Restless Legs Syndrom. Diagnose Ursachen Therapie PATIENTENINFORMATION

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1 Restless Legs Syndrom Diagnose Ursachen Therapie PATIENTENINFORMATION

2 Inhaltsverzeichnis Häufigkeit und Ursachen Was ist das Restless Legs Syndrom?... 3 Wie häufig ist das RLS?... 3 Was ist das idiopathische RLS?... 4 Was führt zu einem sekundären RLS?... 5 Wie verläuft die Erkrankung?... 6 Symptome Welche Symptome treten beim RLS auf?... 7 Wie äußern sich die Beschwerden?... 8 In welchen Situationen kommt es zu Beschwerden?... 9 Wie beeinflusst ein RLS den Alltag? Diagnose Wie wird ein Restless Legs Syndrom diagnostiziert? Welche Diagnosekriterien gibt es? Wie wird ein sekundäres RLS festgestellt? Was ist der L-Dopa-Test? Behandlung Wie kann ein RLS behandelt werden? Welche Medikamente wirken bei RLS? Welche dopaminergen Medikamente werden bei RLS eingesetzt? Welche Nebenwirkungen kann eine dopaminerge Therapie haben? Was hilft außer Medikamenten? Welche Regeln gelten für die Schlafhygiene? Welche anderen Verhaltensweisen können helfen? Leben mit RLS: Patienten berichten Jutta: Langes Stillsitzen ist kaum möglich Juan: Erschöpfung durch extreme Schlaflosigkeit Esperanza: Erste Symptome während der Schwangerschaft Valeria: Eigene Wege im Alltag finden... 32

3 Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient Das Restless Legs Syndrom ist eine der häufigsten Erkrankungen des Nervensystems: laut Schätzungen sind hierzulande bis zu zehn Prozent der Menschen 1 von Beschwerden wie nächtlicher Beinunruhe oder Kribbeln in den Gliedmaßen betroffen. In vielen Fällen wird die Erkrankung aber nicht erkannt oder mit anderen Störungen verwechselt. Denn welche Symptome eines Restless Legs Syndroms (abgekürzt RLS) im Einzelnen auftreten, kann sich von Patient zu Patient sehr stark unterscheiden. In dieser Broschüre haben wir wichtige Informationen rund um das Restless Legs Syndrom für Sie zusammengestellt. Welches sind die Ursachen des RLS? Wodurch werden Symptome ausgelöst? Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Und was kann ich selber tun, um RLS- Beschwerden zu vermeiden oder zu lindern? Auf diese und weitere Fragen möchte Ihnen dieses Heft Antwort geben. 1

4 Weitere Informationen rund um das Restless Legs Syndrom finden Sie auch auf der Webseite Und unsere kostenfreie Hotline ( ) steht Ihnen täglich von 8:00 bis 18:00 Uhr für Fragen und Anmerkungen zur Verfügung. Was ist das Restless Legs Syndrom? Das Restless Legs Syndrom ist eine Erkrankung des Nervensystems. Typische Symptome sind eine Bewegungsunruhe und Missempfindungen in den Beinen, vor allem am Abend und in der Nacht. Bereits seit mehr als 300 Jahren wird die Erkrankung unter verschiedenen Namen in medizinischen Berichten erwähnt. 2 Seine heutige Bezeichnung (übersetzt Syndrom der unruhigen Beine ) erhielt das RLS 1945 durch den schwedischen Neurologen Karl Axel Ekbom (Ekbom-Syndrom). Wie häufig ist das RLS? Das RLS ist eine der häufigsten neurologischen Störungen, wird aber nur bei einem Teil der Betroffenen auch diagnostiziert. Laut Studien sind in europäischen Ländern bis zu zehn Prozent der Bevölkerung von RLS-Symptomen betroffen. Jedoch ist eine medikamentöse Therapie nur bei einem Teil der Betroffenen notwendig. Frauen erkranken etwa doppelt so häufig an einem Restless Legs Syndrom wie Männer, ältere Menschen häufiger als junge

5 Wie ausgeprägt RLS-Beschwerden sind und wie sehr der Betroffene darunter leidet, kann sich von Fall zu Fall erheblich unterscheiden. So lassen sich die Symptome bei vielen Patienten schon durch Verhaltensänderungen in den Griff bekommen. Bei stärkerer Ausprägung kann eine gezielte medikamentöse Behandlung notwendig sein. Das Restless Legs Syndrom kann in zwei Hauptformen unterschieden werden: das primäre idiopathische RLS, für das sich bisher keine konkret zugrunde liegende Ursache finden lässt, sowie sekundäre RLS-Formen, die bei bestimmten Erkrankungen (z.b. chronisches Nierenversagen) oder auch in der Schwangerschaft auftreten können. Was ist das idiopathische RLS? 1 Die Ursache des idiopathischen RLS ist noch nicht vollständig geklärt. Sehr wahrscheinlich ist aber, dass es u.a. zu einer Störung im Stoffwechsel des wichtigen Neurotransmitters Dopamin im Gehirn kommt. Möglicherweise spielt auch eine Störung des Eisenstoffwechsels eine Rolle. Dies erklärt auch, warum eine Behandlung mit L-Dopa (einer Vorstufe von Dopamin) oder Medikamenten, die die Dopaminwirkung nach ahmen (sogenannte Dopamin-Agonisten) RLS- Beschwerden lindert. Bei mehr als der Hälfte aller Patienten mit idiopathischem RLS ist ein Familienmitglied ebenfalls von der Erkrankung betroffen. Dies deutet auf eine erbliche Komponente in der Entstehung des idiopathischen RLS hin. Patienten mit familiärem RLS erkranken häufig schon in jüngerem Alter an RLS als jene mit der nichtfamiliären Erkrankungsform. In aktuellen wissenschaftlichen Studien wurden einige Gene identifiziert, die mit einem Restless Legs Syndrom in Verbindung zu stehen scheinen. Mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Mensch an einem RLS erkrankt, lässt sich anhand der Genbefunde jedoch derzeit nicht sagen. Um die Diagnose eines RLS zu sichern oder auszuschließen, werden daher Genuntersuchungen noch nicht eingesetzt. Was führt zu einem sekundären RLS? Einige Erkrankungen können ein Restless Legs Syndrom nach sich ziehen, hier spricht man dann von einem sekundären RLS. Ein Beispiel hierfür ist chronisches Nierenversagen 4 : laut Studien leidet wahrscheinlich jeder fünfte Dialysepatient an RLS-Symptomen. 4 5

6 Darüber hinaus können Eisenmangel oder ein gestörter Eisenstoffwechsel im Körper ebenso wie neurologische Krankheiten oder hormonelle Störungen zu einem Restless Legs Syndrom führen 1. So sind in der Schwangerschaft RLS-Symptome relativ häufig: Sie betreffen bis zu 30 Prozent 5 aller schwangeren Frauen, verschwinden aber meist relativ kurze Zeit nach der Entbindung wieder. Und schließlich können eine Reihe Medikamente, allen voran Psychopharmaka, ein Restless Legs Syndrom auslösen oder fördern. Wie verläuft die Erkrankung? 1 Generell ist das Restless Legs Syndrom eine chronische, meist langsam fortschreitende Erkrankung. Schweregrad und Verlauf eines RLS können sich aber von Fall zu Fall stark unterscheiden. Welche Symptome treten beim RLS auf? Die Symptome eines RLS sind oft schwer fassbar. Gerade am Anfang der Erkrankung sind sie häufig nur milde ausgeprägt und können zwischenzeitlich auch ganz fehlen einer der Gründe dafür, dass das RLS in vielen Fällen lange unerkannt bleibt. Typische Symptome sind Bewegungsunruhe und Missempfindungen in den Gliedmaßen, vor allem den Beinen, die in Ruhe auftreten und bei Bewegung nachlassen. Am Abend und in der Nacht sind die Symptome fast immer stärker ausgeprägt. Bei einigen Patienten mit idiopathischem RLS kommt es bereits im jungen Erwachsenenalter zu ersten Symptomen. Diese sind anfangs oft nur leicht ausgeprägt, in den meisten Fällen nimmt der Schweregrad der RLS-Symptome jedoch mit der Zeit zu. Da diese Verschlechterung aber in der Regel langsam vonstatten geht, wird ein RLS häufig erst Jahre oder Jahrzehnte nach dem Beginn der Beschwerden behandlungsbedürftig. 6 7

7 Wie äußern sich die Beschwerden? 1 Menschen mit RLS schildern ihre Symptome ganz unterschiedlich, zum Beispiel als Brennen, Ziehen oder Kribbeln in den Beinen, als Heiß- oder Kaltgefühl bis hin zu regelrechten Schmerzen oder Krämpfen. Die Symptome werden meist tief innen gespürt, seltener als oberflächlicher Schmerz. Fast immer sind die Beine betroffen, manchmal auch die Arme oder andere Körperregionen. Die allermeisten Menschen mit RLS leiden an einem starken Bewegungsdrang der Beine. Zudem kommt es beim Restless Legs Syndrom häufig zu sogenannten periodischen Beinbewegungen im Schlaf (periodic limb movements in sleep, PLMS), die vom Patienten unbemerkt den Schlaf kurzzeitig unterbrechen und die Schlafqualität mindern können. PLMS können jedoch auch unabhängig vom einem Restless Legs Syndrom auftreten. RLS-Symptome treten vor allem in Ruhe auf und lassen sich anfangs durch Bewegung oder auch durch geistige Anstrengungen wie etwa ein Computerspiel bessern. Ist ein RLS jedoch weiter fortgeschritten, können solche Aktivitäten die Beschwerden aber meist nicht mehr völlig oder nur noch wenig lindern. In welchen Situationen kommt es zu Beschwerden? 1, 6 Am Anfang der Erkrankung beginnen die RLS-Beschwerden meist in den Abendstunden und setzen sich in der Nacht fort; die Stärke der Beschwerden nimmt mit der Zeit zu. Symptome über Tag sind zu Beginn eher selten. Später kann sich die Symptomatik allerdings auf die Tagesstunden ausdehnen oder verlagern: Es wird geschätzt, dass Prozent der RLS-Patienten auch tagsüber an Beschwerden leiden. Neben Ruhesituationen am Abend und in der Nacht gibt es ein Reihe weiterer Umstände, in denen RLS- Symptome auftreten oder sich verschlimmern können. Dies sind in erster Linie Situationen, in denen lange Zeit ruhig gesessen wird z.b. während einer Autofahrt oder im Flugzeug, im Kino oder beim Fernsehen. Auch Bettlägerigkeit oder die Ruhigstellung eines Beins oder Arms in einem Gipsverband können RLS-Beschwerden auslösen. 8 9

8 Wie wird ein Restless Legs Syndrom diagnostiziert? 1 Wie beeinflusst ein RLS den Alltag? 1 Die starke Unruhe in den Beinen in den Abend- und Nachtstunden wirkt sich bei den meisten Menschen mit RLS deutlich auf die Schlafqualität aus: Sie schlafen schlecht ein oder wachen während der Nacht mehrfach auf. Viele Betroffene stehen dann aus dem Bett auf und laufen zum Teil für Stunden umher, um ihre Beschwerden durch Bewegung und Aktivität zu lindern. Und selbst wenn dies gelingt: an ungestörten Schlaf ist damit nicht zu denken. Bei mehr als 90 Prozent der Patienten sind Schlafdauer und Schlafqualität ent scheidend beeinträchtigt. Und das ständige Unausgeschlafensein bleibt nicht ohne Folgen: Chronische Müdigkeit am Tag, Erschöpfung, Konzentrationsstörungen und Kopfschmerzen können die Lebens qualität, den privaten Alltag wie auch das Berufsleben von Menschen mit RLS stark einschränken. Die Diagnose eines Restless Legs Syndroms wird anhand der typischen Symptome gestellt. Hierbei unterscheidet man notwendige (oder essentielle) Kriterien die für die Diagnose eines RLS unbedingt zutreffen müssen, von den supportiven, ergänzenden Kriterien, die zusätzliche Hinweise auf ein RLS geben. Liegt der Verdacht auf ein RLS nahe, so lässt sich die Diagnose mit Hilfe des sogenannten L-Dopa-Tests sichern. Weitere Untersuchungen dienen dazu, andere Krankheiten als Ursache eines sekundären RLS auszuschließen oder zu bestätigen. Dazu gehören zum Beispiel Laboruntersuchungen der Nierenfunktion und des Eisenstoffwechsels oder neurologische Zusatztests. Welche Diagnosekriterien gibt es? Zu den essentiellen Kriterien für die Diagnose eines Restless Legs Syndrom gehören: Bewegungsdrang der Beine, gewöhnlich begleitet von oder verursacht durch unbehagliche und unangenehme Empfindungen in den Beinen. Manchmal 10 11

9 besteht der Bewegungsdrang ohne die unangenehmen Empfindungen und manchmal sind zusätzlich zu den Beinen auch die Arme oder andere Körperregionen betroffen. Der Bewegungsdrang und die unangenehmen Empfindungen beginnen oder verschlechtern sich in Ruhezeiten oder bei Inaktivität wie Sitzen oder Liegen. Der Bewegungsdrang und die unangenehmen Empfindungen werden durch Bewegung wie Laufen oder Dehnen, aber auch durch geistige Aktivität wie z.b. Computerspiele teilweise oder vollständig gebessert. Die Besserung hält zumindest so lange an, wie diese Aktivität ausgeführt wird. Der Drang, sich zu bewegen, und die unangenehmen Empfindungen sind abends oder nachts schlimmer als während des Tages oder treten ausschließlich am Abend oder in der Nacht auf. Wenn die Symptome sehr stark sind, kann es sein, dass die Verschlechterung abends oder nachts nicht mehr bemerkbar ist, aber sie muss früher einmal bestanden haben. Supportive Kriterien sind: Ein Familienmitglied leidet ebenfalls an RLS: Ein idiopathisches RLS ist bei Angehörigen von RLS-Patienten drei- bis fünfmal so häufig wie bei Personen ohne RLS-Fälle in der Familie. Der sogenannte L-Dopa-Test fällt positiv aus, d.h. der Patient spricht zumindest initial auf eine dopaminerge Therapie an. Periodische Beinbewegungen im Schlaf/Wachzustand (periodic limb movements in sleep, PLMS): solche Bewegungen lassen sich bei den meisten RLS-Patienten im Schlaflabor nachweisen. Allerdings sind diese Symptome sehr unspezifisch, sie können auch bei anderen neurologischen Krankheiten und nicht RLS-Erkrankten auftreten. Wie wird ein sekundäres RLS festgestellt? Die Diagnose eines RLS stellt der Arzt grundsätzlich anhand der typischen Symptome. Ob möglicherweise eine andere Erkrankung das Restless Legs Syndrom verursacht hat, lässt sich mit Hilfe von Zusatzuntersuchungen zum Beispiel Laboruntersuchungen oder neurologischen Tests beantworten

10 Wichtig ist die Frage nach der Nierenfunktion, denn eine eingeschränkte Nierenfunktion gehört zu den häufigsten Ursachen eines sekundären RLS und lässt sich durch Labortests nachweisen. Auch ein Eisenmangel bzw. Störungen des Eisenstoffwechsels können zu RLS-Beschwerden führen. Zur Abklärung eines RLS gehört daher auch die Bestimmung verschiedener Eisenwerte im Blut. Hormonstörungen und Vitaminmangelzustände sind ebenfalls mögliche Ursachen eines sekundären RLS. Besteht der Verdacht auf ein RLS, kann daher die Messung von Schilddrüsenhormonen sowie von Vitamin B12 oder Folsäure sinnvoll sein. Auch eine neurologische Untersuchung kann zur RLS Diagnostik dazugehören. Patienten mit idiopathischem RLS zeigen zwar meist keine Besonderheiten im neurologischen Befund, allerdings können Erkrankungen wie Morbus Parkinson oder Multiple Sklerose sekundär zu einem Restless Legs Syndrom führen. Zum anderen können andere neurologische Krankheiten (z.b. Polyneuropathien) Symptome hervorrufen, die denen eines RLS stark ähneln. primäres RLS oder eine Polyneuropathie bedingt sind. Bei manchen Patienten kann auch eine Untersuchung im Schlaflabor sinnvoll sein. Was ist der L-Dopa-Test? Die Tatsache, dass sich ein Restless Legs Syndrom durch Therapie mit einer dopaminerg wirkenden Substanz bessern lässt, wird zur Absicherung der Diagnose genutzt. Dazu dient der so genannte L-Dopa-Test. Hierbei bekommt der Patient nach Einsetzen der RLS Beschwerden einmalig 100 mg L-Dopa verabreicht, danach werden die Symptome anhand von RLS-Schweregradskalen eingeschätzt. Fällt der Test positiv aus, d.h. bessern sich die Beschwerden nach der Medikamentengabe um mehr als 50 Prozent auf der Schweregradskala, spricht dies stark für ein RLS. Umgekehrt allerdings lässt sich bei fehlender Besserung ein Restless Legs Syndrom nicht völlig ausschließen. Messungen der Nervenleitgeschwindigkeit und der elektrischen Muskelaktivität helfen dann bei der Beantwortung der Frage, ob die Beschwerden durch ein 14 15

11 Wie kann ein RLS behandelt werden? 1 Viele RLS-Patienten können ihre Erkrankung bereits durch Veränderungen ihrer Lebensweise in den Griff bekommen. Dazu gehört es Situationen zu vermeiden, in denen RLS-Symptome auftreten bzw. bestimmte Schlafregeln einzuhalten. Da nicht selten Medikamente oder darin enthaltene Zusatzstoffe (z.b. Koffein) RLS-Symptome hervorrufen können, ist es sinnvoll, gemeinsam mit dem Arzt die Einnahme evtl. RLS-verstärkender Medikamente zu überprüfen. Niemals sollten jedoch Medikamente auf eigene Faust abgesetzt werden! Im Fall eines sekundären RLS kann die Behandlung der Grundkrankheit (z.b. Eisenmangel, Nierenversagen) zu einem Rückgang der Beschwerden führen. Bei einem Teil der Menschen mit RLS reichen diese allgemeinen Maßnahmen allerdings nicht aus, um anhaltend Linderung zu verschaffen. Sind die Symptome mittelschwer bis stark ausgeprägt und die Lebensqualität eingeschränkt, wird eine gezielte medikamentöse Therapie erforderlich. Laut Studien geht man davon aus, dass rund zwei Prozent der Bevölkerung in europäischen Ländern an einem medikamentös behandlungsbedürftigen RLS leiden. Welche Medikamente wirken bei RLS? Mit Hilfe von Medikamenten lassen sich RLS-Beschwerden in ihrer Ausprägung, Häufigkeit und/oder Dauer reduzieren. Die Erkrankung selbst wird dadurch jedoch nicht geheilt. Mittel der Wahl sind vor allem Wirkstoffe, die das dopaminerge System im Gehirn beeinflussen. Dazu gehören L-Dopa (Levodopa) eine Dopaminvorstufe, die über die Blut-Hirn-Schranke in das Gehirn gelangt und dort zum aktiven Dopamin umgewandelt wird und die sogenannten Dopamin-Agonisten, die die Wirkung des Dopamins im Gehirn nachahmen. Solche Wirkstoffe werden seit langem erfolgreich bei Parkinsonpatienten eingesetzt. Das RLS ist aber keine Form von Morbus Parkinson, sondern eine eigen ständige Erkrankung. Zur Therapie eines RLS sind zudem wesentlich geringere Dosierungen dieser Medikamente notwendig als zur Therapie des Morbus Parkinson

12 Neben L-Dopa und Dopamin-Agonisten werden beim Restless Legs Syndroms auch Medikamente eingesetzt, die andere Signalwege im Gehirn beeinflussen. Ob und welche Medikamente bei einem Patienten mit RLS sinnvoll sind, hängt von vielen Faktoren ab von speziellen Symptomen, Begleiterkrankungen oder auch weiteren Medikamenten, die ein Patient einnimmt. Diese Faktoren müssen immer mit dem behandelnden Arzt besprochen werden. Welche dopaminergen Medikamente werden bei RLS eingesetzt? Die Behandlung eines RLS-Patienten mit dopaminergen Medikamenten richtet sich nach dem individuellen Krankheitsbild, also z.b. der Schwere der Symptome oder ihrem zeitlichen Verlauf. Auch mögliche Nebenwirkungen der Therapie fließen in die Entscheidung ein. In den meisten Fällen wird mit einer möglichst niedrigen Medikamentendosis begonnen und diese bei Bedarf langsam gesteigert. Zur Therapie des idiopathischen Restless Legs Syndroms sind in Deutschland zugelassen: L-Dopa/Benserazid die oralen Dopaminagonisten Ropinirol und Pramipexol Rotigotin, ein non-ergoliner Dopaminagonist in Pflasterform Die Anwendungsmöglichkeiten unterscheiden sich bei den verschiedenen Therapien. Bitte besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt die jeweilige Einsatzmöglichkeit. Welche Nebenwirkungen kann eine dopaminerge Therapie haben? Die wichtigsten Nebenwirkungen einer dopaminergen Therapie sind Übelkeit und Erbrechen sowie ein Blut 18 19

13 druckabfall mit Schwindelgefühl. Diese unangenehmen Erscheinungen treten meist in den ersten Wochen der Behandlung auf. Indem die Therapie in niedriger Dosis begonnen und nur in kleinen Schritten allmählich erhöht wird, lassen sich solche Nebenwirkungen häufig verringern oder sogar vermeiden. Ein besonderes Problem, das bei Therapie mit L-Dopa, seltener auch mit Dopamin-Agonisten auftreten kann, ist die sogenannte Augmentation. Darunter versteht man eine Zunahme der Beschwerden im Verlauf der Therapie, obwohl diese zunächst wirksam war. Bei der Augmentation können sich die RLS Symptome verstärken, auf zuvor nicht betroffene Gliedmaßen oder Körperteile übergreifen oder früher auftreten. Paradoxerweise sind die Beschwerden dann oft schlimmer als vor Beginn der Therapie, was zu einem Teufelskreis führen kann: Stärkere RLS-Symptome führen zur Steigerung der Medikamentendosis, was die Augmentation weiter fördert. Eine schrittweise Umstellung der medikamentösen Therapie, z.b. ein Wechsel von L-Dopa auf einen Dopamin-Agonisten oder auf eine nicht-dopaminerge Therapie, kann das Problem der Augmentation vermindern oder lösen. Was hilft außer Medikamenten? Verschiedene nicht-medikamentöse Ansätze und Verhaltensweisen können zur Linderung von RLS- Beschwerden beitragen. Ein besonders wichtiger Punkt ist die Schlafhygiene: durch Einhalten bestimmter Regeln können Patienten mit RLS ihre Schlafqualität aktiv verbessern. Auch der Erfahrungsausstausch mit anderen Betroffenen, zum Beispiel in Selbsthilfegruppen, hilft dabei, besser mit der Erkrankung leben zu können. 7 Bei vielen Patienten lassen sich die RLS-Symptome durch leichte körperliche Aktivität lindern. 8 Manche Patienten berichten zudem über positive Erfahrungen mit alternativen Heilverfahren wie Akupunktur oder Homöopathie, eine Wirkung für diese Alternativmethoden ist allerdings wissenschaftlich nicht belegt

14 Dementsprechend werden die Kosten für diese Therapien auch nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Welche Regeln gelten für die Schlafhygiene? 7 Um die Schlafqualität von Patienten mit Restless Legs Syndrom zu verbessern, haben sich eine Reihe von Empfehlungen bewährt. Ein ansprechender Schlafplatz: dieser sollte ruhig, dunkel, gut belüftet und nicht zu warm sein. Ein regelmäßiger Schlafrhythmus: RLS-Betroffene sollten sich bemühen, jeden Tag auch am Wochenende zur selben Zeit ins Bett zu gehen und am Morgen zur selben Zeit aufzustehen. Die empfohlene Schlafdauer liegt bei etwa sieben Stunden pro Nacht. Auf Mittagsschlaf und Nickerchen verzichten: wer tagsüber schläft, fördert Einschlafprobleme am Abend. Das Bett nur zum Schlafen benutzen: Essen, Lesen oder Fernsehen sollte im Bett unterbleiben. Auf- oder anregende Dinge am Abend vermeiden: dies gilt für Arbeit am Abend ebenso wie für späte Mahlzeiten oder abendlichen Konsum von Koffein, Alkohol oder Nikotin. Welche anderen Verhaltensweisen können helfen? 8 Beschwerden eines Restless Legs Syndroms lassen sich durch körperliche Bewegung häufig lindern. Gymnastik- oder Dehnübungen, Thai-Chi, Massagen oder auch Anwendungen mit kaltem oder heißem Wasser können hier hilfreich sein. Klassische passive Entspannungsverfahren wie Autogenes Training oder die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson führen dagegen oft zu einer Verschlimmerung der Symptome. Patienten mit Restless Legs Syndrom sollten, wann immer möglich, Situationen vermeiden, die RLS- Symptome auslösen oder verstärken können. Dies gilt etwa für längere Autofahrten ohne Pause, Theaterbesuche oder längere Phasen im Sitzen bei der Arbeit. Auch der Verzicht auf bestimmte Nahrungs- und Genussmittel kann sich positiv auswirken, denn Substanzen wie Koffein, Alkohol, Nikotin und Schokolade wirken anregend und können RLS-Symptome hervorrufen oder verstärken. Ähnliches gilt auch für Nahrungszusätze wie Geschmacksverstärker (Glutamat), Süßstoffe (Aspartam), Konservierungsstoffe oder Kohlensäure

15 Leben mit RLS: Patienten berichten Sicherlich haben Sie jetzt bereits einen kleinen Überblick über das Restless Legs Syndrom gewonnen. Da die Symptome jedoch bei jedem Menschen unterschiedlich ausgeprägt sein können, kommen nun Menschen zu Wort, die an RLS erkrankt und heute noch nicht komplett frei von Symptomen sind. Wir hoffen, dass Ihnen die Lektüre der nachfolgenden Seiten hilft und Ihnen Mut macht, auch Ihr Leben mit RLS aktiv zu gestalten. Auf den folgenden Seiten erzählen Jutta, Juan, Esperanza und Valeria, was die Diagnose RLS für sie bedeutet hat und was ihnen in ihrem Alltag mit dem Restless Legs Syndrom hilft

16 Jutta: Langes Stillsitzen ist kaum möglich Als Jutta zum ersten Mal ein Kribbeln in den Beinen spürte, schenkte sie dieser Empfindung keine besondere Aufmerksamkeit zumal dies nicht sehr häufig vorkam. Ein Jahr später, kurz bevor sie mit ihrem Mann nach Costa Rica fliegen wollte, wurde sie zunehmend unruhig und litt unter starker Schlaflosigkeit. Sie bestieg das Flugzeug in der Hoffnung, dass sie sich im Urlaub entspannen könne:»während des Nachtfluges spürte ich ein prickelndes, pulsierendes und heißes Gefühl unter den Fußsohlen. Dies plagte mich zunehmend und ich wollte aufstehen und mich bewegen. Aber die anderen Passagiere schliefen und ich wollte sie nicht stören. Als die Symptome immer stärker wurden, fühlte ich mich, als würden mir die Haare einzeln herausgerissen. Es blieb mir nichts anderes übrig, als aufzustehen und im Gang auf und ab zu gehen, was mir etwas Erleichterung verschaffte.«als Jutta gebeten wurde, zu ihrem Sitzplatz zurückzukehren und die anderen Passagiere nicht länger zu stören, empfand sie das Stillsitzen während des weiteren Fluges als Albtraum als Gefangene im eigenen Körper. Inzwischen ist es für Jutta unmöglich geworden, länger als wenige Minuten still zu sitzen:»als sich die Symptome verschlimmerten, wurde es unmöglich für mich, bei einem Konzert still zu sitzen. Menschen starrten mich an und schüttelten den Kopf. Ich fühlte mich als ein sehr seltsamer Mensch und hörte irgendwann auf, Konzerte und Veranstaltungen zu besuchen.«von ihren Freunden erfährt Jutta große Unterstützung, wenn sie z.b. bei Partys oder anderen Gelegenheiten aufstehen und umhergehen muß, um ihre Beschwerden zu lindern. Und ihr Mann hilft ihr, wenn sie in der Nacht aufstehen muß:»ab und zu steht mein Mann Nachts mit auf. Dann gehen wir im Garten umher, betrachteten die Sterne und freuen uns an den Blumen.«26 27

17 Juan: Erschöpfung durch extreme Schlaflosigkeit Juan kann sich nicht erinnern, wann er zum letzten Mal eine Nacht durchgeschlafen hat:»durchschnittlich schlafe ich etwa drei Stunden pro Nacht. Außerdem muß ich auf und ab gehen, um die Beschwerden zu lindern. Ich sitze ein wenig, um kurz darauf wieder aufzustehen und mich zu bewegen, sonst beginnen die Beschwerden von Neuem. Ansonsten kann ich mich nur mit etwas anderem beschäftigen, um mich von den RLS-Symptomen abzulenken. Meistens bin ich sehr müde und häufig auch depressiv gestimmt. Ich versuche, mich gegen die Erkrankung zu wehren, positiv zu denken und nicht aufzugeben aber es ist ein täglicher Kampf.«Juan hat den Genuss von Koffein eingeschränkt, den Stress in seinem Alltag reduziert und endlich ein Medikament gefunden, das ihm hilft auch wenn er immer noch Schlafstörungen hat:»meine nächtlichen unfreiwilligen Bewegungen und andere Beschwerden sind zurückgegangen und ich kann etwas besser mit meiner Krankheit umgehen. Dennoch ist mein Leben mehr oder weniger das selbe: auch wenn mir das Medikament hilft, so kann es mich doch nicht heilen.«darüber hinaus war es für ihn entscheidend, dass er ein gutes Verhältnis zu seinem Arzt aufgebaut hat so konnte er den besten Weg zur Behandlung seines RLS finden:»ich fand eine Neurologin, durch dessen Beharrlichkeit ich die verschiedenen Behandlungsmethoden kennenlernen konnte. Nachdem ich einige Medikamente ausprobiert hatte, fanden wir eines, das meinen Zustand zumindest partiell verbesserte. Es war ein entscheidender Schritt, die Ärztin zu finden, die erkennen konnte, was mit mir nicht stimmte. Die merkwürdigen Symptome haben mich sehr belastet. Meine derzeitige Ärztin macht sich stets Gedanken über mein Befinden und schlägt mir ggf. eine Veränderung der Behandlung vor das finde ich sehr gut.«juan hat auch die Unterstützung von RLS-Selbsthilfegruppen schätzen kennengelernt:»in der Gruppe ermutigen wir uns gegenseitig, die Unannehmlichkeiten durch RLS zu bekämpfen und erinnern uns daran, nicht aufzugeben. Wir sprechen über die verschiedenen Behandlungsansätze und wie sie uns jeweils helfen.«28 29

18 Esperanza: Erste Symptome während der Schwangerschaft Niemand kennt die genaue Ursache von RLS, aber es tritt häufiger bei Frauen auf als bei Männern und verstärkt sich mit zunehmendem Alter:»Meine Erkrankung begann während meiner ersten Schwangerschaft, als ich 20 Jahre alt war. Das unangenehme Gefühl in den Beinen, als hätte ich Luftblasen darin, blieb und wurde in der Nacht stärker. Diese Empfindung begleitete mich während der gesamten Schwangerschaft, nach der Geburt wurde es jedoch nach und nach besser. Als ich im darauffolgenden Jahr wieder schwanger war, kehrte das bekannte Gefühl in meinen Beinen zurück; und nach der Geburt meines dritten Kindes wurde die Unruhe in meinen Beinen mein ständiger Begleiter. Als ich etwa 35 Jahre alt war, war es für mich fast unmöglich geworden, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren und ich war im Umgang mit meiner Familie häufig kurz angebunden. Ich konnte nicht einmal mehr auf dem Sofa sitzen und wenn ich zu Bett gegangen war, begann für mich eine richtige Tortur. Das Bedürfnis, mit den Beinen zu treten, kam alle 10 Sekunden.«Zunächst war Esperanza überzeugt, dass die Medikamente ihr Gedächtnis beeinträchtigten. Ihr Widerstand schwand, als als sie ihre Beine nicht mehr ständig bewegen mußte. Leider hielt die Wirkung nicht lange an und das Schütteln griff nun auf den ganzen Körper über:»mein Arzt veränderte die Behandlung ein-, zwei-, dreimal aber nichts schien zu helfen. Im Laufe der Jahre verschliss das ständige Schütteln meinen Hüftknochen. Nachts konnte ich mich in meinem Bett nicht einmal mehr umdrehen, weil die Muskeln so verhärtet waren. Zu dieser Zeit nahm ich drei verschiedene Medikamente, aber es schien, als wenn meine Beine niemals aufhören würden zu zucken.«eine Hüftoperation erleichterte Esperanzas Leiden. Trotzdem nennen ihre Freunde sie Zappelphilipp, weil sie ständig in Bewegung ist

19 Valeria: Eigene Wege im Alltag finden Bei Valeria wurde RLS im Alter von Mitte 40 diagnostiziert. Sie findet, dass Betroffene außer einem guten Medikament eine Menge tun können, um sich zu helfen:»im Laufe der Jahre fand ich heraus, was mir bei der Bewältigung meines Alltags mit RLS half: Ich lernte z.b., dass langes Stehen am Abend so lang ich konnte besser war als sitzen. Außerdem war es hilfreich, keine Kohlehydrate mehr am Abend zu mir zu nehmen. Den Konsum von Kaffee und Alkohol schränkte ich ein. Nordic Walking und meine Hobbys halfen mir, das RLS für eine Zeit zu vergessen. Aber wir sind alle verschieden und jeder muß seinen eigenen Weg finden, mit den Symptomen unzugehen.«nach ihrer Diagnose entwickelte sich Valerias Ehemann zu einer großen Stütze:»Er erinnert mich an die regelmäßige Einnahme meiner Medikamente, begleitet mich bei meinen sportlichen Aktivitäten und ermutigt mich, nicht die Freude am Leben zu verlieren.«32

20 Quellenangaben: 1 Diener H. C. et al: Leitlinie Restless-Legs-Syndrom (RLS) und Periodic Limb Movement Disorder (PLMD), Thieme Ekbom K. et al J. Intern Med 2009; 266 (5): Trenkwalder C. et al J Neuro 2009; 256 (4): Gigli G. et al Sleep Med 2004; 5 (3): Manconi M. et al Sleep Med 2004; 5 (3): CME Fortbildung Augmentation und tagsüber auftretende Symptome beim Restless-Legs-Syndrom, Thieme Ratgeber für Patienten der deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin 8 Sieb J. P. Restless Legs, wie können Betroffene sich selbst helfen? Das Schlafmagazin, Ausgabe 08/2009

21 Arztstempel Hier finden Sie Informationen Im Internet: Telefonisch: kostenfreie Hotline (Mo Fr: Uhr) RTG/13/033 LPSRC UCB Pharma GmbH Alfred-Nobel-Straße Monheim