitungen die beiden, für diese Arbeit relevanten Berufsgruppen Altenpfleger und Altenpflegehelfer unter dem Durchschnitt von im Monat liegen. Zudem kommt hier Betrachtung der Perzentile zum Vorschein, dass 50 % aller Altenpfleger mit einer dreijährigen Ausbildung mit 2.032, 25 % von Ihnen mit und weniger im Monat leben müssen. Dabei handelt es sich jedoch nur um ein Grundgehalt ohne Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld oder Schichtzulagen. (vgl. Bispinck u. a. 2012, S. 5) Ausgewählte Ergebnisse sollen in Tabelle 8 überblicksartig dargestellt werden. Das durchschnittliche Entgelt aller Pflegeberufe ist farblich markiert. Tabelle 7: Monatsverdienst in Pflegeberufen laut WSI Perzentil Perzentil Perzentil Anzahl Mittelwert Operationsschwester

70 ,-pfleger Stationsleitung Altenpflege Krankenschwester,- pfleger Pflegeberufe insgesamt Altenpfleger Altenpflegehelfer Quelle: ebd. Tabelle 9 soll nun einen Überblick über die zusammengetragenen und berechneten Verdienste beider Verdiensterhebungen von Mitarbeitern in Pflegeberufen geben. Tabelle 8: Überblick der Entgeltsituation in Pflegeberufen Quelle: Qualifikation: Gewichtete Mittel Gehaltsstruktur Statistisches aller Bundesamt Leistungsgruppen Statistisches Bundesamt WSI WSI Gehaltsstruktur ohne Leistungsgruppe 1+2 Stationsleiter Altenpflege Pflegeberufe insgesamt Perzentil 25 Perzentil 50 Perzentil k. A. k. A. k.a k. A. k. A. k. A WSI Altenpfleger WSI Altenpflegehelfer Quelle: Eigene Darstellung Übereinstimmungen gibt es beim Mittelwert des Statistischen Bundesamtes ohne die Leistungsgruppe eins und zwei (2.326 ) und dem Mittelwert und des Median des WSI bei allen Pflegeberufen (2.360 bzw ). Zusammenfassend ist zu sagen, dass es schwer möglich ist ein repräsentatives Durchschnittsentgelt für Altenpfleger zu ermitteln, da regionale, tarifliche oder trägerabhängige Einflüsse die Werte stark beeinflussen können. Zudem steigen in der Regel die Verdienste mit der Berufserfahrung, Zusatzqualifikationen und dem Lebensalter. 70

71 5. Ausbildungszahlen 5.1. Personalsituation der Pflege im Oberallgäu insgesamt Was bedeuten die unter prognostizierte Zunahme von ca. 90 Pflegebedürftigen im Schnitt pro Jahr und die unter 4. dargestellten Entwicklungen für die Personalsituation der Pflegeanbieter im Oberallgäu? Um Näherungsgrößen zu bekommen, geht man davon aus, dass die bisherige Verteilung der Versorgungsarten beibehalten bleibt und betrachtet die hinzukommenden Pflegebedürftigen. Wenn von diesen ein Drittel in Heime käme, ein Drittel ambulante Hilfe in Anspruch nähme und ein weiteres Drittel von Angehörigen versorgt wird, führte dies zu folgendem jährlichen zusätzlichen Fachkräftebedarf: Für die 30 stationär Versorgten braucht man (= 30 : 2,25) ca. 13 Pflegekräfte, davon 50% Fachkräfte, also 7 Fachkräfte pro Jahr. Für die ambulante Pflege bräuchte man (= 30 : 4) ca. 7 Pflegekräfte, von denen drei Viertel Fachkraft sein sollten, also 5 zusätzliche Fachkräfte pro Jahr. Zusammen sind das 12 zusätzliche Fachkräfte pro Jahr. Tatsächlich findet aber, wie gezeigt, gleichzeitig ein Umbau der bestehenden Pflegeverhältnisse hin zur häuslichen und ambulanten Versorgung statt, der auch weiter unterstützt und intensiviert werden sollte. Dies kann im optimalen Fall dazu führen, dass noch weit weniger zusätzliche Fachkräfte benötigt werden, um dem Anwachsen der Zahl der Pflegebedürftigen gerecht werden zu können. Unsere Erhebung bei den Einrichtungen hat ergeben, dass im Moment 15 Stellen unbesetzt sind. Es gibt keine Bewerbungen, der Markt ist leer. Für Schwankungen in der Mitarbeiterschaft gibt es keinen Puffer. Diesen Rückstand gilt es aufzuholen. Zum anderen könnte in den nächsten Jahren mehr Personal durch Alter, Familiengründung oder Überforderung ausfallen, als üblicherweise durch Ausbildung nachkommt. Für diese Befürchtung haben wir allerdings keine empirische Evidenz gefunden, weder regional, noch in den überregionalen Verbleibensstatistiken. So werden in der Region in den nächsten fünf Jahren aus Sicht der Einrichtungen (nach bestem Gewissen beantwortet) 81 Mitarbeiter/innen aus Altersgründen und 15 aus sonstigen Gründen ausscheiden. Das sind knapp 20 pro Jahr. Diese Zahl würde erst dann zu einem zusätzlichen Bedarf führen, wenn sie über den Ausbildungszahlen liegt. 71

72 Die notwendigen Mengen an Absolventen von Berufsfachschulen für Altenpflege ergeben sich also aus: Ausgleich für die Ausscheidenden (ca. 20 pro Jahr) Aufholen eines Mangels (einmalig mindestens 15, oder eine angemessene Verteilung auf mehrere Jahre, z.b. 5 pro Jahr. Im weiteren Modell wird von 5 pro Jahr ausgegangen. Dies ist realistischer als ein einmaliger Zuwachs. Außerdem ist dies länger wirksam und würde auch einen höheren Bedarf als 15 befriedigen) Anpassung an einen erhöhten Bedarf durch steigende Pflegebedürftigenzahlen (ca. 12 maximal) Insgesamt sind das etwa 37 Absolventen, die aus der Alten- oder Krankenpflegeausbildung jährlich übernommen werden können sollten. Um einschätzen zu können, wie viele Auszubildende der Altenpflege in Zukunft zur Verfügung stehen werden, soll nun untersucht werden, wie sich die Zahl der Absolventen allgemeinbildender Schulen entwickelt. Anschließend prüfen wir, wie sich der Arbeitsmarkt für Auszubildende darstellt Schulabgänger Die Absolventenzahlen der allgemein bildenden Schulen in Deutschland entwickelt sich wie folgt: In den kommenden Jahren wird die Zahl der Absolventen sinken. Jedoch ist der Schwund in den nächsten drei Jahren noch sehr gering. Somit besteht für diese Zeit kein Mangel an potenziellen Auszubildenden für die Altenpflege. Wohl wissend, dass in der Pflegeausbildung viele Einsteiger schon älter sind, ist das Heranziehen der Schulabgänger ein erster wichtiger Indikator. Die unten stehende Grafik basiert auf einer Tabelle herausgegeben von der Kultusministerkonferenz und zeigt eine Prognose der Jahre Die Zahlen zeigen, dass es insgesamt ab 2014 zu einem Rückgang der Absolventen und Abgänger kommt. Während es 2012 noch sind, sollen es 2025 nur noch sein. Dies entspricht einer Veränderung um minus 18%. 72

73 (Ist) Allgemein bildende Schulen Deutschland Haupt und Real Deutschland Abi Deutschland Abb.: Vorausberechnung der Schüler- und Absolventenzahl, Quelle: KMK 2011 Die Absolventen der allgemein bildenden Schulen in Bayern werden in folgender Grafik dargestellt. Es wird die mögliche Entwicklung bis zum Jahr 2025 aufgezeigt. Es wird wie schon beim Deutschlandvergleich deutlich, dass in den kommenden Jahren die Zahl der Absolventen sinken wird. Jedoch ist der Schwund in den nächsten drei Jahren auch in Bayern sehr gering. Somit besteht für diese Zeit kein Mangel an potenziellen Auszubildenden für die Altenpflege, was den Anteil derer betrifft, die die Ausbildung direkt nach der Schule beginnen Allgemein bildenden Schulen Bayern Haupt und Real Bayern Abi Bayern Abb.: Schüler-und Absolventenprognose Bayern, Quelle: KM Bayern

74 Allerdings bezieht die Altenpflege auch sehr viele Auszubildende aus älteren Jahrgängen. Die Situation ist insgesamt im Allgäu etwas besser als in Bayern, es kann hier mit einem Rückgang von 10 bis 13 % gerechnet werden. Es gibt ausreichend Chancen für die Altenpflege im Allgäu, jedoch ist die Konkurrenz durch andere Berufe hoch und steigt Ausbildungsbeginne in Deutschland Um die Zukunft der Ausbildung in der Altenpflege einschätzen zu können haben wir im Folgenden die gesamte Entwicklung der Ausbildungen in Deutschland anhand der Daten des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) der letzten Jahre untersucht Industrie und Handel Handwerk Öffentlicher Dienst Landwirtschaft Freie Berufe Hauswirtschaft Abb.: Ausbildungsbeginne 2002, Quelle: Bibb Industrie und Handel Handwerk Öffentlicher Dienst Landwirtschaft Freie Berufe Abb.: Ausbildungsbeginne 2009, Quelle: Bibb

75 Industrie und Handel Handwerk Öffentlicher Dienst Landwirtschaft Freie Berufe Abb.: Ausbildungsbeginne 2011, Quelle: Bibb 2011 Die drei wichtigsten Aussagen der Diagramme sind: Die Zahl der Ausbildungsbeginne im Bereich Industrie und Handel hat 2011 im Vergleich zu 2002 und 2009 stark abgenommen. Bei den Zahlen der anderen Ausbildungsbereiche gibt es kaum Schwankungen. Im Bereich der freien Berufe, zu denen unter anderem auch die sozialen Berufe zählen, sieht man im Vergleich nur eine leichte abwärts Tendenz. Insgesamt kann man sehen, dass seit 1977 die Zahl der Auszubildenden in Bayern abgenommen hat. Besonders stark sind die Handwerklichen Berufe und der Öffentlichen Dienst betroffen. Dagegen verzeichnen die Freien Berufe, zu denen auch die Altenpflege zählt, sehr konstante Ausbildungszahlen. 75

76 Abb.: Ausbildungszahlen seit 1977, Quelle: LfStaD 2012e 5.4. Altenpflegeausbildung in Deutschland und einzelnen Ländern Um die Situation der Altenpflegeausbildung beurteilen zu können genügt es aber nicht, auf die Freien Berufe zu schauen. Für die Studie konnten vom Statistischen Bundesamt exakte Anfänger- und Absolventenzahlen zu den regionalen und überregionalen Ausbildungszahlen für die Altenhilfe erworben werden. Die Anfängerzahlen in Deutschland, Bayern und den genannten Berufsfachschulen für Altenpflege in der Region Oberallgäu und Kempten verhalten sich in den Jahren 2000 bis 2011 wie folgt. Zu Vergleichszwecken werden die Zahlen von Baden Württemberg mit aufgezeigt. Die Grafik verdeutlicht, dass überall seit 2007 der gleiche steigende Trend zu verzeichnen ist. In Baden Württemberg scheint die Ausbildung jedoch generell attraktiver als in Bayern zu sein. 76

77 Deutschland Bayern Baden Württemberg Abb.: Schülerzahlen der Altenpflege, Quelle Destatis 2013 Das Oberallgäu ist in dieser Abbildung aus Maßstabsgründen nicht enthalten Altenpflegeausbildung in Bayern Die anschließende Grafik stellt die Situation in Bayern da: Von 2005 bis 2011 hat sich die Anzahl der Ausbildungsbeginne in der Altenpflege von 1120 auf 2407 mehr als verdoppelt. Sehr deutlich sichtbar ist aber auch ein gewaltiger Rückgang der Ausbildungsanfänger in den Jahren 2004 und Damals trat das Bundesaltenhilfegesetz in Kraft. Die Neuregelungen der Altenpflegeausbildung, die dieses Gesetz enthielt, wurden in Bayern offensichtlich sehr kritisch aufgenommen und verursachten Umstellungsprobleme. Seither nimmt die Zahl der Auszubildenden annähernd konstant zu, hat aber noch nicht wieder das Niveau erreicht, dass sie vor der Gesetzesänderung hatte. 77

78 Erstes Lehrjahr / /02 02 / / / / / / / / / / 12 Abb.: Altenpflegeschüler im ersten Lehrjahr in Bayern, Quelle: Destatis 2013 Ein weiteres Indiz für die negativen Auswirkungen des Bundesaltenhilfegesetzes von 2004 auf die Ausbildung in Bayern findet sich auch, wenn man prüft, wie viele der neuen Azubis die Ausbildung tatsächlich beendet haben. Die nächste Grafik stellt den oben gesehenen Zahlen der Auszubildenden in den ersten Lehrjahren die Zahlen der Absolventen dieser Lehrjahre gegenüber. Die Differenz zwischen der roten und der blauen Linie stellt also den Schwund eines Jahrgangs im Laufe der Ausbildung dar. In den Jahrgängen 2002 und 2003 war der Schwund eklatant hoch. Von den Anfängern dieser Jahre, deren Zahl auf Rekordniveau lag, beendete ein Drittel die Ausbildung nicht oder nicht innerhalb der üblichen drei Lehrjahre. Vermutlich hatten Schulen und Ausbildungsbetriebe versucht, noch vor der Gesetzesänderung so viele Auszubildende wie möglich anzuwerben. Es gelang jedoch nicht, sie zu halten. Viele von Ihnen scheinen sich zum Abbruch der Ausbildung entschieden zu haben, andere benötigten vier Lehrjahre. Dadurch lässt sich erklären, dass 2008 mehr Auszubildende ihren Abschluss machten, als im Jahrgang 2005 begonnen hatten. Seit Jahrgang 2006 hat sich der Schwund bei circa 18 Prozent eingependelt. Es wäre wünschenswert, diesen Anteil zu senken. 78

79 Erstes Lehrjahr Absolventen des selben Jahrgangs / /02 02 / / / / / / / / / / 12 Abb.: Schwund in den Ausbildungsjahrgängen, Quelle: Destatis Schulen im Einzugsgebiet Dank der Befragungen der Berufsfachschulen für Altenpflege in der Region war es in dieser Studie möglich, sehr differenzierte Aussagen zur lokalen Ausbildungssituation zu machen. Es gibt vier aktive Berufsfachschulen für Altenpflege, die für die Region Oberallgäu und Kempten relevant sind: - Die Berufsfachschulen für Altenpflege in Leutkirch. Die Klassenstärke liegt im Mittel bei ca. 30 Schülern. Davon haben ungefähr 10 % Abitur. 20 % haben einen Hauptschulabschluss und der Großteil mittlere Reife. - Die Berufsfachschulen für Altenpflege in Kempten. - Die Berufsfachschulen für Altenpflege in Immenstadt, die im Durchschnitt jährlich ca. 15 Absolventen hervorbringt Durch die Gesetzesänderung 2003, auf die wir im Folgenden noch genauer eingehen werden, sind die Zahlen von 49 auf 10 Absolventen gesunken. Durch eine starke Förderung der Agentur für Arbeit im Jahre 2006 schlossen 2009 nahezu doppelt so viele Schüler ihre Ausbildung ab, als in den Jahren zuvor - Die Berufsfachschulen für Altenpflege in Kaufbeuren. - Die Berufsfachschulen für Altenpflege in Lindenberg. Die erste Befragung fand am an der Sophie- Scholl- Schule in Leutkirch statt. Die Schule existiert seit 23 Jahren. Die Besonderheit dieser Schule liegt darin, 79

80 dass sie im Grenzbereich zwischen Bayern und Baden- Württemberg angesiedelt ist und dort Schüler aus beiden Bundesländern unterrichtet werden. In den Absolventenzahlen gab es keine relevanten Veränderungen im Laufe der letzten zwölf Jahre, sowohl in der Ausbildung zur Pflegefachkraft, als auch in der Ausbildung zur Altenpflegehilfskraft. Die Klassenstärke liegt im Mittel bei ca. 30 Schülern. Davon haben ungefähr 10 % Abitur. 20 % haben einen Hauptschulabschluss und der Großteil mittlere Reife. Die Altersspanne liegt bei Jahren. Die Schüler haben sehr unterschiedlich Lebensläufe bevor sie die Ausbildung beginnen. Am besuchten wir die Berufsfachschule für Altenpflege in Kempten. Unsere Ansprechpartnerin war Frau Löffler, die die Schulleiterin ist und bereits seit 1987 an der Schule unterrichtet. Diese Schule hatte die höchste Anzahl an Absolventen zu verzeichnen. Die Absolventenzahlen der dreijährigen Ausbildung sind unter starken Schwankungen leicht zurückgegangen, die Anzahl der Absolventen zur Pflegehilfskraft sind hingegen mit ca Schülern gleich geblieben. Auch Frau Löffler war der Meinung, dass ein Pflegenotstand bereits besteht. Als Grund hierfür nannte sie vor allem das fehlende Engagement von Einrichtungen zur Ausbildung von Pflegekräften. Sie sieht Lösungsansätze im vermehrten Marketing zur Gewinnung von Auszubildenden und in der Akademisierung der Pflege. Die nächste Schulbefragung erfolgte am an der Berufsschule für Altenpflege in Immenstadt. Hier sprachen wir mit der Rektorin Annegret Fabry- Dorner, die seit 1995 an der Schule tätig ist. Im Durchschnitt werden hier jährlich ca. 15 Absolventen ausgebildet. Durch die Gesetzesänderung 2003, auf die wir im Folgenden noch genauer eingehen werden, sanken die Zahlen zwischenzeitlich von 49 auf 10 Absolventen. Eine Ausnahme stellte das Jahr 2009 dar: Durch eine starke Förderung der Agentur für Arbeit drei Jahre zuvor, im Jahre 2006, erreichte man annähernd wieder die Auszubildendenzahlen der Zeit vor In der einjährigen Ausbildung zur Pflegehilfskraft stiegen die Zahlen jedoch deutlich an. Bis 2003 gab es in ganz Bayern eine Schule, die Pflegehilfskräfte ausbildete, heute kann dies jede Berufsfachschule für Altenpflege. Frau Fabry-Dorner ist der Meinung, dass der Pflegenotstand bereits eingetreten sei und er aus ihrer Sicht ein politisches Problem darstelle. Alle Möglichkeiten müssten ergriffen werden um mehr qualifiziertes Pflegepersonal auszubilden, da die Schülerzahlen weiter rückläufig seien Das vierte Gespräch erfolgte am in Kaufbeuren mit der Schulleiterin Frau Kohler. Sie lehrt seit 14 Jahren an der Berufsfachschule für Altenpflege, die es bereits seit 40 Jahren gibt. Die Schülerzahlen sind zwischen den Jahren 2005 und 80

81 2012 leicht angestiegen, wobei auch hier ein Rückgang in den Jahren 2006 / 2007 zu verzeichnen ist, der in der Gesetzesänderung von 2003 begründet liegt. Die Schule bildet keine Hilfskräfte aus. Auch Frau Kohler vertritt die Meinung, dass der Pflegenotstand bereits besteht und sich dieser sogar noch verschlechtern wird aufgrund der fehlenden Auszubildenden und der ansteigenden Pflegebedürftigkeit. Nach Frau Kohler liegt das vor allem an der zu geringen Bezahlung und der zu hohen Belastung. Diese wird bei den jüngeren Auszubildenden sehr deutlich, weswegen sie die Ausbildung ab 16 Jahren für sehr kritisch hält. Die letzte Befragung erfolgte am in Lindenberg mit Herrn Trefzer. Die Situation in Lindenberg ist derzeit schwierig, weswegen eine detaillierte Befragung und Auswertung nicht möglich war. Die Schule hat 2011 den Träger gewechselt und gehört seitdem dem Bayerischen Roten Kreuz e.v. an. Außerdem bildet die Schule im Moment keine Pflegefachkräfte aus aufgrund mangelnder Nachfrage. Ein neuer Versuch wird allerdings nächstes Jahr gestartet. Derzeit werden in Lindenberg aber Pflegehilfskräfte ausgebildet und deren Zahlen sind leicht angestiegen. Leider konnten uns nur die Daten der Jahre 2005, 2007 und 2011 übermittelt werden, sodass wir die Schule nicht in unsere Statistiken aufnehmen konnten, da diese sonst verfälscht worden wären. Unsere Auswertung bezieht sich auf die Jahre 2005 bis Zuvor hatte das angesprochene Krankenpflegegesetz, welches 2004 in Kraft trat, und zu einem Einbruch der Absolventenzahlen in den Folgejahren geführt. Insgesamt kann man sagen, dass die Absolventenzahlen seither ansteigen. Mit ca % hat sich der Anteil der männlichen Auszubildenden kaum verändert, was zeigt, dass der Pflegeberuf immer noch als Frauenberuf angesehen wird. Aufgrund fehlender Zahlen können wir keine repräsentativen Angaben über die Altersstruktur und die Vorbildung der Auszubildenden. Bei allen Schulen lagen unterschiedlichste Schulabschlüsse und Vorberufe vor. Allerdings lässt sich sagen, dass die Vorberufe meist nicht aus dem sozialen Bereich kommen. Genannte Berufe waren zum Beispiel Sekretär/in, Elektriker/in, Student/in oder Friseur/in. 81

82 Kempten Kaufbeuren Leutkirch Immenstadt Abb.: Schülerzahlen in der Region, Quelle: Eigene Erhebung Betrachtet man diese kleinräumigen Schülerzahlen, so schwanken diese natürlich stärker, als dies in überregional zusammengefassten Zahlen sichtbar ist. Jedoch ist auch in der untersuchten Region zumindest seit dem Jahr 2007 ein stetiger Aufwärtstrend zu verzeichnen Ausbildungsbetriebe in Deutschland und den Ländern Ein besonderes Augenmerk sollte auf die Verteilung der Auszubildenden auf stationäre und ambulante Ausbildungsbetriebe gelegt werden. Die Auszubildenden in Deutschland und den einzelnen Bundesländern sind in folgender Grafik nach ambulant und stationär, entsprechend ihren Ausbildungsbetrieben, aufgeteilt. Es ist zu erkennen, dass der ambulante Anteil in den Bundesländern sehr unterschiedlich ist. Der deutsche Durchschnitt im ambulanten Bereich liegt bei 12 %, in den einzelnen Bundesländern schwankt er jedoch zwischen 5% und 29 %. 82

83 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% stationär ambulant Abb.: Ausbildungsbetriebe, Quelle: gbe-bund 2013 Die absoluten Zahlen der ambulanten und stationären Auszubildenden in den Bundesländern zeigen sich in folgender Grafik stationär ambulant Abb.: Ausbildungsbetriebe absolut, Quelle: gbe-bund

84 5.8. Ausbildungsbetriebe im Einzugsgebiet Eine Auswertung des vorliegenden Zahlenmaterials ergab, dass sich eine deutliche Erhöhung der Ausbildungszahlen im Bereich der Altenpflegeberufe im Zeitraum 2002 bis 2009 im Landkreis Oberallgäu vollzog. Jedoch blieb diese Entwicklung im Landkreis Oberallgäu hinter anderen Regionen Deutschlands zurück, in denen noch stärkere Zuwächse in der Altenpflege- und Altenpflegehilfeausbildung zu verzeichnen waren Auszubildende in stationären Einrichtungen Zur Kontrolle wurden die Forschungsergebnisse aus dem Bereich Schulen den Befragungsergebnissen aus dem Bereich Einrichtungen gegenübergestellt. Im folgenden Säulendiagramm wird die Entwicklung der Azubizahlen im stationären Pflegebereich der Jahre 2002, 2009 und 2012 genauer veranschaulicht Vor 10 Jahren (2002) Vor 3 Jahren (2009) Heute (2012) Abb.: Azubizahlen im stationären Bereich, Quelle: Eigene Erhebung Diese Abbildung zeigt einen erheblichen Anstieg in den Jahren 2002 bis 2009 der Azubizahlen von 45 auf 82 im Landkreis Oberallgäu. Im Zeitraum von 2009 bis 2012 ist dagegen keine weitere Steigung zu verzeichnen. Die Statistikzahlen weisen auf einen Stillstand hin. Um die aktuelle Situation in der Ausbildung zu verdeutlichen, wird die Säule 2012 der obigen Darstellung in das erste, zweite und dritte Lehrjahr gesplittet. Diese wird in der folgenden Darstellung näher analysiert. 84

85 Lehrjahr 2. Lehrjahr 3. Lehrjahr Abb.: Auszubildende nach Lehrjahren, Quelle: Eigene Erhebung Im Schuljahr 2012 / 2013 befinden sich 26 Auszubildende im ersten Lehrjahr, 32 im zweiten Lehrjahr und 23 im dritten Lehrjahr. Wie oben beschrieben, beenden nicht alle Lehrlinge eines Jahrgangs die Ausbildung. Nach den Ergebnissen der Umfrage haben in den letzten fünf Jahren 29 Auszubildende vorzeitig abgebrochen oder sind innerhalb eines Jahres wieder aus dem Beruf ausgestiegen. Da in jedem Lehrjahr mit etwas Schwund zu rechnen ist, ist es umso beachtlicher, dass das zweite Lehrjahr aktuell sehr stark besetzt ist. Dieser Jahrgang wird voraussichtlich eine leicht überdurchschnittliche Anzahl von Pflegefachkräften hervorbringen Auszubildende in ambulanten Pflegediensten Im Oberallgäu sind im Jahr 2012 tatsächlich vier Auszubildende bei zwei Pflegediensten im ambulanten Bereich beschäftigt. Bei 80 Auszubildenden im Jahr 2012 ist der Anteil der ambulanten Auszubildenden bei 5 %, was 7 Prozentpunkte unterhalb des deutschen Durchschnitts liegt. Dies zeigt deutlich, dass gerade in diesem Bereich ein Ausbau im Oberallgäu nötig ist. Zudem haben nach Angaben der Geschäftsführungen der befragten ambulanten Pflegedienste drei Auszubildende in den letzten fünf Jahren ihre Ausbildung nicht abgeschlossen oder sind innerhalb eines Jahres aus dem Beruf wieder ausgestiegen. Angesichts der ohnehin geringen Anzahl Auszubildender im ambulanten Bereich bedeutet dies eine hohe Abbrecher- und Aussteigerquote. 85

86 6. Ausland Um das Bild für die Pflege im Einzugsgebiet abzurunden wurden verschiedene Aspekte überprüft, die unter dem Thema Internationales zusammengeführt werden können Haushaltshilfen aus Osteuropa Haushalthilfen aus Osteuropa bieten eine 24-Stunden-Betreuung für Senioren, diese können in Ihrem gewohnten Umfeld wohnen bleiben und bekommen individuelle Betreuung. Diese Möglichkeit scheint für viele eine gute Lösung, da ein Heimaufenthalt somit nicht nötig ist. Die Kosten betragen zwischen Euro im Monat inklusiv Kost und Logis. Für eine Pflegekraft aus Deutschland müsste man für diesen Service mindestens Euro bis zu einem Betrag von Euro betragen. Rechtlich gesehen sind sie aber nur Haushaltshilfen und keine Pflegekräfte. Ihnen ist zum Beispiel die Verabreichung von Medikamenten nicht erlaubt Statistische Anhaltspunkte für Deutschland Statistische Werte zum Einsatz von osteuropäischen Haushalts- und Pflegehilfskräften in Kempten und Oberallgäu liegen nicht vor. Es liegen auch keine Kennzahlen vor, die eine Hochrechnung der potenziellen Nutzer ermöglichen. Wesentliche Merkmale wären: Alter, Geschlecht, Pflegebedürftigkeit bzw. Unterstützungsbedarf, finanzieller Status, Wohnsituation, Unterstützungsformen durch Familienangehörige. Vorliegende Datenbestände wie Altersbericht, Armuts-/ Reichtumsbericht oder Pflegestatistik können aber als Orientierungsrahmen verwendet werden. Zuerst die Zahl der Menschen über 80, dann die Pflegebedürftigen, die Menschen die sich eine Haushaltshilfe nicht leisten können. Geht man davon aus, dass die in der Literatur und in Berichten angegebenen Kosten für eine regulär tätige Haushaltshilfe aus Osteuropa zwischen und Euro im Monat betragen, so kommen in erster Linie Familien bzw. Haushalte in Frage, deren Nettoeinkommen mindestens Euro monatlich betragen. Als potenzielle Nutzer bleiben so ca Haushalte bundesweit übrig. Eine nähere Eingrenzung ist nicht möglich, da die Wohnsituation (freies Zimmer für Haushaltshilfe etc.) der einzelnen Senioren nicht bekannt ist. 86

87 Das entspricht ca. jedem 10. Haushalt, der derzeit im häuslichen Bereich Pflegebedürftigkeit mit und ohne Unterstützung durch ambulante Dienste bewältigt. Der wahre Wert liegt aber wahrscheinlich darunter. Der realistische Wert liegt bei ca Pflege- und Haushaltshilfen aus Osteuropa, die derzeit in Deutschland arbeiten (vgl. Neuhaus / Isfort / Weidner 2009, S. 17) Rechnung für Kempten und Oberallgäu In Kempten gibt es ca Pflegebedürftige (Destatis 2012a, S. 32), davon werden zu Hause betreut, etwa 470 werden durch einen ambulanten Pflegedienst unterstützt. 930 Pflegebedürftige werden durch Angehörige unterstützt. Geht man davon aus, dass letztere die Gruppe ist, für welche eine osteuropäische Pflegekraft in Frage kommt, kommt davon wie zuvor erörtert ca. jeder Zehnte in Frage. Daraus ergibt sich einen Bedarf von etwa 90 Pflegekräften aus Osteuropa. Es kann zudem sein, dass Senioren, welche durch einen ambulanten Pflegedienst versorgt werden, sich in Einzelfällen auch für eine osteuropäische Pflegekraft entscheiden. Eine realistische Zahl wäre in etwa ein Bedarf von 100 dieser Pflegekräfte. Im Landkreis Oberallgäu gibt es ca Pflegebedürftige, welche zu Hause gepflegt werden, dies ergibt einen Bedarf von 215 osteuropäischen Pflegekräften. Geht man wie oben davon aus, dass bereits betreute Senioren wechseln, kann man von einem Bedarf von ca. 300 osteuropäischen Pflegekräften ausgehen. Diese Zahlen können durch verschieden Einflussfaktoren variieren. Zum Beispiel kann im Allgäu noch häufig die Pflege durch Familienangehörige stattfinden, da oft mehrere Generationen auf einem Hof leben. Diese Faktoren können aber nicht gemessen werden. Für ca. 5% der Pflegebedürftigen in Kempten und Oberallgäu kommt folglich eine osteuropäische Pflegekraft in Frage. Diese Zahl stellt weder eine Lösung dar um in Zukunft den Pflegebedarf durch osteuropäische Pflegekräfte zu decken, noch ist es eine Bedrohung für die Sozialstationen Lohnvergleich Deutschland- Österreich- Schweiz Um für den befürchteten Sog von Pflegefachkräften Richtung Österreich und Schweiz verlässliche Daten zu finden, haben wir für diese Länder einen Verdienstvergleich mit Bayern und Deutschland durchgeführt. 87

88 Entgelte in Deutschland und Bayern Im Folgenden wird das Entgelt examinierter Pflegekräfte betrachtet. Die aktuelle Entgelttabelle (Länder) Tarifgebiete West und Ost des TVÖD besagt, dass examinierte Pflegefachkräfte ab Gruppe sieben 2.059,99 Euro* verdienen. In der Diakonie Bayern verdienen examinierte Pflegefachkräfte laut Tabelle des AVR ab Gruppe acht 2.395,58 Euro*. Hingegen liegt der Verdienst examinierter Pflegefachkräfte bei der Caritas anhand AVR bei 2.141,16 Euro*, ab Gruppe vier. Folglich verdienen examiniert Pflegekräfte in Bayerndurchschnitt (hier wurde die gleiche Verdienstgruppe berücksichtigt) 2.198,91 Euro*. *Entgeltangabe in Arbeitnehmerbrutto Der Verdienst examinierter Pflegefachkräfte in Bayern liegt wesentlich höher als im Durchschnitt Deutschlands. Dort beträgt dieser lediglich Euro* (vgl. Deshalb sind Abwanderungen examinierter Fachkräfte in andere Bundesländer unwahrscheinlich. Des Weiteren wird der Verdienst examinierter Pflegekräfte im Ausland (Schweiz, Österreich) mit dem Verdienst der Pflegekräfte in Bayern verglichen, um eventuelle Risiken zu identifizieren Verdienst Krankenschwester in der Schweiz jährlich jährlich monatlich monatlich (minimal) (maximal) (minimal) (maximal) Verdienst Krankenschwester CHF CHF In Euro** ,99 Euro ,56 Euro CHF CHF 4.561,67 Euro 4.837,85 Euro Abb.: Lohn Krankenschwester Schweiz, Quelle: Lohncomputer.ch (2012) ** Umgerechnet mit Hilfe des Währungsrechner (vgl. Vergleicht man die erzielten Entgelte examinierter Pflegefachkräften in Deutschland und der Schweiz, wird schnell ersichtlich, dass der Verdienst in der Schweiz 88

89 wesentlich höher ist. Zu beachten ist allerdings, dass die Lebenshaltungskosten wie beispielsweise Lebensmittel und Mietkosten in der Schweiz ebenfalls deutlich höher ausfallen als in Deutschland. Daraus folgt, dass unter Berücksichtigung dieser Faktoren, der Verdienst examinierter Pflegefachkräften in Deutschland und Schweiz ungefähr gleich ausfällt. Jedoch stellt die Schweiz wegen dem höheren Gehalt eine Gefahr dar, da examinierte Pflegefachkräfte, die an der Grenze zu der Schweiz wohnen, eine Arbeitsstelle in der Schweiz annehmen könnten und zwischen Deutschland und der Schweiz pendeln. Hierzu sind leider noch keine Daten bekannt Entlohnung examinierter Pflegekräfte in Österreich Werden die Gehälter der Deutschen Pflegekräfte mit der Entlohnung österreichischer Pflegekräfte verglichen, so werden keine markanten Unterschiede festgestellt. In 109 Abs. 1 des österreichischen Gehaltsgesetzes (GehG) findet sich eine Tabelle, aus der das Gehalt eines Beamten des Krankenpflegedienstes ersichtlich wird. Des Weiteren gebührt den Pflegekräften gem. 111 Abs. 1 S. 1 GehG eine sogenannte Pflegedienst-Chargenzulage. Allgemein lässt sich sagen, dass die Gehälter der examinierten Pflegekräfte in Deutschland und Österreich im Großen und Ganzen gleich sind. Eine Abwanderung der oberallgäuer Pflegekräfte ins nahegelegene Ausland ist daher, nur auf Grund der Entlohnung, nicht zu befürchten. Im Vergleich zu anderen Bundesländern fällt die Entlohnung in Bayern und im Allgäu tendenziell besser aus Zuwanderung aus dem Ausland Zur Debatte steht stets auch die Frage, ob Pflegefachkräfte aus dem Ausland den Mangel an deutschen Pflegefachkräften ausgleichen können. Die entsprechenden Möglichkeiten sind differenziert nach Herkunftsländern und Status zu betrachten Zuwanderung aus Nicht-EU-Ländern Der Zuwanderung aus Nicht-EU-Ländern steht prinzipiell eine restriktive Einwanderungspolitik der Bundesrepublik entgegen. Seit 1973 besteht ein prinzipieller Anwerbestopp für Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Ländern. Im Zuge des drohenden Fachkräftemangels drängen viele Branchen, auch außerhalb der Pflege, auf eine Lockerung. Die Bundesverbände der Pflegewirtschaft verhandeln seit Jahren intensiv in diese Richtung; sie führen auf hoher Ebene Gespräche mit potentiellen Entsendeländern wie China, Vietnam und vor allem den Philippinen. 89

90 Bisher betrachten Bundespolitiker eine Öffnung allerdings mit Skepsis. Dabei spielen sowohl grundsätzliche Bedenken, wie Schutz und Lohnniveau der inländischen Arbeitskräfte, als auch tätigkeitsbezogene Vorbehalte wie der kulturelle Unterschied, abweichende Ausbildungsinhalte und vor allem Sprachprobleme eine Rolle, da die Pflege als persönliche Dienstleistung wesentlich von der gelingenden Kommunikation abhängig ist. Hier ist in nächster Zeit nicht mit einer Entlastung für das Allgäu zu rechnen, da der politische Prozess anhält und aus der Region kaum beeinflussbar ist (vgl. BMWi 2012, S ) Pflegefachkräfte aus EU-Ländern Prinzipiell sähe es mit der Einwanderung aus EU-Ländern besser aus. Hier besteht (nach Ablauf der Übergangsfristen für Neu-Beitrittsländer) Arbeitnehmer- Freizügigkeit. Arbeitskräfte können sich auch in anderen Ländern der EU beruflich betätigen. Für Berufe, in denen eine Anerkennung des Berufsabschlusses zum Tätigwerden erforderlich ist, können allerdings dennoch Hürden auftreten. Altenund Krankenpflege gehören zu diesen Berufen. Obwohl hier gilt, dass die Berufsabschlüsse gegenseitig anerkannt werden, besteht die Zusatzklausel, dass die Anerkennung erst erfolgt, wenn Sprachkenntnisse auf dem Niveau B2 vorgewiesen werden können (vgl. BMWi 2012, S. 38ff.). Die Baden Württembergische Krankenhausgesellschaft mit insgesamt 417 Einrichtungsträgern und 448 Pflegeeinrichtungen hat einen entsprechenden Modellversuch gestartet. Aus ihm wird ersichtlich, welcher Aufwand mit einer Anwerbung und dem Erreichen der Sprachkenntnisse verbunden ist. Der Modellversuch wurde mit Personal aus Spanien und Süditalien durchgeführt. Personal wird im Ursprungsland angeworben. Dabei findet eine Vorauswahl durch ein beauftragtes Institut statt. Dann fahren alle Arbeitgebervertreter, die eine Fachkraft wollen, dorthin, um eine Endauswahl vorzunehmen und die vertragliche Zusage zu geben. Danach kommen die Kandidaten an einen zentralen Ort in Deutschland und erhalten vier Monate lang nur Deutschunterricht inklusive Unterkunft, Verpflegung und Sozialprogramm. Damit wird aber erst das Sprachniveau B1 erreicht. Anschließend verteilen sich die Kräfte auf die Vertragseinrichtungen. Bis dahin kostet das Programm zuzüglich der eignen Reisekosten und Reisezeit. 90

91 In den Einrichtungen können die Angeworbenen nun mangels Anerkennung erst als Pflegehilfskräfte arbeiten. Sie tun dies in Teilzeit und brauchen weiter Sprachunterricht um nach etwa einem Jahr das Niveau B2 zu erreichen. Auch in dieser Zeit erwarten die Kandidaten, dass sie beim Spracherwerb und der Integration fachlich und finanziell unterstützt werden. Erst danach erfolgt die Anerkennung. Da es in den anderen EU Ländern keine Ausbildung in Altenpflege gibt, sondern nur Gesundheits- und Krankenpflege mit Hochschulabschluss, erfolgt die Anerkennung des Berufs Gesundheits- und Krankenpfleger. Dies birgt eine weitere doppelte Gefahr. Nach der Anerkennung besteht keine Begrenzung auf die Altenhilfe. Zudem sind in den Heimatländern die Arbeiten in der Pflege anders auf Berufsgruppen zugeschnitten. Studierte Pflegekräfte machen Behandlungspflege und dispositive Tätigkeiten, sie planen und überwachen die Grundpflege lediglich. Bei uns wird die eigenhändige Durchführung erwartet. Insofern ist ein überwiegender langer Verbleib solcher angeworbener Pflegekräfte in der Altenhilfe nur mit Vorsicht zu erhoffen. Da zudem das Verdienstniveau in den Herkunftsländern dem unseren vergleichbar ist, dürfte eine Rückkehr in die Heimat bei Besserung der wirtschaftlichen Lage wahrscheinlich sein. Auch wenn auf diese Weise die ein oder andere - zu einem vorübergehenden Auslandsaufenthalt hochmotivierte-, akademisch gebildete, junge Pflegekraft gewonnen werden kann, stehen die Aufwendungen dafür in einem ungünstigen Verhältnis zum langfristigen Erfolg. Eine deutliche und zahlenmäßig relevante Entlastung für das Allgäu kann aus EU-Einwanderung zu den derzeitigen Bedingungen nicht erhofft werden. Dies könnte sich ändern, wenn die Sprachbarrieren eines Tages gesenkt werden. 91

92 Existenz in Jahren 7. Kommunale Seniorenpolitik im Oberallgäu 7.1. Seit wann gibt es Seniorenbeauftragte in den Gemeinden? a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y Gemeinden (anonymisiert) Abb.: Seniorenbeauftragte der Gemeinden, Quelle: Eigene Erhebung Das Diagramm stellt dar, wie lange es Seniorenbeauftragte in den Gemeinden des Landkreises Oberallgäu gibt. Die Gemeinden wurden anonymisiert. Am längsten existiert das Amt in Gemeinde S (28 Jahre), am kürzesten in Gemeinde Q (3 Jahre). Der Durchschnitt aller Seniorenbeauftragten liegt bei 12,28 Jahren. Eine Gemeinde hat keinen Seniorenbeauftragten. Es fällt schwer, bezüglich der Einführung eines Seniorenbeauftragten Muster zu entdecken. Verbindungen zwischen Größe oder Lage der Gemeinden und der Dauer des Vorhandenseins der Seniorenbeauftragten sind nicht ersichtlich. Es gibt sowohl kleinere als auch größere Gemeinden und Städte, die schon lange Seniorenbeauftrage haben. Die Lage der Gemeinden scheint ebenfalls überhaupt keine Rolle bei der Entscheidung für die Einführung der Institution Seniorenbeauftragte/r gespielt zu haben. 92

93 7.2. Aufgaben der Seniorenbeauftragten in den Gemeinden Ansprechpartner Veranstaltungsorga politischer Beirat u. Interessenvertretung Beratung Vernetzung Kontakt zum Landratsamt Unterstützung u. Formularhilfe Orga Nachbarschaftshilfe Ehrenamtsvermittlung Leitung einer Seniorengruppe Leitung d. Seniorenzentrums Maßnahmenplanung Erstellung Seniorenprogramm Nennungen Abb.: Aufgaben der Seniorenbeauftragten, Quelle: Eigene Erhebung Diese Grafik zeigt deutlich, dass der Seniorenbeauftragte in vielen Gemeinden vor allem für die Weitergabe von Informationen zwischen Senioren und Gemeindeinstitutionen verantwortlich ist. Er ist oft Ansprechpartner oder internes und externes Sprachrohr. Im weiteren Sinne kann auch die Funktion als politischer Beirat und Interessenvertretung hinzugezählt werden, denn dies geschieht auch zu aller erst durch Kommunikation des Seniorenbeauftragten mit Bürgern und Gemeindeinstitutionen. Des Weiteren werden Seniorenbeauftragte im Oberallgäu sehr oft mit der Planung und Organisation von Veranstaltungen beauftragt. Erst an vierter Stelle der Aufgaben, die in den Interviews mit Gemeindevertretern erfragt wurden, steht die Beratung der Bürger. Rang fünf teilt sich die Vernetzung von Personen, Institutionen und Vereinen der Seniorenversorgung in der Gemeinde mit der Funktion des Bindeglieds zwischen Gemeinde und Landratsamt und der praktischen Unterstützung der Senioren in Behördenangelegenheiten. Alle weiteren Aufgaben wurden je nur einmal genannt und werden also nur in je einer Gemeinde wahrgenommen. Darunter sind die aktive Mitorganisation von Strukturen der Nachbarschaftshilfe und die aktive Vermittlung von Ehrenämtern besonders hervorzuheben. In allen anderen Gemeinden werden diese beiden Funktionen entweder privat organisiert beziehungsweise von regionalen Agenturen außerhalb der Gemeinde übernommen. 93

94 Es liegt nahe, einen Zusammenhang zwischen dem Wohlbefinden der Senioren und der Vielfältigkeit der Aufgaben der Seniorenbeauftragten zu vermuten. Diese Vermutung lässt sich aus den erhobenen Daten heraus jedoch nicht bestätigen. In den Gemeinden C und G haben die Seniorenbeauftragten relativ viele Aufgaben. Die Gesamtheit der von C und G getroffenen Aussagen zeigt, dass es den Senioren in diesen Gemeinden sehr gut geht. Doch auch in Gemeinden K und N ist die Lebensqualität der Senioren sehr hoch einzuschätzen, obwohl die Seniorenbeauftragten dort, formell betrachtet, nur halb so viele Aufgaben haben. In allen vier Gemeinden zeigt sich jedoch ein Muster hinsichtlich der Art der Aufgaben: Der Seniorenbeauftragte steht den Bürgern beratend und unterstützend zur Seite und er hat einen gewissen Einfluss auf die kommunale Seniorenpolitik. Umgekehrt haben die Seniorenbeauftragten der Gemeinden A, I und T nicht weniger oder sogar mehr Aufgaben und dennoch muss die Situation der Senioren in diesen Gemeinden angesichts diverser Indizien kritischer gesehen werden. Neben der Vielfalt der Aufgaben der Seniorenbeauftragten haben aber offensichtlich private Hilfsstrukturen (Vereine, Nachbarschaftshilfe, Kirche) einen ganz entscheidenden Einfluss auf das Wohlbefinden der Senioren in den Gemeinden. Hinsichtlich der Art der Aufgaben kann festgestellt werden, dass mit steigender Einwohnerzahl ein verändertes Aufgabenspektrum der Seniorenbeauftragten besteht. Während in größeren Gemeinden der Aspekt der Verwaltung höher gewichtet wird, ist in kleineren Gemeinden der Vernetzungsaspekt entscheidender. Grundsätzlich ist bei kleineren Gemeinden keine Reduktion des Engagements im Allgemeinen, sondern eher eine Fokussierung auf andere Bereiche festzustellen. Die in diesem Bericht verwendeten Daten über das Wohlbefinden der Senioren wurden bei den Seniorenbeauftragten und / oder Bürgermeistern der oberallgäuer Gemeinden erfragt. Da sich grundsätzlich jede Gemeinde gut repräsentieren möchte, ist es nur eingeschränkt möglich, das Wohlbefinden der Senioren korrekt einzuschätzen. Eine zusätzliche Befragung wäre hier durchaus als sinnvoll zu erachten, um unter anderem eine Relation zwischen beiden Sichtweisen zu erlangen. 94

95 7.3. Maßnahmen und Projekte der Gemeinden Anzahl 0 Abb.: Maßnahmen und Projekte der Gemeinden, Quelle: Eigene Erhebung In den oberallgäuer Gemeinden finden sich insgesamt 32 Angebote zu altersgerechten Wohnformen. Davon entfallen 15 auf betreutes Wohnen, zehn auf Altenheime und Seniorenanlagen. Ebenso gibt es noch Pflegedienste, Begegnungsstätten und Seniorenwohnungen. Auffällig ist hier vor allem, dass betreutes Wohnen und Altenheime häufig in Kombination auftreten. Besonders erwähnenswert ist die Idee des Wohnformenkonzepts in Sonthofen. Sollte das Altenheim Spital nicht ausgelastet sein, kann es aufgrund optimaler räumlicher Gegebenheiten in ein Mehrgenerationenhaus umgewandelt werden. Grundsätzlich gut ist die Versorgung mit Lebensmitteln und Arzneien in den meisten Gemeinden, denn es gibt Einkaufsmöglichkeiten vor Ort. In Randgemeinden und kleinen Ortschaften sind solche Versorgungsstrukturen jedoch nicht selbstverständlich. Senioren, die nicht mehr in der Lage sind, selbst einkaufen zu gehen, sind außerdem in den meisten Gemeinden abhängig von Angehörigen, Bekannten oder Pflegediensten. Nur wenige Gemeinden bieten einen organisierten Hol-, Bring- und Lieferdienst an. Außerdem besteht dieser Dienst häufig nur für Arzneien und Lebensmittel. Der Markt Oberstdorf ist ein Beispiel für kreative Lösungsansätze: Dort hat der Förderverein für Senioren- und Behindertenarbeit 95

96 e.v. Oberstdorf in Zusammenarbeit mit Edeka und einer örtlichen Taxizentrale einen Einkaufservice für Senioren organisiert. Im Oberallgäu gibt es sechs so genannte Agenturen, die Ehrenamtsaufgaben vermitteln, wie beispielsweise die Freiwilligenagentur Oberallgäu in Sonthofen. Darüber hinaus gibt es zwar etliche ehrenamtliche Angebote für Senioren, sie werden aber durch private Vereine oder die Kirchen organisiert und betreiben keine Ehrenamtlichenvermittlung im eigentlichen Sinn. Organisierte Nachbarschaftshilfe findet in drei Gemeinden statt. In Lauben gibt es eine Telefonhotline, die Menschen anrufen können, wenn sie Hilfe benötigen. Ehrenamtliche Helfer aus der Nachbarschaft werden über das Anliegen informiert und nehmen sich der Angelegenheit an. In Missen- Wilhams organisieren Angehörige gemeinsam mit 10 ehrenamtlich tätigen Frauen eine nachbarschaftliche Hilfe. In Dietmannsried wiederum ist es eine Gruppe der katholischen Kirchengemeinde, die ein Netzwerk Familie betreibt und subsidiär Besuche - Beratung - Begleitung - Gespräche - Hilfe im Alltag organisiert. Es wird deutlich, dass diese Angebote in der Regel privat oder in kirchlicher Trägerschaft organisiert sind. In den meisten Gemeinden des Oberallgäu ist nach Aussage der Gemeindevertreter der Zusammenhalt der Bürger untereinander so gut, dass Nachbarschaftshilfe auch ohne formelle Strukturen funktioniert. Im gesamten Oberallgäu gibt es in 18 Gemeinden Beratungsangebote für Senioren, Renten- und Bürgerberatungen, der Sozialverband VDK, Wohlfahrtsverbände und die Seniorenbeauftragten, die laut eigener Aussage jederzeit ein offenes Ohr für die Senioren haben. Interessant ist, dass es nicht nur kleine Gemeinden sind, die keine Beratung anbieten. Auch die Quartiersarbeit wird in den Gemeinden des Oberallgäu noch sehr wenig angewendet. Nur in Dietmannsried ist sie Teil des Seniorenpolitischen Gesamtkonzeptes. Das Kolpinghaus in Immenstadt, das als Seniorenbegegnungsstädte Menschen aus der Gemeinde zusammenführt, kann eventuell als Startpunkt für Quartiersarbeit dienen. Das Spitalcafé in Sonthofen arbeitet ähnlich. In einem Seniorenwohnheim angesiedelt, versucht es, Bewohner des Quartiers anzulocken und die soziale Integration der Heimbewohner zu fördern. In Oberstaufen gibt es einen ersten Ansatz, der in Richtung Quartiersarbeit führen kann: Die katholische und die evangelische Pfarrgemeinde haben mit der Caritas einen Runden Tisch ins Leben gerufen. Es soll ein "Wohnviertelapostolat" entstehen. Es wird sich zeigen, welche konkreten Funktionen es übernehmen wird. 96

97 Ansonsten laufen elf Projekte, die den oben aufgeführten nicht entsprechen, die jedoch der sozialen Integration der Senioren in ihren Gemeinden dienen. In Oberstdorf gibt es zum Beispiel mehrere Strom-Tankstellen für das Aufladen von elektrischen Rollstühlen Zusammenarbeit mit Pflegediensten vor Ort Ein Beispiel für eine besonders gut funktionierende Kooperation zwischen Pflegedienst und Gemeinde vor Ort ist Dietmannsried mit dem Verein für ambulante Kranken- und Altenpflege der Caritas. Der Verein versorgt die Einwohner der Gemeinden Dietmannsried, Probstried, Schrattenbach, Reicholzried, Lauben und Krugzell. Die enge Verflechtung der Gemeinden mit der Caritas wird in der Geschäftsführung des Vereins deutlich: Der erweiterte Vorstand besteht aus den beiden Vorsitzenden, dem Schriftführer, dem Kassenführer, dem Bürgermeister der Gemeinde Dietmannsried und den Ortspfarrern der oben genannten Gemeinden. Darüber hinaus steht er in enger Kooperation mit dem ortsansässigen Geschwister Roth Seniorenzentrum und der Pfarrgemeinschaft Dietmannsried. Die Leistungen des eingetragenen Vereins umfassen die Behandlungspflege (z.b. Medikamentengabe, Wundversorgung, Versorgung nach einem Krankenhaus- oder Reha- Aufenthalt, etc.), die Hilfe bei der Körperpflege, individuelle Beratungsgespräche und die hauswirtschaftliche Versorgung. Ergänzend bietet der Verein Hilfestellungen bei der Organisation von Wallfahrten, Krankengottesdiensten und Patientenausflügen. Das Geschwister Roth Seniorenzentrum konnte aufgrund der im Testament bekundeten Erbschaft von Frau Maria Roth 1996 durch die Gemeinde Dietmannsried finanziert und erbaut werden. Jedoch wird es heute nicht von der Gemeinde selbst, sondern von der Allgäu Stift GmbH betrieben. In dem Zentrum gibt es eine Beratungsstelle für die Bürger von Dietmannsried, die hier eine niederschwellige Beratung zu Themen des Älterwerdens und der Pflege erfahren. Die Pfarrgemeinde Dietmannsried engagiert sich darüber hinaus auch im bereits angesprochenen Netzwerk Familie. Dieses ehrenamtliche Helferprogramm führt folgende Tätigkeiten aus: - Krankenbesuche - Alltagsunterstützung bei kurzzeitigen Notlagen - Unterstützung bei der Kinderbetreuung - Begleitung bei Arztbesuchen - Beratungsgespräche zu weiterführenden Hilfen 97

98 Nebenbei wird durch das Netzwerk Familie der monatliche Generationentreff im Geschwister Roth Seniorenzentrum organisiert. Hier wird das generationenübergreifende Konzept besonders deutlich. Es dient auch dazu, weitere freiwillige Helfer für das Netzwerk zu gewinnen Seniorenpolitische Schwerpunkte in den Gemeinden Einleitend muss festgehalten werden, dass nur die Gemeinde Dietmannsried ein eigenes seniorenpolitisches Konzept entwickelt hat. Die übrigen Gemeinden des Oberallgäus haben mit dem Landkreis vereinbart, dass ein übergreifendes Konzept durch die Kreisverwaltung ausgearbeitet wird. Die Auswertung der Befragungen der oberallgäuer Bürgermeister oder Seniorenbeauftragten hat ergeben, dass in fünf Gemeinden gar keine seniorenpolitischen Ziele verfolgt werden. In den übrigen Kommunen lassen sich aber sehr wohl seniorenpolitische Schwerpunkte erkennen. Für die Auswertung der Daten haben wir einzelne Angaben zu Oberpunkten zusammengefasst. Verbleib im Wohnumfeld Soziale Integration Informationsaustausch Nennungen Beratung Abb.: Seniorenpolitische Schwerpunkte, Quelle: Eigene Erhebung An erster Stelle der Seniorenpolitik steht der Wunsch der Bürger, auch im Alter im vertrauten Wohnumfeld verbleiben zu können. Daher versuchen die Kommunalpolitiker, die Ortsstruktur aufrechtzuerhalten und seniorenfreundlich zu gestalten. Sie bemühen sich, die lokalen Versorgungsstrukturen, z.b. Dorfläden, zu erhalten und Hilfsangebote der ambulanten und stationären Pflege auszubauen. Damit einher geht in der Ortsplanung und gestaltung die Barrierefreiheit. Dies ist nicht nur für Senioren ausschlaggebend, sondern betrifft auch Bereiche der Behinderten- und Familienpolitik. So wird zum Beispiel im Rahmen einer Ortskernsanierung in der Gemeinde W in Betracht gezogen, auf Kopfsteinpflaster am Kirchplatz zu verzichten. 98

99 Zweitens ist den Kommunalpolitikern der Informationsaustausch mit den alteingesessenen Bürgern wichtig. Sie organisieren daher Veranstaltungen wie zum Beispiel einen Seniorenausflug (Gemeinde A), den der Bürgermeister selbst leitet, oder Kaffeenachmittage, die dem Meinungsaustausch dienen sollen. Einige Gemeinden haben Einwohnerbefragungen durchgeführt, deren Ergebnisse als Grundlage für seniorenpolitische Entscheidungen dienen sollen. Die Seniorenbeauftragte der Gemeinde C informiert den Gemeinderat zusätzlich jährlich über die aktuelle Situation der Senioren. Außerdem hat man dort und in einigen anderen Gemeinden einen Seniorenbeirat installiert. Der Informationsaustausch kann allerdings auch in die andere Richtung stattfinden: Eine Gemeindefahrt, die in Gemeinde H stattfindet, soll die Senioren über die Veränderungen im Dorf unterrichten. Die Fahrt wird vom Bürgermeister höchstpersönlich organisiert und geleitet. Der Wissensdurst der Senioren, wer in die Dorfgemeinschaft zugezogen ist oder wer welchen Bauplatz gekauft hat, soll so gestillt werden. Freilich dient der Informationsaustausch auch der sozialen Integration der Senioren. Dies wurde ebenfalls als seniorenpolitisches Ziel genannt. Die Gemeinde R hat zum Beispiel zusätzlich ein Seniorenteam gegründet, welches die Jubilare in der Gemeinde besucht. Der Dorfzusammenhalt und die Teilhabe der Senioren am Dorfgeschehen nehmen dadurch zu. Ein weiterer Schwerpunkt der kommunalen Seniorenpolitik lässt sich deutlich in der behördlichen Beratung der Bürger erkennen. Auch wenn dies nur von Gemeinden C in den Befragungen explizit geäußert wurde, zeigt die Auswertung der tatsächlich durchgeführten Maßnahmen, dass so gut wie alle Gemeinden Beratungsangebote vorhalten. Gemeinde C bietet ein soziales Bürgerbüro an, bei dem einmal wöchentlich eine kostenlose Beratung angeboten wird. Innerhalb der Beratung legen die Gemeinden ihren Schwerpunkt vor allem auf die Rentenberatung, welche in nahezu allen Kommunen angeboten wird (siehe auch S. 54) Wohlbefinden der Senioren in den Gemeinden Zum Wohlbefinden der Senioren lässt sich sagen, dass die Seniorenbeauftragten und Bürgermeister der Kommunen von einer sehr hohen Zufriedenheit der älteren Bevölkerung ausgehen. Einige Kommunen haben diese auch durch Befragungen evaluiert. 99

100 0 3 1 Zufrieden Unzufrieden Keine Angabe 21 Abb.: Zufriedenheit der Senioren, Quelle: Eigene Erhebung Jedoch werden ganz unterschiedliche Gründe für diese Stimmungslage angegeben: 8 Teilhabe (Familie, 7 Verein, Gemeinde) 6 Wohnqualität und 5 Infrastuktur 4 Seniorenbeauftrage/r 3 2 Präventionsangebote 1 0 Freizeitangebote Wohlstand Abb.: Gründe für Zufriedenheit der Senioren, Quelle: Eigene Erhebung Es fällt auf, dass im Speziellen die konsequente Teilhabe in Familie und Gemeinde, besonders in ländlicheren Kommunen, sowie die verschiedensten Angebote zur Prävention von Pflege und Vereinsamung als Gründe für die Zufriedenheit der Senioren angesehen werden. Ebenso wird die Arbeit der Seniorenbeauftragten von den befragten Gemeindevertretern als wichtig erachtet. Des Weiteren spielt die 100

101 Wohnqualität eine große Rolle. Sie wird von so unterschiedlichen Faktoren wie der barrierefreien baulichen Gestaltung der Kommunen, dem Vorhandensein von ambulanten und stationären Pflegeangeboten oder auch der Lage inmitten der allgäuer Natur bestimmt. Seltener erachten Gemeindevertreter vielseitige Freizeitangebote und Wohlstand für entscheidend. Sehr selten nannten die befragten Bürgermeister oder Seniorenbeauftragten auch Faktoren, die zu einer Unzufriedenheit der Senioren in einigen Gemeinden führen. In einigen Kommunen wird schon heute Altersarmut als Auslöser für Unzufriedenheit diskutiert. Des Weiteren ist Vereinsamung ein bekanntes Problem. Obwohl Seniorenbeauftragte und Bürgermeister von einer hohen Zufriedenheit der Senioren mit ihrer aktuellen Situation ausgehen, herrscht ein deutlicher Pessimismus in den Gemeinden: 3 Schlechter 8 14 Besser Stabil Abb.: Zukunftserwartungen der Gemeinden, Quelle: Eigene Erhebungen Dieser Pessimismus wird vor allem mit den Auswirkungen des demographischen Wandels begründet. Es herrscht in manchen Kommunen große Unsicherheit, wie in Zukunft die Versorgung der Senioren und insbesondere der Pflegebedürftigen sichergestellt werden kann. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass es nicht möglich ist, ein Muster zu erkennen, welche Gemeinden optimistisch und welche pessimistisch eingestellt sind. Betrachtet man die optimistisch eingestellten Gemeinden wird deren Heterogenität schnell deutlich: Drei von Ihnen haben konkrete Pläne oder Konzepte 101

102 für die Zukunft, die zeigen, dass man sich auf die zukünftigen Herausforderungen einstellt. 7 weitere Gemeinden sind optimistisch und zeigen aktuell auch gute Ansätze, die beweisen, dass die Seniorenversorgung ein wichtiges Thema in ihrer Politik darstellt, wenn auch keine Konzepte für die Zukunft existieren und verfolgt werden. Den übrigen fünf Optimisten muss jedoch bescheinigt werden, dass sie nur sehr wenig dafür tun, dass ihre Zuversicht nicht enttäuscht wird. In diesen Gemeinden wird aktuell stark darauf vertraut, dass informelle private Hilfe praktiziert wird und dies auch in Zukunft so sein wird. Eine Gemeinde vertraut sogar darauf, dass die gute Luft und die geringe Verkehrs- und Industriebelastung der Ortschaft auch in Zukunft das Wohlergehen der Senioren sichern wird. Auch ist es nicht möglich einen geografischen Zusammenhang herzustellen. Unter den Pessimisten sind sowohl größere Städte als auch sehr kleine Gemeinden. Selbst wenn man nur kleine Gemeinden, die weit von Ballungsräumen entfernt sind, betrachtet, zeigt sich keine einheitliche, womöglich pessimistischere, Sicht auf die Zukunft. Unter den Pessimisten sind sowohl kleine Gemeinden, die nahe an den größeren Städten der Region angesiedelt sind, als auch solche, die weiter abseits liegen. 102

103 8. Best Practice Seniorenversorgung Um einen Pflegenotstand, der sich aus den oben angeführten Problemstellungen zweifelsohne ergeben wird, zu verhindern, werden gegenwärtig in ganz Deutschland und darüber hinaus spezielle Lösungsansätze entwickelt und erprobt. Dabei werden folgende Aspekte berücksichtigt (vgl. Krayss (2006), S. 6f, Krayss/Rothen (o.j.) S. 5f.): Stärkung der Eigenverantwortung und Selbsthilfekräfte älterer Menschen: In einem aktivierenden Staat sollen die Betroffenen die Möglichkeit erhalten, unter vielfältigen Hilfsangeboten auswählen und an der Mitgestaltung ihres persönlichen Hilfeplans teilhaben zu können. Stärkung der Vernetzung: Entgegen der Isolation einzelner Institutionen sollen Netzwerke geschaffen werden, die die Zusammenarbeit von Bürgern, gesellschaftlichen Organisationen, Wirtschaft und Staat fördern sollen. Folglich soll eine Balance zwischen Selbsthilfe und professionellen Angeboten erreicht werden. Ausbau von Lebensräumen: Um ein möglichst langes, selbstbestimmtes Wohnen in den eigenen vier Wänden zu garantieren und somit den Aufenthalt in Heimen zu verringern, müssen Maßnahmen hinsichtlich barrierefreier Neubauten und Vernetzungen zwischen ambulanten Leistungserbingern und Wohnbaugesellschaften getroffen werden. Im Folgenden werden reelle, bereits bestehende, Konzepte dargestellt, die sich auf die bereits erwähnten Problemstellungen beziehen und deren eigens entwickelte Lösungsansätze an die genannten Visionen anknüpfen. Zudem bieten die Beispiele Richtlinien für die Umsetzung vergleichbarer Ansätze im Raum Oberallgäu im Hinblick auf Prävention, altersgerechte Wohnstrukturen, Nachbarschaftshilfen, Quartiersarbeit, ehrenamtliche Tätigkeiten, Beratungsstellen und effiziente Nutzung vorhandener Versorgungsstrukturen SONG Soziales neu gestalten Bei dem SONG- Netzwerk handelt es sich um einen Zusammenschluss mehrerer Akteure der Sozialwirtschaft, deren Ziel es ist, die zukünftigen Herausforderungen und Chancen des demographischen Wandels aktiv und gemeinsam zu gestalten. 103

104 Die Kooperationspartner sehen sich in der Verantwortung, neue und innovative Konzepte und Mechanismen in den verschiedensten Bereichen, wie beispielsweise in der Alten-, Behinderten- und Jugendhilfe zu entwickeln Netzwerkpartner Das SONG- Netzwerk besteht aus sechs Teilnehmern, die nun im Folgenden näher vorgestellt werden. Bertelsmann Stiftung CBT Bank für Sozialwirtschaft AG SONG Bremer Heimstiftung Stiftung Liebenau evangel. Johanneswerk 1) Bertelsmann Stiftung (1977) Die Arbeit der Bertelsmann Stiftung beruht auf der Überzeugung, dass gesellschaftlicher Fortschritt auf Wettbewerb und bürgerlichem Engagement basiert. Zudem streben sie danach, frühzeitig gesellschaftliche Problemfelder zu entdecken, um dann weltweit nach bestmöglichen Lösungsansätzen zu suchen oder geeignete Modelle eigens zu konzipieren. 104

105 2) CBT Caritas- Betriebsführungs- und Trägergesellschaft mbh (1979) Die freigemeinnützige und katholische Trägergesellschaft begründet ihr Handeln in den Grundsätzen christlichen Handelns, woraus sich ihr Ziel ableitet, Betroffene während ihrer Hilfsbedürftigkeit zu begleiten und zu unterstützen. Ihre Einstellung spiegelt sich in folgendem Zitat wieder: Ohne Wirtschaftlichkeit ist ein christliches Haus nicht zu halten, doch ohne Menschlichkeit und Nächstenliebe ist es ihn ihm nicht auszuhalten. 3) Bremer Heimstiftung (1953) Der Fokus der Bremer Heimstiftung liegt auf der Gestaltung eines aktiven und niveauvollen Lebens im Alter, das durch Toleranz, Herzlichkeit und lebendige Offenheit nach innen und außen geprägt ist. Die Bremer Heime, die eigens zur Erreichung dieses Ziels aufgebaut werden, stellen in Verbindung mit verschiedenen anderen Akteuren, wie z.b. den Volkshochschulen, Begegnungsstätten und Kindetagesstätten, einen lebendigen Treffpunkt für Menschen aller Generationen dar. 4) Evangelisches Johanneswerk (1951) Das zu einem der größten diakonischen Träger Europas zählende evangelische Johanneswerk beschäftigt sich vor allem mit Hilfeleistungen für alte, kranke und behinderte Menschen, sowie für Kinder und Jugendliche. Ihrer Überzeugung nach bestimmen Faktoren wie Wirtschaftlichkeit, Qualität, Messbarkeit der Leistungen und ethische Grundsätze den Erfolg ihres Handelns. 105

106 5) Stiftung Liebenau (1870) Wie auch die CBT folgt die Stiftung Liebenau in ihrer Tätigkeit den Grundsätzen christlichen Handelns. Die Stiftung Liebenau unterstützt alte Menschen darin, dass sie ihr Leben soweit wie möglich selbstbestimmt und würdevoll nach ihren Vorstellungen gestalten können (Stiftung Liebenau 2012). 6) Bank für Sozialwirtschaft AG Die Bank für Sozialwirtschaft AG nimmt sich der Aufgabe an, den Anforderungen der Sozialwirtschaft in ihrem Angebot und ihren Beratungsleistungen gerecht zu werden. Zusammenfassend kann man sagen, dass das SONG Netzwerk mit all ihren Akteuren rund Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschäftigt, die einen Jahresumsatz von über drei Millionen Euro erwirtschaften Leitbild des Netzwerks Das Handeln von SONG unterliegt der Vorstellung, Rahmenbedingungen für ein subsidiäres Hilfesystem zu schaffen, damit Werte der Solidarität, Subsidiarität, des Wettbewerbes und der bürgerlichen Eigenverantwortung genutzt werden können. Dadurch soll eine Vernetzung von professionellen und freiwilligen Diensten gelingen, wobei vorausgesetzt wird, dass das Hilfesystem von Stabilität und Verlässlichkeit gekennzeichnet ist. Folglich soll eine menschenwürdige Betreuung hilfsbedürftiger Menschen erreicht werden, Prävention und Lösung sozialer Probleme durch innovative Maßnahmen erzielt werden Finanzierung Finanzielle Unterstützung erhält das Projekt, neben Quersubventionen der Träger selbst, auch von Bewohnern, Kommunen und der Wohnungswirtschaft. Jedoch wurde die Ausbreitung des Modells aufgrund fehlender öffentlicher Regelfinanzierung nicht gewährleistet. Die komplexe Finanzierung des Projekts verlangt eine ökonomisch effiziente Wirtschaftsweise, die sich im Netzwerk durch 106

107 die enge Kooperation, gemeinsame Nutzung von Ressourcen und ein systematisch verbindliches Gestaltungsprinzip zeigt (vgl. Krayss (2006), S.21f.) Realisierte Projekte Im Folgenden soll nun auf zwei bereits bestehende und durch verschiedene Akteure des SONG- Netzwerks konzipierte Beispielprojekte näher eingegangen werden, den Modellansätzen Haus im Viertel der Bremer Heimstiftung und Lebensräume für Jung und Alt der Stiftung Liebenau Haus im Viertel Bremer Heimstiftung Einen möglichen Ansatz eines quartiersbezogenen, vernetzten Projekts stellt das Haus im Viertel im Bremer Stadtteil Steintorviertel dar, das von der Bremer Heimstiftung entwickelt und umgesetzt wurde. Ausgangspunkt des Konzepts ist das Bremer Steintorviertel ist, ein sogenanntes Multi-Kulti-Viertel mit Ladengeschäften, Gastronomie, Kultur und Resten alten Handwerks, das durch das Zusammenleben von Bewohnern unterschiedlichster Generationen und Berufe gekennzeichnet ist. Durch die herkömmliche Bauweise der er Jahre, in denen schmale, enge Häuser mit zahlreichen Stockwerken typisch waren, und in denen kaum ein Aufzug vorhanden war, aber auch aufgrund fehlender Pflegeplätze und Wohnformen für einheimische Senioren, bestand die Gefahr, dass diese nicht im Viertel wohnen bleiben können würden. Haus im Viertel, das auf dem leer stehenden Gelände einer alten Brotfabrik aufgebaut wurde, will dieser Problematik entgegenwirken, aber auch zahlreiche weitere Ziele verfolgen: Prävention, Sicherheit und Geborgenheit, Unterstützung des Vertrauens in die eigenen Fähigkeiten, aber auch die Vermeidung von Vereinsamung spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Man versucht, dies durch Förderung nachbarschaftlicher Kontakte und des Austausch zwischen den jungen und älteren Generationen zu erreichen. Zielgruppe des Projekts soll nicht nur Senioren, sondern auch andere Menschen mit Hilfebedarf, zum Beispiel Menschen mit Behinderung sein. Es werden spezielle Treffpunkte für alle Bewohnerinnen und Bewohner im Quartier aufgebaut. Die Bewohner wurden schon in einer frühen Projektphase in die Entwicklung eines Leitbilds einbezogen und werden regelmäßig zur ehrenamtlichen Mitarbeit und nachbarschaftlichen, gegenseitigen Hilfe motiviert. Außerdem intergiert der Ansatz die pflegerische und medizinische Versorgung im Quartier, so dass Heim- und Klinikaufenthalte hinausgezögert oder sogar ganz vermieden werden können. 107

108 Das Konzept der Bremer Heimstiftung wird auf zwei verschiedenen Ebenen umgesetzt: Zum Einen baut und betreibt die Stiftung Wohn- und Dienstleistungseinrichtungen, zum Anderen vernetzt sie diese Angebote mit weiteren Dienstleistern und Einrichtungen im Quartier. So kann den Bewohnern ein umfangreiches und differenziertes Angebot an Leistungen garantiert werden. Die beteiligten Akteure des Konzepts setzten sich wie folgt zusammen: Bremer Heimstiftung als Initiator "alle, die einund ausgehen" Kooperationspartner Unter dem Gesichtspunkt der Finanzierung des Projekts nimmt die Bremer Heimstiftung eine wichtige Rolle ein. Der Wohnungsbau und der Umbau des Alten Fundaments konnten nur mithilfe von Eigenmitteln und Krediten der Stiftung, ergänzt durch eine Erbschaft, sowie durch Förderung durch die Stiftung Wohnliche Stadt realisiert werden. Mittlerweile stellen auch die Mieten eine wichtige Einnahmequelle dar. Das Haus im Viertel wurde von allen Bewohnern im Quartier positiv aufgenommen, da es zu einer Verbesserung des Wohnumfelds für Hilfsbedürftige führt. Aufgrund der zahlreichen angebotenen Dienstleistungen konnten Heimaufenthalte vermieden werden. Das Projekt wurde letztendlich auch mit dem Anerkennungspreis beim Werkstatt- Wettbewerb Quartier der Bertelsmann Stiftung und des Kuratoriums Deutsche Altershilfe ausgezeichnet, was die hohe Zufriedenheit aller Beteiligter widerspiegelt. (vgl. Netzwerk soziales neu gestalten 2010a) 108

109 Stiftung Liebenau: Lebensräume für Jung und Alt Im Konzept Lebensräume für Jung und Alt geht es vor allem darum, ein bekanntes Dilemma aufzulösen: Während ältere Menschen auf der einen Seite möglichst lange in den vertrauten eigenen Vier- Wänden leben möchten, verbirgt sich auf der anderen Seite jedoch die Gefahr der mangelnden Unterstützung bzw. Hilfestellung bei alltäglichen Problemstellungen. Aus der Tatsache, dass familiäre Unterstützung in der heutigen Zeit nicht mehr überall möglich ist lässt sich schließen, dass professionelle soziale Dienstleistungen und Nachbarschaftshilfe, welche nur durch einen Generationenmix erreicht werden kann, immer mehr an Bedeutung gewinnen. Die Stiftung sorgt daher ein differenziertes Wohnungsangebot, das sowohl Senioren als auch Familien und Einzelhaushalten gerecht werden soll, und legt Wert auf eine gut ausgebaute Infrastruktur vor Ort. Neben den professionellen Angeboten fördert die Stiftung vor allem den Austausch und die Unterstützung der Bewohner untereinander. So sollen u.a. Begegnungsräume geschaffen werden und Vermittlung bzw. Beratung stattfinden. Damit der Austausch funktioniert, soll er durch eine professionelle Gemeinwesenarbeit (GWA) moderiert und gelenkt werden, welche jeweils quartiersbezogen arbeiten soll. Alle Wohnungen des Projektes sind altersgerechte, barrierefreie Zwei- bis Vierzimmerwohnungen ( Quadratmeter). Neben den Wohnungen befindet sich an jedem Projektstandort ein Servicezentrum mit einem Büro und Gemeinschaftsräumen. Positiv hervorzuheben ist der Umstand, dass eine gewisse Anzahl an Wohnungen öffentlich gefördert wird und dass Wohnungskäufer ein zinsverbilligtes Darlehen in Anspruch nehmen können. Eine weitere Besonderheit in der Umsetzung des Projektes ist die Einrichtung eines Sozialfonds. Dieser dient der Finanzierung der Gemeinwesenarbeit. In den Sozialfonds fließen neben den Verkaufserlösen aus Wohnungen und Zuschüsse der jeweiligen Gemeinden auch Spenden. Die verschiedenen Kosten und Finanzierungsquellen sollen im folgenden Schaubild noch einmal verdeutlicht werden: 109

110 Wohnungsfinanzierung Finanzierung über normalen Eigentums-/ Mietwohnungsbau (WEG, Generalmietvertag etc.) Verkauf und Vermietung an Privatpersonen Finanzierung der Gemeinwesenarbeit Zuschüsse aus der Stiftung Liebenau bzw. den Gemeinden Finanzierung aus Geldern des Sozialfonds Gründung eines Sozialfonds als Kapitalstock (bzw.alternativ Bürgerstiftung) Erlöse aus dem Wohnungsverkauf Bareinlage der Kommunen Spenden Abb.: Finanzierung der Stiftung Liebenau, Quelle: Netzwerk soziales neu gestalten 2010b Fazit der SONG- Netzwerke Mit dem Auf- bzw. Umbau von barrierefreien Wohnungen, sowie der Förderung der nachbarschaftlichen, gegenseitigen Unterstützung durch die Bewohner eines Quartiers, geht das SONG Netzwerk erfolgreich eigene Wege, die stationäre Versorgung und Heimaufenthalte hinauszögern können Urbanes Wohnen München e.v. Die Vereinigung, die 1973 aus der gleichnamigen Genossenschaft und einer Bewohnerinitiative Dorf in der Stadt entstanden ist, setzt sich zum Ziel, der ansteigenden Unwirtlichkeit der Städte in praktischer Selbsthilfe zu begegnen und neue Ansätze für das städtische Wohnen zu schaffen. Die Bewohner sollen zur Mitarbeit bei der Neugestaltung und Verschönerung ihres Wohnumfelds motiviert werden und zu einem selbstbestimmten, nachbarschaftlichen und demokratischen Wohnen aufgefordert werden. Aber auch das Umweltbewusstsein soll im Rahmen einer ökologisch orientierten Umweltgestaltung, einem sogenannten Ökodesign, gefördert werden. Des Weiteren soll Wohnungsnot vermieden werden. Als Vermittler zwischen Bürgern und der planenden Verwaltung, aber auch zwischen Mietern und Hauseigentümern, arbeitet Urbanes Wohnen mit unterschiedlichen Akteuren, wie beispielsweise Landesbehörden, Kommunalverwaltungen, Bau- und Sanierungsträgern oder Privateigentümer 110

111 zusammen, um Projekte zur Verbesserung aller Bereiche des Spektrums vom Wohnumfeld bis zur Nachbarschaft zu initiieren Organisation und Aufbau Organisiert ist der Verein Urbanes Wohnen e.v. in drei Hauptgruppen: Den ehrenamtlichen Arbeitsgruppen, den geförderten Projektgruppen und der Abteilung Planung und Forschung. In den unterschiedlichen ehrenamtlichen Arbeitsgruppen, wie beispielsweise der Arbeitsgemeinschaft Wohnen oder der Selbsthilfe Initiative Solidarisch Wohnen, arbeiten Bewohner, Angehörige, Freunde und Vereinsmitglieder zur Lösung momentan anstehender Problematiken in ihrem Haus, Wohnumfeld oder Quartier zusammen. Durch den Verein fachlich beraten, legen die Arbeitsgruppen mit ihren Ideen und Initiativen oft den Grundstein für neue Modellprojekte. Die geförderten Projektgruppen informieren und beraten die Bewohner, Initiativen und Einrichtungen vor Ort über neue Projekte. Ziel dieser Gruppen ist es, den Bürgern während der Organisations-, Planungs- und Realisationsphase der entwickelten Ideen unterstützend zur Seite zu stehen und diese dabei vor allem zur Selbsthilfe und Mitwirkung anzuregen. In der Abteilung Planung und Forschung, der sogenannten Entwicklungswerkstatt für innovative Projekte, arbeiten freiberufliche Fachleute aus dem Bereich Architektur, Städtebau, Freiraumgestaltung und Gemeinwesensarbeit zusammen Beispiele und Angebote des Vereins Nach der Erläuterung des Aufbaus und der Funktionsweise des Vereins werden nun einzelne Beispiele und Angebote von Urbanes Wohnen näher beschrieben. Die Aktion Grüne Hinterhöfe, die als Münchner Hofbegrünung ein Vorbildkonzept für weiter Großstädte darstellt, berät und informiert seit 1974 Hausbesitzer, Mieter und Bewohnerinitiativen bei der Umgestaltung und Verschönerung ihrer grauen Hinterhöfe zu grünen Stadtoasen. Weitere Projekte waren die Aktion Grüne Wände, Neuperlach soll blühen und Integriertes Wohnen in der Wohnanlage an der Volpinistraße. Bewohner, die das Ziel haben, ihr Wohnumfeld zu verbessern und zu verschönern oder in ihrem Quartier die nachbarschaftliche Unterstützung zu fördern, können die kostenlose Erstberatung des Vereins in Anspruch nehmen. Im Rahmen dieses Angebots erfolgt eine Information über die ersten Schritte, die bei dem Aufbau und 111

112 der Planung eines solchen Projekts berücksichtig werden müssen, sowie die Vorstellung bereits bestehender Nachbarschafts- und Wohnaktionen. Mithilfe der Interessentenbörse oder der Wohnprojektbörse können im Anschluss daran engagierte Helfer für die Umsetzung der Ideen gewonnen werden. Stehen die Initiatoren und Mithelfer fest, werden diese in einer individuellen Beratung eigens für Projektgruppen in Gestaltungsfragen, Gruppenprozessen und konflikten, Rechtsformen und Finanzierung, aber auch im Bereich Bebauungsplan, Architektur, sowie Grundstücks- und Objektsuche fachlich unterstützt Fazit des Urbanen Wohnens e.v. Zusammenfassend kann man sagen, dass der Verein Urbanes e.v. sinnvolle Projekte im Bereich Wohnen und Wohnumfeld entwickelt und umsetzt. Besonders hervorzuheben ist die Miteinbeziehung der Bürger und Bewohner, denen auch bei der Umsetzung ihrer eigenen Ideen eine bestmögliche Beratung und Betreuung zur Verfügung steht. (vgl. Urbanes Wohnen e.v. 2012) 8.2. MehrGenerationen- Wohnen im Herrenbach Geisberghof Die Wohnanalage Geisberghof ist ein gemeinsames Projekt der Wohnungsbaugesellschaft Augsburg GmbH (WBG) und dem Wohlfahrtsverband AWO Augsburg. Ziel ist es, einen Generationenmix zu schaffen, der ein gemeinschaftliches Zusammenleben von Jung und Alt garantiert. Durch eine möglichst aktive Nachbarschaft sollen gegenseitige Unterstützungshilfen unter den Einwohnern entstehen, die eine professionelle pflegerische Betreuung hinauszögern oder überflüssig machen. Den Ausgangspunkt stellte die im Jahr 2008 und 2009 durchgeführte Grundsanierung von Wohnbauanlagen aus den 50er Jahren dar. Dadurch entstanden insgesamt 81 neue Wohnungen, welche sich in 38 betreute und 43 normale Wohnungen gliedern. Barrierefreie Zugänge oder auch Hausnotrufanlagen sollen dazu beitragen, dass die Selbstständigkeit der Bewohner bestmöglich gewahrt bleibt. Die normalen Wohnungen hingegen sind so gestaltet, dass sie alle Bevölkerungsgruppen ansprechen können. 112

113 Damit es zu einem Austausch zwischen Jung und Alt kommt, wurde gegenüber der Wohnanlage ein Mehrgenerationentreffpunkt eingerichtet. Kooperationspartner sind hierbei die AWO und die Kindertagesstätte Herrenbach. Zudem ist die Außenanlage mit einem großen Garten versehen, welcher mit seinen gepflasterten Wegen und den Bänken dazu einlädt, Bekanntschaften zu knüpfen. Der Generationenmix soll hierbei ebenso durch den vorhandenen Spielplatz garantiert werden. Besonders hervorzuheben ist, dass durch eine vorhandene Betreuungskraft bereits vor Einzug Begegnungsmöglichkeiten geschaffen werden, um die späteren Nachbarn näher kennenzulernen. Des Weiteren werden Beratungsgespräche geführt, einerseits um über Besonderheiten der Wohnanlage zu informieren, andererseits aber auch um die Bereitschaft zur aktiven Integration in die Nachbarschaft einschätzen zu können. Für ein gelingendes Zusammenleben ist dies unerlässlich. Entscheiden sich interessierte Menschen für einen Einzug, werden in einem Betreuungsvertrag auch zum Beispiel folgende Betreuungsleistungen festgelegt: Krankenhausnachsorge Kooperation mit Ärzten, Apotheken und anderen Gesundheitsdiensten Wöchentliche Kontaktaufnahme Vermittlung und Organisation von Hilfen Öffentlichkeitsarbeit Konkrete Angebote im Geisberghof Erzählcafe, zweimal im Monat Projekt KOSTBAR (Mittagstisch an zwei Tagen in der Woche) Gemeinsame Feste wie z.b. Weihnachten, Ostern, etc Vorbereitungen auf Feste, z.b. Osterlämmchenbacken mit der Kindertagesstätte Pasta- Abende Zeitschrift Geisberghofbote Bibliothek Garagenflohmarkt Fazit zum Projekt Geisberghof Im Allgemeinen wird das Projekt als außerordentlich positiv bewertet. Durch die Begegnungsangebote wurde der Kontakt und der Austausch unter den Bewohner immer reger und intensiver. Folglich entwickelten sich Bekanntschaften und nicht selten auch enge Freundschaften. Besonders ältere Menschen schätzen die 113

114 Sicherheit, die sie durch die Nachbarschaftshilfe erfahren, oder auch einfach die Möglichkeit, beim Nachbarn zu klingeln und ein wenig zu ratschen. In Zukunft versuchen die Projektverantwortlichen die Angebote an Begegnungsmöglichkeiten nochmals auszuweiten. Des Weiteren soll die gegenseitige Unterstützung mehr in der Verantwortung der Bewohner selbst liegen, was zu einer Minderung der Koordinationsaufgabe als Unterstützungsmöglichkeit durch die Betreuungskraft führen soll, um Aufgaben wie z.b. der Öffentlichkeitsarbeit intensiver nachgehen zu können. (vgl. Hoffmann /Hahn (2012), Königseder (2010), Königseder (2011)) 8.3. KDA/ Werkstatt Pflegestützpunkt Initiator des Modellprojektes Werkstatt Pflegestützpunkt ist die KDA (Kuratorium Deutsche Altershilfe), welche durch das Bundesministerium für Gesundheit für dieses Vorhaben beauftragt wurde und in ihrem Tun auch durch diese gefördert wird. Die Aufgabe der KDA besteht darin, 16 Pilot- Pflegestützpunkte und eine gewisse Anzahl so genannter assoziierter Modelle (Pilot- Pflegestützpunkte ohne Zuwendungsbescheid zum regulären Pflegestützpunkt nach 92 c SGB XI) zu begleiten und dabei die Koordination zu übernehmen. Zudem sollen durch das Modellprojekt auch Instrumente zum Aufbau und zum Betrieb von Pflegstützpunkten geschaffen werden. Die Besonderheit des Vorhabens liegt darin, dass Pilotpflegestützpunkte über die ganze BRD verteilt mit unterschiedlichen Ausgangssituationen, hinsichtlich der Initiatoren, der bereits vorhandenen Pflegestrukturen, der Bevölkerungsdichte etc., gewählt wurden. Dadurch konnten möglichst viele Strategien und Erfahrungen ausgewertet werden. Die Projektdauer umfasste den Zeitraum von November 2007 bis Juni Notwendigkeit von Pflegestützpunkt Im Allgemeinen konnte festgestellt werden, dass soziale Dienstleistungen oftmals vielen Problemen in den Bereichen Informationsvermittlung, Kosten und Qualität gegenüberstehen! Die Folgen sind Über-, Unter- bzw. Fehlversorgung, was wiederum zu einer frühzeitigen stationären Verpflegung der älteren Menschen führen kann. Genau hier soll ein Pflegestützpunkt ansetzen, um die Betroffenen dabei zu unterstützen, aus einem Pool an Dienstleistungen einen individuell angepassten Hilfeplan zu erstellen, zu realisieren und auch die finanziellen Komponenten zu berücksichtigen. Das Ziel der Pflegestützpunkte ist es also, ein 114

115 häusliches Pflegearrangement zu errichten und zu stabilisieren beziehungsweise eine individuelle Versorgungssituation zu ermöglichen. Zudem machen es sich Pflegestützpunkte ebenfalls zur Aufgabe, das immer bedeutender werdende Ehrenamt für die soziale Gemeinwesenarbeit zu gewinnen und auch langhaltig in ihre Arbeit einzubinden Vorgehensweise im Modellprojekt Das KDA hat fünf Ansätze herausgearbeitet, nach denen die Pflegestützpunkte arbeiten: 1. Präventiv handeln An der Tatsache, dass über 50% der Fälle die Pflegestützpunkte aufsuchen ohne, dass bereits Pflegebedürftigkeit besteht, lässt sich die Bedeutung der Prävention sehr deutlich erkennen. Das SGB schafft im Bereich der Prävention und Rehabilitation jedoch nur unzureichende Anreize für Leistungserbringer. Einer der Schwerpunkte der Projekte liegt folglich in dem präventiven und frühzeitigen Erkennen des Hilfs- und Unterstützungsbedarfs sowie der Information über entsprechende Unterstützungsangebote. 2. Steuerungsfunktion von Notfällen Neben präventiven Maßnahmen soll auch ein Hilfesystem für akute Situationen geschaffen werden. Bei über sieben Prozent der Beratungsfälle handelt es sich um Notfallsituationen, die ein schnelles Handeln erfordern. 3. Koordinierte Leistungserbringung durch ehrenamtlich Tätige und Hauptamtliche (Hilfe- oder Welfare- Mix) Die Pflegestützpunkte sollen Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren möchten, in entsprechende Tätigkeiten vermitteln. Pflegestützpunkte sollen also bürgerliches Engagement erfassen und es langfristig in ihr Beratungs- und Begleitungsprogramm mit einbinden. 4. Netzwerkarbeit/ Care Management Statt unkoordinierte Dienstleistungen nebeneinander her laufen zu lassen, sollen die vielfältigen Pflegeangebote innerhalb der Versorgungslandschaft, die Beratungsstellen, Leistungserbringer, bürgerliches Engagement und die Selbsthilfe 115

116 vernetzt werden. Nur so kann ein optimaler Behandlungspfad ohne Fehl-, Unter oder Überversorgung entstehen. 5. Stützpunkte als Informationsknotenpunkte Da die Pflegestützpunkte mit dem bestehenden Versorgungsangebot vertraut sind und auch über den Bedarf an Pflegebedürftigkeit informiert sind, können diese als sogenannte Informationsknotenpunkte fehlerhafte Versorgungsoptionen erkennen und dort gezielt eingreifen. (vgl. Großjohann u.a. (2008), Michell Auli (2010)) Fazit der Werkstatt Pflegestützpunkt Auch wenn Pflegestützpunkte ein hohes Maß an Beratungsmöglichkeiten vorweisen, ist es fraglich, ob die Pflegestützpunkte genügend Kapazität haben, um dem Anspruch des Case Management Ansatzes gerecht werden zu können. Diese Arbeitskraft soll dafür Sorge tragen, dass älteren Menschen genau diejenigen Leistungen bzw. Begegnungsmöglichkeiten angeboten werden, die sie auch benötigen. Positiv hervorzuheben ist, dass sich die Pflegestützpunkte der Aufgabe der Integration des Ehrenamtes in den Versorgungsprozess annehmen. Hilfebedürftige können so durch den Vermittler Pflegestützpunkt freiwillige Helfer kontaktieren, und auch ehrenamtlich Tätige finden dadurch konkrete Aufgaben. Unter Berücksichtigung des zuvor erwähnten Verbesserungsvorschlages, gilt das Modellprojekt Pflegewerkstatt als ein durchwegs gelungenes Vorhaben Modellprojekt aus Vorarlberg In Vorarlberg wird häusliche Pflege anders gefördert und unterstützt. Wie funktioniert das? Welche Wirkung hat das auf die Reduktion professioneller Pflege? Interview mit Wir führten ein Interview mit dem mobilen Hilfsdienst MOHI, der Laienhelfer an Personen vermittelt, die der Unterstützung bedürfen, um im eigenen Zuhause wohnen bleiben zu können. 116

117 Der Verein MOHI hat seinen Sitz in Dornbirn und existiert seit 20 Jahren. Im Vordergrund steht eine regelmäßige, unbefristete Assistenz. Dadurch ermöglicht der MOHI in Zusammenarbeit mit anderen Dienstleistern eine ganzheitliche, den gesamten Lebensbereich abdeckende persönliche Assistenz, die Menschen mit Einschränkungen eine dementsprechende Lebensqualität zu Hause ermöglicht (MOHI 2012). Als Einführung in das Interview war unsere erste Frage, wie viele Menschen in etwa den Hilfsdienst in Anspruch nehmen. Es wurde uns gesagt, die Anzahl der Teilnehmer sei von Jahr zu Jahr unterschiedlich, jedoch könne man im Durchschnitt mit 550 Menschen pro Jahr rechnen. Die Assistenzkosten sind allein vom Kunden zu tragen, jedoch werden die Verwaltungskosten von dem Land Vorarlberg und von der Stadt Dornbirn getragen. Die Kunden haben für eine Assistenz pro Assistenzstunde 9,00 Euro zu bezahlen. Dies ist allerdings der günstigste Preis, der an einen normalen Wochentag veranschlagt wird. Kommt die Pflegekraft am Wochenende, an Feiertagen oder in der Nacht, so kann sich der Preis bis um das Vierfache erhöhen. Die Hilfsleistungen des MOHI werden als persönliche Assistenz für alte Menschen und Menschen mit Behinderung bezeichnet. Die Mitarbeiter von MOHI sollen eine Unterstützung im alltäglichen Leben sein. Sie übernehmen alltägliche Dinge wie Hilfestellung im Haushalt oder das Einkaufen. Ferner werden Betreuungsaufgaben übernommen, welche beispielsweise Vorlesen oder Spazierengehen sein können. MOHI unterstützt seine Kundinnen und Kunden auch bei der Grundpflege. Behandlungspflege wird hingegen nicht durchgeführt Bezug zum Oberallgäu 8.6. Bezug zum Allgäu Wie nun in den SONG Modellprojekten, dem KDA und anhand dem Beispiel des Geisberghofes gezeigt wurde, kann Altersversorgung durch eine gute Koordination verschiedener Dienstleistungen neu und effizient strukturiert werden. Durch Pflegestützpunkte, bei denen alle Informationen zusammenfliesen, hat die KDA eine Lösung gefunden, um eine bestmögliche Koordination dieser Dienstleistungen zu garantieren. Im Gegensatz dazu löst der Geisberghof die Problematik der Koordination durch eine fest angestellte Betreuungskraft. Der Vorteil hierbei ist zudem, dass die Betreuungskraft zusätzlich die Funktion einer Seniorenanimateurin einnimmt. Älteren Menschen wird dadurch geholfen, ein 117

118 soziales Netzwerk aufzubauen und die im Alter oft vorhandenen persönlichen Schwellen zu überwinden. In der Stiftung Liebenau erfolgt die Koordination über Servicestützpunkte, die an den jeweiligen Projektstandorten eingerichtet wurden. Welche Schlüsse lassen sich daraus für das Oberallgäu ziehen? Die professionelle Beratungsstelle, die hauptamtliche Kraft, die Funktion der Animateure immer wieder sind es diese Personen und Rollen, die in den erfolgreichen Projekten eine ausschlaggebende Rolle spielen. Durch sie wird erst ermöglicht, dass die Fähigkeiten der Bürger und Senioren aufgegriffen werden. Sie unterstützen das Ehrenamt und ermöglichen seine Erweiterung. Sie stellen die Struktur da, mit deren Hilfe Eigenverantwortung, eigene Vorsorge, Prävention und Nachbarschaftshilfe erwartet werden kann. Daher sollte auch im Oberallgäu eine professionelle Seniorenarbeit zusätzlich zur ehrenamtlichen stattfinden. Wichtig so zeigt es sich aus den erfolgreichen Projekten ist dabei der kleinräumige Quartiersbezug. Quartier ist ein Wort, das zunächst aus den Städten kommt und daher auch für die Städte im Allgäu von besonderer Bedeutung ist. In dem Seniorenpolitischen Gesamtkonzept der Stadt Kempten kam das auch als Bürgerwunsch heraus und ist dort in das beschlossene Konzept eingegangen. Auf dem Land ist Quartiersarbeit sicher oft mit Dorfarbeit gleichzusetzen. Allerdings haben wir in unseren Gesprächen mit den Seniorenbeauftragten oft gehört, dass eine politische Gemeinde oft aus mehreren ehemalig selbständigen Dörfern zusammengesetzt ist. Wir glauben aus unserer gründlichen Studie der Erfolgsprojekte entnehmen zu dürfen, dass solche gewachsenen und traditionellen abgegrenzten Einheiten ein wichtige Rolle spielen bei der Umdeutung des Begriffs Quartier in eine Bedeutung, die für das Oberallgäu relevant ist. Des Weiteren sollte auch immer die wichtige Ressource Ehrenamt in die Seniorenarbeit mit eingegliedert werden. Es ist unumstritten, dass auf lange Sicht die Verpflegung durch ausschließlich professionelle Hilfe zu teuer wird. Zumal die Ressourcen an Pflegekräften durch den demographischen Wandel womöglich bald ausgeschöpft sind. Alle Modelle gliedern Ehrenamtliche in ihre Arbeit ein. Zum Beispiel auch die ehrenamtlichen Hilfeleistungen in der Nachbarschaft, welche sich durch die Wohnmodelle mit einem Generationenmix (z.b. Geisberghof) ergeben, entlasten die Pflegekräfte. Natürlich muss auch immer der Aspekt der Finanzierung berücksichtigt werden. Auf lange Sicht wird sich ein Pflegestützpunkt bzw. Modelle mit einem Generationenmix jedoch als rentabel erweisen, weil durch deren koordinierende Aufgabe viele andere 118

119 Kosten, die durch Fehlversorgung und der daraus folgenden frühzeitigen und kostenintensiven stationären Pflege entstehen, gespart werden können. Alle Träger von Modellprojekten haben sich Gedanken über die Finanzierung gemacht. Betroffene, Kassen und Kommunen kamen in Frage. So hat etwa die Stiftung Liebenau mit der Einrichtung eines Sozialfonds ein sehr interessantes Konzept erarbeitet, um die Animateurs- und Koordinationsarbeit zu finanzieren. Zum Schluss sollte noch angemerkt werden, dass den Anforderungen an Angestellte in Pflegestützpunkten oder auch an Betreuungskräfte in Mehrgenerationenhäusern insbesondere Gesundheits- und Sozialwirte gerecht werden können. Neben rechtlichen Kenntnissen, besonders im Umgang mit dem SGB, hat ein Gesundheitswirt auch Wissen im Bereich des Case Managements erlernt und bringt somit die Kompetenzen mit, um individuelle Hilfepläne für Unterstützungsbedürftige erstellen zu können. Auch die während des Studiums erworbenen sozialen soft skills stellen einen wesentlichen Teil des Anforderungsprofils einer Betreuungskraft dar. 119

120 9. Zusammenfassung der Ergebnisse und Entwicklung der Handlungsempfehlungen 9.1. Ergebnisse zur Nachfrage nach Pflege und zum Angebot an Pflegekräften In dieser Zusammenfassung wird noch einmal nach demselben Aufbau wie im Datenteil vorgegangen. Zuerst wird die Anzahl der Pflegebedürftigen prognostiziert, dann nach der Art der Versorgung differenziert. Dies ergibt die Grundlage für Berechnungen zu einem zukünftigen Fachkräftebedarf. Dem prognostizierten Bedarf wird der aus den regionalen Berufsfachschulen für Altenpflege hervorgehende Nachwuchs gegenübergestellt. Es wird eine Lücke zwischen Fachkräftebedarf und Angebot offenkundig. Zur Deckung sind verschiedene Wege in den Blick zu nehmen: Erhöhung der Auszubildendenzahlen (mit Begründung der Wahrscheinlichkeit), präventive Maßnahmen und Stützung der häuslichen Pflege (Umschichtung der Versorgungsarten). Dies leitet über zu den anschließenden konkreten Handlungsempfehlungen Zunahme Pflegebedürftige Wie stark nimmt die Zahl der Pflegebedürftigen im Beobachtungsgebiet zu? Die Frage wird im Hauptteil ausführlich untersucht, sodass hier wirklich nur ein Ergebnis wiederholt werden muss: Die Zunahme der Pflegebedürftigen wird auch bei vorsichtiger und gewissenhafter Prognose folgende Werte annehmen: Die Zahl steigt im Oberallgäu von heute ca um ca auf ca bis im Jahr In Kempten kommen zu heute noch etwa 650 dazu. Dabei ist schon berücksichtigt, dass das Beobachtungsgebiet zu den gesünderen Regionen innerhalb Bayerns gehört und weniger Personen des jeweiligen Altersjahrgangs pflegebedürftig werden, als durchschnittlich zu erwarten wäre. 120

121 Prognostizierte Entwicklung der Pflegebedürftigen Oberallgäu Kempten Abb.: Zunahme Pflegebedürftige OA + KE, Eigene Berechnungen mit Daten aus Destatis 2012a, Bertelsmann 2012 und Hendricks 2010, S.27 Die Steigerung kommt nicht plötzlich und auch nicht erst sehr spät. Sie kommt kontinuierlich mit erheblichen Schwankungen. So stieg in Kempten die Zahl der Pflegebedürftigen zwischen 2005 und 2007 überdurchschnittlich um 80 Personen, blieb dann aber konstant. Im Oberallgäu gab es zwischen 2007 und 2009 eine Abnahme um 150 Pflegebedürftige und zwischen 2009 und 2011 eine Zunahme um 350. So tut man gut daran, sich an Durchschnittszahlen zu orientieren. Diese liegen bei etwa 60 zusätzlichen Pflegebedürftigen pro Jahr im Oberallgäu und 30 in Kempten Art der Versorgung Die Auswirkung der Zunahme an Pflegebedürftigen auf den Personalbedarf hängt natürlich auch von der Art der Pflege ab, ob durch Angehörige, ambulant unterstützt oder stationär versorgt. Die Pflegebedürftigen im Einzugsgebiet nehmen bisher überdurchschnittlich oft die Pflege in Heimen in Anspruch. Die Pflege durch Angehörige ist 50,00% 40,00% 30,00% 20,00% 10,00% 0,00% Anteil stationär an Pflegebedürftigen gesamt 29,90% 31,70% deutlich unterrepräsentiert. Von 2009 auf 2011 könnte sich eine kleine Trendwende angezeigt haben. Es gilt zu beobachten ob sich der positive Trend fortsetzt. 34,80% 40,00% Abb.: Anteile stationärer Versorgung, Quelle: Destatis 2012a, S. 17f, S.20, Eigene Berechnung 121

122 Bayern Kempten Oberallgäu Abb.: Entwicklung der Versorgungsarten, Quelle: Eigene Auswertung, LfStaD Die Tendenz zu ambulanter Versorgung ist deutschlandweit Programm und im Pflegeversicherungsgesetz so vorgesehen. Damit tatsächlich viele Menschen zu Hause oder am Wohnort in geeigneten Wohnungen bleiben können, wurden insbesondere in der Reform des Pflegeversicherungsrechts aus dem Jahre 2008 wichtige Akzente gesetzt. In diesem Akt wurde die Pflege in neuen Wohnformen erleichtert und vorallem wurden die Beratungsaktivitäten deutlich verstärkt. Ehrenamtliche Arbeit und Betreuung für dementiell Erkrankte wurden in den Leistungskatalog aufgenommen. Die Verbesserungen könnten ursächlich sein für eine Zunahme der häuslichen Versorgungen und eine Stabilisierung im stationären Sektor Exkurs: Bedarf an Heimplätzen Besteht ein Bedarf an zusätzlichen Heimplätzen? a) Wenn OA und KE bei der besonders hohen Quote von 40% Heimunterbringung bleiben würden, dann würde das einen zusätzlichen Bedarf von 36 Plätzen pro Jahr bedeuten. Da heute eine Unterauslastung von rund 80% gegeben ist (bei rund 2000 Plätzen im Gebiet), würde man dennoch die nächsten 11 Jahre keine neuen Heimplätze brauchen. 122

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