Gottesdienst am : Predigt: Joh 6,30-35

Transkript

1 1 Gottesdienst am : Predigt: Joh 6,30-35 Gott, wenn es Dich gibt, dann gib mir ein Zeichen! Haben Sie so auch schon einmal gefragt oder gefleht? Wenn ja, dann befinden Sie sich in guter Gesellschaft mit Menschen, die Jesus sogar leibhaftig noch erlebt haben, ja die sogar ein großes Wunder von ihm erlebt haben: Jesus hatte gerade ein Tag zuvor 5000 Menschen mit nur 5 Gerstenbroten und 2 Fischen gesättigt. Dann entzog er sich der Menge für eine Nacht. Doch diejenigen, die viele Fragen haben bleiben an ihm dran und finden ihn am neuen Tag. Was tust du für ein Zeichen, damit wir sehen und glauben? so fragen sie und bitten nach weiteren Zeichen und Wundern. Eine Geschichte, wie sie sich immer wieder, beim Volk Israel auf seiner Wüstenwanderung und auch bei uns heute abspielt und abgespielt hat. Gerade erst waren wir Gott dankbar für seine Hilfe und Gegenwart und im nächsten Augenblick erlebe ich die Nacht auf irgendeine Art und Weise. Und alles was war scheint so fern und unwirklich und ich suche einen neuen Beweis, ein neues Zeichen, als wäre nichts gewesen. Was tust Du für ein Zeichen, damit wir sehen und glauben? Da antwortet Jesus den Fragenden mit einer Rede. Hören wir daraus einen kurzen Abschnitt: 30 Da sprachen sie zu ihm: Was tust du für ein Zeichen, damit wir sehen und dir glauben? Was für ein Werk tust du? 31 Unsre Väter haben in der Wüste das Manna gegessen, wie geschrieben steht (Psalm 78,24):»Er gab ihnen Brot vom Himmel zu essen.«32 Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. 33 Denn Gottes Brot ist das, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben. 34 Da sprachen sie zu ihm: Herr, gib uns allezeit solches Brot. 35 Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten. Jesus bietet den Menschen, die zu ihm gekommen sind, nicht das geforderte Produkt an, auch kein Spezialbrot, kein Geheimwissen, keinen Trick, mit dem man besser leben kann, keinen Tipp, auch keinen religiösen Hinweis zur vorteilhafteren Lebensgestaltung. Er nimmt den Fragenden die Illusion, etwas könne ihren Hunger nach Leben stillen; und so macht er ihr Fragen in seiner Antwort größer und weiter. Es geht um nichts weniger als die Frage:

2 2 Wovon leben wir Menschen, was kann den Hunger nach Leben stillen? Ich empfinde es in unserer Welt der vielen Konsumgüter und Werbung als eine besondere Versuchung dabei verkürzt zu denken oder zu fühlen und einseitig nach dem Leben zu fragen. Wie schnell kann ich Lebenssehnsucht hineinprojizieren in Lifestyle: welche Figur, welche Fitness, welche Anschauung, welche Ernährung soll ich wählen? Wunscherfüllung mit Lebenserfüllung zu verwechseln kommt dem bedrohlich nah. Und das Sättigungsgefühl, wenn es denn erreicht ist, kann mich sehr schal, sehr lähmend zurücklassen. Ich habe es immer wieder neu nötig, mich über diese verkürzte Sicht von Leben hinausführen zu lassen. Die Söhne Mannheims singen in ihrem Lied Dein Leben treffend: Es geht nicht nur um dein Leben, sondern ob es ein Leben ist! Jesus möchte uns Antwort und Orientierung geben auf unsere Fragen: Wovon Menschen leben. Und er nimmt dabei die Menschen die suchen und fragen mit auf einen Weg: Wer zu mir kommt, - den wird nicht hungern. Was ist es aber, was meinen Lebenshunger stillt und mir Kraft gibt? Vielleicht fragen Menschen gerade dann so, wenn sie spüren, wie ihnen die Kraft ausgeht, wie sie sich überfordert fühlen, wenn es anstrengend wird oder ganz leer um sie herum. Was gibt mir Kraft? Wovon kann ich jetzt leben? Eine Frage in großen Krisen, wenn Menschen der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Aber auch ein Fragen des Alltags; vielleicht morgens im Bett, ein Stoßseufzer, bevor die Decke weggeschoben werden muss: wie soll ich das heute alles schaffen? Wird meine Kraft reichen?... und im Blick auf zurückgelegte schwere Lebensstrecken, da wundern sich Menschen manchmal: woher habe ich nur die Kraft genommen? In einem sehr trostreichen Lied unsres neuen Gesangbuchs heißt es: Du bist die Kraft, die mir oft fehlt. Gemeint ist damit Jesus. Jesus bietet sich selber an. In einem einfachen aber großen Bildwort sagt er: Ich bin das Brot des Lebens, Speise, Kraft, Lebensmittel und zugleich Lebensmittler und Lebensmitte. Wovon Du lebst, das bin ich, sagt Jesus. Und ich biete Dir keinen Gegenstand, keine Konsumgüter, sondern mich

3 3 selbst an. Du bekommst keine Ersatzbefriedigung, weil ich keine Zeit für Dich hätte oder Du mir nicht gut genug wärst. Ich bin für Dich da. Ein eigentlich ganz einfaches und doch großes Wort: Ich bin für Dich da! Darin liegt ein ungeheures Angebot: Ich kann alle Erfahrungen meines Lebens mit Jesus teilen, bei ihm bergen. Menschen können ihre eigenen Geschichten von Stärkung und Ermutigung, die es ja auch gibt, darin wiederfinden. Z.B. in einem Gottesdienst oder bei einem Abendmahl, in der Güte und Fülle Gottes zu spüren und zu schmecken waren, auch wenn mir gerade noch klein und ängstlich ums Herz war. Oder: Ein Gespräch, von dem ich satt wurde, weil einer zugehört hat, gesehen hat, wahrgenommen hat, weil einer auf Wesentliches kam; und eine Unruhe in mir fand ihren Frieden. Ich bin das Brot des Lebens, sagt Jesus, wer zu mir kommt, den wird nicht hungern. Ein Wort, mit dem wir Erfahrungen machen können ein Leben lang. Es geht nicht aus, dieses Brot. Ein Wort, das Raum hat für uns, auch für Schwerverdauliches, für Leere und für Vergiftetes, weil Jesus sich selbst darin anbietet. Ein Wort, mit dem wir unterwegs sein können. Ein Wort, das uns auf unserem Lebensweg dabei nicht alleine gehen lässt, sondern uns in eine Gemeinschaft mit anderen stellt, die dieses Brot Jesus im Glauben annehmen. Viele konkrete Beispiele könnten hier jetzt angeführt werden, wie z.b. das Abendmahl, das Gebet, Orientierungshilfe durch das Wort Gottes, Hoffnung und Sinnstiftung im Leben usw. Ich möchte mich auf einen Aspekt konzentrieren: Das Brot des Lebens stiftet Gemeinschaft: Denn der, der sich hingibt, macht uns alle gleichermaßen zu Empfangenden. Ich bin das Brot des Lebens, sagt Jesus; und das heißt auch: Dieses Brot brauchen wir nicht selber zu backen, nicht zu kaufen, ja nicht einmal zu verdienen. Wir empfangen es. Ich erlebe immer wieder Menschen, die in der Krise stecken, weil für sie die Balance zwischen Empfangen und geben schwer ist. Was kann ich einfach nur annehmen oder zulassen, - wo muss ich Initiative ergreifen, tätig werden, kämpfen, gestalten? Mein Mann verkraftet das älter werden kaum!, sagt mir eine ältere Dame bei einem Geburtstagsbesuch. Früher war er immer für alle da und konnte alles selbst machen, und heute kann er fast nichts mehr und ist auf Hilfe angewiesen!

4 4 Das ist sehr schwer, wo wir doch alles in der Hand haben wollen, unabhängig, selbständig sein wollen. Aber Jesus erinnert uns hier ganz unmissverständlich: Ihr alle seid zuallererst Empfangende. Ihr habt das Leben empfangen und jeden Tag, den Gott euch schenkt empfangt ihr so viel mehr noch von Gott und er gibt es uns gerne. Wir dürfen die Hand Jesus hinhalten und aufhalten, dass er sie uns fülle jeden Tag neu mit Kraft, Hoffnung, Liebe. Ich finde das etwas ungeheuer Gemeinschaft stiftendes: Der, der sich für uns hingibt, macht uns alle zu Empfangenden, die wir ihn im Glauben annehmen. Das kann auch die Ängste voreinander entspannen. Und so können wir hinausgehen und auch austeilen, entscheiden, aktiv werden. Ein jeder eben mit den Gaben und Aufgaben, die er empfangen hat. Wir können immer nur das weitergeben, was wir empfangen haben. Dazu zum Schluss eine wunderbare Geschichte vom Brot der Hoffnung, die ich einmal gelesen nie mehr vergessen habe: Ein Professor der Medizin stirbt, und seine drei Söhne lösen seinen Haushalt auf. Die Mutter war schon lange vorher gestorben, und der Vater hatte mit einer langjährigen Haushälterin allein gelebt. Im Arbeitszimmer des Vaters fanden die Söhne neben vielen wertvollen Dingen in einem Schrank ein steinhartes, vertrocknetes, halbes Brot. Die Haushälterin wusste, was es damit auf sich hatte. In den ersten Jahren nach dem Krieg war der Professor todkrank. Da schickte ihm ein guter Freund ein halbes Brot, damit der Professor etwas zu essen hatte. Der aber dachte an die viel jüngere Tochter eines Nachbarn und ließ dem Mädchen das Brot schicken. Die Nachbarsfamilie aber mochte das wertvolle Brot nicht für sich behalten und gab es weiter an eine arme alte Witwe, die oben im Haus in einer kleinen Dachkammer hauste. Die alte Frau aber brachte das Brot ihrer Tochter, die mit zwei kleinen Kindern ein paar Häuser weiter wohnte und nichts zu essen hatte für die Kinder. Die Mutter dachte, als sie das Brot bekam, an den Medizinprofessor, der todkrank lag. Sie sagte sich, dass er ihrem Jungen das Leben gerettet und kein Geld dafür genommen hatte. Nun hatte sie eine gute Gelegenheit, es ihm zu danken, und ließ das Brot zum Professor bringen. Wir haben das Brot sofort wiedererkannt, sagte die Haushälterin, unter dem Brot klebte immer noch das kleine Papierstückchen. Als der Professor sein Brot wieder in der Hand hielt, sagte er: Solange noch Menschen unter uns leben, die so handeln, braucht uns um unsere Zukunft nicht

5 5 bange zu sein. Dies Brot hat viele satt gemacht, obwohl keiner davon gegessen hat. Dies Brot ist heilig. Es gehört Gott! So legte er es in den Schrank. Er wollte es immer wieder ansehen, wenn er mal nicht weiterwusste und die Hoffnung verlor. Es war das Brot der Hoffnung. Es geht nicht nur um dein Leben, sondern ob es ein Leben ist!, singen die Söhne Mannheims und verweisen dann im englisch gesungenen Refrain auf Jesus Christus. Dort heißt es: Wirst du ihn erkennen, wenn du vor Christus stehst? Er, der deine Hand hält, wirst du mit ihm gehen? Jesus der Auferstandene und Lebendige, der mit uns durchs Leben gehen will! Jesus der Mensch wie Brot, das uns nähren will in guten wie in schweren Zeiten, das aber auch geteilt werden und Gemeinschaft stiften will mit ihm, miteinander und mit Gott. Amen