Nagelrochen (Raja clavata. Linné 1758)
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- Nicolas Dressler
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1 WWF Deutschland & TRAFFIC Europe-Germany Rebstöcker Straße Frankfurt a. M. Tel.: 0 69/ Durchwahl -180, Fax: 069/ Info@wwf.de Hintergrundinformation Februar 2010 Nagelrochen (Raja clavata. Linné 1758) Steckbrief Systematische Einordnung Nagelrochen (Raja batis) gehören als echte Rochen (Familie Rajidae) zur Ordnung der Rochen (Rajiformes) innerhalb der Überordnung Squalea, die wiederum zu den Knorpelfischen (Chondric h- tyes) gehören. Damit sind Nagelrochen relativ eng verwandt mit squaliformen Haien wie dem Dornhai. Kennzeichen der Squalidae ist das Fehlen der Afterflosse sowie eine Lebensweise nahe am beziehungsweise auf dem Meeresboden. Nagelrochen werden in Deutschland auch als Stachel-, Stein- oder Dornrochen verkauft, möglicherweise auch als Keulen-Stachel oder Keule n- rochen. Der biologisch korrekte und einzig zulässige Handelsname ist jedoch Nagelrochen. Seinen Namen bekam dieser Rochen wegen der zahlreichen charakteristischen Dornen auf der braunen, mit hellen und dunkeln Flecken gezeichneten Körperoberseite. Nagelrochen sind besonders gefährdet durch die Fischerei. Dabei gelten nur die flügelartigen, fettarmen Brustflossen als Delikatesse, die sich sehr gut zum Braten eignen. Der Schwanzrücken wird geräuchert und mariniert als Seeforelle auf dem Markt angeboten. Der Rest des Fisches wird weggeworfen. Merkmale Rochen (Rajiformes) sind der Oberbegriff für die Ordnung jener Knorpelfische, die sich durch einen stark abgeflachten, scheibenförmigen Körper auszeichnen. Die Rochen stellen etwa 300 rezente, in allen Meeren vorkommende Arten. Einige wenige Ausnahmen leben auch im Süßwasser beziehungsweise Brackwasser. Charakteristisch sind die flügelartigen Brustflossen und ein abgesetzter, schlanker Schwanz, der zuweilen einen Giftstachel sowie zu beiden Seiten schwache elektrische Organe aufweist. Das kleine Maul mit den stumpfen Zähnen sowie die Kiemenspalten und Nasenöffnungen sind immer auf der Körperunterseite, während Augen und die Spritzlöcher dahinter auf der Kopfoberseite liegen. Im Gegensatz zu Plattfischen drehen sich Rochen im Verlauf ihrer Entwicklung nicht, sondern liegen auf der Bauchseite. Die Körperform der Nagelrochen ist rhombisch. Mit ihrem langen Schwanz werden die Weibchen bis zu 120 Zentimeter groß, Männchen nur etwa 70 Zentimeter. Wie alle Knorpelfische haben Nagelrochen keine Schwimmblase und sinken daher ab, wenn sie nicht aktiv schwimmen. Sie bewohnen den Meeresgrund und vergraben sich dort oft im weichen oder sandigen Boden. Leichter Flossenschlag befördert dann auch die im und am Boden lebenden kleinen Fische, Krabben und Garnelen in ihre Reichweite, die sie vorwiegend während der Dämmerung und in der Nacht erbeuten und dann mit ihren kleinen Zähnen zerraspeln. Nagelrochen werden sieben bis zehn, maximal 15 Jahre alt, sind also relativ langlebig. Sie haben eine relativ geringe Wachstumsrate von vier bis acht Zentimetern pro Jahr, auch nachdem sie geschlechtsreif geworden sind. Männchen werden erst ab einem Durchmesser von 50 Zentime- Der WWF Deutschland ist eine der nationalen Organisationen des WWF World Wide Fund For Nature in Gland (Schweiz). TRAFFIC ist das gemeinsame Programm von WWF und IUCN zur Kontrolle des Handels mit wild lebenden Tier- und Pflanzenarten.
2 tern im Alter von sieben Jahren, Weibchen erst mit 65 bis 70 Zentimetern Durchmesser, entsprechend etwa neun Jahren, geschlechtsreif. Dies macht die Art zusammen mit einer sehr geringen jährlichen Reproduktionsrate von weniger als 50 Eiern pro Weibchen, die in nur wenigen bekannten küstennahen Flachwassern abgelegt werden sehr empfindlich gegenüber Fischfang in größerem Stil, insbesondere die ablaichenden Tiere. Eine Erholung der Bestände und Neubesiedlung früherer Verbreitungsgebiete würde mindestens 25 Jahre dauern. Fortpflanzung Nagelrochen gehören zu der nur auf der Nordhalbkugel verbreiteten Familie der so genannten Echten Rochen (Rajidae), welche ausnahmslos Eier ablegen im Gegensatz zu einigen lebend gebärenden Verwandten wie zum Beispiel den Stech- oder Stachelrochen (Dasyatidae) oder auch die als Sägerochen bezeichneten, bis zu zehn Meter großen Sägefische (Pristidae). Im Sommer, zur Laichzeit, ziehen die Weibchen in die flachen Küstengewässer. Die männlichen Tiere folgen ihnen etwas später. Rochen haben ein echtes Balzritual und am Ende erfolgt die Paarung Bauch an Bauch nahe der Wasseroberfläche. Dort erfolgt auch über einen längeren Zeitraum die Abla ge der von mehreren Männchen begatteten Eier. Ein Weibchen legt etwa 20, maximal 50 Eier ab. Es sind viereckige Kapseln, die mit Haltefäden an jeder Ecke und Belüftungsschlitzen für die Larvenversorgung versehen sind. Nach einer Entwicklungszeit von vier bis fünf Monaten schlüpfen die etwa zwölf Zentimeter langen Jungrochen. Die Jungtiere bleiben einige Zeit in den Küstengewässern. Ein bekanntes Aufwuchsgebiet für Nagelrochen und verwandte Arten ist die äußere Themsemündung und das Ästuar The Wash vor der englischen Ostküste. Früher war auch das Wattenmeer eine Kinderstube für Nagelrochen ideal mit seinen schlickigen bis sandigen Untergründen voller potenzieller Nahrung. Geographische Verbreitung und Lebensraum Nagelrochen kommen auf dem gesamten europäischen Schelf bis in die Barentssee, das Mittelmeer und Schwarze Meer vor außer in der zentralen und südlichen Ostsee. Weiter südlich erstreckt sich das Verbreitungsgebiet entlang der atlantischen Inseln und der Küste Westafrikas bis nach Namibia. Die Art lebt überwiegend in flachen Küstengewässern zwischen 10 und 60 Metern Tiefe, gelegentlich sogar bis in 300 Metern. In den kühlen nördlichen Gewässern treten sie in geringeren Tiefen auf als in den warmen südlichen Meeren. Ästuare und große, flache Buchten sind besonders wichtig als Laich- und Nahrungsgebiete. Bestandsentwicklung und Gefährdung Noch Anfang des 20. Jahrhunderts gehörten Nagelrochen zu den häufigsten Rochenarten der europäischen Meere. Sie waren auch im Wattenmeer so häufig, dass sie seit dem 16. Jahrhundert gezielt gefischt wurden. Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Fischerei eingestellt weil es kaum noch Nagelrochen gab. Heute sind Nagelrochen im Wattenmeer praktisch ausgestorben. Auch im gesamten Verbreitungsgebiet ist der Bestand an Nagelrochen zurückgegangen. Besonders deutlich in der Nordsee: Dort nimmt der Bestand nur noch etwa 44 Prozent des Verbreitungsgebietes ein, das er in den 1980er Jahren inne hatte. Nach jüngsten Erhebungen konzentriert sich die Population immer weiter auf die südwestliche Nordsee, schwerpunktmäßig im Bereich von The Wash, dem Themsemün- 2
3 dungsgebiet und beiderseits der Küsten im Englischen Kanal. Wie die anderen Rochenarten haben Nagelrochen durch ihre breite, abgeflachte Körperform und dem relativ langsamen Schwimmtempo keine Chance, einem Bodenschleppnetz zu entgehen. Je älter sie sind, desto eher werden sie gefangen beziehungsweise als Beifang mitgefangen. Längen- und Häufigkeitsanalysen zeigen, dass es in der südlichen Nordsee nahezu keine Nagelrochen größer als 80 Zentimeter mehr gibt. Das bedeutet: Es fehlen die geschlechtsreifen Weibchen. Dies könnte das Resultat einer gezielten Fischerei auf die Ansammlungen ablaichender Rochen sein. Aber nicht nur die Schleppnetzfischerei bedroht diese Art. Nagelrochen werden auch gezielt mit Langleinen oder Stellnetzen gefangen. Spätestens seit 2007 gilt daher der Nagelrochenbestand der Nordsee als durch Überfischung erschöpft. Die in den letzten Jahren beobachteten höheren Konzentrationen in der südwestlichen Nordsee gehen mit abnehmenden Häufigkeiten in anderen Gebieten einher. Ein großes Problem bei der Feststellung der Bestandsgröße ist, dass bislang Haie und Rochen nicht nach Arten sortiert angelandet werden mussten. Da auch nicht bekannt gemacht wird, wo genau gefischt wurde, ist völlig unklar, was wo dem Meer entnommen wurde. So gab es von 1999 bis 2008 auch nur eine für alle Hai- und Rochenarten zusammen festgelegte Höchstfangmenge in europäischen Gewässern, die zuletzt um 50 Prozent gesenkt werden musste. Inzwischen gibt es im gesamten europäischen Verbreitungsraum Fangquoten für Nagelrochen. Dabei ist allerdings nur in der Nordsee auch der Beifang mit eingerechnet. Hier galt für 2008 und 2009 jeweils eine maximale Fangmenge von Tonnen. Die Gesamtmenge an Haie und Rochen darf laut EU-Bestimmung maximal 25 Prozent des Gesamtfanges von Fischereifahrzeugen über 15 Metern Länge ausmachen (Fischereifahrzeuge unter 15 Meter Länge unterliegen nahezu keinen Auflagen). Dies soll verhindern, dass diese Fahrzeuge küstennah Laich- und andere Rochenansammlungen befischen. Diese EU- Bestimmung führt aber unter Umständen dazu, dass bei geringen Fängen anderer Fischarten große Mengen Haie und Rochen wieder über Bord gekippt werden. In einigen küstennahen Fischereizonen Englands gibt es auch Absprachen über eine minimale Anlandungsgröße zum Schutz von Jungfischen. Mindestens ebenso wichtig wäre aber eine maximale Anlandungsgröße zum Schutz der geschlechtsreifen Weibchen, dem Rückrat jeder Nagelrochen- Population. Rochen überleben wie viele urtümliche Fischarten durchaus den Fang und die anschließende Handhabung an Bord. Die Überlebensrate der wieder zurückgeworfenen Fische ist daher relativ hoch, wenn sie nicht allzu lange im Netz oder an Bord waren. Diese Tatsache könnte wie beim Stör für das konsequente Wiederfreilassen aller küstennah gefangenen Rochen genutzt werden. Doch eigentlich dürften gar keine Nagelrochen mehr gefischt oder angelandet werden. Würde die Fischerei jetzt beendet werden, würde es noch mindestens 25 Jahre dauern, bis eine Erholung der Nagelrochenbestände zu verzeichnen wäre. Daher sollten insbesondere die bekannten Laich- und Aufwuchsgebiete der Tiere unter Schutz gestellt werden. Doch immer noch ist der Wert der Rochenflügel auf dem Markt so hoch, dass die Fischerei nicht ganz eingestellt wird. Schutzprojekte und der WWF Der WWF setzt sich seit langem für den Schutz von Haien und Rochen in aller Welt ein. Dazu gehören Kampagnen gegen den Fang und Bei- 3
4 fang, für das Verbot des Shark finning (das Abschneiden und alleinige Anlanden von Haifischflossen für den asiatischen Feinschmeckermarkt) sowie der Einsatz für ein Fangverbot für Nagelrochen und andere Knorpelfischarten in der Nordsee. In Zusammenarbeit mit großen Lebensmittelketten ist es dem WWF gelungen, viele bedrohte Fischarten aus den Supermarktregalen zu verbannen und durch umweltverträglich gefangene Fischprodukte auf dem Markt zu ersetzen. Dies gelang vor allem auch in Zusammenarbeit mit dem Marine Stewardship Council (MSC), der internationalen Organisation, die Standards für ein Umweltsiegel für Fisch entwickelt hat. Das MSC-Gütezeichen auf dem Produkt signalisiert dem Verbraucher, dass es aus garantiert umweltverträglich bewirtschafteter Fischerei stammt. Zur Information über gute Alternativen zu Nagelrochen und anderen Haiprodukten empfiehlt der WWF seinen regelmäßig aktualisierten Einkaufsratgeber Fisch. Weitere Informationen WWF Fachbereich Artenschutz und TRAF- FIC, Tel: , -183, -212 Fax: oder Über eine Spende würden wir uns freuen! Bank für Sozialwirtschaft Konto: 2000 BLZ: Stichwort ARTENSCHUTZ Was können Sie tun? Kaufen Sie keinen Nagelrochen und auch keine anderen Produkte von Knorpelfischen wie Haien und Rochen! Sie sollten auch keinen Nagelrochen mehr im Restaurant auf der Speisekarte finden können. Falls doch, verzichten Sie bitte auf entsprechendes Essen. Als Hobbyangler sollten Sie auf keinen Fall Haie oder Rochen befischen. Falls Sie doch mal einen Glattrochen fangen: Geben Sie das Tier vorsichtig über Bord. 4
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Mantarochen. Ein Vortragsdossier des WWF Schweiz. WWF Schweiz. Hohlstrasse 110 Tel.: +41 (0) Zürich
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