Hochalpine Nistplätze der Mehlschwalbe Delichon urbicum im Großglocknergebiet

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1 Jahrgang Nr. 7/8: Hochalpine Nistplätze der Mehlschwalbe Delichon urbicum im Großglocknergebiet Stefan Bosch Dr. Stefan Bosch, Metterstr. 16, D Sternenfels; Mehrere Schwalbenarten nutzen im Gebirge auch Gebäude als Brutplätze (z.b. Bosch 2001). Mehlschwalben brüten im Alpenraum in Steilwänden auch oberhalb der Baumgrenze (Brendel 1998), im Hohen Atlas (Marokko) bis m und im Westhimalaya in bis m (Hund & Prinzinger 1985). Mitunter brüten Mehlschwalben auch an hoch gelegenen Gebäuden. Die Kaiser- Franz-Josefs-Höhe am Großglockner (2.369 m ü. NN, Kärnten/Österreich; Abb. 1) gilt für Mehlschwalben seit über 70 Jahren als einer der höchstgelegenen Brutplätze dieser Art in den Alpen (Peters 1944 zit. in Ausobsky 1961, Ausobsky 1961, Harms 1977, Bauer et al. 2005). Während Ausobsky (1961) 10 Nester unter dem Dachvorsprung des Kaiser-Franz-Josefs-Hauses beschreibt und Werner et al. (2004) bei Bestandserfassungen 1996 dort 7 Brutpaare am Gebäude (keines im Parkhaus) zählten, konnte auf der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe im August 2015 lediglich ein Nest mit zwei fast flüggen Jungvögeln festgestellt werden. Dieses befand sich im Erdgeschoss des Parkhauses am Europaplatz (2.365 m) in einer Mauernische, an der der glatte Wandputz abgebröckelt war und deshalb dem Lehmnest Halt bot (Abb. 2 und 3). Abb. 1: Lebensraum und Lage einer der höchst gelegenen Mehlschwalben-Nistplätze der Alpen im Großglocknergebiet, Blick von Westen auf die Franz-Josefs-Höhe mit Gebäudekomplex links unten. Habitat and location of one of the highest House Martin nest sites in the Alps in the Großglockner area, view from west to the Franz-Josefs-Höhe with nest site in the buildings bottom left. Alle Fotos: S. Bosch

2 Nr. 7/8 Abb. 2: Brüten im Massentourismus: Neststandort der Mehlschwalbe auf der Franz- Josefs-Höhe im Erdgeschoss des Parkhauses. Nesting and mass tourism: Location of the nest in the ground level of the multi-storey car park 2,365 m AMSL. Abb. 3: Zwei Jungvögel in einem der höchst gelegenen Mehlschwalbennester der Alpen, August Two chicks in one of the highest located nests of House Martins in the Alps in August Abb. 4: Nester an der Holzfassade des Pasterzenhauses. More nests were found on the wooden facade of the Pasterzenhaus 2,112 m AMSL. Not all of the more than 20 nests were occupied.

3 S. Bosch: Hochalpine Nistplätze der Mehlschwalbe Delichon urbicum im Großglocknergebiet 205 Abb. 5: Mittelstation Rossbach der Gondelbahn Heiligenblut-Schareck. The Rossbach cable car station near Heiligenblut (1,750 m) with several House Martin nests in the steel ceiling plates (16 nests on the uphill side, 21 on the downhill side). Abb. 6: Blick von unten in die Dachkonstruktion mit Mehlschwalbennestern an den Stahlträgern. Part of the colony located between steel girders and ceiling plates; view from below of the bowl-shaped nests. Deutlich bessere Nistmöglichkeiten boten sich am Pasterzenhaus auf m ü. NN (Abb. 4). An der Holzfassade des dreistöckigen Gebäudes fanden sich unter dem Dachvorsprung der Südseite 20, an der Nordseite 4 Nestbauten. Nicht alle Nester wurden benutzt: Einige waren noch beflogen, manche leer und ohne Kotspuren am Boden, manche zerbrochen. Dennoch zeigt die höhere Gesamtzahl, dass die baulichen Verhältnisse hier offenbar günstiger sind. Eine bemerkenswerte Brutkolonie fand sich an der Mittelstation Rossbach (1.750 m ü. NN) der Gondelbahn Heiligenblut Schareck (Abb. 5). Das Dach des dort stationierten Pistendienstes besteht aus auf Doppel-T-Trägern befestigten Trapezblechplatten (Abb. 6). Zwischen Trägern und aufliegenden Platten bestehen durchgängige Nischen, die die Mehlschwalben zur Nestanlage nutzen. Am 14. August 2015 konnten talseits 21, bergseits 16 Lehmhalbkugeln gezählt werden. Allerdings war vom Boden nicht eindeutig erkennbar, ob jede Lehmhalbkugel einem eigenständigen Nest entspricht oder ob beidseitige Lehmbauten jeweils eine auf dem Träger gelegene Nistnische abgrenzen. Außerdem ist Stahl keine ideale Grundlage für Schwalbennester: An einigen Nestern sind Abbrüche erkennbar und die Jungvögel sitzen halboffen auf dem Stahlträger anstatt im Nest (Abb. 7). Mitte August waren Abb. 7: Teilweise zerbrochenes, jedoch besetztes Mehlschwalbennest. House Martins breeding in a partly broken nest. Steel is not an ideal basis for nest building.

4 Nr. 7/8 noch mehrere Nester mit jeweils einem oder zwei Jungvögeln besetzt. Die Beispiele zeigen, wie sehr Mehlschwalben als alpine Kulturfolger auch im Hochgebirge von den vom Menschen gestalteten Rahmenbedingungen abhängen. Während gegenüber dem Tiefland Nahrung, Wasser und Nestbaumaterial (Lehmpfützen) zwar ausreichend verfügbar sind, erschweren oder vereiteln moderne Bauweisen und Nutzungsformen den Nestbau an Gebäuden. Abhilfe könnten gezielte Nistangebote inklusive eleganter Lösung des Kotproblems mit fachgerecht angebrachten Kotbrettchen schaffen. An touristischen Kristallisationspunkten hätten solche Artenschutzmaßnahmen sogar das Potenzial zur Besucherattraktion. Zusammenfassung Einer der höchst gelegenen bekannten Brutplätze der Mehlschwalbe in den Alpen befindet sich seit über 70 Jahren auf der Franz-Josefs-Höhe am Großglockner (Kärnten, Österreich) auf m ü NN. Allerdings hat der Brutbestand stark abgenommen. Im August 2015 konnte nur ein Nest mit zwei Jungvögeln im dortigen Parkhaus festgestellt werden. Weitere Vorkommen fanden sich am Pasterzenhaus (2.112 m, 24 Lehmnester, nicht alle benutzt) und an der Bergbahnstation Rossbach oberhalb Heiligenblut (1.750 m, 37 Lehmnester, nicht alle benutzt). An letzterem Brutplatz nutzen die Mehlschwalben auf Stahlträgern montierte Trapezblechplatten einer Dachkonstruktion als Nestgrundlage. Summary High alpine House Martin Delichon urbicum nest sites in the Großglockner area (Austria) Several swallow species use buildings for nesting. In alpine regions, buildings such as bridges, cable car stations or avalanche protection galleries offer swallows opportunities for breeding at high altitudes. For more than seven decades House Martins have used buildings at the Kaiser-Franz-Josefs-Höhe in the Großglockner area (Hohe Tauern National Park, Carinthia, Austria) for nesting. This is one of the highest House Martin nest sites in the Alps known to us. In August 2015, a single nest with two chicks was found in the ground level of the multi-storey car park, 2,365 m AMSL. Compared to previous reports, the number of nests has decreased. More than 20 nests were found at the nearby Pasterzenhaus (2,112 m). Here the wooden facade appears to offer better conditions for nest building. Not all of the more than 20 nests were occupied. Another remarkable nesting site was found at a cable car station near Heiligenblut (1,750 m). More than 35 nests were built in the metal ceiling plates mounted on steel girders. Not all nests were in use, and several nests were partly broken, as steel does not provide a firm enough basis for nest building. Artificial nest aids, combined with boards to catch House Martin droppings, could assist this species and improve their breeding success, even at high alpine locations. Literatur Ausobsky, A. (1961): Mehlschwalbe (Delichon urbica) Brutvogel in 2450 m Seehöhe. - Egretta 4 (2-3): Bauer, H.-G.; Bezzel, E.; Fiedler, W. (2005): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Passeriformes. - Wiebelsheim, 2. Auflage: Bosch, S. (2001): Gebäudebruten der Felsenschwalbe Ptyonoprogne rupestris in den Bündner Alpen. - 53: Brendel, U. (1998) Vögel der Alpen. - Stuttgart: 71, 207. Harms, W. (1977): Beobachtungen am Pasterzengletscher (Großglockner) in Kärnten. - 29: 172. Hund, K.; Prinzinger, R. (1985): Mehlschwalbe. - In: Glutz von Blotzheim, N. U. (Hrsg.): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. - Wiesbaden: Werner, S.; Slotta-Bachmayr, L.; Winding N. (2004): Quantitative Bestandserhebung der Vogelgemeinschaft in einem touristisch intensiv erschlossenen alpinen Areal (Franz-Josefs-Höhe, Hohe Tauern, Kärnten). - Carinthia II 194/114:

5 , die Monatszeitschrift für Vogelbeobachtung, Feldornithologie und Avifaunistik, beinhaltet Beiträge aus allen Bereichen der Ornithologie. Es werden vor allem Original arbeiten, aber auch Übersetzungen aus dem Russischen zu verschiedenen Themen der Vogelkunde, einschließlich der Geschichte der Ornithologie, veröffentlicht. Außerdem enthalten die Hefte kritische Diskussionsbeiträge, Kurzmitteilungen, Nachrichten, Tagungsberichte, Buchbesprechungen u.v.m. Der Abonnementpreis beträgt zur Zeit pro Jahrgang 50,00* (zzgl. Versandkosten). Einzelhefte kosten 5,00, Doppelhefte 10,00 (zzgl. Versandkosten). Ich bestelle die Zeitschrift regelmäßig zum Jahresabopreis von 50,00* (zzgl. Versandkosten). Bitte liefern Sie mir die Zeitschrift ab dem laufenden Jahrgang. Abbestellungen bis spätestens zum 1. November, ansonsten erfolgt eine Verlängerung des Abonnements um ein Jahr. * Stand: Januar 2014 Bitte informieren Sie mich über die Inhalte zurückliegender Hefte. Absender Jahrgang 64 Nr. 3/ Jahrgang 64 Nr. 7/ Jahrgang 64 Nr. 11/ Name... Vorname... Jahrgang 65 Nr. 1/ Bestellschein Jahrgang 65 Nr. 3/ Widerrufsrecht: Mir ist bekannt, dass ich die Abonnement Bestellung innerhalb einer Woche schriftlich wider rufen kann. Die rechtzeitige Absendung ist ausreichend (Poststempel). Dies bestätige ich mit meiner Straße... PLZ... Ort Datum, Unterschrift 2. Unterschrift Bitte senden Sie die Bestellung an: Ubbo Mammen Buchenweg 14 D Halle/Saale