Wir sind mit Christus gekreuzigt und wir werden mit Christus auferstehen, das ist das Bekenntnis des Apostels Paulus.
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- Inge Martin
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1 Wir sind mit Christus gekreuzigt und wir werden mit Christus auferstehen, das ist das Bekenntnis des Apostels Paulus. Er schreibt im Korintherbrief: Gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferstanden. Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist eure Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich. Mit anderen Worten, wenn es keine Auferstehung gibt, dann ist unser Glaube gegenstandslos. In unserem Glaubensbekenntnis bekennen wir in jedem Gottesdienst: Ich glaube an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben, Amen: So ist es, so soll es sein. Aber glauben wir das wirklich? Im Konfirmanden Unterricht, wenn wir uns mit dem Glaubensbekenntnis beschäftigen, frage ich die Jugendlichen immer, was sie selber glauben. Ich fordere sie auf jeden Satz des Glaubensbekenntnisses durchzugehen und mit einem von drei Zeichen zu versehen. Ein Plus steht für, ja das kann ich unterstreichen, da stehe ich auch persönlich dahinter, ein Fragezeichen steht für, das verstehe ich nicht, da müsste ich mehr darüber wissen und ein Minuszeichen steht für, bei diesem Satz habe ich Schwierigkeiten es zu glauben. Die Auferstehung der Toten hat regelmäßig mit die meisten Minuszeichen. Mich wundert das nicht. Der Glaube an die Auferstehung der Toten, widerspricht allem, was die Jugendlichen in der Schule lernen. Dort und im Fernsehen wird ein anderer Glaubenssatz gelehrt und der heißt auf den Punkt gebracht: Was ich nicht sehe, gibt es nicht. Das ist geradezu die Gegenthese zu Paulus. Da ich noch nie einem Auferstandenem begegnet bin, gibt es auch keine Auferstehung. Schlimmer noch, wenn ein Jugendlicher ernsthaft behaupten würde, er hätte einen von den Toten auferstandenen gesehen, was würden dann seine Eltern tun?
2 Sie würden mit ihrem Kind einen Arzt aufsuchen und der würde den Jugendlichen zu einem Psychologen überweisen. Gibt es zwischen diesen beiden Gegensätzen etwas Drittes, etwas was es uns auch in der modernen Welt möglich macht, weiterhin an die Auferstehung zu glauben? Gibt es zwischen der These des Paulus und der Antithese der Aufklärung eine Synthese? Eine Synthese in der beides aufgehoben bleibt. Ein Auferstehungsglaube, der von uns nicht verlangt, uns aus der Denkweise der modernen Welt zu verabschieden und statt dessen einem alten überkommenen Weltbild anzuhängen, für das man uns belächelt? Woher kommt dieser Auferstehungsglaube? Ich denke, er kommt aus der Natur selbst und aus der Anschauung der Natur. Wir feiern das Osterfest im Frühling. Es ist die Jahreszeit in der wir jedes Jahr aufs neue erleben, wie die gefrorene Erde des Winters wieder auftaut. Erste Triebe werden sichtbar. Zarte kleine Blümchen wachsen hervor. Die Schneeglöckchen sind die ersten, dann kommen die Osterglocken. größer mit kräftigen gelben Blüten. Erste Knospen werden an den Zweigen der Bäume sichtbar und bald entfaltet sich eine herrliche Blütenpracht. Es ist die Jahreszeit, in der die Bäume am schönsten sind. Aus den Knospen sprießen Blätter hervor, entfalten sich, werden größer, bis sie den ganzen Baum mit einem grünen Kleid umhüllen und die dürren Äste, die wir im Winter gesehen haben ganz und gar verdecken. Das Kreuz Jesu Christi wird oft mit einem Baum verglichen, aus dem neue Triebe hervorgehen, neues Leben entsteht. Die Natur bringt ständig neues Leben hervor. Bis heute ist es auch der modernsten Wissenschaft nicht gelungen selbst neues Leben hervorzubringen oder synthetisch zu erzeugen.
3 Aber ist das nicht etwas völlig Anderes? Die Auferstehung der Natur im Frühling ist dem modernen Denken zugänglich, das bestreitet niemand? Aber die Auferstehung des Menschen von den Toten? Ich glaube eine der größten Fehler unseres abendländischen Denkens ist die Überbetonung der Trennung von Mensch und Natur. Auch in der Bibel wird das sehr stark getrennt. Macht euch die Erde untertan, heißt es, herrscht über sie und macht sie euch zu Nutze. Ein berühmter Theologe, Albert Schweizer, hat dieses Problem gesehen und die Ehrfurcht vor dem Leben gefordert und damit auch die Ehrfurcht vor der Natur. Wir leben statt dessen in einer Wegwerfgesellschaft. Wir erwerben Gegenstände, Autos, Kühlschränke, Glühbirnen, Fernseher, benutzten sie eine Weile und werfen sie dann weg, auf den Müllhaufen. Wir machen uns die Welt dienstbar. Ehrfurcht? Wozu? Wovor? Jesus hat auf seinem Weg durch das Leben selten oder nie etwas weggeworfen. Auf seiner Wanderschaft durch Galiläa hat er kaum etwas mitgenommen. Seinen Jüngern hat er folgendes mit auf den Weg gegeben: Ihr sollt nicht Gold noch Silber noch Erz in euren Gürteln haben, 10 auch keine Tasche zur Wegfahrt, auch nicht zwei Röcke, keine Schuhe, auch keinen Stecken. Denn ein Arbeiter ist seiner Speise wert. Wer etwas hervorbringt, ein Arbeiter, darf auch etwas verbrauchen, seine Speise. Arbeit und Brot sind ein Kreislauf, der Kreislauf des Lebens und auch der Kreislauf der Natur. Dass wir Menschen auch ein Teil dieses Kreislaufes sind, wird uns dann besonders deutlich, wenn wir am Grab eines geliebten Menschen stehen. Vielleicht haben sie auch schon einmal an einer Beerdigung teilgenommen, die von einem weltlichen Redner gestaltet wurde.
4 Ein Bezug zu Gott wurde nicht hergestellt noch weniger war von einem Leben nach dem Tod die Rede. Vielleicht haben sie auch so empfunden wie ich, da fehlt was, da ist nichts, woran die Trauernden sich festhalten können, da bleibt eine große Leere zurück. Wie anders, wenn wir davon reden können, dass das Leben des verstorbenen ein Geschenk Gottes war, für das wir große Dankbarkeit empfinden können. Wenn wir davon reden können, dass dieses geschenkte Leben jetzt dorthin zurückkehrt, woher es gekommen ist, zu Gott, dem Anfang und dem Vollender des Lebens. Sehr beeindruckt hat mich einmal eine Enkelin, die am Grab ihres Großvaters selbst das Wort ergriff und ungefähr folgendes sagte: Ich bin sicher, dass du im Himmel Freunde findest, die mit Dir Deine Leidenschaft für elektrische Eisenbahnen teilen und sicher werdet ihr dort riesige Anlagen bauen und die im Himmel werden alle ihre helle Freude daran haben. Genauso beeindruckt hat mich ein Pfarrer, der am Grab seiner Frau eine Handvoll Holunderholzscheiben in das offene Grab warf. Das Geklacker der Holzscheiben auf dem Sarg war deutlich zu hören. Seine Frau war Musiktherapeutin und hat mit Patienten aus Holunderholz Instrumente gebaut und darauf gespielt. Als der Pfarrer die Holzscheiben in den Sarg warf, sagte er: Es ist gut, dass du jetzt in den Himmel kommst, die Engel werden von Dir noch etwas lernen können. Wir brauchen solche Bilder, Bilder der Auferstehung, Bilder des neuen Lebens. Sie geben uns Kraft und Mut zu unserem eigenen Leben. Sie machen uns dankbar und demütig. Demut? Ein unmodernes Wort! Aber nichts anderes meinte Albert Schweizer, als er sagte:
5 Was wir brauchen, ist eine neue Ehrfurcht vor dem Leben. Amen
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