Dr. Thomas Kühnen Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf
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2 Ersatz- und Zubehörteile aus patentrechtlicher Sicht Dr. Thomas Kühnen Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf
3 Wirtschaft- liche Bedeutung des Ersatzteilge- schäfts Kundenbindung durch Erstgeschäft Gewinnmaximierung durch freie Preisgestaltung Keine grundsätzlichen kartellrecht- lichen Bedenken (Art. 102 AEUV) Aber: Die attraktive Preis/Kostenrelation ruft Wettbewerber auf den Plan. Um sie vom Markt fernzuhalten, bedarf es eines gewerblichen Schutzrechts 3
4 Unmittelbare Mittelbare Patentverletzung Patentverletzung Voller Anspruch auf Unterlassung, Vernichtung, Rückruf, Entschädigung, g, Schadenersatz Kein Anspruch auf Vernichtung, Rückruf, Entschädigung; SchE nur bei nachfolgender unmittelbarer PV, Unterlassung ggf. nur eingeschränkt Weitreichenderes Verbot Sachpatent auch Herstellen, Besitzen, Gebrauchen; Verfahrenspatent auch Anwenden Sach- und Verfahrenspatent: Nur Anbieten und Liefern des Mittels 4
5 Erste Priorität: Patentschutz auf das Ersatz-/Zubehör-/Ver- brauchsteil als solches Bsp.: Tintenpatrone (vgl. unten) Warum? Umfassende Ansprüche wegen unmittelbarer Patentverletzung bei erleichterten Voraussetzungen ( 9 PatG) Problem: Patentierbarkeit des Ersatzteils? 5
6 I. Unmittelbare Patentverletzung 6
7 Für Ersatzteile gilt kein ge- setzliches Patentierungsverbot (vgl. Artt. 52, 53 EPÜ) Die Schwierigkeit besteht darin, für sie eine technische h Lehre zu formulieren, die erfinderisch ist. 7
8 Denk kbar rer Pate entsc chut tz Herstellungsverfahren für Ersatzteil Sachpatent auf Ersatzteil- Material Sachpatent auf Geometrie/Abmessungen Sachpatent auf erweiterte oder andersartige Funktionalität 8
9 Derivativer Sachschutz ( 9 Nr. 3 PatG) Patentanmeldung Betriebs-Know-how vs. (Verletzungsnachweis möglich? Besichtigung im In/ Ausland) Neuartiges Herstel- lungsverfahren für Ersatz- teil Benutzungsnotwendig- keit? (Ggf. gering wegen beträchtlicher Gewinnspanne beim Ersatzteilgeschäft; ggf. patentfreie Auslandsfertigung) g) 9
10 Neuer Werkstoff, neuer Schichtaufbau (Bsp.: selbstausbeulender Kotflügel) Sachschutz auf Material des Ersatzteils Benutzungsnotwendigkeit? Werden Ersatzteile abweichenden Materials trotz niedriger Preise im Markt nachgefragt? (Bsp.: Kotflügel ohne Memory-Effekt konkurrenzfähig?) 10
11 Sachschutz auf Geo- metrie/ Abmessungen Anschlussstellen ll zwischen Ersatzteil und Hauptgegenstand & Ein- bauabmessungen Benutzungsnotwendigkeit? Ja Problem: Patentierbarkeit? 11
12 Erstes Beispiel: BGH, Urteil vom X ZR 77/94 - Kotflügel EP Patentanspruch 1: Spalte 4 Zeile 52 bis Spalte 6 Zeile 35! Bitte nehmen Sie die Patentschrift zur Hand. = Kotflügel des Audi 80, Baujahr
13 BGH Kernsätze nach Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen, Bd. 1: Urteile des BGH Patente werden für erfinderische Leistungen erteilt und Fleiß, Geld sowie Arbeitsaufwand alleine vermögen eine Ausschließlichkeitsstellung durch Patenterteilung nicht zu rechtfertigen. Im Übrigen betrifft die geltend gemachte Erprobung (Anpassung von Design und Technik) durch Versuche und Modelle weitgehend nicht die Entwicklung des patentierten Gegenstandes, sondern dessen Umsetzung zu einem verkehrsfähigen Produkt in einem industriellen Fertigungsprozess. Im Grundsatz mit Recht macht die Beklagte geltend, dass auch dann, wenn jeder einzelne der vorbeschriebenen Konstruktionsmaßnahmen für sich allein bekannt war und/oder am Prioritätstag zum gewöhnlichen Rüstzeug des mit der Entwicklung eines Kotflügels beauftragten Durchschnittsfachmanns gehörte, die geschickte Kombination der Einzelmaßnahmen gleichwohl erfinderischen Gehalt haben kann. 13
14 BGH Kernsätze nach Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen, Bd. 1: Urteile des BGH Dies ist dann aber nicht der Fall, wenn die vorgeschlagenen Maßnahmen auch in ihrem Zusammenwirken nicht über das hinausgehen, was als übliche Leistung eines mit der Entwicklung eines Kotflügels l beauftragten t Durchschnittsfachmanns h h am Prioritätstag zu erwarten war. Erfinderische Tätigkeit liegt nicht vor, wenn die Abwandlungen des patentgemäßen Kotflügels gegenüber dem Stand der Technik lediglich eine konstruktive Anpassung an die durch die neuen Stoßfängersysteme geänderten Randbedingungen g darstellen und nicht über das hinaus- gehen, was von einem mit diesen konstruktiven Anpassungen betrauten Fachmann durchschnittlichen Könnens zu erwarten war. In einem solchen Fall hilft dem Patentinhaber auch nicht die minutiöse Darstellung sämtlicher Merkmale des beanspruchten Kotflügels mit zahlreichen Merkmalen, die diesen nahezu fotografisch beschreiben. 14
15 Zweites Beispiel: OLG Düsseldorf, Urteil vom I-2 U 97/06 Federelement für Kfz.-Federbein 15
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17 1. Federelement basierend auf einem Dämpfungselement (i) auf der Basis von Polyisocyanat-Polyadditionsprodukten. 2. Das Dämpfungselement (i) a) ist hohl, b) zylindrisch, c) hat eine Höhe (ii) von 68 bis 72 mm und d) einen äußeren Durchmesser (iii) von 59 bis 63 mm. 3. Das Ende des Dämpfungselements (i) ist in Form einer umlaufen- den Lippe (iv) ausgestaltet. 4. Der Hohlraum des Dämpfungselements (i) weist einen Durch- messer (v) von 20 bis 24 mm auf. 5. Der Durchmesser (v) des Hohlraums liegt an dem der umlaufen- den Lippe (iv) gegenüberliegenden Ende des Dämpfungsele- ments (i). 17
18 6. Der Hohlraum des Dämpfungselements erweitert sich a) in einer Höhe von 14 mm b) auf einen Durchmesser von 30,5 mm. 7. Auf der äußeren Oberfläche des Dämpfungselements ()b (i) befinden sich zwei umlaufende Einschnürungen. 8. Die beiden umlaufenden Einschnürungen befinden sich a) in einer Höhe von 25 bis 40 mm und b) in einer Höhe von 45 bis 55 mm. 9. Die äußeren Durchmesser in den beiden Einschnürungen betragen zwischen 35 mm und 40 mm und zwischen 38 und 44 mm. 10. Das Dämpfungselement (i) weist Ausstülpungen (viii) auf. 18
19 11. Der Abstand (ix) zwischen den Ausstülpungen (viii) beträgt 5 bis 15 mm. 19
20 Neuheit Erfindungshöhe Gegeben, weil nirgends die beanspruchten Maße offenbart waren Vorgaben durch die Automobilhersteller: Federkennlinie, verfügbarer Einbauraum (Kolbenstange, Stütztopf) Erfahrungswissen: umlaufende Lippe am Ende, äußere Einschnürungen als vorteilhafte Ausstattungsdetails bekannt Ausgehend hiervon Orientierung an bekannten Federelementen gleichen Aussehens und deren kon- struktive Variation zur Erzielung der geforderten Federkennlinie 20
21 Sachschutfür erweiterte oder anders- artige Funktio- nalität Neue Funktion ist wesent- lich für die Auswahlent- scheidung der Nachfrager Falls nein: Neue Funktion gewährleistet die Kompatibilität des Ersatzteils mit dem (ggf. bewusst geänderten) Hauptgegenstand 21
22 Erstes Beispiel: Tintenpatrone für Drucker OLG Düsseldorf, Urteil vom I-2 U 92/10 Stand der Technik Tintenstrahldrucker, der den Typ einer eingesetzten Patrone bestimmen kann. Wie geschieht das? Indem der Drucker das Vorhandensein/die Abwesenheit eines signalblock- ierenden Abschnitts der Tintenpatrone detektiert. Problem: Keine genaue Informationserfassung, wenn die Patrone zu schnell oder nur teilweise eingesetzt, danach wieder partiell herausgehoben und danach vollends eingeführt wird. id 22
23 Vorbemerkungen Wer um alles in der Welt macht so etwas? Wie groß ist objektiv der technische Bedarf, die besagten Handhabungsexzesse zu beherrschen, und wie groß ist der ob- jektive Nutzen für den technischen Fortschritt, das (scheinbare) Problem gelöst zu haben? Letztlich geht es darum, dasselbe nur auf andere technische Weise zu machen als vorher, um künstlich Kompatibilitätshin- dernisse für das Ersatzteil zu schaffen. 23
24 Klagepatent 1. Sba. 2. Sba. Sba. = Signalblockierabschnitt 24
25 Sichtfenster für 3. Sba. 25
26 3. Sba. 26
27 Druckerseitige Lichtschranken 27
28 (1) Tintenpatrone (10, 10 ) mit (1.1) einer Vorderwand (161), (1.2) einem ersten Signalblockierabschnitt (191), (1.3) einem zweiten Signalblockierabschnitt (189, 199) und (1.4) einem dritten Signalblockierabschnitt (72). (2) Der erste Signalblockierabschnitt (191) (2.1) steht von der Vorderwand (161) weg vor und (2.2) 2) ist aufgebaut entweder zum Verhindern eines ersten Signals von dem Aufzeichnungsgerät (250), da durch zu gehen, oder zum Ändern eines Pfads des ersten Signals, wenn der erste Signalblockierabschnitt (191) das erste Signal empfängt. 28
29 (3) Der zweite Signalblockierabschnitt (189, 199) (3.1) steht von der Vorderwand (161) in einer Einführungsrichtung (30) der Tintenpatrone (10) in ein Aufzeichnungsgerät (250) vor und (3.2) ist aufgebaut entweder zum Verhindern eines zweiten Signals von dem Aufzeichnungsgerät (250), da durch zu gehen, oder zum Ändern eines Pfads des zweiten Signals, wenn der zweite Signalblockierabschnitt b itt (189, 199) das zweite Signal empfängt. (4) Der dritte Signalblockierabschnitt (72) ist aufgebaut entweder zum Verhindern des zweiten Signals, da durch zu gehen, oder zum Ändern eines Pfads des zweiten Signals, wenn der dritte Signalblockierabschnitt (72) das Signal empfängt. 29
30 Zweites Beispiel: OLG Düsseldorf, Urteil vom I-2 U 41/08 30
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32 Angegriffene Ausführungsform 32
33 1. Schützt das Patent eine Tintenpatrone für einen Drucker und ist vorgesehen, dass die Patrone über einen Verrastungshebel verfügt, dessen Elastizität die Patrone vertikal anhebt, sobald die Verrastung gelöst wird, so muss bei der Verletzungsprüfung lediglich festgestellt werden, ob der an der mutmaßlich verletzenden Patrone vorhandene Rasthebel hinreichend elastisch ist, um im Zusammenwirken mit irgendeiner denkbaren Druckeraufnahme das Gewicht der Patrone bei gelöster Arretierung anzuheben. Da die Patrone als solche unter Schutz steht, kommt es nicht darauf an, ob es die Aufnahme, in der sich das Anheben vollzieht, am Markt tatsächlich gibt oder ob die Patrone für eine existierende Aufnahme überhaupt geeignet oder vorgesehen ist. 2. Betrifft das Patent hingegen die Einheit aus Tintenpatrone und Druckeraufnahme, kann in der Lieferung der Patrone allenfalls eine mittelbare Verletzung liegen. Wegen der festzustellenden Verwendungsbestimmung kommt es hier sehr wohl darauf an, ob die Elastizitätität des Verrastungshebels der Patrone bei gelöster Arretierung zu einem vertikalen Anheben führt, wenn die Patrone in diejenige Druckeraufnahme eingebaut ist, für die sie bestimmungsge- mäß gedacht ist (und in Bezug auf die allein eine Verwendungsbestimmung angenommen werden kann). 33
34 Zweite Priorität: Patentschutz auf eine größere, das Ersatz-/Zubehör-/Verbrauchsteil umfassende Baueinheit Bsp.: Staubsaugerbeutel + Staubsauger Kaffee-Pad + Pad-Träger Tä Nespressokapsel + Kaffeemaschine Schneidplatte + Fräskopf Antrieb + Werkzeug Folge: Grundsätzlich nur (beschränkte) Ansprüche wegen mittelbarer PV unter den (verschärften) Voraussetzungen des 10 PatG 34
35 Zweite Priorität: ität Patentschutz auf eine größere, das Ersatz-/Zubehör-/Verbrauchsteil umfassende Baueinheit Problem: 1. Wie ist die Baueinheit sinnvollerweise zu wählen klein oder groß? 2. Sind in Bezug auf das Ersatzteil t des Wettbewerbers die Voraussetzungen des 10 PatG erfüllt? 35
36 II. Mittelbare Patentverletzung 36
37 Typische Anwendungsfälle I. II. III. Verfahrenspatent Verkauf einer Vorrichtung, mit der das geschützte Verfahren ausgeführt werden kann Kombinations- patent Verkauf eines Teils der Kombination Sachpatent Verkauf einer Maschine zur Herstellung patent- geschützter t Gegenstände 37
38 Zu II. Kombinationspatent Lieferung einer Komponente Umfasst der angebotene Gegenstand nicht alle Teile der pa- tentgeschützten Kombination, so liegt dennoch eine unmittelbare und nicht bloß eine mittelbare Patentverletzung vor, wenn Ausnahmsweise Ansprüche wegen unmittelbarer PV statt tt 10 PatG: a) es sich bei der fehlenden Komponente um eine Allerwelts-Zutat handelt, die für den Erfindungsgedanken g nebensächlich ist, und wenn 38
39 Zu II. Kombinationspatent Lieferung einer Komponente b) der Belieferte entweder bereits im Besitz der fehlenden Zutat ist (so dass ihre abermalige Bereitstellung von vornherein sinnlos ist) oder er sich diese Zutat t im Anschluss an die fragliche Lieferung mit Sicherheit besorgen kann und wird, um sie mit dem gelieferten Gegenstand zur patentgeschützten Gesamtvorrichtung zu kombinieren und dadurch den gelieferten Gegenstand seiner bestimmungsgemäßen g Verwendung zuzu- führen. 39
40 Zu II. Kombinationspatent Lieferung einer Komponente Rechtfertigung: Der Handelnde macht sich bei einer solchen Sachlage mit seiner Lieferung die Vor- oder Nacharbeit seines Abnehmers bewusst zu Eigen, was es rechtfertigt, ihm diese Vor- oder Nacharbeit so zuzurechnen, als hätte er die Zu- tat selbst mitgeliefert. 40
41 Fallbeispiel i l Lungenfunktionsmessgerät g OLG Düsseldorf, InstGE 13, 78 41
42 Klagepatent 1. Erste Einrichtung zum Messen des Stickstoffmonoxidgehalts in der Atemluft 2. Zweite Einrichtung zum Vergleichen des Messwertes mit einem Referenzwert für eine voll funktionsfähige Lunge Angegriffene Ausführungsform 1. Hauptgerät mit Mundstück und Atemschlauch 2. CD-ROM 3. USB-Kabel 3. Ditt Dritte Einrichtung i zum Anzeigen einer krankhaften Veränderung der Lungen- funktion 42
43 10 Abs. 1 PatG: Das Patent hat ferner die Wirkung, dass es jedem Dritten verboten ist, ohne Zustimmung des Pa- tentinhabers im Geltungsbereich dieses Gesetzes anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, dass diese Mittel dazu geeignet g und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden. 43
44 Dogmatik: Haupttat t (= unmittelbare PV) muss nicht vorliegen, son- sondern als dern bloß Gefährdungstatbestand für 1 und möglich wahrschein- eine unmittelbare PV 2 sein lich Nicht als Teilnahmedelikt konzi- piert, 1 wegen der objektiven Eignung des Mittels zur PV. 2 wegen der subjektiven Verwendungsbestimmung des Empfängers. 44
45 VORAUSSETZUNGEN SUBJEKTIVE OBJEK- TIVE Angebotsempfänger/ Abnehmer Anbieter Lieferant 45
46 Objektive Voraussetzungen Mittel das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht und das objektiv geeignet ist, um mit ihm eine unmittelbare PV zu begehen (Inzident- Prüfung), im Inland (doppelter Inlandsbezug) anbieten oder liefern an einen zur Benutzung der Erfindung nicht Berechtigten ( 10 Abs. 3, 11 Nr. 1 PatG Erschöpfung) 46
47 SUBJEKTIVE VORAUSSETZUNGEN Anbietender Lieferant Angebotsempfänger Abnehmer Verwendungsbestimmung im Sinne der Efi Erfindung Objektive Eignung des Mittels Geplante Verwendung Kenntnis oder offensichtliche Umstände 47
48 Fallbeispiel Kaffee-Pads Pads OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2006, 39 48
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51 1. Baueinheit (1) zum Einsatz in einem Kaffeebrühgerät. 2. Die Baueinheit (1) enthält a) einen Behälter (2) mit einem becherförmigen Innenraum (6), aa) der von einem Boden (8) umrundet wird, bb) der mindestens eine Auslassöffnung (12) aufweist cc) und der eine vertikale Seitenwand (10) besitzt, die in dem becherförmigen Innenraum (6) des Behälters (2) angeordnet ist; b) einen becherförmigen Filtereinsatz (4), aa) der aus einem Filterpapier hergestellt ist bb) und mit gemahlenem Kaffee befüllt wird. 51
52 3. Der Filtereinsatz (4) liegt auf dem Boden (8) des Behälters (2) auf und erstreckt sich über diesen Boden (8) in eine Position an der Seitenwand (10) des Behälters (2). 4. In dem Boden (8) des Behälters (2) ist eine Anzahl von rillenförmigen Nuten (14) vorgesehen, die in radialer Richtung in dem becherförmigen Innenraum (6) zu mindestens einer der Auslassöffnungen (12) verlaufen. 5. Die einzelnen Nuten (14) erstrecken sich von einer Position, die im Abstand von der Seitenwand (10) liegt, in eine Richtung, die sich von der Seitenwand (10) entfernt. 52
53 6. In Gebrauch wird mit Hilfe der Kaffeebrüh- maschine heißes Wasser unter Druck an der Oberseite des Behälters (2) so eingefüllt, a) dass das Wasser von der Oberseite des Filtereinsatzes (4) durch diesen Filtereinsatz (4) gepresst wird, b) um das in dem Filtereinsatz (4) enthaltene Kaffeemehl zu extrahieren, c) so dass der hergestellte Kaffeeextrakt aus dem Boden des Filtereinsatzes (4) und dem Behälter (2) über mindestens eine der Auslassöffnungen (12) herausfließen kann. 53
54 Angegriffene Ausführungsform 54
55 Verbot, das Mittel mit Abmessungen (z.b. die Pads mit einem Durchmesser) zu versehen, dank derer sich das Mittel patentgemäß gebrauchen lässt. Verbot, auf der Verpackung des Mittels einen (für den Kunden erforderlichen) Kompatibilitätshinweis anzubringen (z.b. bei Staubsaugerfiltern, Tintenpatronen) der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Es kommt stets auf die Eigenart des Produk- tes an. 55
56 Problem Erschöpf- ung Allgemeiner Rechtsgrundsatz, z.t. kodifiziert (insb. MarkenR) Inhalt: Was der Patentinhaber innerhalb der EU & des EWR freiwillig in den Verkehr gebracht hat, das unterliegt seinen Ausschließlichkeitsrechten nicht mehr. Spezielle Bedeutung hat die Erschöpfung im Rahmen von 10 PatG: Abgrenzung zwischen Gebrauchen & Neuherstellung 56
57 nochmals: Fallbeispiel Kaffee-Pads 57
58 1. Frage: Einschätzung durch die Abnehmerkreise Trotz Verbrauchs der einen Komponente bleibt mit dem Rest ein wertvolles Wirtschaftsgut erhalten 2. Frage: Verbrauch des auszutauschenden Mittels macht auch den verbleibenden Rest der Kombination wirtschaftlich wertlos Im Zweifel: gemeinfreier Gebrauch Ausnahme: 1. Austauschteil ist für die Erfindungsvorteile verantwortlich; 2. Efi Erfindung verbessert Funktion oder Lebensdauer des Austauschteils Austausch ist Neuherstellung; daher keine Erschöpfung 58
59 Verkehrsauffassung Es entscheidet die überwiegende Mehrzahl aller Abnehmer der patent- gemäßen Gegenstände sung Werthaltigkeit Werthaltigkeit meint die fortdauernde Brauchbarkeit i.s.d. Erfindung (nicht bloß Schrottwert) Indizien: unentgeltliche Abgabe des Patentgegenstandes nach verloren gegangener Funktionstauglichkeit des Ersatzteils, t Bauartgenehmigung für Ersatzteil; Wertverhältnisse. 59
60 Fallbeispiel Nespresso-Kapseln Kapseln OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2013, Nespressokapseln 60
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63 1. Extraktionssystem, aufweisend a) eine Vorrichtung (1) zur Extraktion einer Kapsel (16) sowie b) eine Kapsel (16). 2. Die Kapsel (16) a) kann in der Vorrichtung extrahiert werden und b) weist einen Führungsrand in Form eines Flansches auf. 3. Die Vorrichtung (1) weist auf: a) einen ersten festen Teil (2), b) einen zweiten beweglichen Teil (3), c) einen Teil zur Einführung und Positionierung der Kapsel (16), d) ein Getränkeauslasssystem (19, 53). 63
64 4. Der Teil zur Einführung und Positionierung der Kapsel (16) weist Führungsmittel (6, 7) für die Kapsel (16) auf. a) Die Führungsmittel (6, 7) sind derart angeordnet, dass aa) )die Kapsel l( (16)durch Schwerkraft einführbar ist, bb) die genannte Kapsel (16) in einer Zwischenposition positionierbar ist, cc) die Kapsel (16) in der Zwischenposition gegenüber der Achse (25) der Kapsel (16) in der Extraktionsposition verschoben ist. b) Der Führungsrand der Kapsel (16) wird in den Führungsmitteln (6, 7) aufgenommen. 64
65 c) Die Führungsmittel (6, 7) sind Führungsschienen, die ein Einstecken des genannten Flansches der Kapsel (16) ermöglichen. d) Die Führungsmittel (6, 7) weisen Blockiermittel (20) auf. aa) Die Blockiermittel itt l (20) sind dazu ausgelegt, die Kapsel (16) in der Zwischenposition zu halten. bb) In der Zwischenposition schlägt der Flansch der Kapsel (16) gegen die Blockiermittel an (20). 65
66 5. Der zweite bewegliche Teil (3) a) ist bezüglich des ersten Teils relativ beweglich, b) umfasst eine Aufnahme (4), aa) die der Aufnahme der Kapsel (16) dient und bb) die eine Extraktionsposition der Kapsel (16) entlang einer Achse (25) in der genannten Aufnahme festlegt, wenn sich der bewegliche Teil gegen den festen Teil in der Schließstellung befindet, c) ist ausgelegt, um die Kapsel (16) während des Schließens der Vorrichtung aus der Zwischenposition in die Extraktionsposition zu schieben. 66
67 6. Der zweite bewegliche Teil (3) a) nimmt die Kapsel (16) auf, um sie von der Zwischenposition in die Extraktionsposition längs der Achse (25) der Kapsel (16) in der Extraktionsposition in der genannten Aufnahme (4) zu verbringen, b) wirkt während der Bewegung auf die Kapsel (16) ein, aa) um sie abzusenken, wobei der Flansch der Kapsel (16) unter die Blockiermittel (20) gelangt, und bb) um die Kapsel (16) längs der Achse (25) des genannten beweglichen Teils (3) in ihre Extraktionsposition zu schieben. 67
68 Angegriffene Ausführungsform 68
69 1. Frage: Einschätzung durch die Abnehmerkreise Trotz Verbrauchs der einen Komponente bleibt mit dem Rest ein wertvolles Wirtschaftsgut erhalten 2. Frage: Verbrauch des auszutauschenden Mittels macht auch den verbleibenden Rest der Kombination wirtschaftlich wertlos Im Zweifel: gemeinfreier Gebrauch Ausnahme: 1. Austauschteil ist für die Erfindungsvorteile verantwortlich; 2. Efi Erfindung verbessert Funktion oder Lebensdauer des Austauschteils Austausch ist Neuherstellung; daher keine Erschöpfung 69
70 Zwischenfazit: Wenn nur ein Kombinationspatent erteilungsfähig ist, sollte - zur Vermeidung einer Er- schöpfung - die geschützte Baueinheit richtig gewählt werden. Warum? Betrachtungsgegenstand für Frage 1 (Erkennt der Abnehmer nach Verbrauch des ausgetauschten Teils in dem verbleibenden ebe Rest noch ein wertvolles eswirtschaftsgut?) tsgut ) ist die patentgeschützte Einheit, egal, ob sie als solche Gegenstand des Handelsverkehrs ist oder nicht. 70
71 Was sind die entscheidenden Kri- terien? 1. Je kleiner die patentierte Baueinheit gewählt wird und je weniger sie konstruktiv über das eigent- liche Ersatz/Verschleißteil hinausgeht, umso eher ist tendenziell die Wahrscheinlichkeit, dass sich mit der Funktionsuntauglichkeit t it des Ersatz/ Verschleißteils der gesamte Patentgegenstand erledigt hat, was zur Nicht-Erschöpfung führt. 2. Aber Vorsicht: Mit der Größe der Baueinheit kann sich auch der Abnehmerkreis verändern, der zur Beurteilung der Verkehrsauffassung über den Restgegenstand t heranzuziehen h ist. 71
72 Fallbeispiel Lasertoner-Kartusche Kartusche LG Düsseldorf, Urteil vom a O 44/14 72
73 Vorbemerkungen Tonerkartusche 73
74 Jede Tonerkartusche hat 1. eine elektrofotografische Trommel und 2. eine Verarbeitungseinrichtung i i zum Betätigen der Trommel im Druckbetrieb. Elektrofotografische Trommel 74
75 Klagepatent: Elektrofotografische fotosensitive Trommeleinheit, die 1. geeignet ist, mit einem Laserdrucker zusammenzuwirken, 2. aus folgenden Bauteilen besteht: einer fotosensitiven Trommel (107), einem Kupplungsbauelement (150). 75
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77 Welcher Patentanspruch bietet unter Er- schöpfungsgesichtspunkten die besten Angriffsmöglichkeiten gegen wieder auf- bereitete Toner-Kartuschen? Abnehmer sind Erstens - die Besitzer patentgemäßer Laserdrucker mit Nachrüstbedarf sowie Zweitens die professio- nellen Aufbereiter leerer Tonerkassetten. Daraus ergeben sich zwei Fragen: 1. Welche Abnehmergruppe ist die stärkste? 2. Ist für sie die gesamte Trommeleinheit (aus Trommel und Kupplung) wertlos, wenn (und weil) die elektrofotografische Trommel verbraucht ist? Private werden dies ggf. bejahen, Aufbereiter sicher nicht. 77
78 Patentanspruch auf Laserdrucker mit Kartusche Abnehmer sind ausschließlich die Interessenten für Laserdrucker. Nur deren Vorstellungen über die Werthaltigkeit des Druckers infolge Verbrauchs der Tonertrommel entscheiden. 78
79 Spezial: Zubehörteile Erschöpfung setzt t beim Kombinationspatent t t den Verkauf der Gesamtkombination durch den Patentinhaber voraus. Gleichzeitige Lieferung Lieferung der Einzelkomponenten in getrenn- ten Verkäufen Solange der Abnehmer ein Teil der Kombina- tion noch nicht aus der Hand des Patentinhabers bezogen hat, keine Erschöpfung 79
80 Solange der Abnehmer ein Teil der Kombination noch nicht aus der Hand des Patentinha- bers bezogen hat, keine Erschöpfung: Ob es solche Abnehmer gibt, ist eine Frage tatrich- terlicher Feststellung anhand der Lebenserfahrung und der konkreten Umstände des Einzelfalles (Marktverhältnisse); notfalls hat der Drittanbieter vor einem Verkauf einen Erschöpfungssachverhalt zu schaffen, indem er sich vergewissert, dass sein Kunde wenigstens einmal die Zweitkomponente auch vom Schutzrechtsinhaber bezogen hat; die Darlegungs- und Beweislast für jeden unternommenen Angebots- und Lieferfall liegt beim Verletzungsbeklagten. 80
81 Fallbeispiel Oszillationsantrieb Oszillationsantrieb OLG Düsseldorf, Beschluss vom I-2 U 40/14 81
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84 Solange der Abnehmer ein Teil der Kombination noch nicht aus der Hand des Patentinha- bers bezogen hat, keine Erschöpfung: Bsp.: Antrieb + Werkzeug (z.b. Säge, Meißel, etc.) Verkauf von Antrieb + allen möglichen Werkzeugen Verkauf nur des Antriebs, ohne dass der Patentinhaber/seine Lizenznehmer auch kombinierbare Werkzeuge anbieten Verkauf des Antriebs mit einem Werkzeug (z.b. Säge); Dritterwerb eines anderen Werkzeuges (z.b. Meißel) Kauf desselben Werkzeuges von einem Drittan- bieter zur Deckung eines parallelen oder eines Ersatzteil-Bedarfs 84
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