Landtag von Baden-Württemberg. Antrag. Stellungnahme. Drucksache 13 / Wahlperiode. der Abg. Dr. Carmina Brenner u. a. CDU.

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1 Landtag von Baden-Württemberg 13. Wahlperiode Drucksache 13 / Antrag der Abg. Dr. Carmina Brenner u. a. CDU und Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum Nutzung der Einrichtung des Landesgestüts Marbach Antrag Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen zu berichten, 1. wie viele Beamte und Angestellte im Landesgestüt Marbach arbeiten; 2. welche Anlagen das Gestüt (Reithallen und Arena) umfasst, wie groß diese sind und wie sie ausgelastet sind; 3. welche Veranstaltungen außer der Hengstparade für externe Besucher geboten werden; 4. wie sich die Einnahmen aus der Hengstparade und anderen Veranstaltungen in den letzten drei Jahren darstellen; 5. wie sich die Einnahmen aus der Pferdezucht darstellen; 6. ob das Landesgestüt bei der Zucht einzelner Pferderassen in Deutschland führend ist; 7. ob daran gedacht ist, zusätzliche Veranstaltungen in Marbach aufzunehmen und ob vor allem eine Öffnung für die Jugendarbeit der Reitsportvereine und Pferdesportkreise möglich ist; 8. ob Jugendreitturniere und Jugendfreizeiten in den Anlagen des Landesgestüts durchgeführt werden können und wenn ja, in welcher Form, wenn nein, warum nicht Dr. Brenner, Dr. Schüle, Brunnemer, Kiefl, Gurr-Hirsch, Traub, Rüeck, Hauk CDU Eingegangen: / Ausgegeben:

2 Begründung Mit der Arena und den Reithallen verfügt das Landesgestüt Marbach über hervorragende Anlagen für Turniere und Reitkurse. Vor allem im Bereich der Jugendarbeit der Reitsportvereine fehlt es oft an notwendigen Anlagen. Um die Auslastungen der Anlagen in Marbach zu gewährleisten und gleichzeitig die Jugendarbeit in den Reitsportvereinen zu fördern, soll geprüft werden, ob das Landesgestüt hierbei künftig eine bedeutendere Rolle übernehmen kann. Stellungnahme Mit Schreiben vom 13. März 2003 Nr. Z(26) /133F nimmt das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum zu dem o. g. Antrag wie folgt Stellung: Vorbemerkung: Zur Bedeutung des Haupt- und Landgestüts Marbach (HuL) für Baden-Württemberg allgemein darf auf die beiliegende Anlage verwiesen werden. Das Haupt- und Landgestüt Marbach, gegründet 1573, ist das älteste staatliche Gestüt in Deutschland und auf Grund seiner Geschichte ein Kulturgut von besonderer Bedeutung. Das HuL ist der größte Ausbildungsbetrieb für Pferdewirte in Deutschland mit internationalem Ruf. Neben der Ausbildung hat Marbach eine kompetente und einzigartige Stellung in der Pferdezucht. Nur durch Marbach konnte das Schwarzwälder Kaltblut erfolgreich vor dem Aussterben gerettet werden. Dasselbe gilt für die Rasse Altwürttemberger. Für die Vollblutaraberzucht ist Marbach weltweiter Gesprächspartner. Grundlage für eine erfolgreiche Zucht der in Baden-Württemberg geführten Rassen sind die Hengst- und Stutenleistungsprüfungen. Das HuL ist für die objektive Durchführung der Leistungsprüfungen beauftragte Stelle nach dem Tierzuchtgesetz. Für die Besamung und Bedeckung gilt Marbach als kompetenter Partner in der Fläche mit seiner Besamungsstation und seinen Beschälplatten. Als wichtigster Ansprechpartner steht Marbach für die Pferdegesundheit und den Tierschutz mit vorbildlichen Haltungsverfahren. Nur in der Konzentration der Aufgaben sind Synergien erreichbar. Zu den Aufgaben des HuL zählt auch die Verbindung zum Pferdezuchtverband in Baden- Württemberg sowie zu den Veranstaltern von weltweit bedeutsamen Turnieren und Schauen. Zum Höhepunkt der Veranstaltungen in Marbach zählt die Hengstparade mit rund Zuschauern, die in dieser attraktiven Form nur mit dem Marbacher Pferdebestand möglich ist. Das HuL wird im Verlauf des Jahres von über Besuchern aufgesucht. Diese Besucherzahlen unterstreichen die Bedeutung Marbachs für die Naherholung auf der Schwäbischen Alb und tragen mit zum Bestehen einer leistungsfähigen Gastronomie bei. Mit seinen knapp 100 Stellen und rund 35 Auszubildenden ist das HuL Marbach einer der größten Arbeitgeber und Ausbildungsbetriebe in der Region. 2

3 1. wie viele Beamte und Angestellte im Landgestüt Marbach arbeiten; Zu 1.: Der Stellenbestand beim Haupt- und Landgestüt Marbach (HuL) beträgt derzeit 96,5 Stellen, die sich in 44 Beamte, 11,5 Angestellte und 41 Arbeiter aufgliedern. Von 1993 bis heute wurden 26,5 Stellen (22 %) abgebaut. Beim HuL Marbach wurden auch in erheblichem Umfang Aufgaben abgebaut, so dass sich die heutigen Aufgaben auf den Kernbereich der Pferdezucht und Pferdehaltung konzentriert. Abgebaut wurden u. a.: die Bullenprüfstation, der Geflügelhof, die Zuchtsauenhaltung, die Zahl der Deckstationen im Land. 2. welche Anlagen das Gestüt (Reithallen und Arena) umfasst, wie groß diese sind und wie sie ausgelastet sind; Zu 2.: Das Gestüt betreibt am Standort Marbach neben den Stallungen, Wirtschafts- und Verwaltungsgebäuden eine große Reithalle (60 x 20 m), eine kleine Reithalle (31 x 17 m), eine Reithalle für die Reitschule (60 x 20 m) sowie einen offenen Reitplatz. Die Reithallen sind während der Arbeitszeiten ständig belegt. Der offene Reitplatz wird je nach Witterung für die tägliche Arbeit genutzt. Außerdem werden dort die Hengstparaden, Reit- und Fahrturniere sowie Fohlenschauen durchgeführt. Auf den Gestütshöfen Offenhausen und St. Johann steht jeweils eine Reithalle für die tägliche Arbeit mit den Pferden zur Verfügung. 3. welche Veranstaltungen außer der Hengstparade für externe Besucher geboten werden; Zu 3.: In Marbach finden neben der Hengstparade folgende weitere Veranstaltungen des Gestütes statt: Reitpferdeauktion, Hengstvorstellung vor Beginn der Deckzeit, Hengstleistungsprüfungen, Stutenleistungsprüfungen und Sommerparade Zusätzlich werden die Marbacher Einrichtungen von anderen Veranstaltern wie folgt genutzt: Reit- und Fahrturniere in den Hallen und auf dem Gelände des Gestüts (Studentenreitturniere, Hochschulvergleichsturniere, Internationale Vielseitigkeitsturniere), Asil-Araber-Schau, Hengstkörungen des Pferdezuchtverbandes, Fohlenschauen des Pferdezuchtverbandes, Ponyveranstaltungen des Pferdezuchtverbandes, Schauabende und Eliteauktionen des Pferdezuchtverbandes, Zuchtstutenprüfungen, Grünlandlehrgänge für Pferdehalter, Sachkundenachweis-Lehrgänge für Pferdehalter, Schafbockauktionen des Landesschafzuchtverbandes. Im Übrigen ist das HuL Marbach mit seinen Nebenbetrieben ganzjährig beliebtes Ziel vieler Besucher. 4. wie sich die Einnahmen aus der Hengstparade und anderen Veranstaltungen in den letzten drei Jahren darstellen; Zu 4.: Neben der Hengstparade mit rund (in den Jahren der Hengstparade) kommen noch Einnahmen in nennenswertem Umfang aus den Eintrittsgeldern der Marbacher Pferdeversteigerung in der Größenordnung von etwa pro Jahr und der Hengstvorstellung als Einstieg in die Decksaison mit rund Ein- 3

4 trittsgeldern aus den Veranstaltungen des Gestüts. Die Auftritte des Gestüts mit seinen Pferden beim Mannheimer Maimarkt oder bei der Messe Euro-Cheval in Offenburg sind in der Regel kostendeckend oder mit geringen Einnahmen verbunden. Die Einnahmen aus der Beteiligung des Gestüts am Landwirtschaftlichen Hauptfest sind im Vergleich zu den entgangenen Erlösen der in den Hauptfestjahren nicht stattfindenden Hengstparaden gering. Da in 2003 ein Hauptfest unter Beteiligung des Gestütes mit seinen Pferden stattfindet, veranstaltet Marbach zur Abpufferung der Einnahmeausfälle der nicht stattfindenden Hengstparade eine Sommerparade in Verbindung mit dem ASIL-Cup. Die Entwicklung dieser Einnahmen aus Veranstaltungen in den letzten drei Jahren sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen ( Beträge). Veranstaltungen Hengstparade Pferdeversteigerung Hengstvorstellung Euro Cheval Mannheimer Maimarkt Landwirtschaftliches Hauptfest wie sich die Einnahmen aus der Pferdezucht darstellen; Zu 5.: Die Einnahmen aus der Pferdezucht lagen im Jahr 2002 bei und gliedern sich auf in Deckgelder , Pferdeverkauf , Pensionspferdehaltung , Leistungsprüfungen Zu den genannten Einnahmen aus Veranstaltungen und aus der Pferdezucht kommen die Einnahmen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb in Höhe von rd pro Jahr und aus der Reit- und Fahrschule in Höhe von rd pro Jahr. 6. ob das Landgestüt bei der Zucht einzelner Pferderassen in Deutschland führend ist; Zu 6.: Die Zucht des Schwarzwälder Kaltblutes, auch Schwarzwälder Fuchs genannt, hat vor allem im Gebiet des Hochschwarzwaldes eine sehr alte Tradition. Schon im Mittelalter gibt es Hinweise auf die Zucht im Kloster St. Peter. Durch die Motorisierung in der Land- und Forstwirtschaft wurde die Rasse in den Jahren bis 1980 so stark dezimiert, dass die Erhaltung dieser wertvollen Genreserve in Frage gestellt war. Durch Unterstützung des Landes und insbesondere durch die Arbeit des HuL Marbach ist die Population des Schwarzwälder Kaltblutes in Baden-Württemberg heute wieder auf einen Bestand von ca. 650 eingetragenen Stuten und Hengste angewachsen. Dazu kommen ca. 120 eingetragene Zuchtpferde in anderen Bundesländern. Das Interesse an diesen Pferden hat sich im Inland, aber auch im europäischen Ausland und sogar in den USA dank des Marbacher Engagements deutlich verstärkt. Das HuL Marbach hält zu den überwiegend bäuerlichen Züchtern einen sehr engen Kontakt. Jährlich werden ca. 6 der besten Hengstfohlen vom HuL angekauft, zusammen mit den anderen Hengstfohlen in der großen Herde aufgezogen 4

5 und danach zur Körung vorgestellt. Bei der Selektion der Junghengste wird einvernehmlich zwischen Pferdezuchtverband, Züchtern und Gestüt entschieden. Der Schwarzwälder Fuchs hat eine echte Renaissance erlebt. Die Marbacher Vollblutaraberzucht basiert auf der ehemals königlich-württembergischen Zucht in Weil bei Esslingen. Im damaligen Privatgestüt des Königshauses, gegründet im Jahre 1817, wurde diese edle Rasse mit außerordentlich viel Kenntnis und Passion gezüchtet. Ein testamentarischer Beschluss König Wilhelms I. von Württemberg verbot, die Zucht aufzulösen. Im Jahre 1932 übergab Fürstin Pauline zu Wied den verbliebenen Zuchtpferdebestand an das Land Württemberg. Die Pferde kamen nach Marbach und seither wird hier das Stutbuch Weil-Marbach weiter geführt. Durch Einkreuzung von Originalaraberhengsten aus dem ägyptischen Staatsgestüt El Zaraah wurde der Wüstentyp erhalten. Die importierten Hengste Hadban Enzahi und Gharib haben nicht nur die Stammherde des Gestüts stark geprägt, sondern hatten auch einen außerordentlich positiven Einfluss auf die internationale Vollblutaraberzucht. Mit den Marbacher Vollblutarabern hat die nationale und internationale Araberzucht ein wertvolles Kulturerbe, zu dessen Erhaltung das Land Baden-Württemberg verpflichtet ist. Die Umzüchtung des früheren Württembergischen Warmbluts zum heutigen Deutschen Reitpferd erfolgte in den Jahren nach 1960 zunächst mit der Einkreuzung von Trakehnerhengsten, später auch mit Hengsten der norddeutschen Zuchtgebiete. Das HuL Marbach war zu allen Zeiten maßgeblich an züchterischen Veränderungen beteiligt, so auch an dieser Weiterentwicklung des Warmblutpferdes zum modernen Sport- und Freizeitpferd. Heute steht die badenwürttembergische Warmblutzucht zahlen- und bedeutungsmäßig im ersten Drittel der deutschen Zuchtgebiete nach den großen Pferdezuchten in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Neben der Zucht des modernen Warmbluts unterstützt das HuL eine spezielle züchterische Initiative innerhalb des Pferdezuchtverbandes, indem es die Hengste für die Erhaltung des Altwürttemberger Pferdes hält eine wichtige Maßnahme zur Erhaltung dieses wertvollen Genpools. Die Zucht und Haltung von Schwarzwälder Füchsen und Altwürttemberger Pferden hat eine große Bedeutung für die Grünlandnutzung in benachteiligten Gebieten und für die Erhaltung der Rassen und wird deshalb durch das MEKA- Programm gefördert. 7. ob daran gedacht ist, zusätzliche Veranstaltungen in Marbach aufzunehmen und ob vor allem eine Öffnung für die Jugendarbeit der Reitsportvereine und Pferdesportkreise möglich ist; 8. ob Jugendreitturniere und Jugendfreizeiten in den Anlagen des Landesgestüts durchgeführt werden können und wenn ja, in welcher Form, wenn nein, warum nicht. Zu 7. und 8.: Pferdezucht und Pferdesport sind aufeinander angewiesen. Das HuL Marbach hält deshalb schon lange sehr engen Kontakt zu den Organisationen im Turnier- und Freizeitsport. In der Marbacher Landesreit- und Fahrschule wird intensive Jugendarbeit geleistet. Die angebotenen Reitkurse für Kinder ab 14 Jahren sind für viele die Basis für eine weitere qualifizierte Ausbildung. Leistungsabzeichen wie Basis-Pass, Reitabzeichen, Reitpass für Geländereiten und Jagdabzeichen können hier erworben werden. Mit der Durchführung von Reitlehrgängen und Ausbildungslehrgängen für ehrenamtliche Übungsleiter und Trainer leistet die Landesreitschule des HuL Marbach eine wertvolle Aufbauarbeit für die Pferdesportvereine des Landes. Die im HuL durchgeführten Turnierveranstaltungen wie Internationale Marbacher Vielseitigkeit, Hallenreitturnier und Fahrturnier werden von den Veranstaltern wie der Interessengemeinschaft Vielseitigkeit, der Fahrsportgruppe Marbach u. a. 5

6 zusammen mit dem Gestüt geplant und durchgeführt. Bei diesen Turnieren wird ausdrücklich großer Wert auf das Angebot von Prüfungen für Jugendliche gelegt. Die Turnierveranstaltungen haben eine enorme Außenwirkung. So hat z. B. die Internationale Marbacher Vielseitigkeit einen sehr guten Namen bei Reitern und Besuchern. Das weitläufige Gestütsgelände und die Beschaffenheit der Geländestrecke eignen sich ideal für die Durchführung von Prüfungen bis zur Schweren Klasse. Die jährlich durchgeführten Jagdreiterseminare sind weitere Veranstaltungen, die im Gestüt mit großer Resonanz durchgeführt werden. Vor diesem Hintergrund ist der Erhalt der arrondierten Gestütshöfe besonders wichtig, neben der Bedeutung für die tägliche Gestütsarbeit beim Bewegen der Pferde. Das HuL kann diese Aktivitäten auf eigenen Flächen erledigen und muss kein Privatgelände in Anspruch nehmen. Aus personellen Gründen können von Seiten des HuL Marbach keine weiteren zusätzlichen Veranstaltungen selbst organisiert und durchgeführt werden. Das HuL steht jedoch grundsätzlich der vermehrten Durchführung von turniersportlichen Prüfungen für Jugendliche auf Marbacher Gelände bzw. in den Marbacher Einrichtungen positiv gegenüber, sofern die Turnierveranstalter die Organisation und Durchführung dieser Turniere übernehmen und die Einbindung in die Terminplanungen des Gestüts möglich sind. Darüber hinaus plant das Gestüt eine gemeinsame Initiative mit der regionalen Gastronomie. Es soll ein Angebot für Veranstalter von pferdesportlichen Freizeitangeboten für Jugendliche während der Ferien entwickelt werden. Dabei ist das Gestüt bereit, die landeseigenen Flächen, die Unterstellmöglichkeiten für Pferde sowie die Versorgung der Pferde in den Gestütshöfen bereitzustellen. Die Übernachtung und Verpflegung der Teilnehmer an diesen Angeboten ist im Umfeld von Marbach sicherlich leicht möglich. Stächele Minister für Ernährung und Ländlichen Raum 6