Leitfaden zum Elternunterhalt
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- Bärbel Messner
- vor 8 Jahren
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1 Leitfaden zum Elternunterhalt Kai Riefenstahl Rechtsanwalt Heinitzstr Hagen Tel: 02331/ Fax: 02331/
2 Einleitung Aufgrund immer neuer medizinischer Errungenschaften werden die Menschen zunehmend älter. Allerdings kommt es immer häufiger vor, dass man im Alter einer intensiven individuellen Fürsorge bedarf. Die dadurch auftretenden Kosten können die Betroffenen häufig nicht selbst tragen. Vielmehr sind sie dabei auf staatliche Unterstützung oder aber die Unterstützung durch Verwandte und Bekannte angewiesen. Die staatlichen Stellen werden versuchen das von Ihnen verauslagte Geld von den Kindern der Betroffenen zurückzuholen. Der folgende Leitfaden zeigt Ihnen, in welchen Situationen die Nachkommen rechtlich verpflichtet sind für ihre Eltern Unterhalt zu leisten. I) Wer ist unterhaltspflichtig? Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sind Verwandte, die in gerader Linie voneinander abstammen, verpflichtet einander Unterhalt zu gewähren ( 1601 des Bürgerlichen Gesetzbuches, kurz BGB). Dabei macht es keinen Unterschied, ob man auf- oder absteigend in gerader Linie miteinander verwandt ist. Deshalb haben die folgenden Verwandtschaftsgrade keinen Unterhaltsanspruch gegen einen potentiellen Unterhaltspflichtigen: Die Geschwister, Verschwägerte, Stiefkinder, Onkel und Tanten. Die Kinder sind gegenüber ihren Eltern unterhaltspflichtig, wenn Sie über dafür ausreichende Einkommens- und Vermögensverhältnisse verfügen. Der Ehegatte des betroffenen Kindes hat gegenüber seinen Schwiegereltern keine gesetzliche Unterhaltspflicht. Jedoch kann er bei entsprechend guten Einkommens- und Vermögensverhältnissen verpflichtet sein, seinem einkommenslosen Ehepartner ein angemessenes Taschengeld zu gewähren. Dieses Taschengeld kann dann wiederum zum einsetzbaren Vermögen des unterhaltsverpflichteten Ehepartners werden. Trotz einer entsprechenden Leistungsfähigkeit des Verpflichteten kann es Ausnahmen von der Unterhaltspflicht geben. Ein Härtefall der zur Verweigerung der Unterhaltszahlung berechtigt liegt immer dann vor, wenn der Unterhaltsberechtigte massiv gegen seine Unterhalts- bzw. Sorgepflichten verstoßen hat ( 1611 Abs. 1 BGB). Die Rechtsprechung hat einen solchen Fall z.b. dann angenommen, wenn der Vater sich aufgrund einer psychischen Erkrankung in der Vergangenheit nicht um sein unterhaltspflichtiges Kind gekümmert hat. Haben die bedürftigen Eltern mehrere Kinder, so trifft diese die Pflicht zur Unterhaltsaufbringung zu gleichen Teilen soweit dies die individuellen Vermögensverhältnisse zulassen ( 1606 Abs. 3 BGB). Deshalb kann es passieren, daß eines der unterhaltspflichtigen Kinder alleine den Unterhalt der Eltern bestreiten muß, da die anderen Geschwister dazu finanziell nicht in der Lage sind. II) Bemessung der Unterhaltspflicht Die Höhe der Unterhaltspflicht hängt von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten ab ( 1603 BGB). Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Unterhaltsverpflichteten sind die maßgeblichen Parameter bei der Ermittlung der Höhe der Unterhaltspflicht. 1) Einkommen Nicht das Bruttoeinkommen des Verpflichteten, sondern dessen bereinigtes Nettoeinkommen ist für die Ermittlung der Unterhaltspflicht maßgeblich. Das bereinigte Nettoeinkommen wird wie folgt ermittelt: 2
3 a) Bereinigtes Nettoeinkommen Vom Nettoeinkommen sind die folgenden Belastungen abzuziehen: Kosten der allgemeinen Krankenvorsorge Kosten der privaten Altersvorsorge, hierfür können etwa 5% des Bruttolohns angesetzt werden Berufsbedingte Aufwendungen Die Fahrtkosten zur Arbeitsstelle Die Kosten für die krankheits- oder berufsbedingte Anschaffung eines PKW Krankheitsbedingte Aufwendungen Familienbezogene Schulden, die einer angemessen Lebensführung dienen Die Kosten der Pflegeversicherung Werbungskosten Bei nicht selbständigen Personen wird das Gericht das bereinigte Nettoeinkommen anhand der letzten zwölf Gehaltsabrechnungen, bei Selbständigen anhand der Einkünfte der letzten drei Jahre ermitteln. b) Selbstbehalt Nachdem das bereinigte Nettoeinkommen, durch den Abzug der anrechnungsfähigen Belastungen ermittelt wurde, wird dem Unterhaltsverpflichteten ein Betrag als notwendiger Selbstbehalt zugebilligt. Dadurch soll gewährleistet werden, daß der Unterhaltsverpflichtete nicht über die Grenzen des Zumutbaren hinaus belastet und damit selbst zum Sozialfall wird. Lebt der Unterhaltspflichtige allein, so wird ihm derzeit ein Selbstbehalt in Höhe von zugebilligt. In diesem Betrag sind die Kosten einer fiktiven Warmmiete in Höhe von 440 enthalten. Ist der Unterhaltsverpflichtete verheiratet, erhöht sich der Betrag des Selbstbehalts um 950 für den Ehegatten. Die 950 des Ehegatten enthalten einen zusätzlichen Kostenanteil einer fiktiven Warmmiete in Höhe von 330. Hat der Unterhaltspflichtige Kinder, so erhöht sich der Selbstbehaltgrenzwert ebenfalls. Beispiel 1: Der Unterhaltsverpflichtete hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1200 im Monat. Da er unter der Selbstbehaltgrenze von 1250 liegt, ist er nicht verpflichtet seinen Eltern Unterhalt zu gewähren. Beispiel 2: Der Unterhaltsverpflichtete ist verheiratet, die Ehefrau hat kein eigenes Einkommen. Er hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von Da er verheiratet ist, kann er einen Selbstbehalt von 2200 geltend machen. Der den Selbstbehaltsbetrag überschießende Teil des bereinigten Nettoeinkommens steht für die Erfüllung der Unterhaltspflicht zur Verfügung. Die oben genannten Selbstbehaltsbeträge enthalten einen fiktiven Kostenanteil für die Warmmiete. Wenn der Verpflichtete diesen Kostenrahmen überschreitet, die Kosten jedoch den üblichen örtlichen und persönlichen Verhältnisse entsprechen, erhöht sich der Selbstbehaltsbetrag um diesen überschießenden Teil. Beispiel: 3
4 Der Unterhaltsverpflichtete ist verheiratet und lebt in München. Er hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von Die den üblichen örtlichen und persönlichen Verhältnissen entsprechende Mietwohnung produziert Kosten für die Warmmiete in Höhe von 950. Die Kosten der für die Lebenssituation des Unterhaltsverpflichteten angemessenen Wohnung überschießen den in den Selbstbehaltsbeträgen enthaltenen Kostenanteil für die Warmmiete um 180. Um genau diesen Betrag darf der Unterhaltsverpflichtete seinen Selbstbehaltsbetrag aufstocken. Deshalb verfügt der Unterhaltsverpflichtete in diesem Fall über kein einsetzbares Einkommen. In vielen Fällen verfügt der Unterhaltsverpflichtete über kein eigenes Einkommen. In diesen Fällen hat der Unterhaltsberechtigte keinen (direkten) Anspruch gegen dessen Ehepartner. Wenn der nicht unterhaltspflichtige Ehepartner jedoch über Einkünfte verfügt, durch die er das Alltagsleben der Familie mühelos allein finanzieren kann, so wird das Geld des unterhaltspflichtigen Ehepartners (z.b. das Taschengeld) frei und kann für Unterhaltszahlungen herangezogen werden. Beispiel: Der nicht unterhaltsverpflichtete Ehepartner hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von Der unterhaltsverpflichtete Ehepartner bezieht aufgrund einer geringfügigen Beschäftigung ein Arbeitseinkommen von 400 im Monat. In diesem Fall kann der nicht unterhaltspflichtige Ehepartner die Lebenshaltungskosten der Familie problemlos alleine bestreiten. Das Einkommen des unterhaltspflichtigen Ehepartners sowie ein ihm gegenüber dem nicht unterhaltsverpflichteten Ehepartner zustehender angemessener Taschengeldanspruch können bei der Bemessung der Unterhaltspflicht berücksichtigt werden. Gleiches gilt bei Doppelverdienerehen. Reichen die Einkünfte des nicht unterhaltsverpflichteten Ehepartners aus, um den Lebensunterhalt der Familie allein zu decken, so stehen die Einkünfte des unterhaltspflichtigen Ehepartners für Unterhaltszahlungen uneingeschränkt zur Verfügung. Im Gegensatz zum Ehegatten- und Kindesunterhalt trifft den Unterhaltspflichtigen in diesem Fall keine Arbeitsobliegenheit. D.h. der arbeitslose Unterhaltspflichtige ist nicht verpflichtet sich eine Arbeitsstelle zu suchen, um so seiner Unterhaltspflicht genügen zu können. 2) Vermögen Neben den Arbeitseinkünften des Unterhaltsverpflichteten wird auch dessen sonstiges Vermögen bei der Ermittlung der Höhe des Unterhaltsanspruchs der Eltern berücksichtigt. In welcher Höhe das Vermögen zu Unterhaltszahlungen herangezogen werden kann, ist noch nicht höchstrichterlich geklärt. Das so genannte Schonvermögen wird bei der Ermittlung der Unterhaltspflicht nicht berücksichtigt. Neben einem eigengenutzten Hausgrundstück gehören Freibeträge von bis dazu. Die Höhe des Freibetrages richtet sich nach den Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen und wird vom Gericht individuell ermittelt. Verfügt der Unterhaltspflichtige neben einem ausschließlich privat genutzten Hausgrundstück über weiteres Grundvermögen, so kann dies bei den Unterhaltszahlungen berücksichtigt werden. Das Gericht kann z.b. unabhängig davon, ob das nicht ausschließlich privat Grundstück/Haus wirtschaftlich verwertet wird, einen zu erzielenden Ertrag schätzen und als fiktives Einkommen bei der Bemessung der Unterhaltspflicht berücksichtigen. 4
5 Lebensversicherungen oder sonstige Instrumente der Altersvorsorge gehören immer dann zum Schonvermögen, wenn Sie einer der Familiensituation angemessen Altersvorsorge dienen. 3) Schenkungen Häufig haben die Eltern den Kindern in den Jahren vor ihrer Bedürftigkeit nennenswerte Geld- oder Sachgeschenke zukommen lassen. Diese Geschenke werden sie im Falle der Bedürftigkeit regelmäßig nicht selbst zurückfordern, auch wenn sie rechtlich die Möglichkeit dazu haben ( 528, 529 BGB). Der staatliche Leistungsträger kann aber die Ansprüche des Bedürftigen auf sich überleiten, wenn dieser staatliche Unterstützung erhält. Von diesem Überleitungsrecht wird er regelmäßig Gebrauch machen und dann die innerhalb der letzten zehn Jahre vorgenommenen Schenkungen zurückfordern. III) Zusammenfassung Die Höhe des Unterhaltsanspruchs wird wie folgt berechnet: Bereinigtes Nettoeinkommen + Fiktives Einkommen./. Selbstbehalt Höhe des Unterhaltsanspruchs Anhand dieser Formel und den vorstehenden Ausführungen können Sie in vielen Fällen ermitteln, ob eine Unterhaltspflicht in Betracht kommt. Bei schwieriger gelagerten Fällen sollten Sie in jedem Fall einen Fachmann zu Rate ziehen. 5
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