im Wandel DIE GESCHICHTE DER WALDWIRTSCHAFT IN BADEN-WÜRTTEMBERG Wirtschaftsgeschichte Wald Von Karin Gessler
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- Elmar Stein
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1 Wirtschaftsgeschichte Wald im Wandel DIE GESCHICHTE DER WALDWIRTSCHAFT IN BADEN-WÜRTTEMBERG Von Karin Gessler Naturnaher, stabiler Mischwald aus Buchen und Eichen. Alle Fotos: Karin Gessler 38
2 Der Wald bildet hierzulande seit undenklichen Zeiten die Grundlage menschlichen Lebens. Seine vielfältige Nutzung aber veränderte den Wald beständig. Die Geschichte der Waldwirtschaft ist deshalb immer auch eine Geschichte der Gemeinschaft von Wald und Mensch. JAHRE SILBERBURG- VERLAG Rhythmische, dumpfe Schläge tönen durch den spätherbstlichen Wald. Eine Gruppe von Männern fällt mit einfachen Steinäxten eine stattliche Eiche. Präzise werden die Hiebe gesetzt, es braucht kaum eine Viertelstunde, dann stürzt der Baum mit lautem Krachen zu Boden. In der kleinen Siedlung am Rand der Lichtung soll ein neues Haus errichtet werden, Bauholz wird benötigt. Die gerodete Fläche samt Reisig und Bodenbewuchs wird im nächsten Frühjahr überbrannt werden, in die Asche säen die Bauern dann ihr Getreide. Die Szene spielt in der Jungsteinzeit, der Zeit von 5500 bis 2500 v. Chr., in der die Jäger und Sammler hierzulande sesshaft wurden und als Bauern ihre Felder bestellten. Der Feld-Waldbau markiert zugleich den Beginn der Bewirtschaftung des Waldes. Eines Waldes, der ganz anders aussah als unsere Wälder heute. Noch waren Eichen, Ulmen, Linden und Eschen, in höheren Lagen auch Fichten vorherrschend. Erst als es um 2500 v. Chr. wieder etwas kühler wurde, erschienen Buche und Tanne auf der Bildfläche und verdrängten im Verein mit der Fichte die Eichenmischwälder, die ihr Refugium nun an den warmen Südhängen der Mittelgebirge fanden. Am Siegeszug der Buche war der Mensch nicht unwesentlich beteiligt. Immer größere Waldflächen wurden gerodet, in die Waldbereiche in Siedlungsnähe trieb man das Vieh zur Weide, was zum Verbiss an nachwachsenden Bäumen führte. War der Boden ausgelaugt und großes Stammholz verbraucht, zogen die Siedler weiter und der Wald eroberte sich das gerodete Land zurück, auf dem die hochwachsenden Buchen dann andere Baumarten verdrängten. Der Wald wurde in vielfältiger Weise genutzt: Zur Harzgewinnung wurden in den Stamm tiefe Rinnen gekratzt. 39
3 Wirtschaftsgeschichte Rechts: Im sogenannten Plenterwald gibt es keinen Kahlschlag, es werden nur einzelne erntereife Bäume entnommen. Das Waldmuseum in Bräunlingen gibt Einblick in die Vergangenheit der Forstwirtschaft. In keltischer und römischer Zeit wurde Holz für Bergwerke, die Erzschmelze und für das Salzsieden benötigt, so dass bereits ein Viertel der ursprünglichen Waldfläche gerodet war. Als großes Zeitalter der Rodungen gilt jedoch das Mittelalter. Die alten Siedlungen wurden ausgebaut, die unbesiedelten Mittelgebirge erschlossen. Der Holzbedarf der aufstrebenden Gesellschaft war enorm ob zum Hausbau, zum Heizen, zur Herstellung von Möbeln, zum Bau von Schiffen oder, seit dem 14. Jahrhundert, zur Herstellung von Papier. Nach Schätzungen betrug der Bedarf pro Kopf 12 bis 16 Festmeter, heute sind es zwei. Am Ende des Mittelalters war nur noch ein Drittel der ursprünglichen Fläche bewaldet. Der verbliebene Wald wurde vielseitig genutzt. Er diente als Weide für die Haustiere, die Zeidler, die Waldimker, ernteten den Honig der wilden Bienen, aus Fichten wurde Harz gewonnen. Zu den zahlreichen Waldgewerben zählten auch die Köhler und die Aschenbrenner. Ruß aus den Rußhütten sowie Teer und Pech aus den Salbeöfen waren Grundstoffe für die Erzeugung von Druckerschwärze, Stiefelwichse und Wagenschmiere. Die intensive Nutzung des Waldes führte im Mittelalter aber noch kaum zu Waldverwüstungen. Zum einen waren große Hier hat sich der Wald nach Sturmschäden natürlich verjüngt. 40
4 Waldbereiche noch unzugänglich, zum anderen regelten erste Waldordnungen die Nutzung. Schon lange war es üblich, für die Brennholznutzung 15 bis 30 Jahre alte Bäume am Stock abzuhauen. Aus den Stöcken kamen neue Triebe, die man nach einiger Zeit wieder schlagen konnte. So entstand der Niederwald. Im Mittelalter wurde in diesen Wäldern erstmals die»schlagweise Wirtschaft«eingeführt, das heißt, es wurde immer nur ein Teil eingeschlagen, der Rest des Waldes in Ruhe gelassen. Die Schlagflächen schützte man durch Einhegen vor Verbiss durch das Weidevieh. Gegen Ende des Mittelalters wurde diese nachhaltige Wirtschaftsform auch auf die übrigen Wälder angewandt. Zudem begann man masttragende Bäume wie Buchen, Eichen oder Wildobst stehen zu lassen. Eichen waren zudem als Bauholz gefragt und wurden in vielen Waldordnungen unter Schutz gestellt. Auf diese Weise entstanden Mittelwälder, also Wälder mit einzelnen älteren, höheren und stärkeren Bäumen und vielen jungen, dünnen Stockausschlägen. Die dritte Waldform ist der Hochwald, der aus Samen der alten Bäume oder aus künstlicher Saat und Pflanzung entstanden ist. In Hofnähe und als Feldhecken wurden schon früh Eichen gepflanzt, aus dem 14. Jahrhundert sind Versuche überliefert, Nadelbäume zu säen. Im späten Mittelalter wurde diese Kunst auch auf die Wälder angewandt. Die württembergische Forstordnung von 1552 schrieb schließlich die Saat auf Kahlhieben vor, wenn Naturverjüngung nicht möglich war. Der Begriff Forst stammt übrigens auch aus dem Mittelalter. Als»forestis«wurden von Am liebsten Mischwald Die 26-jährige Daniela Spittler ist als amtierende Waldkönigin Baden-Württemberg Botschafterin des Waldes und der Forst- und Holzwirtschaft des Landes. Wir haben die Diplom-Forstwirtin (FH) zu ihrem persönlichen Verhältnis zum Wald und zur Waldwirtschaft befragt. Frau Spittler, wie wird man Waldkönigin in Baden-Württemberg? Ganz wichtig ist, dass man Interesse und Sachkenntnis für den Wald mitbringt. Ich habe Forstwirtschaft in Erfurt studiert und bin jetzt in der Verwaltung von ForstBW tätig. Dadurch und auch durch mein persönliches Interesse an der Natur bringe ich viel Fachkenntnis in mein Ehrenamt mit ein. Und welche Aufgaben bringt dieses Amt mit? Zum Glück ganz verschiedene. Ich war bei der Eröffnung der Landesgartenschau in Mühlacker mit dabei oder bei verschiedenen Baumpflanzungen mit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Diese Veranstaltungen sind eher repräsentativ. Schöner finde ich persönlich Veranstaltungen, bei denen ich mich aktiv einbringen und zum Beispiel eine Rede halten kann oder einen Stand betreue. Haben Sie eine Lieblingswaldart? Aufgewachsen bin ich in Neuenburg, rund 30 Kilometer südlich von Freiburg, also in der laubholzreichen Rheinebene. Forstwirtschaft studiert habe ich in Erfurt, im fichtenreichen Thüringen. Gesehen, erwandert und erlebt habe ich also schon unterschiedlichste Waldbilder. Am wohlsten fühle ich mich jedoch in einem laubholzreichen, strukturreichen Mischbestand, der sich das ganze Jahr hindurch wandelt: vom hellen, satten Grün im Frühling über das erfrischende Klima an heißen Sommertagen und den»indian Summer«im Daniela Spittler ist die baden-württembergische Waldkönigin 2015/2016. Herbst bis hin zur weißen Pracht im tiefsten Winter. Manch einer hält Naturschutz und Waldwirtschaft für einen Widerspruch. Welche Antwort geben Sie? Ich finde, genau das Gegenteil ist der Fall! Es gibt viele Beispiele, bei denen ohne die (Wald)Wirtschaft ein Teil Natur verloren gehen würde. Denken Sie doch nur an die Streuobst- oder Trockenwiesen. Ohne Eingriffe würden diese Lebensräume zuwachsen und verschwinden. Was denken Sie, wie der Wald der Zukunft aussehen wird? Ich hoffe, genauso bunt und vielfältig, wie er jetzt ist! JAHRE SILBERBURG- VERLAG 41
5 Wirtschaftsgeschichte Blick in die Vergangenheit: An der Wolfach werden Holzstämme zu einem Floß gebunden. tübingen einfach tüpisch Tübingen mittendrin! Auskünfte Führungen Hotelreservierungen Pauschalen Souvenirs Stocherkahnfahrten Tickets und Karten u.v. a.m. Verkehrsverein Tübingen Tourist & Ticket-Center An der Neckarbrücke Tübingen Tel. ( ) Fax ( ) mail@tuebingen-info.de den fränkischen Königen die großen geschlossenen Waldgebiete bezeichnet. Im Gegensatz dazu standen die gemeinschaftlich genutzten Wälder in Siedlungsnähe. In der frühen Neuzeit nahm der Druck auf die Wälder gewaltig zu. Die Bergwerke und Eisenhämmer, die Glashütten und Salinen benötigten Unmengen von Holz. Um den ständigen Finanzbedarf der prachtliebenden Herrscher zu decken, wurde Holz zum einträglichen Handelsgut. Mächtige Stämme aus dem Schwarzwald wurden auf Kinzig, Murg und Nagold bis nach Holland geflößt. Rigide Forstordnungen, die die Waldnutzung regeln sollten, halfen nur wenig. Auch der planmäßige Waldbau steckte noch in den Kinderschuhen, man bemühte sich aber zumindest um die Verjüngung der Wälder, indem man Samenbäume stehen ließ. Einige Gemeinden wechselten zu schneller wachsenden Baumarten wie der Birke. Auf GLASHÜTTEN UND SALINEN BENÖTIGTEN UNMENGEN VON HOLZ Kahlflächen versuchte man Buchen und Eichen anzusäen. Am Ende des 18. Jahrhunderts war der Wald schließlich in weiten Bereichen völlig heruntergewirtschaftet und die Angst vor der Holznot ging um. Das Umdenken setzte um 1700 mit der Formulierung des Prinzips der Nachhaltigkeit ein: Es sollte nicht mehr Wald genutzt werden, als nachwachsen kann. 100 Jahre später begann der systematische Wiederaufbau der Wälder. Die vielleicht wichtigste Voraussetzung für dieses ambitionierte Unternehmen war die Professionalisierung der Forstwirtschaft. Die Förster entwickelten sich als eigenständiger, von der Jagd unabhängiger Berufsstand. Forstmeister wurden nun an Universitäten ausgebildet. Eine neu geschaffene Forstverwaltung als staatliche Behörde regelte die Einhaltung der Forstgesetze und war für die Bewirtschaftung der Staats- und Gemeindewälder zuständig. Der Wiederaufbau des Waldes begann im Nordschwarzwald. Um 42
6 JAHRE SILBERBURG- VERLAG Buchtipp Wer mehr über die spannende Forstgeschichte Baden-Württembergs erfahren will, dem sei unbedingt das reich bebilderte Buch von Peter Gürth»Wer hat dich, du schöner Wald 5000 Jahre Mensch und Wald in Baden-Württemberg«ans Herz gelegt. Der Freiburger Forstwissenschaftler zeichnet darin außerordentlich kenntnisreich die Geschichte von Wald und Mensch im Südwesten bis in die Gegenwart nach, in der die Menschen und der Wald vor neuen Herausforderungen stehen. Der Band ist im Silberburg-Verlag, Tübingen, erschienen und im Buchhandel für 24,90 Euro erhältlich (ISBN ) Im Bannwald wird in die natürliche Entwicklung nicht eingegriffen. Eberstein (1784) und auf dem Kaltenbronn (1788) erfolgte unter der Leitung von Oberforstmeister Friedrich Georg von Drais auf den Ödflächen die Aussaat von Fichte und Kiefer sowie etwas Tanne und Lärche. Zwischen 1820 und 1850 sollten allein im württembergischen Schwarzwald Pfund Fichten- und Tannensamen, Pfund Kiefernsamen und Pfund Lärchensamen ausgesät werden. Darüber hinaus wurden 16 Millionen Nadelbäume und eine Million Laubbäume gepflanzt. Am Ende des Jahrhunderts hatte sich das Gesicht der heimischen Wälder verändert, statt der alten Buchenmischwälder dominierte nun der Fichtenwald. Der Klimawandel ist die große Herausforderung für die Waldwirtschaft des 21. Jahrhunderts. Schon das Waldsterben in den 1980er-Jahren hatte das ökologische Bewusstsein gestärkt. Die großen Stürme am Ende des Jahrhunderts setzten besonders den reinen Fichtenwäldern zu. Und es ist auch die Fichte, die unter den ansteigenden Temperaturen besonders leidet. Als Antwort auf den Klimawandel wurde das Prinzip der naturnahen Waldwirtschaft zum Leitbild der Forstwirtschaft. Angestrebt werden stabile, klimatolerante und strukturreiche Wälder. Mischbestände aus Nadel- und Laubbaumarten sollen sich an den Naturwaldgesellschaften des jeweiligen Standorts orientieren, die Verjüngung auf natürlichem Wege durch die Saat der vorhandenen Bäume erfolgen. In die Selbstregulierung des Waldes will man künftig möglichst wenig eingreifen. Dies hat nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Vorteile. Unsere Wälder leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Regulierung und Reinhaltung des Wassers, zum Bodenschutz, zum Klimaausgleich und zur Luftreinhaltung, sie sind Erholungsraum für Menschen und Lebensraum vieler Tierarten. Nach wie vor sind sie aber auch Rohstofflieferanten. Denn nachhaltige Waldwirtschaft bedeutet ebenfalls, Holz in entsprechender Menge und Qualität zu produzieren FIS Snowboardcross World Cup Feldberg (Boardercross) Feldberg, Seebuck Großes Jubiläums-Wochenende 125 Jahre Skilauf im Schwarzwald Feldberg, Seebuck Weltcup Skispringen Titisee-Neustadt Titisee-Neustadt, Hochfirstschanze Weitere Veranstaltungen siehe SKICLUB TODTNAU Wiege des organisierten Skilaufs FTIL_15_0205_13_SchoenesSchwaben_85x120mm_4c.indd :20
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