Vorsprung Bayern Effizienz im Gesundheitswesen Ambulante Versorgung
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- Anton Fuchs
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1 Vorsprung Bayern Effizienz im Gesundheitswesen Ambulante Versorgung Donnerstag, um 17:00 Uhr NH Hotel Nürnberg City, Königsturm Bahnhofstraße 17-19, Nürnberg Gesundheitsversorgung aus Sicht der Wirtschaft Bertram Brossardt Hauptgeschäftsführer vbw Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Es gilt das gesprochene Wort.
2 1 Sehr geehrte Frau Staatssekretärin Huml, sehr geehrte Frau Dittmar, sehr geehrter Herr Dr. Leienbach, sehr geehrter Herr Dr. Singer, sehr geehrte Damen und Herren, Zur gesundheitspolitischen Veranstaltungsreihe herzlich willkommen zur heutigen Abschlussveranstaltung unserer diesjährigen gesundheitspolitischen Reihe. An fünf Tagen und in fünf Orten in Bayern haben wir die zentralen Themen beleuchtet, die bearbeitet werden müssen, damit Gesundheit in Bayern bezahlbar bleibt, damit Gesundheit in Bayern ein noch bedeutenderer Wirtschaftsfaktor wird und damit Gesundheit in Bayern durch ein flächendeckend hohes Versorgungsniveau abgesichert ist. In den vier vorhergehenden Veranstaltungen ging es
3 2 um die Finanzierung unseres Gesundheitswesens, um die bayerische Gesundheitswirtschaft als Standortfaktor, um Fragen der medizinischen Innovation und Prävention sowie um die Themenfelder stationäre Versorgung und Rehabilitation. Wir haben diese gesundheitspolitische Reihe aus mehreren Gründen aufgelegt: Wir sind ein Hochlohnstandort, der im weltweiten Wettbewerb steht erfolgreich wohlgemerkt: Rund ein Drittel des bayerischen Bruttoinlandsprodukts wird im Ausland erwirtschaftet. Das ist jedoch eine Momentaufnahme. Der Wettbewerb schläft nicht, sondern wird im Gegenteil viel härter. Die Konkurrenz gerade aus den Schwellenländern holt in Sachen Know-How und Qualität auf. In diesem Szenario müssen unsere Unternehmen nicht nur darauf achten, weiterhin einfach besser und schneller zu sein, um ihre im Vergleich höheren Kosten zu rechtfertigen. Sie
4 3 müssen auch zusehen, dass ihre Kosten nicht aus dem Ruder laufen. Bei der gesetzlichen Krankenversicherung ist das Risiko der Kostenexplosion jedoch gegeben. Aufgrund einer alternden Bevölkerung und des medizinischen Fortschrittes werden die Gesundheitsausgaben steigen. Im Umlagesystem der gesetzlichen Krankenversicherung muss die Einnahmenseite mithalten. Und höhere Gesundheitsbeiträge bedeuten für unsere Unternehmen automatisch höhere Lohnkosten. Eine hochwertige Gesundheitsversorgung ist nicht nur ein elementarer Teil unseres Wohlstandes. Auch unsere Unternehmen profitieren davon. Nur gesunde Mitarbeiter können Leistung bringen. In einer Zeit, da wegen des demografischen Wandels die betrieblichen Belegschaften im Durchschnitt älter werden, spielen eine hochwertige Gesundheitsversorgung und vor allem Gesundheitsprävention eine besonders wichtige Rolle für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandortes.
5 4 Demografischer Wandel und medizinischer Fortschritt sind jedoch nicht nur Kostentreiber, sondern bergen gleichzeitig ein großes Wachstums- und Beschäftigungspotenzial für unsere Gesundheitswirtschaft. Denn Gesundheit liegt allgemein im Trend. Sie wird als wichtiger Bestandteil guter Lebensqualität empfunden. Das zeigt sich an der wachsenden Bedeutung der Gesundheitswirtschaft. In Bayern steht sie mit einer Bruttowertschöpfung von 47 Milliarden Euro inzwischen für 11,8 Prozent des bayerischen BIP Tendenz steigend. Derzeit arbeiten rund Menschen in der bayerischen Gesundheitswirtschaft, rund mehr als noch vor fünf Jahren. Damit ist nahezu jeder achte Beschäftigte in Bayern in diesem Bereich tätig. An vorderster Front sind dabei die Ärzte, die mit großem Einsatz eine hervorragende Arbeit machen. So soll es auch sein. Zum Thema der Veranstaltung Denn die ambulante ärztliche Versorgung ist einer der wesentlichen Felder der Gesundheitswirtschaft:
6 5 Rund 17 Prozent der Leistungsausgaben in der GKV fallen für diesen Bereich an. Damit ist sie nach den Ausgaben für Krankenhausbehandlung und Arzneimittelkosten der drittgrößte Ausgabenposten. In diesem Feld wird jedoch auch exemplarisch deutlich, woran unser Gesundheitssystem insgesamt krankt: Erstens an zu viel Bürokratie und Überregulierung: Laut einer aktuellen Umfrage der Ärztezeitung ist Bürokratie mit Abstand das größte Hemmnis für Ärzte, ihre Arbeit ordentlich zu machen. Alarmierend ist, dass dies Prozent und damit noch ein paar Prozent mehr gesagt haben als noch Zweitens krankt unser Gesundheitssystem an Reformeifer, der aber nicht systematisch, sondern oft genug willkürlich erscheint: So lässt die beschlossene Abschaffung der Praxisgebühr jede Systematik vermissen, da sie die Selbstverantwortung der Leistungsbezieher schwächt, die im System eigentlich gestärkt werden müsste. Dass die Gebühr in der
7 6 praktischen Ausgestaltung handwerklich schlecht gemacht war und deswegen zu mehr Bürokratie in den Praxen geführt hat, ist richtig. Insofern kann ich die Kritik der Ärzteschaft nachvollziehen. Die schlechte Umsetzung ist jedoch kein Argument für die Abschaffung der Praxisgebühr, sondern im Gegenteil ein Auftrag, sie zielführender auszugestalten. Drittens krankt unser Gesundheitssystem an der Tendenz, Missstände durch den Griff in die Kassen zu überdecken statt sie durch zielführende Reformen zu beseitigen: So ist die Mehrheit der Ärzte mit ihrem Einkommen laut einer aktuellen Umfrage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zufrieden. Und auch die Umfrage der Ärztezeitung bestätigt, dass Geld nicht das entscheidende Problem ist: So ist der Anteil derer, die sich über die Honorarentwicklung beklagen, von 2007 bis 2012 von 79 Prozent auf unter 60 Prozent gesunken. Das ordnet dann doch die öffentlichkeitswirksamen Proteste der jüngsten Vergangenheit etwas ein. Viertens hat das Gesundheitssystem Anteil an Herausforderungen, die unsere gesamte
8 7 Gesellschaft betreffen. Neben der bereits benannten demografischen Entwicklung ist das die Versorgung im ländlichen Raum. Es ist eine der zentralen Aufgaben, in Zukunft die ambulante Versorgung auf dem Land sicher zu stellen. Dass hier große Sorgen bestehen, wissen wir nicht zuletzt durch viele Gespräche und Telefonate mit betroffenen Bürgermeistern. Fünftens ist die Realität im Gesundheitswesen jedoch von hoher Motivation und Freude am Beruf geprägt: So sagen mehr als neun von zehn Ärzten, dass ihnen ihre Arbeit Spaß macht. Und mehr als acht von zehn Ärzten würden ihren Beruf wieder ergreifen. Mit anderen Worten: Das System krankt, aber die Leistungsträger lassen sich davon nicht demotivieren. Trotz dieser bewundernswerten Haltung ist klar, dass Handlungsbedarf besteht. Die Antwort kann jedoch nicht sein, dass mehr Geld ins System fließt. Denn die Belastungen für die Beitragszahler sind heute schon groß genug.
9 8 Eine Bürgerversicherung nach den Plänen der Berliner Opposition und des DGB lehnen wir kategorisch ab: Da die Beitragsbemessungsgrenze für den Arbeitgeber abgeschafft wird, würden die Lohnzusatzkosten gerade für hoch qualifizierte Fachkräfte steigen, was einem Jobvernichtungsprogramm gleichkäme. Besonders betroffen wären lohnintensive Branchen, zu denen auch die Gesundheitswirtschaft zählt. Zudem steht die Zukunft der Privaten Krankenversicherung auf dem Spiel, worüber uns Herr Dr. Leienbach einiges zu berichten weiß. Nur so viel: Es ist schon erstaunlich, mit welcher Chuzpe über die verfassungsrechtlichen Probleme hinweggegangen wird, die sich bei einer Eingliederung der PKV stellen. Denn der Verlust der von den PKV-Versicherten erworbenen Ansprüche auf Leistungen und Altersrückstellungen käme de facto einer Enteignung gleich. Auf diesem Wege werden wir kein Problem lösen, sondern nur neue Probleme schaffen.
10 9 Klar ist aber, dass wir die Einnahmenseite auf gesunde Füße stellen müssen. Hierzu haben wir mit unserem Regionalen Gesundheits-Kombi einen sehr pragmatischen und zukunftsweisenden Vorschlag vorgelegt. In diesem Konzept wird der Arbeitnehmeranteil auf der Basis von Prämien erhoben, welche die Kassen individuell festsetzen; werden regionale Vergütungs-, Versorgungsund Qualitätsunterschiede sowohl über den Gesundheitsfonds als auch über die unterschiedliche Höhe der Versichertenbeiträge berücksichtigt; zahlen alle erwachsenen Versicherten eine Gesundheitsprämie die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern und der Sozialausgleich werden hingegen aus Steuermitteln finanziert; wird der Arbeitgeberanteil festgeschrieben. Den subsidiären Aspekt dieses Konzepts möchte ich besonders hervorheben, da er durch die regionale Entkoppelung von Beiträgen und Leistungen im Gesundheitsfonds völlig verloren geht mit großen
11 10 Nachteilen für Bayern. Der jährliche Mittelabfluss von hier in andere Teile Deutschlands beträgt mindestens 1,7 Milliarden Euro Mittel bayerischer Beitragszahler, die dem Gesundheitsstandort Bayern fehlen. Ein Skandal ist es, dass diese Mittelflüsse durch die Abschaffung der Länderkennzeichnung bei der Weitergabe der Versichertendaten an den Gesundheitsfonds künftig nicht mehr nachvollziehbar sind. Das ist nicht akzeptabel. Eine Neuberechnung der Mittelflüsse für 2012 ist dringend geboten, um die Transferpraxis im GKV- System transparent zu halten. Dass diese ein Ende haben muss, erachten wir als selbstverständlich, damit bayerische Kassenbeiträge wieder in Bayern verwendet werden. Unsere Forderungen reduzieren sich jedoch nicht nur auf die Einnahmenseite. In unserem kürzlich vorgestellten Kompass Gesundheitspolitik haben wir auf der Basis der wesentlichen Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft aus insgesamt 40 Reformvorschläge für unser Gesundheitssystem entwickelt. Es lohnt sich sicher, diese einmal im Zusammenhang zu studieren. Heute möchte ich
12 11 Ihnen nur kurz die Forderungen benennen, die den ambulant-ärztlichen Bereich betreffen. Echte Vertragsfreiheit steht bei vielen unserer Forderungen im Vordergrund: sei es die Forderung, die Beschränkung der maximalen Anzahl von angestellten Ärzten aufzuheben, sei es Forderung, die staatliche Bedarfsplanung schrittweise durch ein Recht zur freien Berufsausübung und damit zur Niederlassungsfreiheit zu ersetzen, sei es die Forderung, die Ausweitung der selektivvertraglich geregelten Versorgung weiter voranzutreiben, sei es die Forderung der freien Arztwahl, so dass etwa Patienten auch ohne vorherige Zustimmung der Krankenkasse einen Privatarzt aufsuchen dürfen. Ebenso fordern wir mehr Wettbewerb und Vielfalt: So sollten kartell- oder monopolähnlichen Strukturen anhand eines speziellen Wettbewerbsrechts überprüft werden und
13 12 für die ambulant-ärztliche Versorgung alle Rechts- und Betriebsformen wählbar sein. Und wir brauchen mehr Kostenbewusstsein bei Versicherten und Patienten durch mehr Transparenz bei Preisen und Leistungen und eine stärkere Einbindung des Patienten in den Finanzierungsprozess. Meine Damen und Herren, Bayern als starker Gesundheitsstandort profitiert von einer flächendeckenden und qualitativ hochwertigen ärztlichen Versorgung und einer leistungsstarken und vielfältigen Versicherungslandschaft. Wir wollen dieses hohe Niveau in Zukunft mit Blick auf Bayern als starkem Wirtschaftsstandort und als Land, in dem es sich zu leben lohnt, erhalten. Dazu müssen wir uns jedoch großen Herausforderungen stellen und uns sehr grundlegende Gedanken über die Ausrichtung und Finanzierung unseres Gesundheitssystems machen. Ich freue mich, dies mit Ihnen heute zu tun.
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