Einführung in die Bioinformatik
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- Michaela Buchholz
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1 Einführung in die Bioinformatik SS Was ist Bioinformatik? Kay Nieselt Integrative Transkriptomik Zentrum für Bioinformatik Tübingen Ablauf und Formales Ringvorlesung mit 5 Dozenten Dr. Kay Nieselt (ZBIT/WSI) Prof. Dr. Daniel Huson (ZBIT/WSI) Prof. Dr. Oliver Kohlbacher (ZBIT/WSI) Dr. Karsten Borgwardt (MPI/WSI) Prof. Dr. Andrei Lupas (MPI) Webseite mit pdfs zu Vorlesungen, Übungen etc. unter: 2 Modulbedingungen Um das Modul zu bestehen, muss eine am Ende des Semesters stattfindende Klausur mitgeschrieben und bestanden werden (Note 4,0). Am Ende jeder Vorlesung werden Übungsblätter zum Selbststudium ausgeteilt, deren Bearbeitung und Abgabe freiwillig ist. Antworten an Marc Rurik (rurik@informatik.uni-tuebingen.de) schicken. 3
2 4 Themenübersicht Termin Thema Was ist Bioinformatik? Von der DNA zur Datenbank - Sequenzierung, Assemblierung Designerdrogen - Wirkstoffe aus dem Rechner Darwins Erben - Phylogenie und Bäume Gut vernetzt hält besser - Analyse biologischer Netzwerke Lernen mit Kernen - Maschinelles Lernen in der Bioinformatik Molekulare Maschinen - Proteinstrukturen und ihre Funktion Aus einer Hand voll Erde - Metagenomik Impfen gegen Krebs - Bioinformatik im Impfstoffentwurf Die Sprache der Proteine - Evolution konservierter Proteinstrukturen It s hip to Chip - von Microarrays zu personalisierter Medizin Dozent Nieselt Huson Kohlbacher Huson Nieselt Borgwardt Kohlbacher Huson Kohlbacher Lupas Nieselt Klausur - Was ist Bioinformatik? Wir beginnen mit Nachschlagen: Die Bioinformatik ist eine interdisziplinäre Wissenschaft, die Probleme aus den Lebenswissenschaften mit theoretischen computergestützten Methoden löst. (Wikipedia) Bioinformatics is the field of science in which biology, computer science, and information technology merge to form a single discipline. (NCBI) Bioinformatics deals with research, development, or application of computational tools and approaches for expanding the use of biological, medical, behavioral or health data, including those to acquire, store, organize, archive, analyze, or visualize such data. (NIH) 5 Ursprung der Bioinformatik Die Begründerin der Bioinformatik ist Margaret Dayhoff. Sie hat 1965 eine Sammlung von Proteinsequenzen, auch bekannt als Atlas of Protein Sequence and Structure veröffentlicht. Zusammen mit Richard Eck hat sie den ersten phylogenetischen Baum mit molekularen Sequenzen veröffentlicht. M. Dayhoff, 1980, Quelle: Tochter 6
3 7 Themen der Bioinformatik DNA-Sequenzanalyse Sequenzierung Alignment von 2 oder mehreren Sequenzen Verwandschaft von Sequenzen Suche nach Mustern / Motiven Evolution von Arten Genvorhersage incl. der Architektur (gene finding / gene prediction) Strukturen von Molekülen Protein-Strukturvorhersage RNA-Strukturvorhersage Themen der Bioinformatik Struktur-Funktionsverhältnisse Metabolische und regulatorische Stoffwechselwege Genexpression Microarrays bzw. DNA-Chips Systeme: Zellen und Organismen, die sogenannten omics -Daten Datenaufbereitung und Speicherung in biologischen Datenbanken GenBank, SwissProt, viele weitere Mathematik, Statistik, künstliche Intelligenz 8 Typische Fragen der Bioinformatik Wie sieht eigentlich ein Protein aus? Wie vergleicht man die Erbinformation verschiedener Organismen? Wie entstehen Tumorzellen? 9
4 10 Entwicklung (Ultimatives) Ziel der Bioinformatik Ultimatives Ziel der Bioinformatik ist dazu beizutragen, dass neue biologischen Einsichten entdeckt werden; eine globale Sicht zu erzeugen, von der aus vereinende biologische Prinzipien abgeleitet werden können. 11 Aufgaben der Bioinformatik Entwicklung und Implementierung von Werkzeugen, die den effizienten Zugang, Gebrauch und das Management von biologischen Daten / Informationen ermöglichen. Entwicklung neuer effizienter Algorithmen, mathematischer Methoden und Statistiken. 12
5 13 Berufsaussichten Stärke der Bioinformatik-Absolventen => Interdisziplinarität Große Bandbreite an Arbeitsfeldern Forschungsinstitute Biotechnologische Firmen Pharmafirmen Softwareentwicklung Chemische Entwicklung Lebensmittelfirmen Kliniken Labore Ämter usw. Effiziente Algorithmen Ein Algorithmus ist eine aus endlich vielen Schritten bestehende eindeutige Handlungsvorschrift zur Lösung eines Problems oder einer Klasse von Problemen. (Quelle: Wikipedia) 14 Effizient bedeutet: es darf nicht zu lange dauern, selbst wenn es sich um ein großes Problem handelt. Effiziente Algorithmen Klassisches Beispiel aus dem bioinformatischen Alltag: Gegeben seien zwei biologische Sequenzen. Aufgabe: wie ähnlich sind sich die beiden Sequenzen? Lösung: Optimal: Needleman-Wunsch-Algorithmus basierend auf dynamischem Programmieren Effizient: BLAST, der meist verwendete Bioinformatikalgorithmus der Welt 15
6 16 Biologische Objekte Sequenzen Strukturen taaccctaac cctaacccta accctaaccc taaccctaac taaccctaac cctaacccta accctaaccc taaccctaac aaccctaacc ctaaccctaa ccctaacccc taaccctaac aaccctaacc ctaaccctaa ccctaaccct aaccctaacc taaccctaaa ccctaaaccc taaccctaac cctaacccta cccaacccca accccaaccc caaccctaac ccctaaccct cctaacccta accctaaccc taaccctaac ccctaacccc accctaaccc taaccctaac ccctaaccct aaccctaacc Netzwerke Biologische Sequenzen Primärsequenzen werden als Zeichenketten über einem gegebenen Alphabet (z.b. dem Alphabet der Nukleotide Σ={A,G,C,T} oder dem Alphabet der Aminosäuren Σ= {A,R,N,D,C,Q,...}) definiert Beispiel Nukleotidsequenz ATGCAGGACGACGGATAACGATGACAG Beispiel Aminosäuresequenz MQDDGQRGQTVVALKCCLLKCARDDG 17 Formalisieren biologischer Vorgänge Beispiel: Translation Bei der Translation einer mrna in eine Proteinsequenz wird mittels des genetischen Codes jedem Codon der mrna seine zugehörige Aminosäure zugewiesen. 18
7 19 Formalisieren der Translation Formal: Sei Σ Codon das Alphabet der Codons (AAA,AAG,AAC,AAT,...,TTT). Sei Σ AA = {A,R,N,D,C,Q,...} das Alphabet der Aminosäuren. Die Translation lässt sich als Funktion f: Σ Codon Σ AA mrna Aminosäureseq. beschreiben. Mutationen Fehler während der Replikation Lokale Veränderungen der Primärsequenz der DNS Substitutionen Insertionen / Deletionen Umordnung ganzer Segmente entlang eines Chromosoms oder Austausch zwischen Chromosomen 20 Variabilität Mutationen sind die Quelle phänotypischer Vielfalt, die die Grundlage der natürlichen Selektion darstellt. Veränderte/neue Spezies Untersuchung von Mutationen führt zu einem besseren Verständnis des evolutionären Prozesses. Ähnlichkeit von Genomen bestimmen 21
8 22 Sequenz-Ähnlichkeit Hypothese: Ähnliche Gene / Proteine haben auch ähnliche Funktionen Frage: Wie kann man feststellen wie ähnlich sich zwei Sequenzen sind? Antwort: z.b. visuell (mit einem Dotplot) Aber kann man es auch berechnen? Sequenz-Alignment Alignment = Ausrichtung zweier Sequenzen 23 Seq 1 : t a t a - t a c g c t a g c a Seq 2 : t a t a a t a g g c t - g c a Match Mismatch Gap (Lücke) Obiges Alignment hat 80% Identität, denn 12 von den 15 ausgerichteten Positionen sind identisch. Sequenz-Alignment Offensichtlich gibt es viele Möglichkeiten zwei Sequenzen auszurichten (zu alignieren). 24 Folgendes Alignment hat nur 60% Identität. Seq 1 : - t a t a t a c g c t a g c a Seq 2 : t a t a a t a g g c t - g c a
9 25 Sequenz-Alignment Das optimale globale Alignment Problem: Gegeben seien zwei Nukleotid- (Protein-)Sequenzen. Gesucht ist das Alignment, das alle Charaktere der Sequenzen beinhaltet und dessen Wert für eine gegebene Bewertungs-Funktion maximal ist. Eine Generalisierung dieses Problems auf mehrere Sequenzen führt zum multiplen Alignment Problem. Bewertungsfunktion Wie bewerten man Mutationen, Deletionen / Insertionen? 26 Annahme: alle Positionen evolvieren unabhängig voneinander additive Funktion, Wert des Alignments = Summe der Werte der einzelnen Spalten Benötigt wird Bewertung von Match, Mismatch, Gaps Bewertungsfunktion Beispiel: Match = +2, Mismatch = -1, Gap = Seq 1 : - t a t a t a c g c t a g c a Seq 2 : t a t a a t a g g c t - g c a =+4 Seq 1 : t a t a - t a c g c t a g c a Seq 2 : t a t a a t a g g c t - g c a =+13 Das zweite Alignment hat also einen höheren Wert. Aber ist es das beste Alignment (optimal)?
10 28 Sequenz-Alignment - Optimal Optimale Lösung: Needleman-Wunsch Algorithmus Dies ist ein dynamisches Programmierverfahren, eine Technik für das Lösen kombinatorischer Optimierungsprobleme mit den folgenden Eigenschaften: Rekursiv definierter exponentieller Suchraum, Wiederauftretende Matrizen, Zusammensetzung der optimalen Lösung aus den optimalen Lösungen von Teilproblemen DPs spielen eine große Rolle in der Bioinformatik Globales vs. lokales Alignment 29 BLAST-Basic Local Alignment Search Tool Ist das häufigst benutzte Programm zur Suche einer Sequenz (Anfrage - query) in einer Sequenz-Datenbank (subjects, targets) Es ist ein lokales Alignment-Verfahren Es ist eine Heuristik: schnell ohne Garantie der Optimalität Basiert auf der Seed-Extend-Strategie: kurze sehr gute übereinstimmende Teilsequenzen zwischen query und subject werden gesucht, die dann nach links und rechts so lange ausgedehnt werden, bis ein vorgegebener Wert überschritten ist. Ausgabe ist ein high scoring segment pair, kurz HSP, das Alignment Berechnet Signifikanz eines Treffers in der Datenbank: der E-Wert (e-value) 30
11 31 Die BLAST-Familie BLAST als Webservice 32 BLAST als Webservice 33
12 34 BLAST als Webservice BLAST als Webservice 35 BLAST als Webservice 36
13 37 Bioinformatik-Sequenzdatenbanken GenBank am National Center for Biotechnology Information (NCBI), USA; Suchmaschine ENTREZ European Molecular Biology Laboratory (EMBL) am European Bioinformatics Institute (EBI) in Hinxton, England; UniProt (Universal Protein Resource); many many more FASTA Format erste Zeile: beginnt mit >, gefolgt vom Sequenznamen und evtl. Beschreibung der Sequenz. zweite Zeile: eigentliche Sequenz. 38 >emb AL Pyrococcus abyssi complete genome GGGCTTTAGCCTCCTTCACCGCTTCCACGATTTTCTGCCTGTCAAAGT GGTTTTTAATTAAAAATTCAAGGTGGAGTAAAAAGGGATGTTTTTAAA TTCTCAAATAGCTCGTCGTAAACCCCTTCATCTATTTCTCTCTGAACT CGGTAACTCCCATGCTTAAAGCCGTTCCAATGACTTCCTTGGCGGCAG CTGGTTTCTCTTCATCTTAGCTATCTTGATAACTTGCTCCATCGTTAA GGCTCACCGCTGCCCTTCTCGAGCCCTAGTTCCTTCTTTATCAACTGC CTATCTCGAACTGCTTGGTTACTGGATCTACGATGATCTTCACTGGGA Fazit Während der letzten 3 Jahrzehnte ist bedingt durch bedeutende Fortschritte auf dem Gebiet der Molekularbiologie, verbunden mit den Fortschritten in genomischen Technologien, ein enormer Wachstum der durch die wissenschaftliche Gemeinschaft erzeugten biologischen Information / Daten zu beobachten. Diese Explosion genomischer Daten hat damit notwendigerweise Bereitstellung von Datenbanken für das Aufbewahren, Organisieren und Indizieren sowie speziell entwickelten Werkzeugen zur Ansicht und Analyse der Daten geführt. 39
14 40 Referenzen Altschul SF, Gish W, Miller W, Myers EW, Lipman DJ. J Mol Biol Oct 5;215(3): Dayhoff, Eck, Chang, and Sochard. Atlas of Protein Sequence and Structure, 1965 Eck RV, Dayhoff MO.Science Apr 15;152(3720): Henikoff S, Henikoff JG. Proc Natl Acad Sci USA Nov 15;89(22): Needleman SB, Wunsch CD. J Mol Biol Mar;48(3):
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