wts journal # Sonderbeilage
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- Christoph Bernd Kerner
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1 August 2014 wts journal # Sonderbeilage Mandanteninformation Steuerliche Behandlung von Verlusten Änderungsnotwendigkeiten im nationalen und grenzüberschreitenden Bereich Gert Müller-Gatermann, Ministerialdirigent a.d., Rechtsanwalt und Steuerberater, WTS Of Counsel 1. Einführung Die steuerliche Verlustverrechnung in Deutschland ist erheblich eingeschränkt und hat in den letzten Jahren sowohl zum Untergang von Verlusten als auch zur Anhäufung von Verlustvorträgen von mehreren hundert Milliarden Euro geführt. Seit Jahren wird daher in der Politik und von Fachleuten über eine Neukonzeption des Regelwerks diskutiert. Dabei geht es um die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Beschränkungen, deren volkswirtschaftliche Sinnhaftigkeit und Systemkonformität. Aus Sicht der Europäischen Union (EU) hat sich aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gleichzeitig die Frage ergeben, ob und inwieweit ausländische Verluste im Inland verrechnet werden können. Auch hierzu wird Handlungsbedarf des deutschen Gesetzgebers diskutiert. Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder hat sich mit dem Fragenkomplex schon in 2011 intensiv beschäftigt und der Politik Vorschläge unterbreitet. Änderungen hat es aber trotz der Ankündigung im Koalitionsvertrag zur letzten Legislaturperiode bislang nicht gegeben. 2. Aktuelle Gesetzeslage Bei den deutschen Verlustverrechnungsbeschränkungen geht es in erster Linie um Regelungen, die mit Rücksicht auf den Haushalt eingeführt worden sind. Hierbei handelt es sich um die Mindestgewinnbesteuerung beim Verlustvortrag, den begrenzten Verlustrücktrag, die Verrechnungsbeschränkungen bei der Anteilsübertragung nach 8c KStG und bei Verschmelzungen, Spaltungen sowie Teilübertragungen nach 12 Abs. 3 UmwStG. Verrechnungsbeschränkungen, die aus steuersystematischer Sicht eingeführt worden sind, wie für Schedulen-Verluste z. B. bei der Abgeltungssteuer oder gegen Verlustzuweisungsmodelle bei Personengesellschaften, sollen bei dieser Darstellung außer Betracht bleiben. Bei der Verrechnung von Auslandsverlusten handelt es sich um den Abzug von Verlusten ausländischer Betriebsstätten (Stammhauskonzern) und ausländischer Tochtergesellschaften (gegliederter Konzern) im Inland, die im Ausland nicht mehr berücksichtigt werden können. a) Nationale Verluste Nach 10d Abs. 2 Satz 1 EStG sind nicht ausgeglichene negative Einkünfte in den folgenden Veranlagungszeiträumen bis
2 TAX LEGAL CONSULTING Steuerliche Behandlung von Verlusten zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Mio. (bei zusammen veranlagten Ehegatten: 2 Mio.) unbeschränkt, darüber hinaus bis zu 60 % des 1 bzw. 2 Mio. über steigenden Gesamtbetrags der Einkünfte abzuziehen (zeitlich unbegrenzter Verlustvortrag mit Mindestgewinnbesteuerung). Nach 8 Abs. 1 KStG und 10a GewStG gilt die Beschränkung auch bei der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer. Das heißt, bei Überschreiten der genannten Schwelle ( 1 bzw. 2 Mio.) muss ein Teil des Gewinns eines Wirtschaftsjahres in jedem Fall versteuert werden, selbst wenn aus den Vorjahren noch Verlustvorträge vorhanden sind, die den Gewinn des laufenden Jahres voll ausgleichen könnten. Die Regelung dient der Haushaltssicherung und zielt auf eine zeitliche Streckung der Verlustverrechnung. Im Einzelfall kann aus der zeitlichen Streckung auch ein (späterer) Untergang von Verlusten resultieren, ohne dass diese jemals steuerlich berücksichtigt worden sind. Nach 10d Abs. 1 EStG sind negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, bis zu einem Betrag von 1 Mio. (bei zusammen veranlagten Ehegatten: 2 Mio.) vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums abzuziehen (Verlustrücktrag). Die Regelung gilt für die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer; bei der Gewerbesteuer ist ein Verlustrücktrag nicht zugelassen ( 10a GewStG). Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist ganz oder teilweise von der Anwendung des Verlustrücktrags abzusehen. Der Verlustrücktrag stellt eine Liquiditätshilfe dar, auf die vor allem kleine und mittlere Unternehmen angewiesen sind. Wegen der Komplizierung im früheren körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahren wurde der Rücktrag von ursprünglich zwei Jahren auf ein Jahr begrenzt. 8c KStG regelt den Verlustabzug bei Körperschaften für den Fall eines Beteiligungserwerbs. Danach sind grundsätzlich nicht genutzte Verluste einer Körperschaft endgültig nicht mehr abziehbar, wenn innerhalb von 5 Jahren mehr als 50 % der Anteile an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Personen übertragen werden. Werden innerhalb dieser Zeit mehr als 25 bis 50 % der Anteile erworben, sind nicht genutzte Verluste der Körperschaft quotal vom Abzug ausgeschlossen. Durch bestimmte Ausnahmeregelungen wurde die Vorschrift nach ihrer Einführung durch die Unternehmenssteuerreform 2008 in der letzten Legislaturperiode abgemildert: So findet die Vorschrift in bestimmten Konzerngestaltungen keine Anwendung (Konzernklausel). Ferner bleibt der Verlustabzug erhalten, soweit die nicht genutzten Verluste die stillen Reserven des Betriebsvermögens der Körperschaft nicht übersteigen (Stille-Reserven-Klausel). Schließlich hat die Vorschrift eine Sanierungsklausel erhalten, die aufgrund einer Entscheidung der Europäischen Kommission, die hierin eine rechtswidrige Beihilferegelung sieht, derzeit jedoch nicht angewandt wird. Nach 10a GewStG ist 8c KStG auf die gewerbesteuerlichen Fehlbeträge entsprechend anzuwenden. Mit dem Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) wurde in 2006 der bis dahin mögliche Übergang von Verlusten auf den übernehmenden Rechtsträger ( 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG a. F.) ersatzlos gestrichen. Die Maßnahme betrifft sowohl die Verschmelzung als auch die Auf- und Abspaltung sowie die Teilübertragung von Körperschaften auf Körperschaften und sollte den Import von Verlusten bei Hineinverschmelzungen nach Deutschland unterbinden, musste aus europarechtlicher Sicht aber auch für inländische Sachverhalte gelten. Durch den Ansatz der übergehenden Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert kann zwar ein Übertragungsgewinn zur Nutzung der Verlustvorträge erzielt werden; dabei ist jedoch die Beschränkung aus der Mindestgewinnbesteuerung zu beachten, so dass ein Teil der Verlustvor träge endgültig ungenutzt untergeht. b) Grenzüberschreitende Verluste Die Rechtsprechung des EuGH geht hinsichtlich der Verrechenbarkeit der Verluste von ausländischen Tochtergesellschaften auf der Basis eines Gruppenbesteuerungssystems (Rs. Marks & Spencer, C-446/03) und von ausländischen Betriebsstätten (z. B. Rs. Lidl Belgium, C-414/06) mit positiven Einkünften 2 wts journal # 3 Sonderbeilage
3 inländischer Muttergesellschaften bzw. Stammhäuser im Grundsatz auf der Basis der europäischen Grundfreiheiten von folgender Rechtslage aus: Die Versagung der Verlustverrechnung und damit die mögliche Beschränkung der Grundfreiheiten können zulässig sein, wenn sie durch zwingende Gründe des allgemeinen Interesses gerechtfertigt sind; hierfür kommen die Wahrung einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten, die Vermeidung der Gefahr einer doppelten Verlustberücksichtigung sowie die Verhinderung der Steuerumgehung in Betracht. Das führt dazu, dass einem Mitgliedstaat auf der Basis der Freistellungsmethode mit dem Besteuerungsrecht zugleich die Zuständigkeit für die Verrechnung eines Verlustes zugewiesen werden kann (Symmetriethese). Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung hält es der EuGH jedoch für geboten, solche Verluste im Inland zum Abzug zuzulassen, die im Quellenstaat unter keinen Umständen steuerlich mehr verwertet werden können (sog. finale Verluste). Der Bundesfinanzhof (BFH) hat auf der Basis der EuGH-Rechtsprechung zur Finalität Stellung genommen und diese für gegeben erachtet, wenn eine Betriebsstätte aufgegeben (Urteil vom ; AZ: I R 107/09) oder veräußert (Urteil vom ; AZ: I R 48/11) worden ist. Ein wider Erwarten eintretender Wegfall der Finalität z. B. durch Wiedereröffnung der Betriebsstätte, würde als rückwirkendes Ereignis verfahrensrechtlich die spätere Korrektur ermöglichen. Gleichzeitig hat der BFH entschieden, dass der (ausnahmsweise) Abzug nicht im Veranlagungszeitraum des Entstehens der Verluste, sondern in dem Veranlagungszeitraum vorzunehmen sei, in dem die Verluste final geworden sind. Die Finanzverwaltung sieht die Notwendigkeit der Berücksichtigung ausländischer finaler Verluste nicht (BMF-Schreiben vom ) und tritt beim EuGH für diese Auffassung ein. Auch die Generalanwälte Kokott und Mengozzi beim EuGH sehen die Mitgliedstaaten im Rahmen der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen dazu berechtigt, bei Freistellung von Auslandsgewinnen nicht nur vorläufige, sondern auch endgültige Auslandsverluste im Inland für unerheblich zu erklären. Der EuGH hat jedoch in seinen jüngsten Entscheidungen (Rs. A Oy, C-123/11 und Rs. K, C-322/11) an der Auffangzuständigkeit des Wohnsitzstaats zur Verrechnung von finalen Auslandsverlusten festgehalten. Gleichzeitig hat er in diesen Entscheidungen noch zu zwei weiteren Fragen Stellung genommen: Zum einen müssen die Auslandsverluste in einer Schattenrechnung nach Maßgabe des inländischen Steuerrechts für ausländische Betriebsstätten und Tochtergesellschaften umgerechnet werden, um den Auslands- und Inlandsfall gleich zu behandeln. Zum anderen hat der EuGH festgestellt, dass finale Auslandsverluste dann im Inland nicht zu berücksichtigen seien, wenn das ausländische Steuerrecht generell keine Verrechnungsmöglichkeit mit positiven Einkünften zulässt. Einem Mitgliedstaat könne nicht zugemutet werden, die Nachteile auszugleichen, die sich aus dem Steuerrecht des anderen Mitgliedstaats ergeben. Nach alledem ist die Rechtslage bei den finalen Verlusten zumindest für die Betriebsstätten-Fälle aus deutscher Sicht offen. Deutschland versucht, seine Auffassung in einem weiteren EuGH-Fall (Rs. Nordea Bank Danmark A/S, C-48/13) erneut durchzusetzen. Die Tatsache, dass der Untergang von Verlusten nicht immer ausgeschlossen werden kann, wie nach deutschem Steuerrecht z. B. im Erbfall, und die nur schwer nachvollziehbare Differenzierung des EuGH zwischen finalen Verlusten aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen, könnte die deutsche Finanzverwaltung hoffen lassen. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob der zur Verhandlung anstehende Fall geeignet ist, der Argumentation jetzt zum Erfolg zu verhelfen. In Fällen des gegliederten Konzerns (Mutter-/Tochtergesellschaften) ergibt sich aus der Entscheidung in der Rs. Marks & Spencer zumindest nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung keine wts journal # 3 Sonderbeilage 3
4 Notwendigkeit weiterer Änderungen im deutschen Steuerrecht. Im Unterschied zur Gruppenbesteuerung in Großbritannien (engl. group relief) hat der deutsche Gesetzgeber den doppelten Inlandsbezug für Organgesellschaften in 14 KStG auf Wunsch der EU-Kommission aufgegeben. Danach ist nach deutschem Recht zumindest die Organschaft mit einer doppelt ansässigen Tochtergesellschaft (inländische Geschäftsleitung und ausländischer Sitz) grundsätzlich möglich. Lediglich der nach deutschem Recht für die (steuerliche) Organschaft notwendige Gewinnabführungsvertrag bereitet zwischen Vertretern zweier Mitgliedstaaten erhebliche Schwierigkeiten. Diese Einschränkungen führen jedoch nicht automatisch zu einer EU-Rechtswidrigkeit, wie die Entscheidung des EuGH in der Rs. Cartesio (C 210/06) deutlich macht. 3. Änderungsvorschläge Gesetzesänderungen sind aus unterschiedlichen Gründen angezeigt. Bei den angesprochenen Verlustverrechnungsbeschränkungen, die aus haushaltspolitischen Gründen seit etwa 10 Jahren zunehmend eingeführt worden sind, ergibt sich der Handlungsbedarf aufgrund der Steuersystematik, der Verfassung oder der Beachtung marktwirtschaftlicher Grundsätze. Bei den grenzüberschreitenden Verlusten geht es demgegenüber in erster Linie um die Europarechtskonformität des deutschen Steuerrechts und um Rechtssicherheit. a) Nationale Verluste Aus steuersystematischer Sicht ist es ein Gebot der sachgerechten Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, Verluste ebenso in vollem Umfang zum Abzug zuzulassen, wie positive Einkünfte auf der anderen Seite voll der Besteuerung unterworfen werden. Verfassungsrechtlich zwingt das Gebot der Folgerichtigkeit entsprechend zur vollen Berücksichtigung der Verluste. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) lässt zwar eine Streckung des Verlustabzugs zu, der endgültige Untergang des Verlusts sei demgegenüber regelmäßig verfassungswidrig. Auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit ist zu beachten, d. h. z. B. bei der Bekämpfung von Missbräuchen darf der Gesetzgeber mit seiner Maßnahme nicht über das Ziel hinausschießen. Der seit Jahrzehnten beobachtete Missbrauch bei den Bewirtungskosten hat deshalb auch nicht zum vollständigen Abzugsverbot geführt. Volkswirtschaftlich kann die Beschränkung der Berücksichtigung von Verlusten im Steuerrecht von erheblichem Nachteil sein, da insoweit die Standortbedigungen im Wettbewerb gegenüber anderen Ländern verschlechtert werden. Ein Industriestandort wie Deutschland ist davon in besonderem Maße betroffen, da risikoträchtige Investitionen gemieden oder im Ausland getätigt werden, wenn Verluste steuerlich nicht uneingeschränkt geltend gemacht werden können. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat lediglich eine schrittweise Abschaffung der Mindestgewinnbesteuerung, verbunden mit einer zeitlichen Begrenzung (Kappung) des Verlustvortrags, empfohlen und dies auch nur unter der Voraussetzung, dass die im Vertrag der letzten Koalition vorgegebene Aufkommensneutralität im Rahmen einer Gesamtabwägung in den Hintergrund treten sollte. Der Vorschlag der Bund-Länder-Arbeitsgruppe für eine Neuausrichtung des Regelwerks zur steuerlichen Verlustverrechnung orientiert sich zu sehr an Haushaltsüberlegungen. Diese können alleine steuerlich belastende Maßnahmen nicht rechtfertigen; vielmehr müssen diese verfassungsrechtlich in den o. g. Rahmen eingepasst werden, und auch das Zusammenspiel der Regelungen darf bei dieser Prüfung in seiner Wirkung nicht außer Betracht bleiben. Danach erscheint die schrittweise Abschaffung der Mindestgewinnbesteuerung über einen Zeitraum z. B. vom 8 Jahren (= Reduzierung des nicht verrechenbaren Anteils von 40 % in 5%-Schritten) erwägenswert, auch wenn andere Länder (z. B. Frankreich) ebenfalls eine Mindestgewinnbesteuerung eingeführt haben. Eine solche Verbesserung würde zu Investitionen anreizen und sich mittelfristig selbst finanzieren. Eine Übergangsregelung i. S. eines Phasing Out der Mindestgewinnbesteuerung, d. h. deren Beschränkung auf Altverluste, wäre fiskalisch wohl ebenso vertretbar, würde durch das lange Nebeneinander der beiden Regelungen wts journal # 3 Sonderbeilage 4
5 TAX LEGAL CONSULTING Steuerliche Behandlung von Verlusten jedoch zu einer unzumutbaren Komplizierung führen. Bei einer Flankierung der schrittweisen Abschaffung der Mindestgewinnbesteuerung mit der zeitlichen Kappung der Verlustvorträge müssen die Vor- und Nachteile sorgfältig gegeneinander abgewogen werden: die positive fiskalische Wirkung dieser Maßnahme würde erst nach der Übergangszeit von z. B. ebenfalls 8 Jahren, eintreten, d. h. nachdem die derzeitigen Verlustvorträge abgeschnitten werden. Sicher würden in dieser Zeit sogar zur Rettung von Verlustvorträgen stille Reserven gehoben, die ansonsten später der Besteuerung unterworfen worden wären. Soweit Verlustvorträge nach der Übergangszeit endgültig untergingen, bestünde zumindest ein verfassungsrechtliches Risiko. Vorteilhaft an der Kappungsregelung wäre sicher demgegenüber die Rückführung des enormen Verlustvortrags und damit der Unsicherheiten für den Haushalt, die erst zu dem komplexen Geflecht von Verlustverrechnungsbeschränkungen geführt haben. Der einjährige Verlustrücktrag sollte als Liquiditätshilfe vor allem für die kleinen und mittleren Unternehmen beibehalten werden. Eine Ausdehnung auf die früher geltenden 2 Jahre erscheint nicht geboten, auch wenn die damit verbundene Komplizierung nicht im gleichen Maße wieder entstehen würde, wie sie unter der Herrschaft des damals geltenden Anrechnungssystems bei der Körperschaftsteuer bestanden hat. Hinsichtlich der Abzugsbeschränkungen für Körperschaften nach 8c KStG nach Anteilsübertragungen ist eine Rückkehr zur gezielten Missbrauchsbekämpfung entsprechend der früheren Mantelkaufregelung des 8 Abs. 4 KStG angezeigt. Der geltende 8c KStG hat Missbräuche zum Anlass für das Abschneiden von Verlustvorträgen genommen und dabei das gebotene Maß zur Missbrauchsbekämpfung überschritten (Verhältnismäßigkeit!), so dass auch Fälle ohne Gestaltungshintergrund erfasst werden. Die Stille-Reserven-Klausel, die indizieren soll, dass die Anteile nicht nur wegen des Verlustvortrags, sondern wegen der Unternehmenssubstanz erworben worden sind, vermag den Charakter als gezielte Maßnahme zur Missbrauchsbekämpfung nicht wieder herzustellen, wie dies bei der Regelung zum Mantelkauf der Fall war. Diese Regelung des 8 Abs. 4 KStG, die den Fortbestand des Verlustvortrags vom Erhalt der über das Beteiligungsverhältnis und den Umfang des Betriebsvermögens definierten wirtschaftlichen Identität der Körperschaft abhängig machte, bedürfte lediglich insoweit einer Fortschreibung, als aus Vereinfachungsgründen für die Überprüfungszeiträume auf kürzere Zeitabschnitte zurückgegangen werden müsste. Auch die aktuelle Regelung des 12 Abs. 3 UmwStG für Umwandlungen ist unverhältnismäßig, wenn man bedenkt, dass die befürchteten Auslandsverluste zunächst in der ausländischen Betriebsstätte verrechnet werden müssen, durch die Maßnahme gleichzeitig aber ein erhebliches Hindernis für nationale und grenzüberschreitende Umwandlungen geschaffen worden ist, die aus volkswirtschaftlicher Sicht steuerlich gerade gefördert werden sollten. Die Wiedereinführung des gestrichenen Verlustübergangs scheint daher geboten. b) Grenzüberschreitende Verluste Wie bereits dargestellt, wird aus deutscher Sicht versucht, die Rechtsprechung des EuGH dahin zu beeinflussen, dass ausländische Verluste nach der Symmetriethese vollständig, d. h. auch finale Verluste, im Inland nicht berücksichtigt werden müssen. Sollte dies jedoch nicht gelingen, müsste der Gesetzgeber die finalen Verluste definieren, um so Rechtsklarheit und Rechtssicherheit wieder herzustellen. Eine solche Maßnahme würde auch den Weg frei machen, um bei der steuerlichen Organschaft mit dem Verzicht auf den Gewinnabführungsvertrag die Angleichung an international übliche Gruppenbesteuerungsstandards vorantreiben zu können, ohne entsprechend der Entscheidung in der Rs. Marks & Spencer den übermäßigen Abzug ausländischer Verluste im Inland befürchten zu müssen was mit einer engen Definition der finalen Verluste gelingen kann und so auch von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe empfohlen worden ist. wts journal # 3 Sonderbeilage 5
6 Impressum Herausgeber WTS Group AG Steuerberatungsgesellschaft Thomas-Wimmer-Ring München Tel. +49 (89) Fax +49 (89) wtsjournal@wts.de Redaktion Dr. Martin Bartelt Standorte Düsseldorf Erlangen Frankfurt Hamburg Köln München Raubling Typografie, Layout hartmann brand consulting, München Druck LOGOPRINT, München Diese WTS-Information stellt keine Beratung dar und verfolgt ausschließlich den Zweck, ausgewählte Themen allgemein darzustellen. Die hierin enthaltenen Ausführungen und Darstellungen erheben daher weder einen Anspruch auf Vollständigkeit noch sind sie geeignet, eine Beratung im Einzelfall zu ersetzen. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Gewähr übernommen. Im Falle von Fragen zu den hierin aufgegriffenen oder anderen fachlichen Themen wenden Sie sich bitte an Ihren WTS-Ansprechpartner oder an einen der genannten Kontakte.
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