Bernhard Gill / Karin Boschert Institut für Soziologie; Universität München (LMU)
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- Maja Walter
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1 Diskurs Grüne Gentechnik Fachtagung Was ist Sache in der Grünen Gentechnik? 19. und 20. April 2002, Bad Neuenahr Der Konflikt um die Grüne Gentechnik Wohin geht die europäische Moderne? Bernhard Gill / Karin Boschert Institut für Soziologie; Universität München (LMU) Diskurs Grüne Gentechnik Originaldokument ohne redaktionelle oder gestalterische Bearbeitung Vollständige Dokumentation und weitere Informationen zum Diskurs Grüne Gentechnik unter: Portal Diskurs
2 Abstract Nicht nur in Deutschland, auch in vielen anderen Europäischen Ländern ist die Skepsis gegenüber transgenen Nahrungsmitteln sehr ausgeprägt. Diese Haltung hat sich seit den ersten breiter angelegten Versuchen zur ihrer Einführung, d.h. seit Mitte der 1990er Jahre, deutlich verstärkt. Transgene Nahrungsmittel treffen nicht mit den gegenwärtigen Verbraucherbedürfnissen zusammen, sondern wecken eher Assoziationen an BSE und ähnliche als Bedrohung wahrgenommene Ereignisse. Interessant ist dabei, dass Widerstand und Ablehnung seitens des Publikums und der Verbraucher nicht einfach als Modernisierungsdefizit oder als Rückständigkeit zu interpretieren sind, sondern einem neuen und komplexeren gesellschaftlichen Konfliktmuster entspringen. Dr. Bernhard Gill, geb. 1958, Studium der Sozialwissenschaften in Berlin, Erlangen und München. Privatdozent am Institut für Soziologie der Universität München. Zahlreiche Forschungsprojekte und Veröffentlichungen zum gesellschaftlichen Umgang mit der Genund Biotechnologie. Langjähriges politisches Engagement in der gentechnik-kritischen Bewegung und Mitglied des gen-ethischen Netzwerks. Karin Boschert, M.A., geb. 1970, Studium der Politikwissenschaft in Freiburg, Konstanz und Toronto, Doktorandin an der Freien Universität Berlin, Mitarbeiterin des EU Projektes: Precautionary Expertise for GM Crops.
3 Biotech allgemein - Transgene Lebensmittel, Entwicklungen (Eurobarometer) % Biotech tr Food Jahr Bewertung konkreter Anwendungen der Gentechnik (Biotech Survey 1997) Krebstherapie 69,9 Pränatale Diagnostik 54,2 Planzenwachstum 20 Lebensmittel 7,9 Gentransfer zw. Tieren 5, %
4 Veränderte Bedürfnisse der Verbraucher/innen Deckung der Grundbedürfnisse: Differenzierung des Geschmacks Verunsicherung durch Skandale : Misstrauen gegenüber Experten und Staat Abschied von der Fulltime-Hausfrau: Bequemlichkeit der Zubereitung Forderung nach Wahlfreiheit
5 Orthodoxe Modernisierungstheorie Welterklärung Selbstverständnis Vormoderne Religion Kollektivität/angeborene Position Moderne Aufklärung/Wissen Selbständigkeit Lebensziel Jenseitiges Heil Diesseitiges Glück Form der Naturbeherrschung Ergebnis der Naturbeherrschung Probleme der Naturbeherrschung Naturbild Tradition/ Magie Übermacht des Naturschicksals Krankheit Hunger Natur als Schöpfungsordnung Wissenschaft/ Technologie Schulmedizin Agrarindustrie Keine grundsätzlichen Probleme Natur als Warenlager und als Bedrohung
6 Unterstützung für die Biotechnologie in 15 europäischen Ländern (Eurobarometer 1999) Gentechnik allgemein Gendiagnose Arzneimittel Pflanzen zucht Gentech- Nahrung Spanien 0, Portugal 0, Niederlande 0, Belgien 0, Luxemburg 0, Frankreich 0, Deutschland 0, Italien 0, Irland 0, Finnland 0, Großbritannien 0, Österreich 0, Dänemark -0, Norwegen -0, Griechenland -0, Quelle: Gaskell et al. 2001, S.56 und S.58/ Aufbereitung des Eurobarometer 1999
7 Profil der BefürworterInnen und KritikerInnen der Biotechnologie in Norwegen 1996* Blaue Kritik (N=112) Traditionalistisches Milieu Befürwortung (N=345) Utilitaristisches Milieu Grüne Kritik (N=160) Postindustrielles Milieu Jahre (107%) Jahre (18%) Jahre (60%) Politisch rechts (29%) Politisch rechts (32%) Politisch links (53%) Sehr religiös (54%) Schwach religiös (9%) Nicht religiös (35%) Einfache Schulbildung (16%) Mittlere Schulbildung (20%) Universität (27%) Geringes Wissen über Biotechnologie (27%) Gutes Wissen über Biotechnologie (28%) Gutes Wissen über Biotechnologie (49%) Niedriges Risiko (10%) => moralische Kritik Niedriges Risiko (15%) Hohes Risiko (87%) *Prozentangaben: Überrepräsentation des Merkmals im Vergleich zur Gesamtbevölkerung (N=966; einschließlich der Unentschlossenen ) Quelle: Nielsen 1997, S.1320
8 Theorie reflexiver Modernisierung (Ulrich Beck u.a.) Gegenmoderne Erste Moderne Zweite Moderne Fundamentalismus Aufklärung/Wissen Reflexion/Skepsis (Religion, Kultur u.a.) Wunsch nach festem Platz im Kollektiv Kollektives Glück Tradition und Wissenschaft in partikularen Mischungen Autoritärer + agressiver Partikularismus Natur als Schöpfungsordnung und Herkunft Selbständigkeit/ Selbstkontrolle Materielles Glück Wissenschaft/ Technologie Schulmedizin Agrarindustrie Schrecken des Todes Überfluss/+gewicht Natur als Warenlager und Bedrohung Individualität/ fließendes Selbst Psychisches Glück Ende des generalisierten Expertenvertrauens Differenzierung der Heilkunde Differenzierung des Geschmacks Unversicherbarkeit? Unregulierbarkeit? Natur als imaginäre Zuflucht
9
10 Traditionalistische ("blaue") und postindustrielle ("grüne") Opposition zur Biotechnologie 1996 (%) 1999 (%) "blau" "grün" "blau" "grün" Spanien Portugal Niederlande Belgien 7 9 # # Luxemburg Frankreich Deutschland Italien Irland Finnland # # Großbritannien # # Österreich # # Dänemark Norwegen Griechenland #: Clusteranalyse ergibt keine sinnvolle Lösung Quelle: Gaskell et al. 2001, S.75 / Aufbereitung des Eurobarometer 1996 und 1999
11 Quellen Eurobarometer 1991, 1993, 1996, 1999 Gaskell, G./Bauer, M.W. (eds.): Biotechnology The Years of Controversy, London: Science Museum, 2001 Hampel, J./Renn, O. (Hg.): Gentechnik in der Öffentlichkeit, Wahrnehmung und Bewertung einer umstrittenen Technologie, Frankfurt/M: Camous, 1999 Nielsen, T.H.: Behind the color code of no, in: Nature Biotechnology, vol.15, 1997, pp
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