Merkblatt für die Regelung des Getrenntlebens im Nachgang zur polizeilichen Wegweisung/Fernhaltung nach häuslicher Gewalt
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1 Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern Generalsekretariat Direction de la police et des affaires militaires du canton de Berne Secrétariat général Berner Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt Version vom November Merkblatt für die Regelung des Getrenntlebens im Nachgang zur polizeilichen Wegweisung/Fernhaltung nach häuslicher Gewalt I. Vorbemerkungen Am ist der neue Art. 28b ZGB (SR 210) in Kraft getreten. Dieser regelt Massnahmen zum Schutz vor häuslicher Gewalt. Das Opfer häuslicher Gewalt kann beim Gericht beantragen, dass der verletzenden oder drohenden Person verboten wird, sich ihm zu nähern oder sich in einem bestimmten Umkreis zu seiner Wohnung aufzuhalten, sich an bestimmten Orten aufzuhalten oder mit dem Opfer Kontakt aufzunehmen. Diese Bestimmung erlaubt es, den nur sehr kurz dauernden Schutz, den das Bernische Polizeigesetz (PolG; BSG 551.1) bietet (Wegweisung und Fernhaltung bis zu 14 Tagen, Art. 29 f.), zu verlängern. Das Opfer häuslicher Gewalt kann Massnahmen wie Wegweisung und Fernhaltung von der gemeinsamen Wohnung für eine bestimmte Zeit, ein Quartierverbot oder Belästigungsverbot beantragen. Verheiratete Paare können diese Begehren im Rahmen des (sog.) Eheschutzverfahrens (d.h. Trennungsverfahren) beantragen oder, sofern bereits ein Ehescheidungsverfahren hängig ist, als Gesuch um vorsorgliche Massnahmen. Das vorliegende Merkblatt dient als Orientierungshilfe für die Einreichung eines entsprechenden Gesuchs auch für nicht verheiratete Paare. In der Regel empfiehlt sich der Beizug einer Anwältin oder eines Anwaltes. Können keine eigenen Mittel aufgebracht werden, so kann der Staat die Anwalts- und Verfahrenskosten vorschiessen. Dazu ist ein Gesuch um Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege einzureichen, vgl. Ziffer lll.3.. Auch Opferhilfestellen können Finanzierungshilfen leisten. ll. Zuständigkeit, Form und Inhalt des Begehrens Für Begehren nach Ehe- und Persönlichkeitsschutz ist das Gericht am Wohnsitz einer der Parteien zuständig (Art. 20 lit.a, Art. 23 Abs. 1 und Art. 24 ZPO; SR 272). Die Begehren sind grundsätzlich schriftlich und dreifach an das zuständige Zivilgericht zu richten. In einfachen oder dringenden Fällen können sie auch mündlich beim Gericht zu Protokoll gegeben werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass das Gericht keine Rechtsberatung erteilt. Das Begehren muss die folgenden Angaben/Belege enthalten: a Personalien der Parteien und der (siehe Muster) b genaue Umschreibung der Massnahmen, welche verlangt werden, und genaue Angabe der Örtlichkeiten, von welchen die gewaltausübende Person fern zu bleiben hat (siehe Muster) c bei Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes, Anträge betreffend der Folgen des Getrenntlebens (vgl. Ausführungen unter Ziffer III und siehe Muster) d ev. den Antrag, die Angelegenheit sei ohne Anhörung der Gegenpartei (superprovisorisch) zu behandeln e kurze Begründung dieser Anträge (vgl. Ausführungen unter Ziffer III und siehe Muster) f Belege zu der Gewalttat/Gewaltdrohung (z.b. Polizeibericht, Arztzeugnisse) g falls ein Unterhaltsbeitrag verlangt wird, Belege zu den finanziellen Verhältnissen/regelmässigen Auslagen und Einkommen der Ehegatten (Lohnabrechnungen, bei selbständiger Erwerbstätigkeit Bilanz und Erfolgsrechnung der letzten drei bis fünf Jah-
2 2 re, Ausweise über Renteneinkommen, Belege betreffend Mietkosten, Krankenkassenprämien, Steuern, usw., vgl. Muster) h Datum und Unterschrift der Gesuchstellerin bzw. des Gesuchstellers III. Rechtsbegehren und deren Begründung Die Gesuchstellerin/der Gesuchsteller hat konkrete und begründete Anträge zu stellen. Hier Beispiele, wie diese lauten können: 1. Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes und Fernhaltung - Die eheliche Wohnung samt dem Hausrat ausgenommen die persönlichen Sachen der Partnerin/des Partners sei Frau/Herr X zur alleinigen Benützung zuzuweisen. - Der/dem Gewaltausübenden sei das Betreten der ehelichen Wohnung bis auf weiteres zu verbieten. - Das Verbot habe die gesamte Liegenschaft, inkl. Nebenbauten, wie Garage etc. und Garten zu umfassen. - In gewissen Fällen können Quartier-, Annäherungs- und Kontaktverbote wie folgt beantragt werden: Frau/Herr X sei zu verbieten: sich in einem bestimmten Quartier, auf einer Strasse oder einem Platz, in einem bestimmten Umkreis (in m) von der Liegenschaft aufzuhalten; der Partnerin/dem Partner auf dem Arbeitsweg abzupassen und sie/ihn am Arbeitsplatz aufzusuchen; die Partnerin/dem Partner auf irgendeine andere Art und Weise zu belästigen. - Es sei der unmittelbare Vollzug durch die Polizei anzuordnen und für den Fall der Widerhandlung gegen dieses Verbot sei die Ehefrau/der Ehemann mit Busse wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung gemäss Art. 343 Abs. 1 lit.a ZPO i.v.m. Art. 292 StGB zu bestrafen. - Frau/Herr X habe ab Trennungstermin Frau/Herr X einen monatlichen und im Voraus zu leistenden Unterhaltsbeitrag von (Betrag) zu bezahlen. Diese Anträge stützen sich auf Art. 28b ZGB, im Eheschutzverfahren zusätzlich auf Art. 172 und 176 ZGB ff., und im Ehescheidungsverfahren als Begehren um vorsorgliche Massnahmen auf Art. 276 ZPO. 2. belange belange im Rahmen des Eheschutz- und Ehescheidungsverfahrens müssen vom Gericht von Amtes wegen geprüft werden, dennoch können beispielsweise folgende Anträge gestellt werden: - Die seien unter die elterliche Obhut/Sorge der Mutter/des Vater zu stellen - Der Mutter/dem Vater sei das Recht einzuräumen, die wie folgt zu besuchen:. - Der nicht obhutsberechtigte/sorgeberechtigte Elternteil habe ab dem Trennungstermin/Rechtskraft Scheidung für das Kind/die monatliche Unterhaltsbeiträge in der Höhe von. zuzüglich zulagen, Ausbildungszulagen zu leisten (eine genaue Bezifferung des Betrages ist nicht erforderlich, hingegen die Darlegung der finanziellen Verhältnisse beider Parteien) - In gewissen Fällen können die folgenden Anträge angezeigt sein: Das Besuchsrecht sei solange auszusetzen, bis die gewaltausübende Person eine Gewaltberatung erfolgreich abgeschlossen hat. Es sei eine Beistandschaft anzuordnen. Der Beistand habe das Besuchsrecht zu überwachen und die Einzelheiten zu regeln. Er sei insbesondere anzuweisen, zu prüfen, ob die Auflage eingehalten werde.
3 3 Im Konkubinatsverhältnis können dieselben Begehren an die KESB gestellt werden. 3. Kosten Abschliessend ist ein Antrag betreffend die Verlegung der Kosten zu stellen. Die übliche Formulierung lautet: - Unter Kosten- und Entschädigungsfolge Sie bedeutet, dass der Gesuchsgegnerin/dem Gesuchsgegner alle Kosten auferlegt werden sollen. Anzumerken ist, dass auch bei einem allfälligen Rückzug des Gesuchs Kosten auferlegt werden. Falls dem Gericht dargelegt werden kann, dass das Verfahren nicht aussichtslos ist und die Kosten des Verfahrens nicht ohne Beschränkung des notwendigen Lebensbedarfs geleistet werden können, kann ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege mit folgendem Antrag gestellt werden: - Der/dem Gesuchsteller/in sei zur Durchführung des Verfahrens das Recht zur unentgeltlichen Rechtspflege zu erteilen Dazu sind die nötigen Beweismittel, welche die finanzielle Situation, vgl. Ziffer ll.g, darlegen, beizulegen. 4. Begründung Die Anträge müssen gut begründet werden. Je besser die Rechtsbegehren begründet und mit Beweismitteln dokumentiert sind, desto besser sind die Erfolgsaussichten. IV. Verfahrensablauf Nach Anhängigmachung des Begehrens wird die Gegenpartei in der Regel zur Stellungnahme aufgefordert. Bei Gesuchen um superprovisorische Behandlung wird sofort eine vorläufige Entscheidung getroffen. Die erforderlichen Belege über die finanziellen Verhältnisse sind auch von der Gegenpartei einzureichen. Anschliessend werden die Parteien zu einer Gerichtsverhandlung vorgeladen werden. An der Verhandlung werden die Parteien befragt und wird mit Unterstützung der Verfahrensleitung versucht, eine einvernehmliche Lösung zu treffen. Falls dies nicht gelingt, wird das Verfahren durch einen Entscheid abgeschlossen, welcher über die gestellten Anträge befindet (z.b. Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes, Regelung der Nebenfolgen der Trennung). Dieser kann an die obere Instanz weiter gezogen werden. Bei einem vorsorglichen Massnahmeentscheid (bei nichtverheirateten Parteien) wird der gesuchstellenden Person eine Frist zur Klageeinreichung angesetzt (in der Regel 3 Monate). Wird innert Frist keine Klage (auf Persönlichkeitsschutz) eingereicht, fällt die Massnahme dahin. Bei vorsorglichen Massnahmeverfahren (bei verheirateten und nicht verheirateten Personen) wird in der Regel schriftlich ohne vorgängige Verhandlung entschieden. Bern, 8. November 2013
4 4 Muster zum Gesuch für die Fernhaltung und die Regelung des Getrenntlebens vgl. ll.a im Merkblatt Gesuchsteller/in Name/Vorname (inkl. Mädchenname der Frau) Geburtsdatum Beruf Staatsangehörigkeit/Heimatort Adresse Telefon P G Gesuchsgegner/in Name/Vorname (inkl. Mädchenname der Frau) Geburtsdatum Beruf Staatsangehörigkeit/Heimatort Adresse Telefon P G Sprache Dolmetscher/in nötig? Heirat? Frühere Verfahren Einkommen Auslagen Einkommen Auslagen Mann Mann Frau Frau
5 5 Vgl. ll. b, c, d, 3. und lll. im Merkblatt Anträge Vgl. ll.e im Merkblatt Sachverhalt/Begründung Vgl. ll. f und lv. im Merkblatt Belege: - Polizeibericht: - Arztzeugnis - Lohnabrechnung - etc. - - Mit der höflichen Bitte um Folgegebung und mit freundlichen Grüssen Vgl. ll.g im Merkblatt 3-fach Ort, Datum Name und Unterschrift
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