Digitale Vernetzung erfordert widerstandsfähige Systeme
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- Thilo Brinkerhoff
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1 L INFO AKTUELLES ZUR WIRTSCHAFTLICHEN LANDESVERSORGUNG / WINTER 2013/14 Digitale Vernetzung erfordert widerstandsfähige Systeme Schweizerische Eidgenossenschaft Confédération suisse Confederazione Svizzera Confederaziun svizra Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung BWL
2 WL-Konferenz Digitale Vernetzung erfordert widerstandsfähige Systeme Rund 200 Kaderleute der wirtschaftlichen Landesversorgung (WL) trafen sich am 18. Oktober in Bern zur WL-Konferenz Im Zentrum der Veranstaltung stand die Bedeutung widerstandsfähiger Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und die damit verbundenen Herausforderungen. in ihrer Eröffnungsrede fest. «Wenn unsere PCs und Laptops aufgrund eines Virus oder Softwarefehlers ausfallen, ärgern wir uns über verlorene Arbeitszeit oder verlorene Daten. Doch wie würden wir uns erst ärgern, wenn beispielsweise das Stromnetz durch eine grössere IKT-Störung lahmgelegt würde?», fragte die Delegierte. Krisen kaum vorhersehbar Bundesrat Johann Schneider-Ammann führte in seinem Referat aus, dass Krisenereignisse heutzutage kaum mehr voraussehbar seien. Die gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen Volkswirtschaften nähmen laufend zu und die Bundesrat Johann Schneider-Ammann mit der Delegierten Gisèle Girgis-Musy und dem Stv. Direktor des BWL, Fred Flessenkämper. Die digitale Vernetzung unserer Wirtschaft geht längst über die Telekommunikation hinaus: IKT sind nicht mehr wegzudenken, sei es im Stromnetz (Netzleitsysteme) oder in der Logistik (Verkehrsmanagement, Zugleitsysteme). Dies führt dazu, dass sich Ausfälle zentraler IKT-Komponenten auf die Sicherheit und Verfügbarkeit der Versorgungssysteme auswirken und alles lahmlegen können. Der Departementsvorsteher unterstrich die Wichtigkeit einer widerstandsfähigen Wirtschaft. Vernetzung führt zu Abhängigkeiten Die fortschreitende Vernetzung von Infrastrukturen wie Strom- und Transportnetzen oder Logistiksystemen führe zu immer grösseren Abhängigkeiten, hielt die Delegierte für wirtschaftliche Landesversorgung, Gisèle Girgis-Musy, 2 WL INFO WINTER 2013/14
3 Produktion mancher lebenswichtiger Güter verschiebe sich in andere Weltregionen, was zu Versorgungsengpässen führen könne. Die Schweiz sei deshalb zwingend auf offene Importkorridore, aber auch auf eine leistungsfähige Logistikinfrastruktur sowie auf eine sichere Stromversorgung angewiesen, legte Schneider-Ammann dar. Global vernetzte Märkte würden zudem wenig Handlungsspielraum für die Bewältigung von Lieferausfällen oder Versorgungsengpässen lassen: «Wenn heute Telekom-, Logistik- oder Energienetze ausfallen, steht die Wirtschaft still.» Dann könnten auch die für den Krisenfall bereitgestellten Pflichtlagerbestände nicht mehr an ihren Bestimmungsort befördert werden, um Versorgungslücken zu schliessen: «Kurz, die wirtschaftliche Landesversorgung wäre nicht mehr in der Lage, ihren Auftrag zu erfüllen», so Schneider-Ammann. Wenn heute Telekom-, Logistikoder Energienetze ausfallen, steht die Wirtschaft still. Bundesrat Schneider-Ammann legte den Grundgedanken der Gesetzesrevision anschaulich dar: «Nach heutigem Recht kann die WL erst dann eingreifen, wenn eine schwere Mangellage bereits eingetreten ist.» Das wäre, als ob mit einem Löscheinsatz gewartet werden müsste, bis das Haus in Flammen stehe. Die WL könne mit dem revidierten Gesetz bereits aktiv werden, sobald sich eine Versorgungskrise anbahne. «Oder anders gesagt: Mit der Installation von Brandmeldern und Feuerlöschern wird für den Ernstfall vorgesorgt. Ein Schwelbrand kann gelöscht werden, bevor das Haus lichterloh brennt», so Schneider-Ammann. Drei Argumente für die Gesetzesrevision Infrastrukturen sind verwundbar Das Funktionieren von Logistik und Energieversorgung hänge zunehmend von IKT ab. Dadurch seien die für die Versorgung der Schweiz unabdingbaren Infrastrukturen zunehmend verwundbar geworden. So trügen IKT zwar substanziell zur Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit bei, würden aber auch neue Risiken für die Versorgung der Schweiz bergen. Schneider-Ammann folgerte: «Diesen Risiken müssen wir angemessen begegnen». Wie sieht der angemessene Umgang mit diesen Risiken aus? Die heutige Situation erfordere eine konsequente Stärkung der Widerstandsfähigkeit (Resilienz) unserer Versorgungssysteme: «Durch gezielte Vorsorge kann die Wahrscheinlichkeit einer Krise vermindert, deren Verlauf beeinflusst und das Schadensausmass eingedämmt werden», so Schneider-Ammann. Gesetzesgrundlage modernisieren Eine widerstandsfähige Wirtschaft sei nur mit einer zeitgemässen Krisenvorsorge möglich. Ein zentraler Bestandteil dieser Vorsorge sei die Revision des Landesversorgungsgesetzes (LVG). Dieses diene zur Modernisierung und Dynamisierung der Krisenmassnahmen und schaffe Möglichkeiten, die Resilienz der Versorgungssysteme zu erhöhen (siehe dazu nebenstehenden Textkasten). 1. Modernisierung: Ziel der Revision ist eine Modernisierung der rechtlichen Grundlagen. Das Landesversorgungsgesetz aus dem Jahr 1982 legt den Fokus auf Bedrohungen aus der Zeit des Kalten Krieges. Es unterscheidet zwischen zwei Ursachen einer Versorgungsstörung: kriegerische Bedrohungen sowie schwere Mangellagen. Diese Unterscheidung ist obsolet geworden: die WL konzentriert sich nicht auf die Ursachen, sondern auf die Auswirkungen eines Krisenereignisses. Die Massnahmen der WL wie beispielsweise die Freigabe von Pflichtlagerbeständen entfalten ihre Wirkung unabhängig von den Ursachen eines Versorgungsengpasses. 2. Dynamisierung: Der Faktor Zeit ist entscheidend bei der Krisenbewältigung. In einer globalisierten Wirtschaft sind zum Zeitpunkt der höchsten Intensität einer Versorgungskrise schon grosse Schäden entstanden. Störungen können in global vernetzten Versorgungssystemen rasch zu nicht mehr kontrollierbaren Kettenreaktionen mit gravierenden Konsequenzen für Wirtschaft und Gesellschaft führen. Mit der neuen Gesetzesgrundlage kann die WL bereits aktiv werden, sobald sich eine schwerwiegende Versorgungsstörung anbahnt. Zudem wird eine flexiblere Krisenbewältigung gewährleistet. 3. Resilienz: In einer vernetzten Welt können wir Schadensereignisse, die zu einer Versorgungskrise führen, kaum voraussehen. Wir können uns aber trotzdem auf die Auswirkungen dieser Ereignisse vorbereiten. Resiliente Systeme sind in der Lage, Störungen zu widerstehen und ihre Funktionsfähigkeit zu erhalten, respektive wiederzuerlangen. Indem wir die Widerstandsfähigkeit von kritischen Infrastrukturen stärken, erhöhen wir die Resilienz unserer Versorgungssysteme. Die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Staat ist dabei zentral. Das Subsidiaritätsprinzip garantiert, dass durch das Einbinden der Wirtschaft praxisnahe Lösungen gefunden werden können. Mit dem revidierten Gesetz soll es möglich sein, Branchenverbände oder wichtige Infrastrukturbetreiber wie Stromversorger, Telekom- oder Transportunternehmen verbindlich in die Krisenvorsorge der WL einzubeziehen. WL INFO WINTER 2013/14 3
4 WL-Konferenz Alles ist mit allem vernetzt Peter Grütter, Präsident des Schweizerischen Verbands der Telekommunikation (asut) führte in seinem Gastreferat aus, welche Auswirkungen die Durchdringung unserer Gesellschaft durch IKT haben wird. Die Zukunft würde geprägt von Innovationen wie Cloud-Computing oder Machine-to-Machine-Kommunikation: «Menschen, Maschinen und Daten verschmelzen zu einem intelligenten System». Schon seit dem Jahr 2007 seien mehr Gegenstände mit dem Internet verbunden, als es Menschen auf der Erde gibt, führte der asut-präsident aus. Andreas Kaelin von ICTswitzerland betonte die Bedeutung der IKT für die Schweiz. IKT-Branche zunehmend wichtig Gastreferent Andreas Kaelin, Geschäftsführer der Dachorganisation ICTswitzerland, betonte die Bedeutung der IKT-Branche für die Versorgung der Schweiz. Kaelin strich heraus, dass sie den fünftgrössten Wirtschaftszweig bezüglich Wertschöpfung darstellt. Der Fachkräftemangel habe aber nachteilige Folgen für die Wirtschaft. Es sollen Menschen, Maschinen und Daten verschmelzen zu einem «intelligenten System». deshalb vermehrt IKT-Spezialisten ausgebildet und ein offener Arbeitsmarkt angestrebt werden. Das Internet-induzierte Bruttoinlandprodukt sei in der Schweiz mit 5.6 % verhältnismässig hoch, was die Wichtigkeit der IKT für die Wirtschaft unterstreiche. Unser Land liege diesbezüglich deutlich vor den grossen Nachbarländern Deutschland (3.2 %), Frankreich (3.2 %) oder Italien (2.0 %). «Die IKT sind unabdingbar, um die künftigen Herausforderungen in der Industrie, im Dienstleistungssektor und der Umwelttechnologie zu meistern», hob Kaelin hervor. Resilienz und Schwarmintelligenz Um den neuen Herausforderungen begegnen zu können, sei Resilienz zentral. Für asut sei die Stärkung der Widerstandsfähigkeit von IKT-Infrastrukturen denn auch ein Schwerpunkt. Grütter sprach in seinem Referat von Resilienz als «Verbundsystem». In diesem System solle die Zusammenarbeit zwischen Akteuren in Wirtschaft und Verwaltung gefördert werden. Vorbild seien Vogelschwärme, in welchen Resilienz vorgelebt werde: Peter Grütter erklärte anschaulich, wie asut die Resilienz der IKT-Branche stärken will. 4 WL INFO WINTER 2013/14
5 «Stare sammeln sich spätabends zum Tanz, um sich für die kalte Nacht aufzuwärmen. Sie schlagen Raubvögel in die Flucht, indem sie zusammenspannen. Dadurch können sie überleben. Einer auf sich gestellt könnte das nie», veranschaulichte Grütter den Kerngedanken eines resilienten Systems. Dabei gebe es kein «Oben und Unten», sondern nur ein Hinarbeiten auf ein gemeinsames Ziel Resilienz. Jeder tue auf seiner Ebene, was er kann und was nötig ist, um die Widerstandsfähigkeit des Gesamtsystems zu stärken. Ein wichtiger Punkt dabei sei Flexibilität: Resilienz finde man nicht in rigiden Systemen. Es gibt kein «Oben und Unten», sondern nur ein gemeinsames Ziel Resilienz. Zusammenarbeit zwischen asut und WL Um die Resilienz des Verbundsystems zu erhöhen, sei der Branchenverband asut auf der einen Seite auf eine Kooperation mit anderen Sektoren und auf der anderen Seite auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Bund angewiesen, meinte Peter Grütter. In Zusammenarbeit mit der WL werde asut die IKT-Branche nach Schwachstellen durchleuchten (siehe dazu den Artikel «Neue Strategie soll Resilienz der IKT stärken», Seite 6). Diese gemeinsamen Analysen seien Bedingung, um die Widerstandsfähigkeit der Branche zu erhöhen; nur wenn Expertise genutzt und gebündelt würde, könne die Resilienz der Versorgungssysteme gestärkt werden. n Blackout Morgen ist es zu spät Stromausfall in ganz Europa: Was passiert, wenn für Millionen von Menschen auf unbestimmte Zeit kein Strom mehr aus der Steckdose fliesst? Gastreferent und Buchautor Marc Elsberg «Blackout Morgen ist es zu spät» führte den Konferenzteilnehmern drastisch vor Augen, was ein längerer Totalausfall unserer Stromversorgung bedeuten würde. Cyber-Attacken gegen das Stromnetz, aber auch scheinbar geringfügige Pannen könnten im eng verflochtenen europäischen Verbundnetz Kettenreaktionen auslösen mit schwerwiegenden Folgen für die Bevölkerung. Blindtext hier hat es Platz für eine Legende Buchautor Marc Elsberg: «Mehr denn je hängt alles mit allem zusammen». Nichts geht mehr Von einem Totalausfall betroffen wären nicht nur die Lebensmittelherstellung, die Versorgung mit Medikamenten, Logistiksysteme oder die industrielle Produktion letztlich würde alles zum Erliegen kommen. «Seit Jahren fasziniert mich die zunehmende Vernetzung in unserer globalisierten Wirtschaft also die Tatsache, dass mehr denn je alles mit allem zusammenhängt», so Elsberg. Der österreichische Journalist und Autor begann sich für wirtschaftliche Zusammenhänge zu interessieren, als er erfuhr, wie die Produktion einer elektrischen Zahnbürste abläuft: «Selbst für so ein kleines und vergleichsweise einfaches Gerät stammen die verschiedenen Bestandteile aus mehreren Kontinenten. Wie so vieles heute wird sie im Just-in-time-Verfahren montiert und ausgeliefert.» Elsberg fragte sich: «Was passiert, wenn ein Glied dieser Herstellungskette ausfällt? Oder gleich mehrere?» Stromversorgung als Achillesferse Die Stromversorgung sei die Achillesferse einer modernen Gesellschaft. Eine global vernetzte Wirtschaft bedinge das reibungslose Ablaufen von stromabhängigen Prozessen und Systemen: «Trotz meines Interesses für die Materie war mir anfänglich das Ausmass der Vernetzung und gegenseitigen Abhängigkeiten nicht bewusst. Unsere Gesellschaft ist komplett abhängig davon, dass all diese Systeme, die im Hintergrund längst völlig automatisiert ablaufen, reibungslos funktionieren.» WL INFO WINTER 2013/14 5
6 Resilienz Neue Strategie soll Resilienz der IKT stärken Ob Internet, Zug- oder Netzleitsysteme: Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sind unverzichtbar geworden. Die «Strategie IKT» soll dazu beitragen, die Resilienz der Branche sowie der kritischen IKT-Ressourcen zu erhöhen. IKT sind für die meisten Unternehmen unabdingbar geworden. Sie durchdringen alle Branchen, was sich positiv auf die Produktivität und Effizienz der Wirtschaft auswirkt. Neue Chancen bedeuten aber auch neue Risiken. IKT ermöglichen zwar eine enge Vernetzung und eine hohe Geschwindigkeit des Datenaustauschs, gleichzeitig entstehen aber neue Verwundbarkeiten. Cyber-Risiken und kritische Infrastrukturen Der Bundesrat hat im Juni 2012 zwei Strategien gutgeheissen, um den neuen Gefährdungen zu begegnen: die Nationale Strategie zum Schutz kritischer Infrastrukturen (SKI) und die Nationale Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyber-Risiken (NCS). Zur Konkretisierung der NCS wurden dem BWL umfassende Aufgaben bezüglich Risiko- und Verwundbarkeitsanalysen sowie Krisenmanagement zugewiesen. Das BWL übernimmt dabei eine wichtige Funktion: zwischen 2014 und 2017 sind Analysen in 13 Wirtschaftssektoren geplant. Branchen wie die Stromversorgung, Telekommunikation oder die Erdölversorgung sollen nach Cyber-Risiken und Verwundbarkeiten durchleuchtet werden. In digitalen Netzwerken können sich scheinbar unbedeutende Schadensereignisse kaskadenartig ausbreiten und schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen. Resilienz der IKT-Branche erhöhen Sollte die Telekommunikation grossflächig ausfallen, wäre die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft gefährdet. Die «Strategie IKT» fokussiert deshalb in einem ersten Schritt auf die Widerstandsfähigkeit der Telekom- und IT-Branche. Um die Resilienz dieser Branche zu erhöhen, arbeitet die WL eng mit den betreffenden Unternehmen zusammen. Der Schweizerische Verband der Telekommunikation (asut) ist mit zwei Spezialisten in ein Projekt der WL involviert, das darauf abzielt, Schwachstellen innerhalb des Sektors zu ermitteln. Sind zentrale Ausfallpunkte einmal identifiziert, können die betroffenen Infrastrukturen und Systeme gestärkt und Verwundbarkeiten ausgeräumt werden. Zudem bindet die WL versorgungsrelevante Unternehmen wie Swisscom, Orange und Sunrise in ein gemeinsames Krisenmanagement ein. Kritische IKT-Ressourcen sicherstellen Unternehmen aller Wirtschaftszweige sind heute unmittelbar auf IKT-Systeme angewiesen. Die Strategie konzentriert sich deshalb in einem zweiten Schritt auf die Sicherstellung der IKT als Vorleistung für Branchen ausserhalb der Telekom und IT. Systeme, die auf IKT basieren, sind zunehmend verwundbar gegenüber neuen Gefährdungen wie Cyber-Attacken. So ist beispielsweise die Stromversorgung von Netzleitsystemen abhängig, welche die Verteilung der Elektrizität steuern. Solche kritischen IKT-Ressourcen müssen zwingend sichergestellt werden. Mit der «Strategie IKT» begegnet die WL diesen neuen Gefährdungen für unsere Versorgung (mehr zu diesem Thema im nebenstehenden Textkasten). n 6 WL INFO WINTER 2013/14
7 In Kürze Besuch aus Finnland und den Vereinigten Arabischen Emiraten Im Herbst 2013 empfing das BWL zwei ausländische Delegationen. Während für die Vertreter der finnischen National Emergency Supply Agency (NESA) der generelle Erfahrungsaustausch im Vordergrund stand, interessierte sich die Delegation aus den Vereinigten Arabischen Emiraten für die Sicherstellung der hiesigen Nahrungsmittelversorgung. Erfahrungsaustausch mit NESA Im September bekam das BWL einen zweitägigen Besuch aus Finnland. Die finnische Organisation zur Versorgungssicherung basiert auf ähnlichen strategischen Grundsätzen. Insbesondere beim Kontinuitätsmanagement sind vergleichbare Arbeiten im Gang. Unterschiede bestehen primär bei den rechtlichen Grundlagen und dem grösseren finanziellen Spielraum der NESA. Interesse an Nahrungsmittelversorgung Mitte Oktober empfing das BWL zudem eine Delegation aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Der Wirtschaftsminister Sultan Bin Saeed Al Mansouri war daran interessiert, wie in der Schweiz die Nahrungsmittelversorgung sichergestellt und welche Güter in welchen Mengen vorrätig gehalten werden. Die enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Staat bei der Vorratshaltung sowie die Qualitätssicherung und Finanzierung der Pflichtlager stiessen bei der Delegation aus den Vereinigten Arabischen Emiraten auf besonderes Interesse. Für das BWL stellten die Besuche eine willkommene Gelegenheit dar, um die Arbeit der wirtschaftlichen Landesversorgung international zu vergleichen respektive die schweizerischen Besonderheiten zu erläutern. n Der Austausch zwischen dem BWL und der NESA betraf insbesondere die Risikoeinschätzung, Lagerhaltung und Bewirtschaftungsmassnahmen. Fragen zur Ernährungssicherung sowie Lösungsansätze für die Sicherstellung von Transport- und IKT-Dienstleistungen wurden vertieft diskutiert. Der Erfahrungsaustausch mit der NESA soll auch in Zukunft gepflegt werden. Revision des LVG findet Unterstützung Der Bundesrat hat am 29. November 2013 vom Ergebnis der Vernehmlassung zur Revision des Landesversorgungsgesetzes (LVG) Kenntnis genommen. Die Hauptstossrichtungen und Ziele der Revision werden mehrheitlich befürwortet: Mit der Modernisierung des bestehenden Gesetzes will der Bundesrat die Widerstandsfähigkeit der Versorgungsinfrastrukturen erhöhen sowie rascher, gezielter und flexibler auf drohende oder bereits eingetretene schwere Mangellagen reagieren können. Gleichzeitig werden die bewährten Prinzipien und Instrumente der Landesversorgung beibehalten. Einige Aspekte müssen noch vertieft abgeklärt werden. Der Bundesrat hat das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) beauftragt, eine entsprechende Botschaft zu erarbeiten. Neuer Chef des Bereichs Transporte Andreas Jeppesen, in seiner beruflichen Funktion Leiter Engineering & Solution Design bei DHL Supply Chain Schweiz und Mitglied der Geschäftsleitung, wird neuer Chef des Bereichs Transporte der WL. Er tritt am 1. Januar 2014 die Nachfolge von Hannes Schmitt an, der Anfang 2013 im Amt verstorben ist. Andreas Jeppesen Der vierzigjährige Jeppesen ist dipl. Bau-Ing. ETH schloss er mit einer Diplomarbeit zum Thema «Outsourcing of Logistics Services to Third Party Logistics Providers» das Executive MBA Nachdiplomstudium an der Universität von Maryland (USA) ab. Als Vertreter des Verbands GS1 unterstützte er den Bereich Transporte der WL bereits 2012 zwecks Aufbau eines operativen Kontinuitäts- und Krisenmanagements. Wir freuen uns, dass Herr Jeppesen sein grosses Fachwissen der WL zur Verfügung stellt und wünschen ihm alles Gute und viel Erfolg in seiner neuen Aufgabe. n WL INFO WINTER 2013/14 7
8 Kommentar Rundschau Gisèle Girgis-Musy Auf Kurs In der Nachkriegszeit waren Versorgungsrisiken überschaubar und meist einschätzbar. Beispielsweise im Transportwesen: Importgüter kamen damals fast ausschliesslich über die Strasse, Schiene oder per Schiff in die Schweiz. So führte die Suez-Krise 1956 zwar zu einer Verknappung von Erdölprodukten einschliesslich Kerosin, doch die Auswirkungen blieben klein, nicht zuletzt weil Flugreisen damals ein Luxus waren. Im 21. Jahrhundert aber können scheinbar unbedeutende Ereignisse ein grosses Schadensausmass annehmen. So führte im Jahr 2010 ein Vulkanausbruch in Island zur teilweisen Sperrung des europäischen Luftraums; unzählige Geschäftsleute mussten tagelang in überfüllten Flughäfen ausharren, dringend benötigte Güter konnten nicht geliefert werden, was zu Produktionsausfällen führte. Sogar lebenswichtige Spenderorgane für Transplantationen gelangten nicht in die Spitäler. In einer globalisierten Wirtschaft sind zum Zeitpunkt der höchsten Intensität einer Krise schon grosse Schäden entstanden. Heutigen Risiken können wir nur mit einer zeitgemässen Krisenvorsorge begegnen. Das heisst, die Resilienz unserer Versorgungssysteme muss gestärkt werden. Denn nur resiliente Systeme sind in der Lage, Störungen zu widerstehen und ihre Funktionsfähigkeit zu erhalten, respektive wiederzuerlangen. Damit wir die Wirtschaft bei der Stärkung der Resilienz noch gezielter unterstützen können, muss das Landesversorgungsgesetz revidiert werden. Wir sind auf Kurs: die Stellungnahmen zur Revision wurden ausgewertet und in einem Bericht zusammengestellt. Die Notwendigkeit einer Modernisierung des Gesetzes wird grundsätzlich anerkannt, unsere Zielsetzungen werden befürwortet. Damit haben wir einen wichtigen Meilenstein erreicht. Nun wurden wir vom Bundesrat beauftragt, für das Parlament eine Botschaft auszuarbeiten. Dabei gilt es, den verschiedenen Anliegen gerecht zu werden. Wir werden auch diese vor uns liegenden Etappen meistern davon bin ich überzeugt. Containerterminal Basel-Nord wird realisiert Der Grossterminal Basel-Nord soll gebaut und wie geplant trimodal ausgestaltet werden, d. h. mit Umschlag zwischen Schiene, Strasse und Rheinschifffahrt. Die Transport- und Logistikbranche einigte sich darauf, dass die Realisierung dieser Umschlagplattform Vorrang vor dem Containerterminal «Gateway Limmattal» hat, welcher nun etappenweise in Angriff genommen werden soll. Fachleute aus Wirtschaft und Verwaltung erwarten bei Im- und Export von Containern Wachstumsraten von einem bis zwei Prozent über dem Wirtschaftswachstum. Neuer nationaler Pandemieplan Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat zusammen mit den Kantonen den nationalen Influenza-Pandemieplan vereinfacht, gekürzt und optimiert. Der neue Plan sieht vor, dass Pandemie-Massnahmen flexibler und der jeweiligen Lage entsprechend umgesetzt werden können. Er soll dazu beitragen, dass im Pandemiefall schnell und angemessen reagiert werden kann. Der Plan regelt die medizinische Versorgung und Lagerhaltung von Heilmitteln (Antibiotika, antivirale Medikamente, Schutzmasken, Desinfektionsmittel sowie Untersuchungshandschuhe). Angst vor globaler Erwärmung gross Laut einer weltweiten Umfrage des Rückversicherers Swiss Re sind die Ängste vor dem Klimawandel und vor Wirtschaftskrisen gross. 84 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die globale Erwärmung künftig für mehr Naturkatastrophen verantwortlich sein wird. In der Schweiz werden die Folgen des Klimawandels (43 Prozent) und das Altern der Bevölkerung (42 Prozent) als sehr grosse Risiken eingeschätzt. Boom der Kernkraft trotz Fukushima ungebrochen Gemäss der deutschen Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffen werden erneuerbare Energiequellen global noch jahrzehntelang ein Nischendasein fristen. Der weltweite Boom der Kernenergie sei trotz der Atomkatastrophe in Japan ungebrochen. Ende 2012 waren in 14 Ländern der Welt 68 Kernkraftwerke im Bau und 110 in der Planung oder Genehmigung. Gisèle Girgis-Musy Delegierte für wirtschaftliche Landesversorgung Impressum Herausgeber: Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung Belpstrasse 53, 3003 Bern, Telefon Fotos: Peter Leuenberger; fotolia n Drogenkartell verübt Anschlag auf Energienetz Ende Oktober brachten Angreifer die Stromversorgung in elf mexikanischen Städten zum Erliegen. Für Menschen im Westen des Landes fiel die Elektrizität über Stunden aus. Die mit Gewehren und Molotow- Cocktails bewaffnete Bande eines Drogenkartells attackierte die Infrastruktur von mehreren Kraftwerken und sechs Tankstellen.
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