ich glaube: wie es angeht, dass: ausgerechnet ich: hervorragend und namhaft: obgleich:

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1 Text 04 Hilfe: Ich glaube, Richter, ihr wundert euch, wie es angeht, dass ausgerechnet ich, da doch so viele hervorragende Redner und namhafte Leute hier sitzen, mich erhoben habe, obschon ich weder an Alter, noch an Können, noch an Einfluss mit denen, die sitzen, vergleichbar bin. ich glaube: oft eröffnet Cicero seine Reden, indem er die Ansichten und Emotionen der Anwesenden zusammenzufasst bzw. zu antizipiert. Entsprechend häufig finden wir zu Beginn ein AcI so auch hier. wie es angeht, dass: zunächst stellen wir fest, dass eine indirekte Frage vorliegt Signalwort: wie. Sie hängt vom wundern ab. Folgerichtig formulieren wir einen vom AcI abhängigen Fragesatz natürlich im Konjunktiv (RHH 232). Die Frage selbst zielt auf den Grund eines realen Sachverhaltes ab: wie geht es an, dass ich bzw. wie kommt es, dass ich. Wichtig ist, dass im dass ich ist nichts Hypothetisches, sondern eine Tatsache (d.h. ein Fakt) formuliert ist Cicero ist ja bereits aufgestanden und spricht nun. Diese Feststellung also führt zum (faktischen!) quod-satz (RHH 249). Wie aber fragt der Lateiner nach der Ursache eines quod-satzes? Ganz einfach: quid sit, quod respektive unde sit, quod. Etwas verkürzend und daher nur als Notlösung in Betracht zu ziehen wäre die Formulierung eines AcI: ihr wundert euch, dass ich aufgestanden bin (Anstelle einer Verwunderung über die Motive tritt dann die Verwunderung über die Tatsache an sich). Mit etwas Geschick kann auch ein gewöhnlicher Fragesatz formuliert werden cäsartypisch etwa mit Partizip: qua re commotus surrexi ausgerechnet ich: in der Bedeutung ausgerecht, gerade, vor allem, vornehmlich, hauptsächlich etc. steht bei Cicero, Plautus und Co. der Superlativ des Adverbs potis potissimum (Achtung unregelmäßig!). Er lagert sich vorzugsweise an Pronomina (hier ego dass Cicero sich selbst betont und die 1te Person Singular nicht etwa im Prädikat verschwinden lässt, liegt auf der Hand: Vgl. Script Text 03, Satz 3; ich) an, während praecipue (dt. vor allem, vorzugsweise) zumeist vor Verben steht. Die Grenzen zu imprimis (dt. besonders) und praesertim (dt. zumal, besonders) um nur einige der verwandten Ausdrücke zu nennen sind nicht im jedem Fall klar zu fassen; so lernt man am besten eine Reihe von Beispielsätzen und versucht sich in Analogiebildungen. Siehe auch NM 172. hervorragend und namhaft: Zeit für einen ausgiebigen Blick in die Synonymik: celeber, (prae)clarus, illustris, nobilis, praestans, excellens, egregius, emines, insignis, singularis, optimus, summus etc. natürlich spricht nichts dagegen, sie alle in den Superlativ zu setzen. obgleich: es handelt sich also um eine adversative Bemerkung mehrere Wege stehen der Übersetzung somit offen: konjunktivischer Relativsatz (RHH 242.3), cum mit Konjunktiv (RHH 254.3), oder aber Formulierungen mit quamquam, etiamsi etc. (RHH 263). Zuletzt bleibt noch die Möglichkeit einer (eher plumpen) asyndetischen Anfügung eines weiteren Hauptsatzgliedes sed. Vgl. Script Text 01, Satz 7; obgleich.

2 vergleichbar sein: die Übersetzung erfolgt entweder über Adjektive (par oder comparabilis beispielsweise) oder über Verben (comparare, adaequare etc.). Letztere können auch als Gerundiv auftreten: comparandus sum. Sie alle, die ihr hier in diesem Prozess anwesend seht, glauben, dass ein im Zuge eines unerhörten Verbrechens begangenes Unrecht abgewehrt werden muss. unerhörtes Verbrechen: bei genauer Betrachtung zeigt sich der deutsche Ausdruck doppeldeutig (Zum Hendiadyoin siehe Script Text 01, Satz 7; sehen sie. Neben den üblichen Vokabeln, die auf die Größe und Dimension des Verbrechens hinweisen (ingens, maximus, horrendus, excogitatus u.a.), sind auch solche passend, welche auf die Neuartigkeit anspielen (novus, inauditus etc.). Doch worum geht es in diesem Satz eigentlich? Im Grunde ist alles sehr doppelbödig und das nicht ohne Berechnung: Während die Anklage vor den Augen der Richter bereits ihre eigene Vorstellung darüber entwickelt hat, worin nun das zu verhandelnde Verbrechen (Im Raum steht der Vorwurf des Vatermords paricidium) bestehe, wird Cicero den Gedanken ins Gegenteil verkehren und seinerseits den Fakt, dass ein (vermeintlich) Unschuldiger angeklagt wird, als unerhörtes Verbrechen bezeichnen. In der Folge verändert sich auch die Auffassung dessen, was hier denn eigentlich Unrecht sei aus Sicht der Anklage ist es der Tod des Vaters, aus Sicht der Verteidigung hingegen die Anklage des Sohnes. Cicero also und hierin zeigt sich sein Talent als Redner gestaltet seine Verteidigungsrede als eine Anklage der Ankläger. Unrecht abwehren, Unrecht begehen: Siehe Script Text 02, Satz 2; Unrecht wird begangen sowie ebendort Satz 4; sich dem Unrecht widersetzen. In der Situation vor Gericht liegt auch ein einfaches defendere nahe. Es aber selbst abzuwenden, das trauen sie sich nicht aufgrund der ungünstigen Umstände. trauen: oft synonym verwendet aber doch nicht gleich: audere (dt. sich trauen, d.h. den Mut aufbringen, etwas zu unternehmen) und conari (dt. etwas wagen im Sinne von: Anstalten machen, etwas zu beginnen). ungünstige Umstände: insbesondere mit Blick auf die politischen Verhältnisse steht bei Cicero tempora (o tempora, o mores!) So also kommt es, dass sie anwesend sind, um ihrer Pflicht zu genügen, und doch schweigen, um sich keiner Gefahr auszusetzen. So kommt es also: neben den zahlreichen Möglichkeiten, den Satz mit einer passenden Einleitung zu versehen (inde, itaque, qua de causa usw.), kann auch die Formulierung aus dem ersten Satz (unde sit oder quid sit siehe dort) erneut aufgegriffen werden. Für Konstruktionen mit fieri, accidere, evenire etc. (letzteres hier eher ungeeignet) ist zu bedenken, dass ihnen ein Objektsatz (faktisches quod) folgt, sobald sie mit einem Adverb verbunden werden (RHH 249). Steht hingegen kein Adverb, so muss ein ut-satz angeschlossen werden (RHH 237). Es steht also ita fit, ut [Kj.] aber bene fit, quod [Ind.]

3 seiner Pflicht genügen: officium suum sequi Was also; bin ich etwa der kühnste all dieser Männer? was also: als rhetorische Minimalfrage verwendet Cicero zumeist ein einfaches quid bzw. quid ergo. all dieser: sowohl der partitive Genitiv, als auch die Konstruktion mit ex und dem Ablativ ist gebräuchlich. Keineswegs! Oder bin ich etwa pflichtbewusster als die übrigen? keineswegs: die einfache Verneinung erfolgt im Lateinischen mit einem (ita) non est. Bei entschiedener Ablehnung oder Zurückweisung hingegen steht minime. pflichtbewusst: officiosus Nicht einmal dieses Lob begehre ich so sehr, dass ich es den anderen entreißen möchte. nicht einmal: ne quidem die Wortstellung ist festgelegt; selbst bei KNG- Kongruenz erscheint stets nur ein einzelnes Wort zwischen den beiden Teilen (ne dis quidem immortalibus). Lediglich Präpositionen sind von dieser Regel ausgenommen: ne in iis quidem magistratibus. so sehr, dass: steht eine Korrelation (RHH 246) mit Bezug auf ein Verb, so erscheint zumeist ita, ut oder sic, ut (Bsp.: ita proelio abstinebat, ut constitutum erat). Mit Bezug auf ein Adjektiv oder Adverb hingegen steht vorzugsweise tam, quam (Bsp.: nihil est, quod tam miseros faciat, quam inpietas et scelus). Im vorliegenden Fall jedoch erfolgt kein Vergleich im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr eine Darstellung der Folge (Vgl. im Deutschen: so sehr, dass und so sehr, wie); es steht also konsekutiv ut mit dem Konjunktiv (Vgl. RHH 238 nota bene: tam fehlt in dieser Auflistung, ist aber durchaus üblich: Caesar pontem tam firmum fecit, ut frumentum sine periculo ad se portari posset). entreißen: typische Vokabeln wären u.a. rapere oder privare es ist jedoch zu bedenken, dass deren Konstruktionsweisen deutlich voneinander abweichen. Während bei rapere der geraubte Gegenstand in den Akkusativ tritt (arma manu rapere jemandem die Waffe aus der Hand nehmen), wobei der Bereich, aus dem etwas geraubt bzw. entrissen wird, im Ablativ erscheint (oft in Verbindung mit ex oder ab), steht der geraubte Gegenstand bei privare im Ablativ, wohingegen die beraubte Person in den Akkusativ gesetzt wird (amicum cibo privare dem Freund das Essen wegnehmen) siehe auch: RHH 143. Was also hat mich mehr als die anderen dazu bewogen, diesen Fall anzunehmen? mehr als die anderen: praeter alios. Ein echter Komparativ lässt sich natürlich ebenso formulieren etwa so: Qua re vehementius ad causam recipiendam adductus sum quam alii?

4 einen Fall annehmen: causam recipere bzw. causam suscipere. Nun: Wäre einer von denen, die ihr hier anwesend seht, einer von höchstem Rang also und Ansehen, aufgetreten und wäre er was doch in diesem Prozess unvermeidlich ist auf den Staat zu sprechen gekommen, so hätte man geglaubt, er habe mehr gesagt, als er gesagt hätte. nun: hier geht es im Grunde darum, ein passendes Überleitungswort zu finden. Das Lateinische zeigt sich diesbezüglich wesentlich flexibler als das Deutsche. Da in unserem Kontext ohnehin nach dem Grund gefragt wurde (Vgl. vorangehender Satz), kann insbesondere kausal angeschlossen werden: quia. wäre ( ) hätte: die ganze Periode steht im Irrealis der Gegenwart (RHH 259.3). Hierfür ist weniger entscheidend, was de facto möglich bzw. unmöglich ist, sondern vielmehr, was der Sprecher darstellen bzw. betonen möchte. In unserem Fall ist Cicero daran gelegen, den Gedanken, ein anderer könne die Verteidigung führen, als ganz und gar unmöglich erscheinen zu lassen. wäre ( ), so: auch wenn nicht jede irreale Formulierung (siehe oben) auf ein konditionales Gefüge (si-satz) führt, so ist dies doch meistens der Fall. Im Deutschen Satz kann dessen Signalwort (anders als im Lateinischen) jedoch variiert, verschleiert oder ausgelagert werden (Vgl. Wenn es regnet, (dann / so) wird die Erde nass. Falls es regnet, wird die Erde nass. Regnet es, so / dann wird die Erde nass Sollte es regnen, wird die Erde nass. etc.) jenseits der Frage ob Indefinitus, Potentialis oder Irrealis in der Übersetzung vorzuziehen sind, wird deutlich, dass si-sätze nicht notwendig ein deutsches wenn oder falls erfordern. Andererseits ist die Übersetzung eines so oder dann (etwa als ita oder tum) falsch, wenn diese Worte dazu dienen, die Apodosis einzuleiten (vielmehr entfällt die Übersetzung dann völlig). was doch: für den Übersetzer ist der Explikativsatz stets ein Grund zur Freude (abzuraten ist jedoch von allzu exzessivem Gebrauch: Script Text 01, Satz 1; es, dass), denn er öffnet den Weg zu Übersetzungen, die andernfalls klare Verstöße gegen die Regeln der Grammatik wären. So kann im Explikativsatz (losgelöst vom auslösenden Verb) wahlweise der AcI, ein quod-satz, oder ein ut-satz verwendet werden. Zu beachten ist lediglich, dass im übergeordneten Satz ein vorverweisendes Pronomen (meist id) auftaucht also: id, quod bzw. id [AcI] oder id, ut mit dem Konjunktiv. Zum Explikativsatz siehe NM unvermeidlich sein: auch wenn es Vokabeln gibt, die sich als 1:1 Übersetzung anzubieten scheinen (inevitabilis / ineffugabilis), ist die klassische Übersetzung dieses Gedankens jene mit necesse est (oportet und decet implizieren eher einen moralischen Zwang, der hier nicht vorliegt). er habe: keine Conjugatio Perephrastica (RHH 260); sie taucht nur auf, wenn der AcI eine irreale Periode enthält im vorliegenden Satz aber enthält die irreale Periode einen AcI: ein feiner aber bedeutsamer Unterschied also. Wie aber verhält es sich ganz prinzipiell mit den Nebensätzen in einem solchen Satzgefüge? Die Grammatiken schweigen hierzu in aller Regel. Zur groben Orientierung soll jedoch gelten, dass der

5 Relativsatz vergleichsweise frei ist (er kann also den Modus des übergeordneten Satzes übernehmen, muss dies aber nicht. Der Indikativ steht insbesondere dann, wenn Metaerklärungen oder allgemein bekannte Tatsachen angeführt werden). Alle übrigen Nebensatztypen tendieren verstärkt zu einer Übernahme des Modus (abstractio modi).