Komfortoptimierung im Bundeshaus mit Simulationen
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- Rudolph Ritter
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1 Komfortoptimierung im Bundeshaus mit Simulationen Publikation: Bau info Datum: März 2009 Autoren: Dr. Alois Schälin, Dr. Stefan Barp, Dr. Bernhard Oester Die grösste Herausforderung bei der Renovation des Bundeshauses war, die vielfältigen Ansprüche und Wünsche der dort tätigen Politiker, der Verwaltung und der Besucher entsprechend den Bedürfnissen des 21. Jahrhunderts zu berücksichtigen und gleichzeitig das Bundeshaus als Gesamtkunstwerk von grosser historischer Bedeutung zu erhalten. Zudem standen die Planer und Verantwortlichen unter einem riesigen Zeit- und Erwartungsdruck. Der Präsentationsbau musste dem Standard europäischer Parlamentsgebäude entsprechen und höchsten technischen und ästhetischen Ansprüchen genügen. Um böse Überraschungen zu vermeiden, bzw. die Planungssicherheit möglichst hoch zu halten, wurden heikle Fragen des thermischen Komforts mit thermischer Gebäudesimulation, gekoppelt mit zonaler Strömungssimulation und mit hochauflösenden Strömungssimulationen (CFD) vorgängig abgeklärt. Planungssicherheit für den Raumkomfort Um klare Aussagen über den zu erwartenden Komfort nach der geplanten Sanierung zu erhalten, hat das Bundesamt für Bauten und Logistik bzw. das renommierte Architekturbüro Aebi und Vincent die Firma AFC Air Flow Consulting beauftragt, verschiedene Räume mit Hilfe von thermischer Gebäudesimulation und hochauflösender Strömungssimulation (CFD) zu untersuchen. Dabei wurde in Zusammenarbeit mit PGMM die geplante Lüftung, Heizung und Kühlung optimiert. Für den Nationalratssaal standen dabei der zeitliche Verlauf der Raumlufttemperaturen über das Abbildung 1: Geometriemodell des simulierten Nationalratssaales; zum Vergleich oben Foto des Nationalratsaals. ganze Jahr, die Temperaturverteilung im Saal, sowie das lokale Zugluftrisiko bei den Luftauslässen im Fokus. Beim Konferenzsaal wurden die Luftverteilung und das Zugluftrisiko untersucht und optimiert. Bei den Büros wurden Massnahmen gegen den Kaltluftabfall vom Dach im Winter simuliert. Basierend auf den Resultaten wurden in Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber Vorschläge zur Verbesserung erarbeitet bzw. überprüft. Hauptsitz Zweigniederlassung AFC Air Flow Consulting AG AFC Air Flow Consulting AG Weinbergstrasse 72 T Spitalgasse 32 CH 8006 Zürich F info@afc.ch CH 3011 Bern
2 Beurteilung und Optimierung der Luftströmungen und Temperaturverhältnisse im Nationalratssaal Für den Nationalratssaal wurde ein Quelluftsystem geplant, wobei die schon vorhandenen Öffnungen verwendet werden mussten. Die Auslässe befinden sich auf Fusshöhe unter den Sitzen, so dass die Luft in Richtung der Füsse der Parlamentarier eingeblasen wird. Weitere Quelluftauslässe wurden im vorderen Teil des Nationalratssaales vorgesehen. Die Abluftöffnungen befinden sich im Deckenbereich. Dabei stellten sich folgende Fragen: Wie ist die Lufttemperaturverteilung im ganzen Saal? Wie hoch ist das Zugluftrisiko für die Parlamentarier? Wie gross ist die vertikale Lufttemperaturdifferenz zwischen Fussknöchel und Kopf? Wie ist der zeitliche Verlauf der Temperaturen und reicht die geplante Kühlleistung? Die ersten drei Fragen wurden mittels hochauflösender numerischer Strömungssimulation (CFD) untersucht. Dazu wurde ein dreidimensionales Modell des Nationalratssaales erstellt, wobei alle für die Luftströmung relevanten Geometriedetails berücksichtigt wurden (Abbildung 1). Als Randbedingungen für die Simulationen wurden definiert, wie viel Wärme durch die Parlamentarier, die Lampen etc. freigesetzt wird, wie hoch die Solarlast durch den Lampenhimmel in den Saal ist, sowie auch die genaue Verteilung der Zuluftvolumenströme und der optimalen Zuluft-Temperaturen. Abbildung 2: Die Luftströmungen werden mit Hilfe von Stromlinien dargestellt. Die Zuluft ist bei den Sitzreihen. Die Abluftöffnungen befinden sich im Deckenbereich. bei den Zuluft-Öffnungen detailliert untersucht. Die Simulationen zeigten, dass im Fussbereich nicht mit störender Zugluft zu rechnen ist. Eine Ausnahme bilden Personen, die keine Socken tragen und direkt vor den Lufteinlässen stehen. Lufttemperaturverteilung im ganzen Saal Die Luftströmungen sind in Abbildung 2 in Form von Stromlinien dargestellt. Die Luft strömt mit einer Temperatur von 21 C (dunkelblau) unter den Sitzen der Parlamentarier in den Saal. Die Luft wird von den Personen erwärmt und steigt zwischen den Sitzbänken hoch (hellblau), erwärmt sich weiter und strömt in den hinteren Teil des Saales (gelb). Mit zunehmender Erwärmung der Luft steigt sie bis an die Decke, wo sie abgeführt wird. Es stellt sich eine typische thermisch stabile Schichtung im Raum ein. Zugluftrisiko im Fussbereich Mit Hilfe der Simulationen wurden die lokalen Werte der Temperaturen, der Geschwindigkeiten und des Turbulenzgrades berechnet. Aus diesen Grössen lassen sich das lokale Zugluftrisiko, bzw. der prozentuale Anteil der Personen, welche sich über Zugluft beklagen, ableiten. Unter anderem wurde das Zugluftrisiko Abbildung 3: Temperaturverteilung im Nationalratssaal im Sommer bei hoher Belegung. BK_Bundeshaus_BauInfo_ doc Seite 2
3 Die Temperaturverteilung bei maximaler Solarstrahlung und hoher Belegung im Sommer ist in Abbildung 3 dargestellt. Es stellt sich eine vertikale Temperaturschichtung zwischen 21 C direkt bei den Einlässen und ca. 30 C unter der Decke ein. Entsprechend den ansteigenden Sitzreihen von vorne nach hinten, steigen auch die maximalen Lufttemperaturen im Kopfbereich von vorne nach hinten an. Der vertikale Temperaturgradient zwischen Fussknöchel und Kopf ist vorne im Saal kleiner als hinten im Saal. Vertikale Lufttemperaturdifferenz zwischen Fussknöchel und Kopf Die vertikalen Temperaturdifferenzen im vorderen bzw. im hinteren Teil des Saales sind in Abbildung 4 im Detail dargestellt. Der Komfort gilt als gut, wenn die Temperaturdifferenz 3K nicht überschreitet. Die Simulation zeigt, dass dieser Wert in den vorderen Bereichen sogar bei Vollbelegung im Sommer gewährleistet ist. Im hinteren Bereich zeigt die Simulation eine Temperaturdifferenz von 4K. Die Erfahrungen von AFC zeigen, dass die Simulation die Schichtung eher überbewertet und der simulierte Wert von 4K als akzeptabel gilt. Damit besteht bezüglich vertikaler Temperaturdifferenz überall guter thermischer Komfort. Saisonaler Verlauf der Temperaturen Für die optimale Auslegung der Lüftungsanlage interessierte nicht nur die lokale Verteilung von Geschwindigkeit und Temperatur, sondern auch die Temperaturverteilung über das ganze Jahr. Dazu wurde eine thermische Gebäudesimulation kombiniert mit lokaler Strömungssimulation des Nationalratssaales und des Lampenhimmels, durchgeführt. Darin wurden alle wichtigen Effekte wie Solarstrahlungseintrag, Wärmespeicherung in der Gebäudemasse, zeitlich unterschiedliche Belegung, Regelung der Lüftungsanlage usw. berücksichtigt. Mit Hilfe von Simulationen wurden für jede Zone gemittelte Temperaturen in Stundenschritten über das ganze Jahr berechnet. Abbildung 4: Temperaturverteilung rund um die Sitzbänke: oben: im vorderen Teil des Nationalratssaales, unten: im hinteren Teil. Abbildung 5: Dreidimensionales Simulationsmodell des Bundeshauses mit Schattenverlauf. Basierend auf dieser Simulation wurden für den Nationalratssaal - je nach Belegung - die notwendigen Luftvolumenströme ermittelt. Zudem wurde vorgeschlagen, den Volumenstrom im hinteren Teil separat zu regeln. Der Lampenhimmel über dem Nationalratssaal ist ein Raum, welcher oben ebenfalls verglast ist, damit Tageslicht in den Nationalratssaal einfällt (Abbildung 5). Zudem fällt für die Beleuchtung des Nationalratssaales viel elektrische Lichtleistung im Lampenhimmel BK_Bundeshaus_BauInfo_ doc Seite 3
4 an. Vor dem Umbau wurden im Lampenhimmel oft sehr hohe Temperaturen gemessen. Mit der thermischen Gebäudesimulation wurden Klappen und Glas des Lampenhimmels so optimiert, dass die vorgegebenen Lufttemperaturen immer eingehalten werden kann. Abbildung 6: Temperaturen im Bodenbereich des Lampenhimmels am heissesten Sessionstag (19.Juni) bei verschiedenen Varianten. Empfohlen wird die Variante 4: maschinelle Lüftung des Lampenhimmels mit 5'000 m 3 Aussenluft pro Stunde. Strömungssimulation Konferenzraum Der Umbau verlangte nicht nur ein hohes Mass an Fachkenntnissen, sondern auch an Flexibilität. So wurde beispielsweise in einer späten Bauphase kurzfristig beschlossen, das Sitzungszimmer der Fraktion grösser als geplant zu realisieren. Problematisch dabei war, dass der Boden soweit fertig gestellt war, dass darin keine Lüftungskanäle mehr eingebaut werden konnten. Die Zuluft konnte nur noch an den Seiten des Saales eingebracht werden. Es stellte sich die Frage, wie eine gute Luftqualität bei den Personen in der Mitte des Raumes erreicht werden kann. Dabei standen zwei Systeme zur engeren Auswahl. Innert kürzester Zeit mussten mit numerischer Strömungssimulation (CFD) die Varianten Weitwurfdüsen unter dem Dach und Quelluftsystem untersucht und miteinander verglichen werden. Das Quelluftsystem erwies sich als die bessere Lösung, wie unter anderem das Zugluftrisiko in vertikalen Ebene in Abbildung 7 zeigt. Abbildung 7: Zugluftrisiko in vertikalen Ebenen: oben mit Quellüftung; unten: Lüftung mit Weitwurfdüsen Ebenfalls mittels CFD wurde dann die örtliche Zuluftverteilung optimiert und die Anforderungen an die Möblierung, d.h. die freie Höhe unten an den Tischen, definiert. Dies demonstriert den grossen Vorteil von CFD, bei schwierigen Bedingungen trotzdem eine optimale Lösung zu finden. Schlussfolgerungen Dank der Offenheit und Weitsicht der Planer und des Auftraggebers konnten aufgrund der Simulationen eine Vielzahl von Problemen vor der Realisierung untersucht und, basierend auf diesen Erkenntnissen, die bestehenden Lösungen angepasst und optimiert werden. Heute bestätigt sich, dass sich diese Untersuchungen gelohnt haben und so allenfalls Probleme bezüglich Komfort vermieden werden konnten. Wichtig ist die frühzeitige Abklärung solcher Fragestellungen, möglichst bereits im Vorprojekt, spätestens zu Beginn der Detailplanung. BK_Bundeshaus_BauInfo_ doc Seite 4
5 AFC Geschäftsbereiche Brandschutz Sicherheit für Ihr Gebäude Brandschutzkonzepte Fluchtweg und Entrauchung Integrale Sicherheit Ausführung und Betrieb Bauklimatik Mehr Komfort, weniger Energie Raumklima und Komfort Fassaden und Atrien Lüftungskonzepte Gebäudeumströmung Contaminant Control Bessere Luft für Reinraum, Industrie und Umwelt Reinraum Industrielüftung Abgasausbreitung Luftqualität Engineering Schnellere Produktentwicklung dank Simulationen Strömungsanalyse CFD Wärmeleitung / Kühlung Deformation FEM Verbrennung / Mischung BK_Bundeshaus_BauInfo_ doc Seite 5
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