Aufstellungsbeschluss für die Ausweisung eines Erhaltungsgebietes Weberwiese
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- Jens Kästner
- vor 6 Jahren
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1 Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Abt. für Planen, Bauen und Umwelt Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Drucksache Nr. Vorlage - zur Kenntnisnahme über den Aufstellungsbeschluss für die Ausweisung eines Erhaltungsgebietes Weberwiese gem. 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BauGB im Bezirk Friedrichshain- Kreuzberg Wir bitten, zur Kenntnis zu nehmen: Das Bezirksamt hat in seiner Sitzung vom beschlossen: 1. den Aufstellungsbeschluss für die Ausweisung eines Erhaltungsgebietes Weberwiese gem. 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BauGB im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg 2. Das Erhaltungsgebiet Weberwiese soll nördlich durch die Karl-Marx-Allee und südlich von der Rüdersdorfer Str., Wedekindstraße, Am Comeniusplatz, Grünberger Straße sowie östlich von der Lasdehner Straße und westlich von der Straße der Pariser Kommune begrenzt werden (siehe Karte) 3. Mit der Durchführung des Beschlusses wird die Abteilung Planen, Bauen und Umwelt beauftragt. A). Begründung: Die Begründung ist der Anlage 1 zu entnehmen. B). Rechtsgrundlage: 172 Abs. 2 i.v.m. 15 Abs. 1 Satz 1-3 BauGB 15, 36 (2) BezVG 30 AGBauGB
2 C.) Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung: a) Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben: ca im Jahr 2015 (Erstellung Sozialstudie) b) Personalwirtschaftliche Ausgaben: keine Berlin, den Herrmann Bezirksbürgermeisterin Panhoff Bezirksstadtrat Anlagen Begründung Karte
3 Anlage 1 Begründung 172 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 BauGB Geltungsbereich der geplanten Erhaltungsverordnung: Das Erhaltungsgebiet Weberwiese soll nördlich durch die Karl-Marx-Allee und südlich von der Rüdersdorfer Str., Wedekindstraße, Am Comeniusplatz, Grünberger Straße sowie östlich von der Lasdehner Straße und westlich von der Straße der Pariser Kommune begrenzt werden (Details siehe Karte) Ziel der Erhaltungsverordnung ist es, die Zusammensetzung der Bevölkerung in diesem Gebiet zu erhalten und die Verdrängung von gebietstypischen Bevölkerungsgruppen durch bauliche und städtebauliche Maßnahmen zu verhindern. Maßnahmen, die nach 172 BauGB und den dazu vom Bezirksamt für Erhaltungsgebiete beschlossenen Prüfkriterien nicht genehmigungsfähig sind, müssen möglichst ausgeschlossen werden, um dieses Ziel nicht zu gefährden. Die aktuelle Voruntersuchung des abgegrenzten Gebiets hat ergeben, dass es bereits jetzt begründete Anhaltspunkte für das Vorliegen von Voraussetzungen für den Erlass einer sozialen Erhaltungsverordnung gibt. Es besteht Grund zu der Annahme, dass eine nachfolgende detailliertere Untersuchung des Gebiets das Vorliegen der Voraussetzungen auch ergeben wird. Zum Aufwertungspotential: Neben bereits sanierten Gebäuden aus dem Bestand der WBM gibt es im Gebiet noch zahlreiche unsanierte Gebäude. Es ist davon auszugehen, dass ein einfacher Vollstandard in den Wohnbauten allgemein üblich ist, wohnwerterhöhende Zusatz- bzw. Sondermerkmale, die aus Aufwertungsmaßnahmen resultieren, sind jedoch nicht gebietstypisch. Daraus ergibt sich Modernisierungspotenzial über den allgemein üblichen und zeitgemäßen Standard hinaus. Die im Untersuchungsgebiet vorherrschenden Gebäudetypen, überwiegend Nachkriegsbauten, beinhalten jedoch erhebliches Aufwertungspotential zur energetischen Sanierung nach der EnEV Beabsichtigte Investitionsvorhaben in diesen Beständen werden die gesetzlich vorgeschriebenen und ggf. darüber hinausgehende energetische Modernisierungsmaßnahmen auch durchführen (müssen). Zum Aufwertungsdruck: Das Gebiet um die Weberwiese lag bisher eher abseits von Investoreninteressen. Schwerpunktbereiche von Erneuerungs- und Aufwertungsmaßnahmen in Friedrichshain waren vorrangig die ehemaligen Sanierungsgebiete, wie z.b. das benachbarte Samariterviertel und die Stadterneuerungsgebiete südlich der Frankfurter Allee. In diesen Gebieten gibt es kaum noch Baulücken, der größte Teil der Wohnungen wurde modernisiert und die Angebotsmieten sind erheblich gestiegen. Im oberen Preissegment sind die Angebotsmieten aktuell sogar etwas rückläufig. Der Markt ist in diesen Teilräumen des Bezirks weitgehend ausgereizt. Die weiterhin anhaltende Zuwanderung und Nachfrage nach Wohnraum in Verbindung mit dem knapper werdenden Wohnungsangebot führt dazu, dass nicht nur die soge-
4 nannten Szeneviertel in Friedrichshain von Aufwertungsmaßnahmen betroffen sind, sondern auch die angrenzenden Wohngebiete für Investoren interessanter geworden sind. Diese Tendenz zeigt sich auch darin, dass im Gebiet ein Immobilienunternehmen aktiv geworden ist, das in Berlin für seine Umwandlungstätigkeit mit sozial negativen Wirkungen besonders bekannt ist. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ist eines der wesentlichen Ursachen für Verdrängung und damit einhergehende Veränderungen in der Struktur der Bewohner. Umwandlungsaktivitäten mit nachweislich strukturverändernden Wirkungen können voraussichtlich in Kürze mit Hilfe einer Umwandlungsverordnung deutlich begrenzt werden, die demnächst in Berlin in Kraft treten soll. Diese kann jedoch nur in festgelegten sozialen Erhaltungsgebieten angewendet werden, um die Wirksamkeit des erhaltungsrechtlichen Instrumentariums zum Schutz der Zusammensetzung der Gebietsbevölkerung deutlich zu verbessern. Zur Verdrängungsgefahr: Im Gebiet in der vorgeschlagenen Abgrenzung wohnen derzeit knapp Einwohner. Die Einwohnerentwicklung ist seit 2010 von einem leichten Zuwachs geprägt. Dem Planungsraum Weberwiese, in dem das abgegrenzte Gebiet liegt, wird im Monitoring Soziale Stadtentwicklung eine insgesamt stabile Entwicklung bei mittlerem Sozialstatus bescheinigt. Indikatoren zur Erwerbslage, zu Abhängigkeiten von Transferleistungen, zur Fluktuation der GebietsbewohnerInnen und Zusammenhängen zur Mietbelastung und belastbarkeit liegen derzeit für den abgegrenzten westlichen Teil des Planungsraums Weberwiese noch nicht gebietsscharf vor. Aussagen zu diesen Indikatoren bleiben einer nachfolgenden Primärerhebung im Gebiet vorbehalten. Angesichts der Spezifik der Bevölkerungszusammensetzung im abgegrenzten Teilgebiet sind jedoch einige Unterschiede der sozialen Situation im Vergleich zum gesamten Planungsraum Weberwiese sehr wahrscheinlich, die auf eine höhere Verdrängungsgefahr für relevante Teile der Gebietsbewohnerschaft hinweisen. Der abgegrenzte Teilraum ist demografisch durch einen ausgesprochen hohen Anteil älterer Bewohner jenseits des Erwerbstätigenalters geprägt. Das sind über Personen im Rentenalter in diesem Gebiet. Mit einem Altersdurchschnitt von 42,0 Jahren ist es gegenüber dem Planungsraum Weberwiese mit 38,7 Jahren, dem Ortsteil mit 37,3 Jahren und dem Bezirk mit 37,5 Jahren eine deutlich ältere Region. Der Altenquotient 1 ist doppelt so hoch wie im Bezirk und Ortsteil und etwa 1 ½ mal so hoch wie im übergeordneten Planungsraum Weberwiese. Diese Bevölkerungsstruktur ist, im Unterschied zu jüngeren Bevölkerungsgruppen im Erwerbsalter, in besonders starkem Maße auf eine wohnortnahe Infrastruktur, auf soziale und medizinische Betreuungsleistungen angewiesen. Ihre Alltagsorganisation ist auf das Gebiet und Angebote in Wohnnähe konzentriert. Zudem sind diese BewohnerInnen in der Regel in ihren Wohngebieten langjährig verwurzelt und durch gewachsene informelle Beziehungen vorrangig in Nachbarschaften mit dem Gemeinwesen verbunden. Wenn sie ihre Wohnbedingungen und sozialen Beziehungsgefüge aufgeben müssten, wären sie besonders stark belastet. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Einkommensverhältnisse von Rentnerhaushalten i.d.r. ungünstiger sind als von jüngeren Erwerbshaushalten. Im Falle umfangreicher baulicher Maßnahmen ist für diese Bevölkerung angesichts des begrenzten Potenzials von für Rentnerhaushalte geeigneten und bezahlbaren Wohnungen eine wohnortnahe Wohnraumversorgung 1 Verhältnis der Anzahl von Personen, die nicht mehr im Erwerbstätigenalter sind (ab 65 Jahre) zur Anzahl von Personen im Erwerbstätigenalter (15 bis 64 Jahre) im Jahr 2013
5 zum Erhalt ihrer Beziehungsgefüge und für ihre Versorgungssicherheit kaum möglich. Daher ergibt sich insbesondere für diese Bevölkerungsgruppen ein erhöhter Präventions- und Interventionsbedarf gegen verdrängungsgefährdende bauliche Maßnahmen innerhalb des Planungsraums Weberwiese, räumlich abgrenzbar besonders für die westlich gelegenen Wohnblöcke. Gemäß 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Baugesetzbuch bestehen die rechtlichen Instrumentarien, die vorherrschende Bevölkerungsstruktur zu erhalten. Begründung 172 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 BauGB: Im zweiten Weltkrieg wurde die Wohnbebauung der heutigen Karl-Marx-Allee und der benachbarten Bereiche, insbesondere westlich des Frankfurter Tores bis hin zum Alexanderplatz, völlig zerstört. Der Wiederaufbau zwischen Strausberger Platz und Proskauer Straße erfolgte in den Jahren im Mauerwerksbau sowie vorwiegend in den 70er und 80er Jahren in Plattenbauweise (z.b. Straße der Pariser Kommune). Das zu untersuchende Gebiet wird in seiner städtebaulichen Eigenart vom Denkmalbereich (Ensemble) Karl-Marx-Allee geprägt, so z.b. in der Fredersdorfer Straße, der Graudenzer Straße, der Gubener Straße, Marchlewskistraße, Lasdehner Straße und der Wedekindstraße. Ein Großteil der Gebäude ist diesem Denkmalbereich zuzuordnen. Die städtebauliche Eigenart erfasst jedoch das gesamte Gebiet. Die Gebäude im zu untersuchenden Gebiet wurden vornehmlich in den Jahren von den Architektenkollektiven H. Riedel, R. Paulick und H. Henselmann errichtet und weisen Gestaltungselemente der denkmalgeschützten Bauten der Karl-Marx- Allee/Frankfurter Allee auf. Es sind Fassadendifferenzierungen und Gliederungselemente vorzufinden, die in Material und Zonierung zu erhalten bzw. wiederherzustellen sind, so z. B. bestehende Gesimsbänder sowie Tür- und Fenstereinfassungen aus Keramik. Das äußere Erscheinungsbild der Gebäude ist zu wahren, Tür und Fensteröffnungen sind in ihrer Größe beizubehalten. Die Gebäude sind zum Teil durch Natur- und Werksteinflächen geprägt, die es gilt zu erhalten. Bauliche Veränderungen an den Gebäude können diese städtebauliche Eigenart gefährden. Stadtbildprägend besonders hervorzuheben in dem zu untersuchenden Gebiet sind die sog. Laubenganghäuser an der Karl-Marx-Allee sowie das Hochhaus an der Weberwiese. Gegenüber den Gründerzeitquartieren ist dieses Gebiet durch lockere Block- und Zeilenbebauung vorwiegend aus den 50er und 70er Jahren geprägt sowie entsprechend großzügigen Freiflächen. Auch Nachverdichtungspotentiale können die städtebauliche Eigenart des Gebiets gefährden.
6 Fazit Mit dem Aufstellungsbeschluss für die Ausweisung eines Erhaltungsgebietes Weberwiese im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg sowie der anschließenden ortsüblichen Bekanntmachung im Amtsblatt für Berlin ist gemäß 172 Absatz 2 BauGB die Regelung des 15 Absatz 1 Satz 1-3 BauGB auf die Durchführung eines Vorhabens im Sinne des 172 Abs. 1 BauGB entsprechend anzuwenden. Danach können Anträge auf Änderung oder Nutzungsänderung baulicher Anlagen im Baugenehmigungsverfahren zur Sicherung der Erhaltungsziele für einen Zeitraum von bis zu 12 Monaten befristet zurückgestellt werden. Handelt es sich nicht um eine Maßnahme, die eines Baugenehmigungsverfahrens bedarf, kann anstelle der Aussetzung/ Zurückstellung des Verfahrens eine vorläufige Untersagung innerhalb einer durch Landesrecht festgesetzten Frist erfolgen. Diese vorläufige Untersagung steht gem. 15 Satz 3 BauGB der Zurückstellung nach Satz 1 gleich. Der beabsichtigte Erlass der Erhaltungsverordnung wird gemäß 15, 36 (2) BezVG der Bezirksverordnetenversammlung zur Kenntnisnahme vorgelegt sowie gem. 30 AGBauGB der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt angezeigt.
7 Erhaltungsgebiet "Weberwiese"- vorläufiger Abgrenzungsvorschlag
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