Lehrbausteine Stadt Landschaft Planung
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- Eva Burgstaller
- vor 8 Jahren
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1 Lehrbausteine Stadt Landschaft Planung Wer entwickelt die Städte? Akteure und Stakeholder, Beteiligte und Betroffene der Stadtentwicklung wie sie zusammenwirken und welche Rolle Stadtplanung und Stadtentwicklungspolitik dabei spielen Stadtentwicklung, kann auf zweierlei Weise verstanden werden: Städte entwickeln sich (-> Lehrbaustein) und Städte werden entwickelt. Hier geht es um das aktive Entwickeln der Quartiere und Städte und um die Frage, wer da mit wem tätig ist. Wer entwickelt die Städte? (1) Auf die Frage, wer die Städte entwickelt, gibt es nur eine richtige Antwort: Alle. Alle wirken in unterschiedlicher Weise an der baulich-räumlichen, sozialen, ökologischen, ökonomischen oder kulturellen Entwicklung der Städte mit. Das lässt sich leicht illustrieren: (2) Beginnen wir mit den Bürgerinnen und Bürgern. Diese tragen zum Beispiel zur Suburbanisierung bei, indem sie die Einfamilienhäuser an den Peripherien bauen. Oder entscheiden sich zum Beispiel für Eigentumswohnungen an integrierten Standorten und tragen so zur»reurbanisierung«bei. Und wo sie nicht selbst bauen sind sie Nachfrager von Wohnraum und beeinflussen mit ihren Präferenzen die Angebote der Wohnungsproduzenten. Das gilt auch für jene Haushalte mit niedrigem Einkommen: Auch ihre Standortwahl kann (unter Bedingungen von Nachfragermärkten) über die Geschicke von Stadtquartieren entscheiden. Aber sie wohnen ja nicht nur; sie kaufen auch ein, gestalten ihre Freizeit, bewegen sich in Stadt und Region: Ihr Mobilitätsverhalten etwa prägt ganz wesentlich die Stadtstruktur und Umweltqualität und entscheidet auch darüber, ob die großen SB-Märkte jenseits der Stadtgrenze ihre Kunden finden oder ob die lieber im eigenen Stadtzentrum einkaufen gehen. Bürgerinnen und Bürger gestalten zudem auf unmittelbare Weise ihre Lebenswelt nicht nur in den eigenen vier Wänden, sondern mit Wirkung auf das soziale und kulturelle Leben in der Stadt. Ob die Elterngruppe nun eine KiTa gründet, ob ein Haus der offenen Tür, ein Tanzprojekt für arbeitslose Jugendliche initiiert, ein lokaler Rotary-Klub das Projekt»Hausaufgabenhilfe«in Gang setzt, der Kunstverein Gelder für eine Ausstellung sammelt, der Naturschutzverband die Patenschaft für einen»kinderwald«übernimmt oder ob eine Bürgerinitiative das örtliche Freibad in die eigene Bewirtschaftung übernimmt es ist die Summe dieser vielen Einzelaktivitäten, die das»stadtleben«ausmacht. Und natürlich sind die Bürgerinnen und Bürger auch dort aktiv, wo sie die professionellen Stadtentwickler vor allem vermuten: Unterschriften sammelnd gegen die Bebauung der Flussaue, auf der Bürgerversammlung protestierend gegen die Reduzierung von Parkplätzen im eigenen Viertel oder vor Gericht gegen den geplanten Brückenbau klagend. Und nicht zu vergessen: Wir reden hier auch von Wählerinnen und Wählern, die zumindest in größeren Abständen auch Einfluss auf die lokale Politik nehmen, sofern sie nicht selbst unmittelbar politisch aktiv sind. Kurzum die Bürgerinnen und Bürger der Städte wirken auf vielfältige Weise direkt oder indirekt, gezielt oder gleichsam nebenbei auf Stadtentwicklung ein. Sie entwickeln Stadt (vgl. hierzu auch den Lehrbaustein»Stadtentwicklung und Kommunikation«) (3) aber selbstverständlich nicht allein. Noch fehlen die Akteure (ab Seite 5 wird auf die Rolle der Akteure ausführlicher eingegangen), die zumeist als erste unter den»stadtproduzenten«genannt werden die Bau-, Boden- und Immobilienunternehmen, die Grundeigentümer, Bauinvestoren, die Entwickler und Vermarkter, die Wohnungsunternehmen und Industriebetriebe, die Einzelhändler, die Logistik- und Verkehrsbetriebe, Entsorgungs- und Energieunternehmen und so fort. Mit ihren Aktivitäten tragen diese Markt-Akteure auf vielfältige Weise zur Stadtentwicklung bei. Baustein Wer entwickelt die Städte? Selle 1 8
2 Hier nur einige Schlaglichter: Die Immobilientochter der Bahn verkauft nun doch nicht das Grundstück, das für die Innenstadtentwicklung von Bedeutung ist. Währenddessen schließen sich die Geschäftsleute am anderen Ende der Innenstadt zu einer Standortgemeinschaft zusammen, um gegen den Kaufkraftabfluss vorzugehen. Gemeinsam mit dem Einzelhandelsverband und der lokalen Werbegemeinschaft beschließen sie zudem, ein Innenstadtkonzept in Auftrag zu geben und es der Stadt zu»schenken«. Der Bauträger, der bislang auf einer innenstadtnahen Brache Geschosswohnungsbau realisieren wollte, zieht seine Absichten zurück und bringt eine Einfamilienhausbebauung ins Spiel. Die Industrie- und Handelskammer mischt sich in den Streit um den Brückenbau ein und bezeichnet ihn als unerlässlich für die Umgehungsstraße, die erst eine ausreichende»redundanz«der Erschließung des Wirtschaftsstandorts gewährleiste. Wenige Tage zuvor hatte ein lange ortsansässiges Unternehmen die»verlagerung«von 200 Arbeitsplätzen in das osteuropäische Ausland angekündigt. Im Rahmen einer Corporate-Citizenship-Aktion bieten verschiedene Unternehmen»Schnupperpraktika«für arbeitslose Jugendliche in»sozialen Brennpunkten«an. Und so weiter und so fort (4) Last but not least sind die öffentlichen, insbesondere die kommunalen Akteure zu nennen: Sie fertigten zum Beispiel die Pläne für die Umgehungsstraße mitsamt umstrittenem Brückenbauwerk an und müssen sich nun den Klagen der Bürger und den Mahnungen der Industrieverbände erwehren. Auch waren bereits die Bebauungspläne für die zwei Brachflächen praktisch beschlussreif und»hängen nun in der Luft«, weil Grundeigentümer bzw. Investoren ihre Pläne geändert haben. Gleich nebenan ist ein weiteres Grundstück mit öffentlichen Investitionen bereits gekauft und hergerichtet worden: Ein Grünzug mit eingelagerten Parks soll den neuen Standort für Investoren attraktiv werden lassen. Zudem wurden von der Kommune, um im Spektrum der genannten Beispiele zu bleiben, die Mittel für das»soziale-stadt-programm«beantragt, dessen Auslaufen nun moderierend begleitet werden soll. Allerdings ist mit dem Ende der Förderung auch die Schließung einiger sozialer Einrichtungen verbunden, wenn keine neuen Finanzquellen erschlossen werden können. Zugleich haben Stadtrat, Sozialverwaltung und Wirtschaftsförderung das Programm»Unsere Stadt soll familienfreundlich werden«aufgelegt. Neben verbesserter Ganztagsbetreuung etc. soll dem auch bei der Baulandbereitstellung und im Wohnungsbau Rechnung getragen werden. Von alledem erhofft sich der Kämmerer, dass einkommensstarke Bewohner Abb. 1 a f (Fortsetzung S. 3): Beiträge zur Stadtentwicklung Illustrationen (von oben nach unten): Unternehmen und ihre Verbände Aktivitäten der Bürgerinnen und Bürger kommunale Planung und Politik (Fortsetzung auf der nächsten Seite) Baustein Wer entwickelt die Städte? Selle 2 8
3 nicht in Umlandgemeinden abwandern, sondern weiter im Stadtgebiet ihre Steuern zahlen. Genug der Beispiele. Es versteht sich, dass diese Liste, die im Wesentlichen eine»collage«realer Zeitungsmeldungen aus verschiedenen Städten darstellt, beliebig verlängerbar ist. Aber sie dürfte ihren Zweck schon erfüllt und verdeutlicht haben, dass viele Akteure, wir alle, Stadt entwickeln und dass sich diese Aktivitäten im Raum überlagern: (5) Für dieses Einwirken vieler Akteure auf die Stadtentwicklung wurden in den letzten Jahren viele Formulierungen und Bilder gefunden wie etwa das Beispiel in Abbildung 1a d, deren Aufgabe es ebenfalls ist, den Prozess der Stadtentwicklung als Resultat des Handelns von Akteuren aus drei»sphären«(markt, Staat, Gesellschaft) darzustellen (s. Abb. 1e). Das wird hier grafisch stark vereinfacht, denn es fehlen noch die vielen»zwischenwelten«(intermediärer Bereich) und Doppelzuordnungen (etwa: Öffentliche Betriebe, die marktförmig agieren etc.). Aber um solche Feinheiten kann es hier nicht gehen. Entscheidend an einem Schema wie diesem und der zuvor aufgelisteten (gänzlich unvollständigen) Aktivitätenvielfalt vieler Akteure, die zur Stadtentwicklung beitragen, ist vor allem, die Tatsache, dass sie sich im Raum überlagern und untereinander in Wechselbeziehung stehen. Denn, um an den Beispielen anzuknüpfen: Der Protest gegen die Brücke hängt mit der Umgehungsstraße zusammen und die mit der Forderung der Industrieverbände nach optimaler Erschließung städtischer Standorte. Oder: Der Rückzug des Bauträgers von seinen ursprünglichen Absichten ist auf die Nachfragesituation am Wohnungsmarkt und womöglich das Interesse der Stadt, bestimmte Einkommensgruppen im Stadtgebiet zu halten, zurückzuführen. die Aktivitäten überlagern sich im Raum, was sich auf verschiedene Weise grafisch darstellen lässt und zur Konsequenz hat, dass wichtige Aufgaben der Stadtentwicklung nur»in der Zusammenarbeit aller für einen Raum relevanten Akteure«bewältigt werden können (BMVBS/BBR 2007) Baustein Wer entwickelt die Städte? Selle 3 8
4 Abb. 2: Die Akteure innerhalb einer Stadtverwaltung; Die KiTa-Gründung hängt mit Einsparungen der Stadt zusammen, die Aktivitäten für benachteiligte Gruppen mit den Arbeitsplatzverlusten und dem Auslaufen der Förderung, das Innenstadtkonzept mit dem Kaufkraftverlust und den schwindenden Planungsressourcen der Kommune und so weiter und so fort. Das heißt: Viele Akteure handeln im Raum. Und: Ihre Aktivitäten weisen oft Zusammenhänge auf auch wenn sie nicht ausdrücklich aufeinander bezogen sind.»stadtentwicklung«ist (6) Aus diesen vielen Aktivitäten entsteht und entwickelt sich Stadt. Sie ist also als Ganzes nicht Produkt einer zentralen Planung, sondern ein»wildes, chaotisch anmutendes, hybrides Gemisch aus Akten jedweder Art«(Wolf Reuter 2004, 73)»Niederschlag vieler unterschiedlicher Bemühungen über lange Zeiträume«(Gerd Albers 1988, 2)»gelungen oder misslungen, kultiviert oder trübsinnig Gruppenausdruck und Ausdruck der Geschichte von Gruppen, ihrer Machtentfaltung und Untergänge «(Mitscherlich 1965, 32). Und in den Worten John Friedmanns:»The human, and more specifically, the urban habitat, takes form as multiple forces interact with each other in ways that are not fully predictable It is, therefore, obvious that planners need to have a good understanding of how these city-forming processes work. This formulation posits the city-forming process first, before there can be any serious talk of strategic intervention«(2006, 275) Diese Zitate aus der eher theoretisch ausgerichteteten Literatur seien ergänzt durch eine aktuelle Beschreibung der Praxis:»Stadtentwicklung ist noch stärker als früher das Ergebnis einer Vielzahl von komplizierten Verhandlungen und Interessenabgleichen, z. B. zwischen Investoren, Unternehmen, Verbänden, Bewohnern und der öffentlichen Hand. Für Baustein Wer entwickelt die Städte? Selle 4 8
5 Abb. 3: Beteiligte Akteure im Prozess der Entwicklung des»quartier Vauban«in Freiburg (aus: Selle 2000, Bd. 2) die zielgerichtete Umsetzung städtebaulicher Entwicklungskonzepte fehlen im zunehmenden Maße öffentliche Fördermittel. Neue Formen der Kooperation zwischen öffentlichen und privaten Investoren sind gefordert. Angesichts leerer öffentlicher Kassen wird auch das bürgerschaftliche Engagement für eine nachhaltige Stadtentwicklung eine zunehmend gewichtigere Rolle spielen«( Alle diese Äußerungen unterstreichen, wie wichtig es ist, sich mit der Vielfalt dieser Aktivitäten und Akteure auseinanderzusetzen, bevor man sinnvoll fachliche (planerische) Vorschläge zur Entwicklung eines Raumes einbringen kann. Vom wem ist die Rede? (7) Mit»Akteur«sind in Planungsprozessen zumeist nicht Einzelpersonen, sondern Gruppen oder Institutionen in bestimmten Rollen gemeint (aber es gibt auch Ausnahmen, besonders»gewichtige«einzelpersonen, die ganze Prozesse prägen, z.b. Investoren). Ähnliches gilt für die Verwendung der Bezeichnung»Stakeholder«. Es ist also zumeist die Rede von: den Grundeigentümern, den Investoren, der Stadtplanung, der Bürgerinitiative und so fort. Während»Akteur«ein sehr allgemeiner und in vielen Zusammenhängen (z.b. bei der Beschreibung politischer Prozesse) verwendbarer Begriff ist, stellt die aus dem amerikanischen Sprachraum kommende Bezeichnung»Stakeholder«einen sehr bildhaften Bezug zwischen einem Akteur und einer Sache (einem Unternehmen, einem Raum) her: Da hat jemand einen»stake«(wörtlich: Stock), ein Anliegen an etwas. Ursprünglich wurde der Begriff geprägt, um deutlich zu machen, dass sich Unternehmen nicht nur an den Interessen der Anteilseigner (»shareholder value«), sondern an vielen Ansprüchen und Interessen zu orientieren haben (Mitarbeiter, Kunden, Geschäftspartner, Konkurrenten, Regierung, Medien, Nachbarschaft etc.). Ganz gleich, ob man nun von»akteuren«oder»stakeholdern«spricht wichtig ist, dass Baustein Wer entwickelt die Städte? Selle 5 8
6 Abb.4: Anleitung zur Durchführung einer»stakeholderanalyse«( die so bezeichneten Menschen, Gruppen, Organisationen etc. über sehr unterschiedliche Möglichkeiten verfügen, ihre Bedürfnisse und Interessen in den Prozess der Stadtentwicklung einzubringen. Louis Albrechts [zit. n. Selle 2005, 113] beschreibt das so:»planning potentially impacts on and links to a very wide range of citizens with stakes in a place. These stakes are potentially very diverse. Some citizens have the knowledge, the skills, the power and the networks through which they are able to influence or even steer planning proposals and policy decision. Others lack the means and the cultural codes to participate in the system. Their voice has hardly any impact on decision. Class, gender, race and religion do matter in terms of whether citizens and resident non-citizens are included or excluded in the process«. Diese sehr unterschiedlichen Vorausetzungen zur Einwirkung auf Stadtentwicklung wurde früher auch noch durch das Begriffspaar»Beteiligte«und»Betroffene«zum Ausdruck gebracht: Es gab und gibt Akteure, die sind an den wesentlichen Entscheidungsprozessen beteiligt andere nicht. Und es gibt Akteure, die vermögen aktiv gestaltend einzuwirken und andere, die diese Veränderungen hinnehmen müssen ohne dem viel entgegensetzen zu können. (8) Für diejenigen, die ein Projekt entwickeln oder einen Plan erarbeiten, ist der Blick auf die anderen Akteure aus ganz verschiedenen Gründen wichtig: Zum einen hängt es vielfach von deren Mitwirkungsbereitschaft ab, ob ein Vorhaben mit Aussicht auf Erfolg verfolgt werden kann: Grundstückseigentümer müssen verkaufsbereit sein, Banken müssen Geld bereitstellen und so fort. Sah man früher bei vielen Vorhaben der Stadtentwicklung vor allem die ökonomisch gewichtigen Akteure als»relevant«an, so geraten inzwischen auch bürgerschaftliche Initiativen ins Blickfeld. Denn sie können zum Beispiel bei der Stabilisierung und Entwicklung benachteiligter Quartiere eine große Rolle spielen. Selbsthilfepotenziale können beim Neu- und Umbau genutzt werden. Es ist also wichtig, die ganze Breite der Handlungspotenziale zu kennen und ggf. zu überlegen, unter welchen Bedingungen sie mobilisiert und in einen Planungs- und Entwicklungsprozess eingebunden werden können, um einzelne Ziele besser erreichen oder insgesamt ein»besseres«gesamtergebnis erzielen zu können. Die Akteure im Umfeld eines Vorhabens verfügen jedoch auch über Einspruchspotenziale und auch das will berücksichtigt sein. Wer könnte, aus welchen Gründen politisch Einwände gegen das Vorhaben erheben? Wer mit welcher Aussicht auf Erfolg klagen? Etc. (9) Aus diesen Gründen sollte am Anfang jeder Auseinandersetzung mit Aufgaben der Stadtentwicklung eine Akteursanalyse stehen. Hier gilt es, die verschiedenen»stakeholder«zu identifizieren, ihre Bezüge zum Raum bzw. zur konkreten Aufgabe zu analysieren und ihre Handlungsmöglichkeiten bzw. Interessen zu erkennen. Die notwendigen Differenzierungen ergeben sich aus dem jeweiligen Fall: So kann es zum Beispiel unzureichend sein, von»der«stadtverwaltung zu sprechen, wenn eine große Zahl unterschiedlicher Ämter beteiligt ist.»akteure«oder»stakeholder«können zum Beispiel unterschieden werden nach ihren Bezügen zum und Interessen am Raum: Sind sie Nutzer, Nachbarn, Verfügungsberechtigte, Kaufinteressierte etc.? Welche Bedeu- Baustein Wer entwickelt die Städte? Selle 6 8
7 tung hat der Raum für sie? Wie nehmen sie ihn wahr? ihrer Stellung im Prozess der Planung und Projektentwicklung: Könnten sie fördernd oder hemmend auf die Projektentwicklung einwirken? Sind sie beteiligt? In welcher Rolle? Sind sie betroffen? In welcher Weise? der Gestaltungsmacht, über die sie verfügen: Eigentumsrechte, Planungshoheit, Investitionsmittel, politische Durchsetzungsfähigkeit und den Zielen und Interessen, die sie im konkreten Fall verfolgen (s. Abb. 4) Welche Rolle hat die kommunale Stadtplanung? (10) Öffentliche Akteure in Kommunen und Regionen können nicht mit einem zentralen Plan vorgeben, wohin die Entwicklung der Städte und Räume geht. Aber sie vermögen wesentlich zur Entwicklung von Stadt und Land beizutragen. Sie planen, steuern, entwickeln als Akteure unter anderen, aber mit besonderen Aufgaben und einer Rolle, in der sich hoheitliche, koordinierende und kooperierende Funktionen mischen. Ihre Rolle und die Instrumente, die ihnen zu deren Wahrnehmung zur Verfügung stehen wird an anderer Stelle (->Lehrbaustein»Stadtplanung-was ist das?«und»instrumente«) ausführlicher dargestellt. (11) Im Baugesetzbuch ist nicht von Akteuren etc. sondern von (öffentlichen und privaten)»belangen«die Rede (vgl. 1). Das eine hängt aber direkt mit dem anderen zusammen: Wer die in einem Planungsfall relevanten Akteure identifiziert, kann ermitteln, was für sie»von Belang«ist: bei privaten Akteuren etwa deren Ziele und Interessen, bei öffentlichen z.b. die in den jeweils verfahrensbestimmenden Gesetzen genannten wesentlichen Gesichtspunkte (im BauGB z.b. der Katalog in 1 Abs. 5 und 6 etwa»soziale und kulturelle Bedürfnisse«,»Orts- und Landschaftsbild«,»Naturschutz«etc.). Diese Aspekte sind auch dann zu berücksichtigen, wenn sie im konkreten Fall nicht durch eine der beteiligten Gruppen direkt vertreten werden. Für den weiteren Planungsprozess ist die»gerechte Abwägung«dieser Belange»gegenund untereinander«von Ausschlag gebender Bedeutung ( 1 Abs. 7 BauGB). Das heißt: In der Regel kann nicht allen Belangen gleichermaßen Rechnung getragen werden, da sie sich widersprechen, unter den gegeben Umständen nur bedingt realisierbar sind und so fort.... Es muss daher nachvollziehbar begründet werden, warum im konkreten Fall die einen Vorrang haben und andere zurück gestellt werden (müssen / können). Fragen zur Vorlesung Warum ist es für städtebauliche Planungsprozesse unerlässlich, Interessen verschiedener Akteure und öffentliche Belange zu ermitteln? Welche Interessen und Belange können bei einer typischen städtebaulichen Aufgabe von Bedeutung sein. Wählen Sie eine der beiden Planungsaufgaben aus und nennen Sie mehrere Interessen/Belange Wiedernutzung einer Bahnbrache Umgestaltung eines öffentlichen Platzes Welche Aspekte sind bei einer Akteurs-/Stakeholderanalyse zu untersuchen? Eine Bahnbrache zwischen Innenstadt und gründerzeitlichem Wohngebiet soll wiederbebaut werden. Nennen Sie mindestens vier Akteursgruppen (»Stakeholder«), die hier zu berücksichtigen sind. Erklären Sie kurz deren Bezüge zur Planungsaufgabe. Fingerübungen & Vertiefungen Die folgenden kleinen Übungen dienen vor allem dazu, sich mit dem Thema Stadtentwicklung vertraut zu machen und einzelne Fragen & Aspekte zu vertiefen. (1) Welche Projekte größerer Art wurden in den letzten Jahren in Ihrer Heimatstadt / einer Stadt Ihrer Wahl geplant und realisiert? Um was ging es da (Nutzungen, Bauformen und -strukturen)? Wer betrieb die Projekte? Was haben sie bewirkt oder verändert? (2) Versuchen Sie, Stadtteile zu identifizieren, die geplant erscheinen und solche, die eher ungeplant gewachsen zu sein scheinen. Woran machen Sie diese Beobachtungen fest? Wenn Sie mehr Zeit in diesen Ansatz investieren können: Recherchieren Sie die tatsächlichen planerischen Grundlagen für die jeweiligen Stadtausschnitte: was wurde wann von wem festgelegt und in welcher Weise orientiert sich die heutige Bebauung an diesen Vorgaben? Baustein Wer entwickelt die Städte? Selle 7 8
8 Literaturhinweise Links Zur Stakeholderanalyse: Stakeholder: PT_Publikationen Einen Überblick zur Diskussion über»stadtentwicklung als Gemeinschaftsaufgabe«bietet Klaus Selle (2010) Gemeinschaftswerk? Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger an der Stadtentwicklung. Begriffe, Entwicklungen, Wirklichkeiten, Folgerungen. Kurzgutachten für das Nationale Forum für Engagement und Partizipation. [Download unter -> Publikationen ->PT_Materialien] Falldarstellungen, bei denen Akteure dargestellt und deren Zusammenwirken beschrieben werden, finden sich in: _Klaus Selle (Hg.) (2000): Arbeits- und Organisationsformen für eine nachhaltige Entwicklung. Dortmund Bd. 2: Siedlungen bauen, Quartiere entwickeln. Beispiele Bd. 3: Freiräume entwickeln in Stadt und Region. Beispiele _Selle, Klaus (2000): Was? Wer? Wie? Warum?. Dortmund _Klemme, Marion; Selle, Klaus (2008): Alltag der Stadtplanung. Der kommunale Beitrag zur Entwicklung der Siedlungsflächen. Ein aufgaben- und akteursbezogener Forschungsansatz. Aachen Eine planungstheoretische Auseinandersetzung mit Akteuren und ihrer Rolle bei Planung und Steuerung finden Sie in Kapitel 3 des folgenden Buches: _Selle, Klaus (2005): Planen. Steuern. Entwickeln. Dortmund Diese Bücher können zu (für Studierende) vergünstigten Preisen im Sekretariat des Lehrstuhls PT erworben werden. Bearbeitung_Stand ks_10/11 Baustein Wer entwickelt die Städte? Selle 8 8
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